Rede von
Rudolf
Kohl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß man mit dem, was der Ausschuß vorschlägt, einverstanden sein kann. Wir bekennen ausdrücklich, daß wir Anhänger von zwei Instanzen sind, und warnen vor einer Zusammenfassung der Gesetzgebung auf dem Gebiete des Arbeitsrechts und der Sozialversicherung. Die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte beweisen eindeutig, daß eine klare Trennung das zweckmäßigste ist und dem davon betroffenen Kreis am besten dient. Ich möchte aber auch hier grundsätzlich feststellen, daß die Errichtung von Bundesarbeits-
und -sozialgerichten in den Gesamtkomplex der Reform gehört und daß mit der einseitigen Errichtung dieser Gerichte immerhin noch die gesamte Problematik der Sozialversicherung offensteht. Die Bundesregierung sollte erkennen, wie dringend notwendig das Vorwärtstreiben dieser Reformarbeit ist, damit wir hier endlich zu einem Ganzen kommen und nicht immer wieder in dieser Form Flickarbeit leisten müssen.
Die Errichtung der Bundesarbeits- und -sozialgerichte ist nach unserer Überzeugung eine Angelegenheit der Selbstverwaltung, wie wir sie für die Sozialversicherungsträger vertreten. Wenn es eine reine Selbstverwaltung sein soll, haben Unternehmervertreter in den Spruchkammern nichts zu
suchen. Wir erinnern uns dabei an die Gedanken, die Herr Bundesinnenminister Lehr auf dem CDU-Parteitag in Karlsruhe vertreten hat und die nach unserer Meinung sehr gefährlich sind. Er hat dort unter Bezugnahme auf die von einigen Gerichten gefällten Urteile, die die Verfügungen der Landesregierungen auf Entlassung sogenannter staatsfeindlicher Elemente als verfassungswidrig bezeichnet und korrigiert haben, gesagt: „Wir müssen den unteren Gerichten beibringen, daß sie uns verstehen!" Ich glaube, daß damit die sogenannte Rechtsstaatlichkeit, die bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit hier in den Vordergrund gestellt wird, gerade durch den Minister am stärksten erschüttert wird, der als Verfassungsminister eigentlich allen Anlaß hätte, die Verfassung zu schützen.
Wir kommen deshalb zu dem Schluß, die Errichtung der Bundesarbeits- und -sozialgerichte muß auf der Grundlage der reinen Selbstverwaltung erfolgen, und die Vertretungen in den Spruchkammern und in den Bundesarbeitsgerichten können nur aus den Versicherten selber bestehen. Wenn so verfahren wird, wird auch die Hoffnung des Herrn Bundesinnenministers Lehr, das Recht beugen zu können, zunichte werden.