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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 170. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Oktober 1951 6997 170. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 24. Oktober 1951. Geschäftliche Mitteilungen 6998D Nachruf des Präsidenten auf den verstorbenen Abg. Fischer 6999B Glückwunsch zum 70. Geburtstag des Abg. Dr. Kleindinst 6999B Anfrage Nr. 211 der Zentrumsfraktion betr. Preise für Kohle und Eisen (Nm. 2636, 2700 der Drucksachen) 6999A Anfrage Nr. 212 der Zentrumsfraktion betr. Einführung einer Produktionssteuer (Nrn. 2637, 2712 der Drucksachen) 6999A Anfrage Nr. 213 der Zentrumsfraktion betr. Abweithung vom Umsatzsteuerrecht bei der Durchführung der Entflechtung (Nrn. 2638, 2718 der Drucksachen) 6999A Änderung der Tagesordnung 6999C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Stundung von Soforthilfeabgabe und über Teuerungszuschläge zur Unterhaltshilfe (Soforthilfe-Anpassungsgesetz) (Nr. 2708 (neu) der Drucksachen) 6999C Ausschußüberweisung 6999C Beschlullfassung über zusätzliche Ausschußüberweisung des Antrags der SPD betr. Erhöhung aller Unfallrenten (Nr. 2622 der Drucksachen) 6999D Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Vertragsentwurf über die Organisation einer gemeinsamen Verwaltung des Hafens von Kehl (Nr. 2594 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Wiederbesiedlung der Stadt Kehl (Nrn. 1493, 2713 der Drucksachen) . . . 6999D Maier (Freiburg) (SPD), Interpellant 6999D Gengler (CDU), Berichterstatter . . 7002B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 7003D Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 7006B Dr. Kopf (CDU) 7009A Niebergall (KPD) 7010D Rümmele (CDU) 7012A Renner (KPD) (zur Abstimmung) . 7012C Abstimmungen 7012D Ersatzwahl für den Bundesschuldenausschuß 7013A Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Gewährung von Winterbeihilfen (Nr. 2642 der Drucksachen; Antrag Nr. 2724 der Drucksachen) 7013B Frau Korspeter (SPD), Interpellantin 7013B Bleck, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern 7014D Frau Niggemeyer (CDU) 7016A Dr. Kneipp (FDP) 7016C0 Renner (KPD) 7016D, 7018D Frau Dr. Brökelschen (CDU) 7017C, 7019D Frau Nadig (SPD) 7018B Mellies (SPD) 7019C Ausschußüberweisung 7020B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Sorge für die Kriegsgräber (Kriegsgräbergesetz) (Nr. 2667 der Drucksachen) 7020C Ausschußüberweisung 7020C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung vom 22. Februar 1951 (Nr. 2643 der Drucksachen) 7020D Horn (CDU), Antragsteller 7020D Dr. Preller (SPD) 7022D Kohl (Stuttgart) (KPD) 7023D Frau Kalinke (DP) 7024C Arndgen (CDU) 7026A Ausschußüberweisung 7026D Erste Beratung des von den Abg. Jacobi, Mellies, Dr. Dresbach, Lücke, Dr. Reismann, Ewers, Dr. von Merkatz u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Reichsversicherungsordnung (RVO) (Nr. 2676 der Drucksachen) 7026D Ausschußüberweisung 7026D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über Sozialversicherung nebst Schlußprotokoll und drei Zusatzvereinbarungen (Nr. 2683 der Drucksachen) 7027A Ausschußüberweisung 7027A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Bundesarbeits- und Sozialgerichte (Nrn. 2634, 2331 der Drucksachen) . . 7027A Sabel (CDU), Berichterstatter . . . 7027B Ludwig (SPD) 7028A Kohl (Stuttgart) (KPD) 7028B Beschlußfassung 7028C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Ott, Frau Wessel und Fraktion des Zentrums betr. Erhöhung der Beträge für alle Unterstützungsempfänger (Nrn. 2631, 1863 der Drucksachen) 7028D Freidhof (SPD), Berichterstatter . 7028D Beschlußfassung 7029A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films (34. Ausschuß) über die Interpellation der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP und BP betr. UFI-Auktion in Wiesbaden (Nrn 2668, 1590 der Drucksachen) 7029A Dr. Vogel (CDU): als Berichterstatter 7029B als Abgeordneter 7030A Hennig (SPD) 7031A Mende (FDP) 7032B Ewers (DP) 7032D Gundelach (KPD) 7033C Mayerhofer (BP) 7034A Jacobs (SPD) 7034B Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 7034D Beschlußfassung 7035A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Bau- und Bodenrecht (36. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Entwurf eines Gesetzes auf Aufhebung des Gesetzes zur Ergänzung der Kleingarten- und Kleinpachtordnung vom 26. Juni 1935 (Nrn. 2651, 1859 der Drucksachen) 7035B Winkelheide (CDU), Berichterstatter 7035B Beschlußfassung 7035C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Prüfung, ob durch die Personalpolitik Mißstände im Auswärtigen Dienst eingetreten sind (Nr. 2680 der Drucksachen) . . . . . 7035C Beschlußfassung 7035C Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (Nr. 2694 der Drucksachen) 7035C Pannenbecker (Z), Antragsteller . 7035D Ewers (DP) (zur Geschäftsordnung) 7036A Dr. Arndt (SPD) 7036B Beschlußfassung 7037A Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. GARIOA-Kredit für die deutsche Presse (Nr. 2671 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr. 343) . . . . 7037A Vogel (CDU), Antragsteller . 7037A, 7038D von Thadden (Fraktionslos) . 7037B, 7038D Renner (KPD) 7037D Beschlußfassung 7039A Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 338) 7039C Beschlußfassung 7039C Nächste Sitzung 7039C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gegenstand der Interpellation ist die Zustimmung der Bundesregierung zu dem Abkommen über die Organisation der Verwaltung des Hafens Kehl. Dieses Abkommen ist vom Lande Baden mit einer französischen Körperschaft des öffentlichen Rechts verhandelt und abgeschlossen worden, nämlich der autonomen Hafenverwaltung von Straßburg. Die Bundesregierung hat die Zustimmung dazu erteilt. Ob sie damit richtig gehandelt hat, hängt von der Antwort auf drei Fragen ab, nämlich die Fragen:
    1. ob sich das Land Baden im Rahmen seiner Zuständigkeit gehalten hat,
    2. ob sich die in dem Abkommen von dem Land Baden eingegangenen Verpflichtungen im Rahmen der von der Bundesregierung übernommenen internationalen Verpflichtungen halten,


