Rede von
Frieda
Nadig
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Herren und Damen! Ich bedaure den Ton, den Frau Abgeordnete Brökelschen eben in die Auseinandersetzung hineingetragen hat.
Ich bin der Meinung, daß es sich hier um sachliche Dinge handelt — nicht um persönliche —, die nicht vom Bund, sondern im einzelnen nur von den Ländern geändert werden können.
Aber zu unserem Antrag selbst. Wir wollten damit erreichen, daß man dieselbe Regelung, die im vorigen Jahr bezüglich der Verteilung des Tragens der Kosten getroffen wurde, auch in diesem Jahr vornimmt. Wir haben nicht den Eindruck, daß man
angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse die in unserem Antrag genannten Sätze herabsetzen kann, wie das der Herr Regierungsvertreter hier vorgeschlagen hat, sondern wir glauben, daß man an dem Satz von 30 Mark bzw. 12 Mark für den Familienangehörigen unbedingt festhalten muß. Wo sind denn die Lebenshaltungskosten heruntergegangen? Das Gegenteil ist doch der Fall. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir sagen, daß der große Kreis dieser Hilfsbedürftigen heute überhaupt nicht mehr in der Lage ist, den Lebensunterhalt zu decken. Etwa 10 Millionen Menschen in der Bundesrepublik haben ein monatliches Einkommen von unter 100 Mark! Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß mit diesem Betrag das Leben nur gefristet werden kann. Sehen Sie sich die Teuerung in den letzten Wochen an! Nicht einmal Erwerbstätigen ist es möglich, Fleisch und Butter zu kaufen, geschweige denn dem Kreis von Menschen, der in unserem Antrag erfaßt werden soll.
Betrachten Sie auf der anderen Seite die letzte Rentenerhöhung! Wir glaubten, es sollten den Sozialrenten 25 % zugeschlagen werden. Dadurch, daß man die Auffüllbeträge voll angerechnet hat, sind gerade die kleinen Rentner zu kurz gekommen.
Die Bezieher von monatlich 40 und 50 Mark Rente haben überhaupt keine Erhöhung oder nur Pfennige mehr bekommen. In diesem Zusammenhang auch ein Wort über die Rente der Vollwaisen. Sie beträgt monatlich 30 Mark und ist im Zuge der Erhöhung um nicht einen Pfennig erhöht worden. Wie aber kann man ein Kind ohne Vater und Mutter von 30 Mark ernähren, kleiden und erziehen? Das ist weniger als ein Almosen. Diese o Kinder sind daher von vornherein auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen. Dasselbe gilt für die kleinen Renten. Wenn wir hier einen Ausgleich schaffen wollen, müssen wir diesen Menschen eine Wirtschaftsbeihilfe von 30 bzw. 12 Mark pro Person gewähren.
Wir wissen, daß mit dem Antrag diesen Hilfsbedürftigen nicht endgültig geholfen wird. Dazu müßte eine andere Rentenpolitik und darüber hinaus eine Preispolitik, die eine echte Senkung der Preise herbeiführt, gemacht werden. Die in diesen Tagen in der Presse angekündigte Senkung der Schweinepreise gehört zu den Dingen, die in der Praxis bestimmt nicht zum Zuge kommen. Die Erhöhung der Zölle auf Fleisch und Speck verhindert, daß der Schweinepreis sich senkt.
Abschließend bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen, d. h. ihn nicht an den Ausschuß zu überweisen, sondern hier zur Abstimmung zu bringen, damit die Hilfsbedürftigen noch zu Weihnachten in den Genuß der Zulage kommen. Jeder andere Weg bedeutet eine Verzögerung und damit ein Ausschließen dieser Kreise von der Unterstützung.