    (Staatssekretär Dr. Hallstein)

    3. ob außenpolitische Bedenken gegen das Abkommen bestehen.
    Die erste Frage ist zu bejahen. Baden ist Eigentümer der Hafenanlagen. Der Inhalt des Vertrages betrifft Gegenstände, die nicht durch Bundesgesetzgebung, sondern durch Landesgesetzgebung zu regeln sind, nämlich die Errichtung, die Organisation und den Aufgabenbereich einer landesrechtlichen Körperschaft des öffentlichen Rechts, die für die Verwaltung des Kehler Hafens zuständig sein soll. Die Verwaltung der Häfen ist nicht Bundes-, sondern Ländersache. Das ist durch den Staatsvertrag betreffend den Übergang der Wasserstraßen von den Ländern auf das Reich vom 9. Juli 1921 bestimmt, und an dieser Trennung von Wasserstraßenverwaltung und Hafenverwaltung hat das Grundgesetz nichts geändert. Auch die von dem Land Baden in dem geplanten Abkommen übernommenen Verpflichtungen halten sich unzweifelhaft im Rahmen dieser Landeszuständigkeit, nämlich die Verpachtung des landeseigenen Grundbesitzes an die Hafenverwaltung, die Verpachtung weiterer Grundstücke, die im Hafengebiet liegen und für den Hafenbetrieb erforderlich sind, die Überlassung eines Betriebsmittelfonds an die Hafenverwaltung und die Übernahme der im Betrieb der Hafenverwaltung entstehenden Verluste. Da wir nach dem Grundgesetz zu verfahren haben, werden wir uns in Angelegenheiten, die nach der Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern eindeutig zur Kompetenz des Landes Baden gehören, nicht einmischen wollen und nicht einmischen dürfen.
    Aus demselben Grunde möchte ich bitten, eine andere Frage, die in der Diskussion für oder gegen den Vertrag eine nicht unerhebliche Rolle zu spielen scheint, außer Betracht zu lassen. Die Gemeindeverwaltung Kehl steht in dieser Angelegenheit auf einem andern Standpunkt als die Landes-regierung. Sie hat ihren Standpunkt hier in Bonn im Parlament und bei den Bundesministerien durch ihre Beauftragten mit großem Eifer zur Geltung zu bringen versucht. Sie beklagt sich darüber, daß die Landesregierung die Gemeinde Kehl bei den Verhandlungen über den Vertrag nicht beteiligt, ihr von dem Vertrag nicht einmal Kenntnis gegeben habe. Sie meint auch, daß die Zukunft der Stadt so sehr von der Industrialisierung des Hafengebietes abhänge, daß das entscheidende Wort in. diesen Fragen nicht von der Landesregierung, sondern von der Gemeindeverwaltung zu sprechen sei. Auch diese offenbar mit Stimmungselementen geladenen Meinungsverschiedenheiten zwischen der Landesregierung und der Gemeindeverwaltung gehören nach meiner Ansicht nicht vor das Forum von Bundesinstanzen.
    Schließlich haben sich die Kritiker des Vertrages an dem Art. 7 gestoßen, in dem gesagt ist, daß das Gebiet des Kehler Hafens mit dem Inkrafttreten des Vertrages dem bereits der badischen Verwaltung wieder unterstellten Teil des Gebiets von Kehl angeschlossen wird, das heißt mit anderen Worten, daß die deutsche Hoheitsgewalt im Hafengebiet von Kehl wiederhergestellt werden soll. Es liegt auf der Hand, daß die Verwaltung des Straßburger Hafens als französischer Vertragspartner nicht in der Lage ist, bindende Erklärungen über die Freigabe des Kehler Hafens aus der französischen Verwaltungshoheit abzugeben. Daß andererseits die Bundesregierung ohne die Erfüllung dieser Voraussetzung den Vertrag nicht genehmigen konnte, ist selbstverständlich. Hierüber ist kein
    Wort zu verlieren; hierüber waren aber — das möchte ich unterstreichen — auch mit der badischen Regierung keinerlei Meinungsverschiedenheiten entstanden. Über diesen Punkt, der demnach nicht so sehr ein Teil des Vertrages selbst als vielmehr eine Bedingung für seinen Abschluß bildete, wurde durch ein Schreiben des französischen Hohen Kommissars vom 28. Juli Klarheit geschaffen, ein Schreiben, in dem die Rückgabe des Hafengebiets an die deutsche Verwaltung gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des Vertrages verbindlich zugesagt wurde. Also ist wohl auch in diesem Punkte kein Zweifel mehr am Platze. Die französische Regierung wird mit dem Inkrafttreten des Vertrages das Hafengebiet von Kehl in die deutsche Hoheitsgewalt durch einen ebenso einseitigen Akt zurückgeben, wie sie im Jahre 1946 Stadt und Hafen Kehl durch einen einseitigen Akt der deutschen Verfügungsgewalt entzogen hat. Damit wird unter einen Abschnitt der Nachkriegspolitik ein Schlußstrich gezogen. Wir brauchen über Vergangenes hier nicht mehr zu rechten. Ich glaube, wir sollen zufrieden sein, daß diese Angelegenheit damit der Vergangenheit angehört.
    Halten wir also fest, daß das Land Baden sich bei den Verhandlungen im Rahmen der Landesgesetzgebung gehalten hat. Andererseits sind Bundesregierung und Landesregierung darüber einig, daß der Vertrag zu den Verträgen gehört, die nach Art. 32 Abs. 2 des Grundgesetzes zwar von den Ländern geschlossen werden können, aber der Zustimmung des Bundes bedürfen. Deshalb hat das Land Baden den Vertrag der Bundesregierung zur Genehmigung vorgelegt, und damit sind die beiden anderen vorhin gestellten Fragen veranlaßt.
    Die Beteiligung der Bundesregierung hat sich indessen nicht auf diesen formalen Schlußakt beschränkt, der sich in einem Ja oder Nein zu dem Vertrage ausdrücken muß. Die Landesregierung hat über die Frage des Kehler Hafens bereits zu einem Zeitpunkt mit den französischen Besatzungsbehörden verhandelt, als die Bundesregierung noch nicht gebildet war. Sie hat nach diesem Zeitpunkt mit der Bundesregierung, d. h. mit den an der Frage ressortmäßig interessierten Bundesministerien, die im Zuge der Verhandlungen aufgetretenen Fragen eingehend erörtert. Insofern war die Bundesregierung an den Verhandlungen zwar nicht direkt, wohl aber indirekt beteiligt. Sie hat jede Möglichkeit gehabt und benutzt, um ihren Standpunkt in den wesentlichen sachlichen Fragen der Landesregierung darzulegen. Ich glaube, daß sich diese Art der Zusammenarbeit zwischen Bund und Land bewährt hat, daß sie sich jedenfalls nicht zum Schaden der Bundesinteressen ausgewirkt hat.
    Die zweite Frage, ob das Hafenabkommen mit den von der Bundesregierung übernommenen internationalen Verpflichtungen in Einklang steht, ist gleichfalls zu bejahen. Denn in der Präambel des Abkommens ist ausdrücklich festgestellt, daß durch das Abkommen die Bestimmungen der Rheinschifffahrtsakte, der die Bundesrepublik und nicht das Land Baden als Signatarstaat angehört, unberührt bleiben.
    Die dritte Frage, ob außenpolitische Bedenken gegen das Abkommen bestehen, beantwortet sich eigentlich von selbst. Wir erhalten gleichzeitig mit dem Abkommen einen deutschen Gebietsteil, der unserer Verfügungsgewalt entzogen war, in unsere Hoheitsgewalt zurück,

    (Zuruf des Abg. Dr. Schmid [Tübingen])



    (Staatssekretär Dr. Hallstein)

    allerdings mit einer Auflage, die bei den Kritikern des Abkommens Bedenken erweckt. Man sagt, das Abkommen verstoße gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung und Gegenseitigkeit, indem es der französischen Seite ein Mitspracherecht bei der Verwaltung des Kehler Hafens zugestehe, ohne daß damit der deutschen Seite ein entsprechendes Mitspracherecht etwa in der Verwaltung des Hafens von Straßburg gegeben werde. Nun, sicher ist das Bessere des Guten Feind. Soll man aber — und das ist hier die Frage — das Gute ausschlagen, weil das Bessere nicht erlangbar ist? Hätten wir die Möglichkeit, das Hafengebiet zurückzuerhalten, ausschlagen sollen, weil wir als Preis hierfür den französischen Einfluß in der Hafenverwaltung hinnehmen mußten? Ich glaube, das wäre nicht zu verantworten gewesen. Wir haben also ein Kompromiß geschlossen. Wir hätten dieses Kompromiß nicht schließen dürfen, wenn, wie die Interpellanten befürchten, die im Hinblick auf den Hafen von Kehl zu treffenden wirtschafts- und verkehrspolitischen Maßnahmen weitgehend der Verfügung deutscher Stellen und der Kontrolle durch deutsche parlamentarische Institutionen entzogen würden. Dies ist aber nicht der Fall. Wenn hier nach dem Wortlaut des Vertrages Zweifel obwalten konnten, so sind diese durch einen Briefwechsel zwischen den Vertragspartnern, der einen integrierenden Bestandteil des Vertragswerkes bildet, endgültig und eindeutig ausgeräumt worden. In diesem Briefwechsel ist festgestellt, daß der Stichentscheid des französischen Vorsitzenden des Verwaltungsrates ausschließlich in den Fragen zum Zuge kommt, die den internationalen Durchgangsverkehr betreffen. In allen anderen Fragen, also vor allem in den Fragen, die den Binnenverkehr nach dem deutschen Hinterland betreffen, entscheidet die deutsche Stimme.
    Als der Hafen von Kehl gebaut wurde, mit Anlagen, die weit über das Bedürfnis des Verkehrs nach dem süddeutschen Hinterland hinausgingen, bestand in der Tat ein scharfer Konkurrenzkampf zwischen Kehl und Straßburg, bei dem Kehl dank der Tarifpolitik der damaligen großherzoglichbadischen Eisenbahn und später der Reichsbahn einen großen Teil des Transitverkehrs nach der Schweiz und nach Italien an sich zu ziehen vermochte. Damals war Kehl ein großer Umschlagplatz für Kohlentransporte. Diese Erinnerung war für die französische Seite das Hauptmotiv für den vorliegenden Vertrag. Heute spielt dieser Transitverkehr keine Rolle mehr; denn die schweizerischen Binnenschiffe, die jeden Tag hier auf dem Rhein in großer Zahl vorüberziehen, gehen, ohne in Kehl oder in Straßburg ihre Güter umzuschlagen, über den Rheinseitenkanal bis Basel. Insofern mag das Mitspracherecht, das der französischen Seite durch den Vertrag in der Hafenbehörde gegeben wird, eine Beruhigung für ein altes französisches Mißtrauen sein, wir brauchen uns deshalb nicht zu beunruhigen.
    Zudem ist der Vertrag keineswegs auf blindes Vertrauen gegründet. Alle Streitfragen, auch diejenigen, die sich aus der Satzung der Hafenverwaltung ergeben, können einem Schiedsgericht unterworfen werden. Dieses Schiedsgericht besteht aus einem deutschen und einem französischen Schiedsrichter, die sich auf einen Obmann einigen müssen. Gelingt ihnen das nicht, so soll der Obmann durch den Generalsekretär des Europarates benannt werden. Ich muß es lebhaft bedauern, daß in einigen Äußerungen unserer Presse die Ansicht
    vertreten wurde, der Generalsekretär des Europarates, der zur Zeit ein französischer Staatsangehöriger ist, könnte diese Aufgabe anders erfüllen als in dem Geiste vollkommener Objektivität, die das Kennzeichen internationaler Beamter ist.

    (Haha-Rufe! links.)

    Gerade hat Deutschland selber begonnen, seine Staatsangehörigen in internationale Gremien zu entsenden; und bald wird das in erheblich größerem Umfang der Fall sein. Wir erwarten und verlangen, dad diesen Deutschen das Vertrauen entgegengebracht wird, auf das internationale Beamte Anspruch haben. Wir können aber nur erwarten und verlangen, was wir in gleicher Weise zu gewähren bereit sind. Es gibt auch eine Gegenseitigkeit in Fragen des politischen Taktes.

    (Sehr richtig! rechts. — Lachen bei der SPD. — Zuruf von der KPD: Zu schön!)

    Schließlich zur Geltungsdauer des Vertrages. In allen menschlichen Beziehungen kann man irren.

    (Lachen bei der SPD.)

    Auch dieser Vertrag kann in der Praxis zu Meinungsverschiedenheiten führen.

    (Zurufe von der SPD. — Abg, Renner: Mit geschäftlichen Verträgen geht es auch mal schief!)

    Aber er gilt nicht für Zeit und Ewigkeit, sondern er gilt nur bis zum Abschluß einer Friedensregelung. Erfüllt er die Erwartungen nicht, die die Landesregierung auf ihn setzt, so wird man ihn bei der Friedensregelung fallen lassen. Man sagt, die Friedensregelung liege in weiter Ferne. Das mag sein. Auch diese Möglichkeit ist in Art. 8 des Abkommens berücksichtigt, in dem es heißt, daß das Abkommen auch in der Zeit bis zur Friedensregelung den sich neu ergebenden Verhältnissen angepaßt werden kann.
    Aus allen diesen Gründen hat sich die Bundesregierung nicht für berechtigt gehalten, dem Abkommen die gemäß Art. 32 des Grundgesetzes erforderliche Zustimmung zu versagen.
    Ich möchte zum Schluß noch auf einen grundsätzlichen Punkt hinweisen. Stadt und Hafen Kehl sind leider nicht die einzigen Gebiete an der deutschen Westgrenze, die infolge des Krieges der Verfügungsgewalt der Bundesrepublik vorbehaltlich einer endgültigen Lösung im Friedensvertrag entzogen wurden. Diese Beschneidungen unseres Territoriums wurden nicht nur im Falle von Kehl, sondern auch sonstwo mit wirtschaftlichen Gesichtspunkten begründet, sei es, weil solche Gesichtspunkte in der Tat eine Rolle spielten, sei es, weil sie den Vorwand zu einer kamouflierten Annexion oder jedenfalls zu einer Abtrennung der Gebiete von Deutschland geben sollten. Im Falle Kehl haben wir den Nachweis erbracht, daß es bei einem vernünftigen Eingehen auf die wirtschaftlichen Gesichtspunkte der Gegenseite möglich ist, das zu retten, worauf es uns für den Augenblick ankommt: die politische Unversehrtheit unseres deutschen Territoriums.
    Aus diesem Grunde glaube ich, daß der Vertrag in dem Punkt, der für die Bundesregierung entscheidend ist, gut und vernünftig ist, und ich möchte hoffen, daß sich das Hohe Haus dieser Auffassung anschließt.
    Ich möchte noch ein Wort zu dem Vorwurf sagen, daß durch eine übereilte Zustimmung der Erörterung dieser Interpellation vorgegriffen worden sei. Das war nicht die Absicht der Bundesregierung.


    (Staatssekretär Dr. Hallstein)

    Dem Bundeskabinett lagen die Vorschläge der Landesregierung zu einer Beseitigung der vorher bestehenden Bedenken bereits vor, als die Interpellation eingebracht wurde. Die Bundesregierung hat dann, um diese Interpellation heute hier so vollständig wie nur möglich beantworten zu können, auf eine Klärung der Bereitschaft der französischen Seite zum Eingehen auf unsere Bedenken gedrungen. Bei dieser Gelegenheit hat die französische Gegenseite ihrerseits ihr Eingehen auf unsere Bedenken davon abhängig gemacht, daß die Bundesregierung sich auf diese Bedenken beschränkt. Wir haben, nachdem dieses Ergebnis der Landesregierung mitgeteilt worden war, diese auch gebeten, den Abschluß der Sache nicht vor der Erörterung dieser Interpellation herbeizuführen.
    Den Unterzeichnungstermin selbst mußten wir der Landesregierung überlassen. Wenn die Landesregierung unserem Wunsch nicht entsprochen hat, so liegt es vermutlich daran, daß sie das Bedürfnis empfand, in der möglicherweise letzten Sitzung des badischen Landtags die Mitteilung über diesen Vertrag zu machen; und das war die Sitzung vom letzten Montag.


Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ich unterstelle, daß 50 Abgeordnete eine Aussprache auch über die Interpellation wünschen. Entsprechend dem Vorschlag des Ältestenrates rege ich an, daß die Zeit für die Aussprache über die Interpellation und über den Antrag des Haushaltsausschusses auf 60 Minuten begrenzt wird. — Das Haus ist damit einverstanden. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmid.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht meine Absicht, von dieser Tribüne aus die von dem Herrn Staatssekretär vorgetragenen philosophischen Sentenzen und Maximen über das Problem des Vertrauens unter politischen Partnern zu diskutieren,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    auch nicht die von ihm vorgetragenen Prolegomena zu einem noch ausstehenden Knigge für den Verkehr mit internationalen Beamten. Es ist auch nicht meine Absicht, über Vergangenes zu rechten. Aber ich möchte nun doch festgehalten wissen, daß es zu den Befugnissen dieses Hauses gehört, immer, wenn dies nötig sein sollte, an Maßnahmen Kritik zu üben, durch die die Bundesregierung mit Vergangenem fertig werden zu können geglaubt hat oder , durch deren Unterlassung sie ihre Unfähigkeit hierzu kundgetan hat.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Dar über ist heute zu sprechen.
    Aber ich möchte dazu noch eines vorausschicken: ich glaube, daß der Herr Staatssekretär es sich vor diesem Hause mit der Apologie der Weigerung der Bundesregierung, mit der Zustimmung zu dem von der badischen Regierung geschlossenen Vertrag bis zum Abschluß der Debatte zu dieser Interpellation zu warten, nicht hätte so leicht machen dürfen.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Das Verhalten der Bundesregierung und die Rede, die wir soeben gehört haben, zeugen nicht von einem großen Respekt vor den Prärogativen dieses Hauses!

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ich möchte glauben können, meine Damen und Herren, daß in dieser Frage auf allen Seiten dieses Hauses die gleiche Meinung besteht!
    Man sagt uns von der Regierungsbank herab- bei Diskussionen über Verträge, die zur Liquidation des Krieges oder zur Fundamentierung der Zukunft abgeschlossen worden sind, gerne, man möge doch Vertrauen in den Geist der Ausführung dieses oder jenes Vertrages haben. Auch heute hat dieses Wort wieder angeklungen. Meine Damen und Herren, in erster Linie sollte uns interessieren, welcher Geist in dem Vertrag selbst zum Ausdruck gekommen ist!

    (Beifall bei der SPD.)

    Und in dem Kehler Vertrag scheint mir doch eine sehr bedauerliche Geisteshaltung zum Ausdruck gekommen zu sein! Wenn heute, wo jedermann von Europa spricht, heute, wo man insbesondere von Frankreich her das Europa-Vokabular fast jeden Tag um neue Varianten bereichert, Verträge mit solch diskriminatorischem Inhalt von uns verlangt werden, — nun, da fällt es mir schwer, sehr viel Gutes für die Europäer eines Europa zu erhoffen, wie es die Leute zu wollen scheinen, die für diesen Vertrag verantwortlich sind!

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Wenn der Kehler Vertrag etwas wie ein MiniaturModell für das sein soll, was man jenseits des Rheins unter Europa verstehen will, — nun, man könnte die Idee Europa doch nicht wirksamer ruinieren als durch eine Politik, deren Ausdruck Verträge wie dieser sind.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es kommt doch in diesem Vertrag letzten Endes nichts anderes zum Ausdruck als die schlecht verhüllte Absicht, mit Hilfe vertragstechnischer Kunststückchen wiederum ein Stück deutschen wirtschaftlichen Vermögens, deutschen Potentials unter fremde Verfügungsgewalt zu bringen, zum mindesten aber die Entfaltung deutscher ökonomischer Möglichkeiten zu sperren.
    Im allgemeinen sagt man uns, das sei - leider Gottes — da und dort nötig, weil die Deutschen in jüngster Vergangenheit noch bewiesen hätten, daß man sich auf ihre Friedensliebe nicht verlassen könne; deswegen müsse man aus Sicherheitsgründen ihrer Freiheit voller und ungehemmter wirtschaftlicher Entfaltung Beschränkungen auferlegen. Nun: glaubt man denn wirklich, daß die freie Verfügung der Deutschen über den Hafen von Kehl die Sicherheit Frankreichs gefährden könnte? In diesem Vertrag ist wahrlich nichts anderes am Werk gewesen als schäbiger Neid wirtschaftlicher Konkurrenz, die eine günstige Gelegenheit sieht, sich politischer Macht bedienen zu können.

    (Sehr gut! und Beifall bei der SPD:)

    Nun zu der Frage: Hätte die Bundesregierung das Aushandeln eines solchen Vertrages überhaupt der badischen Regierung überlassen dürfen — einmal an und für sich, dann aber auch im Hinblick auf die doch nicht ganz unbekannte Bereitwilligkeit der Freiburger Regierung, französische Intentionen schlechthin als Parallelaktionen zu deutschen Interessen anzusehen?

    (Hört! Hört! links.)

    Ich glaube nicht, daß man das hätte tun dürfen. Dieses Abkommen stellt sich zwar äußerlich in den Formen eines Verwaltungsvertrages dar; es ist aber keine nur technische Vereinbarung über die Führung von Hafengeschäften. Dieser Vertrag ist doch wahrhaftig kein Verwaltungsabkommen. Man stelle sich vor, die Regierung des Landes Hamburg hätte einen Vertrag abgeschlossen, der für alle wesentlichen wirtschaftspolitischen Angelegenheiten die Verfügung über den Hafen von Hamburg


    (Dr. Schmid [Tübingen])

    in außerdeutsche Hände gelegt hätte. Würde da irgend jemand sagen, es handle sich hier lediglich um eine Regelung hafentechnischer Belange? Was für Hamburg im großen gilt, gilt auch für Kehl, wenn auch in kleinerem Maßstab, denn das Prinzip, um das es dabei geht, ist dasselbe.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Der Vertrag, der über die Verwaltung des Hafens von Kehl abgeschlossen worden ist, ist keine administrative Vereinbarung, sondern ein Instrument zur Regelung der politischen Beziehungen der Bundesrepublik!

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Man hat uns doch gesagt, einmal, daß dieser Vertrag in Ausführung eines so hochpolitischen Dings wie des Londoner Abkommens geschlossen worden sei; zum andern, daß er ein Glied in der langen Reihe von Maßnahmen sei, deren Endergebnis die endgültige Regelung der deutsch-französischen politischen Beziehungen sein soll. Damit ist doch klar zum Ausdruck gebracht, daß dieser Vertrag ein politischer Vertrag ist und als solcher gewollt wird!

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Und er ist schon darum ein politischer Vertrag, weil durch ihn auf einem, wenn auch kleinen Teil des deutschen Territoriums im Wege der vertraglichen Übernahme von Lasten politische Servituten begründet werden sollen, die die Verfügungsfreiheit der Deutschen über deutsches Staatsgebiet in schwerer Weise einschränken.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wenn solch ein Vertrag kein politischer Vertrag ist, möchte ich wirklich wissen, was man noch als solchen ansprechen könnte.
    Dieser Vertrag fällt also unter Art. 59 Abs. 2 des Grundgesetzes, der bestimmt, daß Verträge, durch die die politischen Beziehungen der Bundesrepublik geregelt werden, der Zustimmung des Bundestages bedürfen.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Ohne eine förmliche Zustimmung des Bundestages nach Art. 59 Abs. 2 kann dieses Vertragswerk nicht in Rechtswirksamkeit erwachsen. Und ich kündige an, daß, wenn unseren Bedenken nicht Rechnung getragen werden sollte, die sozialdemokratische Fraktion Klage beim Bundes verfassungsgericht erheben wird.

    (Beifall bei der SPD.)

    Nun noch ein Wort nebenbei. Man hat uns ermahnt: nicht davon sprechen, daß die badische Regierung es für überflüssig gehalten hat, in dieser für Kehl so vitalen Angelegenheit die Stadt Kehl selbst zu hören!

    (Hört! Hört! links.)

    Meine Damen und Herren, man ist auf der Regierungsseite des Hauses doch immer so sehr dafür, der jeweils höheren Stufe staatlicher Ordnung nur subsidiäre Kompetenzen zuzuerkennen. In Verfolg dieser These ist man der Meinung, daß man bei staatlichen Entscheidungen möglichst nahe an den Staatsbürger selbst herangehen soll. Ich glaube, daß es in dieser Sache mehr als ein Gebot bloßer Höflichkeit oder administrativer Nützlichkeit gewesen wäre, die Bewohner von Kehl und ihre gewählten Vertreter rechtzeitig zu unterrichten und sie zu fragen, was sie denn für ihr Interesse
    halten.

    (Sehr gut! bei der SPD.) Ich meine, daß es die rechtliche Pflicht der badischen Regierung gewesen wäre, so zu handeln.


    (Beifall bei der SPD.)

    Und wenn wir im Bundestag feststellen, daß die badische Regierung in diesem Falle ihrer Rechtspflicht nicht genügt hat, dann usurpieren wir nicht Rechte, die uns nicht zustünden, sondern dann tun wir nichts als unsere parlamentarische Pflicht.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Dieser Vertrag bringt uns — wenn auch nur in bezug auf einen kleinen Teil des Bundesgebietes — in eine Situation, die man heute niemand und früher bestenfalls einem Levantestaat zugemutet hat.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Man verlangt unsere Einwilligung dafür, daß — ohne Gegenseitigkeit — auf einen Teil des deutschen Staatsgebietes nicht deutsche Hoheitsgewalt, sondern eine scheinbar gemischte internationale, aber in Wirklichkeit doch sehr einseitig bestimmte fremde Hoheitsgewalt hoheitliche Entscheidungen fällen soll. Wir hätten nicht das geringste dagegen gehabt, wenn man aus den Häfen Kehl und Straßburg eine international verwaltete Hafengemeinschaft gemacht und beide Häfen unter dasselbe internationale Regime gestellt hätte. Das wäre eine gute Sache gewesen, und wir meinen, daß man auf solchem Wege recht viel ernsthaften Internationalismus praktizieren sollte. Aber was hier geschehen ist, ist doch etwas ganz anderes: Man hat nicht gegenseitig Einrichtungen, an denen ein gemeinsames Interesse besteht, internationalisiert, sondern lediglich den Hafen von Kehl unter ein gegenüber dem Hafen von Straßburg differentielles Regime gestellt und dieses Regime so gestaltet, daß es sich ausschließlich zum Vorteil von Straßburg auswirken soll und ausschließlich zum Nachteil von Kehl auswirken kann.
    Ein Beispiel! Es gibt zwar einen deutschen Hafendirektor, dem ein französischer Stellvertreter zur Seite steht; aber jedesmal, wenn der französische Stellvertreter der Meinung ist, er könne dem deutschen Direktor nicht zustimmen, kann die Zuständigkeit des Verwaltungsrates begründet werden, und in dem Verwaltungsrat — fünf zu fünf — gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des französischen Vorsitzenden den Ausschlag.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Dieser Verwaltungsrat hat außerdem noch eine Reihe ausschließlicher Zuständigkeiten und kann überdies jedesmal zuständig gemacht werden, wenn seine französischen Mitglieder irgendwann der Meinung sind, daß es sich um eine Entscheidung handle, die den „Geist" der Anwendung des Vertrages betreffe.

    (Erneute Rufe von der SPD: Hört! Hört!)

    Mit dieser Generalklausel kann man doch schlechthin in jedem Falle, in dem man es für nützlich hält, die Zuständigkeit des Verwaltungsrats und damit praktisch einseitig französische Entscheidungsgewalt begründen.
    Ich will heute nicht im einzelnen von all den Bestimmungen des Art. 14 sprechen, die die besonderen Zuständigkeiten des Verwaltungsrates statuieren: die Probleme des Transitverkehrs, die Möglichkeiten der Evokation, die Bestimmung, daß in allen wirtschaftspolitischen Angelegenheiten keine Entscheidung ohne Einvernehmen mit dem Verwaltungsrat ergehen kann, so daß letztlich, wenn man die Zuständigkeiten untersucht, dem


    (Dr. Schmid [Tübingen» deutschen Hafendirektor, also der deutschen Seite der Kehler Administration, nicht viel mehr übrig bleibt als die Zuständigkeit, die Pegelstangen oder die Hafenbojen anbringen zu lassen. Aber alles, was wichtig ist, alles, was wirtschaftspolitisch bedeutsam ist, kann praktisch in französische Zuständigkeit gebracht werden, und das ist für beide Völker keine gute Sache. Man sollte hierbei nicht die Schiedsklausel allzusehr als Helfer gegen alles Böse anpreisen: das Schiedsgericht kann doch nur über Rechtsfragen entscheiden. Das Schiedsgericht kann doch keine Entscheidung darüber treffen, ob diese oder jene Maßnahme richtig oder nützlich war, ob sie im wirtschaftlichen oder politischen Endeffekt diskriminatorisch wirkt oder nicht. Wenn der anderen Seite die Kommandohebel in die Hände gegeben sind und wenn die andere Seite entschlossen ist, von ihnen Gebrauch zu machen, kann man mit derartigen Schiedsklauseln praktisch nicht sehr viel anfangen. Was nun das Wort betrifft, man solle von internationalen Beamten von vornherein annehmen, daß sie bei ihren Entscheidungen unter Ausschaltung der Interessen ihres Heimatlandes nur „internationalistisch" denken: Ihr Wort in allen Ehren, Herr Staatssekretär — und hier wende ich mich an den Kollegen Professor Hallstein —, Sie wissen doch so gut wie ich aus der Rechtsprechung des Ständigen Internationalen Gerichtshofes im Haag, daß dort bisher nur in einem einzigen Fall ein Richter gegen den Standpunkt seiner Nation gestimmt hat. Wenn das geschieht am grünen Holz der Rechtsprechung, nun, dann sollte man von der Administration nicht so sehr viel mehr verlangen. Man sollte auch internationale Beamte nicht überfordern. Dann wäre es uns lieber gewesen, wenn man französischerseits den Willen, eine echte objektive Schiedsgerichtsbarkeit einzurichten, dadurch zu erkennen gegeben hätte, daß man dem deutschen Vorschlag zustimmte, den neutralen Vorsitzer etwa durch das Schweizer Bundesgericht ernennen zu lassen. Warum hat man sich denn darauf nicht eingelassen? Warum hat man denn justament auf der andern Lösung bestanden? Und nun sagt der Herr Staatssekretär: Gewiß, manches in dem Vertrag ist nicht schön, und es wäre uns sehr viel lieber gewesen, wenn wir einen besseren bekommen hätten. Es ist gar kein Zweifel, daß ihm dies lieber gewesen wäre, — aber die Frage ist doch, ob man sich das Problem so leicht machen darf, daß man glaubt, es lösen zu können durch das Zitieren von Sprichworten wie „Das Bessere ist des Guten Feind" und durch Sentenzen wie „Es ist doch schließlich besser, etwas kleines Gutes bekommen zu haben, als dies kleine Gute um eines möglichen Besseren willen fahren zu lassen". Es handelt sich hier nicht nur um Prinzipien, sondern um sehr greifbare und sehr handhafte Realitäten. Die Frage ist doch die: Um welchen Preis hat man denn auf das „Bessere" verzichtet? Ja, um welchen Preis hat man denn auf das Gute verzichtet, und was hat man denn dafür bekommen, daß man in das Schlechte eingewilligt hat? So ist doch die Frage! Ich glaube, daß die Gegengabe nicht sehr bedeutend ist. Gewiß, die Einwohner von Kehl werden ein wenig früher in die Häuser zurückkehren können, die man ihnen weggenommen hat. Das ist richtig. Aber muß man denn hier nicht die Bundesregierung frageh: Gab es denn gar keine Möglichkeit, durch deutsche Leistungen den Kehler Bürgern etwas von der Last abzunehmen, die sie für uns getragen haben?, — Leistungen, durch die das Unglück, in das sie gestürzt worden sind, wenigstens ausgeglichen werden konnte? Und hätte man dann nicht abwarten können, bis nach den vertraglichen Verpflichtungen, die die französische Regierung ihren Mitverbündeten gegenüber eingegangen ist, Kehl sowieso hätte geräumt werden müssen?! Die Hilfe, die man durch diesen bösen Vertrag den Kehler Bürgern angedeihen zu lassen glaubt, ist keine wirkliche Hilfe; so helfen zu wollen, ist eine falsche Art zu helfen! Denn man darf nicht dadurch helfen wollen, daß man deutsche Rechte, die für die Qualifikation des politischen Ranges Deutschlands mitentscheidend sind, preisgibt und in eine Diskrimination Deutschlands einwilligt, die uns eine recht einzigartige Stellung in Europa gibt. Was ist denn die politische Gegenleistung des Vertragspartners, eine Leistung, die nicht durch deutsche Leistungen an die Kehler Bürger hätte aufgewogen werden können? Doch nichts anderes als die Inaussichtstellung einer Beschleunigung der Rückgabe unrechtmäßig in Besitz genommenen deutschen Gebietes! Wenn wir jedesmal auf die Absicht eines andern Staates, das uns Geschuldete erst dann herzustellen, wenn deutscherseits eine ungeschuldete Leistung angeboten wird, eingehen, — nun, dann ist das doch nichts anderes als eine Aufforderung an dritte Staaten, Forderungen zu stellen, sie so hoch als möglich zu stellen! Es ist auch gar keine wahre Hilfe, was Kehl durch diesen Vertrag gegeben wird, angeblich gegeben wird. Am besten muß doch der Gemeinderat von Kehl wissen, ob der Vertrag für die Kehler gut oder schlecht ist, und der Gemeinderat von Kehl hat einmütig erklärt: „Dieser Vertrag ist schlecht und schädigt die vitalen Interessen der Stadt Kehl; wir wollen ihn nicht haben, werft das Scheusal in die Wolfsschlucht!" Das steht doch sinngemäß in dem Beschluß des Gemeinderats von Kehl. Man soll doch nicht glauben, daß man. in Bonn im Hinblick auf das Wissen um die Interessen der Kehler Bürger weiser wäre als die Kehler selbst! Was hier getan wird, ist keine gute Politik. Es ist auch eine schlechte Art, zu verfahren. Ich will nicht davon reden — obwohl auch davon noch wird geredet werden müssen —, daß die badische Regierung nach ihrer eigenen badischen Verfassung diesen Vertrag nicht ohne Zustimmung des Landtags hätte abschließen dürfen und daß, solange diese Zustimmung nicht erteilt ist, die Bundesregierung ihrerseits ihre Zustimmung nicht hätte geben dürfen. Ich will aber sagen, daß auch von seiten der Bürokratie des Amtes nicht alles getan worden ist, was hätte getan werden müssen, um die Entscheidung der Bundesregierung ausr ichend.vorzubereiten. Ich glaube, daß an dem, was man den Komplex „Kehler Hafenvertrag" nennen könnte, einiges zu korrigieren ist, und ich glaube darum, daß dieses Haus gut beraten wäre, wenn es unserem Antrag zustimmen würde, dem Antrag, den ich nunmehr mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten doch verlese, weil er bisher nicht hat verteilt werden können. Er lautet: Der Bundestag wolle beschließen: Der Vertrag über das Kehler Hafenabkommen mit den Anlagen ist dem Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten zur Überprüfung zu überweisen mit der Maßgabe, daß der Ausschuß dem Bundestag über das Ergebnis seiner Prüfung alsbald Bericht erstattet. Ich bitte das Haus, in diesem Sinne zu beschließen. President Dr. Ehlers: Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kopf. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Interpellation der sozialdemokratischen Fraktion dient dem echten Anliegen, eine Prüfung darüber herbeizuführen, ob die im Hinblick auf den Hafen von Kehl zu treffenden wirtschaftlichen und verkehrspolitischen Maßnahmen den Hafen der Verfügung deutscher Stellen und der Kontrolle durch deutsche parlamentarische Institutionen entziehen. Es ist richtig, daß diese Frage nach ihrer politischen, ihrer sachlichen und ihrer rechtlichen Seite hin einer eingehenden Prüfung und Würdigung bedarf. Seitdem der Hafen von Kehl etwa um die Jahrhundertwende durch die damaligen badischen Eisenbahnen errichtet worden ist, ist zu wiederholten Malen versucht worden, das Konkurrenzverhältnis, das zwischen den beiden Häfen Kehl und Straßburg bestand, durch staatliche Maßnahmen auszuschalten. Durch Maßnahmen einseitiger Art ist es versucht worden, in den Bestimmungen des Versailler Vertrags —Art. 65 ff. — und dem folgenden Abkommen, durch das der Hafen von Kehl zu einer Betriebsgemeinschaft mit dem Straßburger Hafen unter Leitung eines französischen Direktors vereinigt worden ist. Es ist in anderer Weise versucht worden in den Jahren 1941 bis 1945, als die Häfen von Kehl und Straßburg zu einer Betriebsgemeinschaft zusammengefaßt wurden. Im Jahre 1945, nach der Kapitulation Deutschlands, sind dann Stadt und Hafen Kehl durch die Besatzungsmacht nicht nur besetzt worden wie das übrige Besatzungsgebiet der französischen Zone, sondern sie sind auch einem Sonderregime unterstellt worden, das — abgesehen von dem inzwischen geräumten Teil der Stadt Kehl — noch bis auf den heutigen Tag besteht. Die Wirkungen dieses Sonderregimes sind bekannt. Das Gebiet von Stadt und Hafen Kehl wurde verwaltungsmäßig in das Departement Bas-Rhin einbezogen und dem Präfekten von Straßburg unterstellt. Das Betreten des Gebietes durch deutsche Staatsangehörige war nicht möglich. Das Gebiet wurde wie französisches Hoheitsgebiet behandelt. Es herrschte dort französische Zoll-, Währungsund Posthoheit. Eine Änderung trat erst in dem Maße ein, in dem schrittweise — in einzelnen Etappen — die Räumung der Stadt Kehl erfolgte. Das Washingtoner Abkommen vom Jahre 1949 sah dann vor, daß die Stadt Kehl in vier Jahren geräumt und daß für den Hafen Kehl eine Betriebsgemeinschaft gebildet werden soll. Nun ist inzwischen dieses umfangreiche Hafenabkommen mit seinen Anlagen, mit der Satzung einer zu errichtenden Hafengesellschaft und einem Pachtvertrag abgeschlossen worden. Es ist die Frage erörtert worden, inwieweit die formellen Zuständigkeiten für den Abschluß dieses Abkommens vorlagen. Der Herr Kollege Schmid hat angeführt, daß es sich bei diesem Abkommen um einen politischen und nicht um einen technischen Vertrag gehandelt habe. Ich kann dieser Auffassung nicht beipflichten. Das Abkommen setzt, wie Herr Staatssekretär Hallstein mit Recht gesagt hat, eine Bedingung als Geschäftsgrundlage voraus, nämlich die Zusage der künftigen Räumung von Stadt und Hafen Kehl. Diese Zusage ist in derselben einseitigen Weise als eine Vorleistung erfolgt, wie Stadt und Hafen Kehl seinerzeit durch einen einseitigen Akt der Besatzungsmacht einem Sonderregime unterstellt worden sind. (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Aber Herr Kollege Kopf, die Rückgabe unrechtmäßigen Besitzes ist doch keine Vorleistung!)


    (Lachen bei der SPD)


    (Hört! Hört! bei der SPD.)


    (Sehr richtig! bei der SPD.)


    (Sehr gut! bei der SPD)


    (Sehr richtig! bei der SPD.)


    (Sehr wahr! bei der SPD.)


    (Sehr richtig! bei der SPD.)


    (Dr. Schmid [Tübingen])


    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)