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ID0116907400

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    Deutscher Bundestag — 169. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1951 6955 169. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1951. Geschäftliche Mitteilungen 6956B Anfrage Nr. 205 der Fraktion der SPD betr. Fall Platow (Nm. 2552, 2695 der Drucksachen) 6956B Änderungen der Tagesordnung 6956B Dr. Gerstenmaier (CDU) 6956C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (Nr. 2658 der Drucksachen) 6956C Dr. Jaeger (CSU), Berichterstatter 6956D Beschlußfassung 6957C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Nr. 2659 der Drucksachen) 6957C, 6967A Dr. Arndt (SPD), Berichterstatter . . 6967A Arndgen (CDU) 6969D Beschlußfassung 6969D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (Nr. 2627 der Drucksachen) 6957C Dr. Wellhausen (FDP), Berichterstatter 6957D Beschlußfassung 6958C Mitteilung betr. Vorlage des Berichts der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein 6958D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Steuerberechtigung und die Zerlegung bei der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer (Zerlegungsgesetz) (Nr. 2644 der Drucksachen) 6959A Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . 6959A Ausschußüberweisung 6959B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland vom 15. Juni 1949 (Nr. 2639 der Drucksachen) 6959B Brandt (SPD), Antragsteller 6959B, 6961C Dr. Krone (CDU) 6960B Dr. Reif (FDP) 6960C Gundelach (KPD) 6960D Ewers (DP) 6961A Ausschußüberweisung 6962A Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über Leistungen aus vor der Währungsreform eingegangenen Renten-und Pensionsversicherungen vom 11. Juni 1951 (Nr. 2640 der Drucksachen) 6962A Ausschußüberweisung 6962A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreidegesetz) (Nr. 2449 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr. 2685 der Drucksachen) 6962B Dr. Horlacher (CSU): als Berichterstatter 6962B als Abgeordneter 6965A a Kriedemann (SPD) . . . . 6963D, 6965D Dannemann (FDP) 6965C Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 6966B Abstimmungen 6966C Beratung des Antrags der Abg. Dr. Ott u Gen. betr. Protest gegen die Zwangsumsiedlung in Rumänien (Nr. 2645 der Drucksachen) 6970A Dr. Ott (BHE-DG), Antragsteller . 6970A Dr. Gerstenmaier (CDU) . . 6971C, 6975D Dr. Trischler (FDP) 6972C Renner (KPD) 6973D Paul (Württemberg) (SPD) 6975B Ausschußüberweisung 6976C Besprechung der Erklärung der Bundesregierung (betr. Ergebnis der von der Bundesregierung bei den Alliierten unternommenen Schritte wegen Wiederherstellung der deutschen Einheit und gesamtdeutschen Wahlen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Einstellung der zwischen der Bundesregierung und den Hohen Kommissaren geführten Verhandlungen wegen der Durchführung der Washingtoner Beschlüsse i (Nr. 2656 der Drucksachen; Umdruck Nr. 336) 6976C Tillmanns (CDU) 6976D, 6995C Wehner (SPD) 6978B, 6993D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . . 6981C Dr. von Merkatz (DP) 6982B Reimann (KPD) 6983D Dr. Freiherr von Rechenberg (FDP) 6986B Fisch (KPD) 6988B Frau Wessel (Z) 6990B von Thadden (Fraktionsios) 6991D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 6992C Tichi (BHE-DG) 6993A Euler (FDP) 6995A Abstimmungen 6995D Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 328) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Erhöhung aller Unfallrenten (Nr. 2622 der Drucksachen) 6996A Beschlußfassung 6996A Beratung der Übersicht Nr. 39 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 325) 6996C Beschlußfassung 6996C Nächste Sitzung 6996C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Heinrich Hellwege


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    jener tiefgreifende und in die Zukunft weisende Wandel des Nationalgefühls unseres Landes.
    Unser deutsches nationales Anliegen ist zugleich das europäische Anliegen; denn Westeuropa allein stellt nicht die Daseinsfülle Europas dar, und Osteuropa ist verlorengegangen an den Machtbereich der Sowjetunion. Ebensowenig wie ein Torso Europas im Westen bestehen kann, ebensowenig kann der Teil Deutschlands in der Bundesrepublik, der Westen Deutschlands, die Daseinsfülle ganz Deutschlands darstellen. Aber so wie aus dem westlichen Teile Deutschlands und aus dem westlichen Teile Europas die Energien und Impulse aufstehen, um das Ganze wieder darzustellen, das Ganze wieder zurückzugewinnen, die Wiederherstellung der mitteleuropäischen Ordnung und damit auch die Befreiung Osteuropas einzuleiten, so ist es unsere Aufgabe, Aufgabe dieser Bundesrepublik, sich als den Kernstaat, als den Treuhänder, als den Sachwalter all dieser Bestrebungen zu betrachten und den Weg der europäischen und damit auch unserer deutschen und der osteuropäischen Befreiung zu beschreiten.
    Meine Damen und Herren! Es sind drei Richtungen, nach denen man diesen Weg praktisch zu gehen versucht. Die eine ist, Garantien zu schaffen, um in der sowjetisch besetzten Zone Zustände herbeizuführen, die die Durchführung freier Wahlen ermöglichen, d. h. die innere und äußere Befreiung der Menschen vom terroristischen Zwang herbeizuführen, der sie daran hindert, ihren Willen frei und unbeeinflußt zum Ausdruck zu bringen.

    (Zuruf von der KPD: Sie alter Monarchist!)

    Die zweite Richtung ist, diesen freien Willen zum Ausdruck zu bringen, d. h. die Abhaltung freier, allgemeiner deutscher Wahlen.
    Die dritte Richtung schließlich ist diejenige, die von der von der sowjetischen Besatzungsmacht beauftragten Regierung in Ostdeutschland einge-


    (Dr. von Merkatz)

    halten wird, d. h. die Herbeiführung gesamtdeutscher Beratungen.
    Wenn man das Maß der Initiative, die auf dem Boden der Bundesrepublik erstanden ist, mit dem Maß an Initiative vergleicht, das die Machthaber der sowjetisch besetzten Zone entfaltet haben, so ergibt sich folgendes klare Bild vor dem deutschen Volk. Die Bundesregierung hat Schritte unternommen, um den Zustand für die Abhaltung freier, tatsächlich freier gesamtdeutscher Wahlen herbeizuführen. Sie hat ferner mit allen Parteien dieses Hauses das Grundkonzept dafür erarbeitet, in welchen Formen diese freien Wahlen durchgeführt werden sollen. Diese entscheidende Initiative auf beiden Gebieten ist im Bereich der Bundesrepublik entfaltet worden.
    Demgegenüber steht das überaus magere Ergebnis an Initiative der Machthaber der sowjetisch besetzten Zone, die nichts weiter herbeiführen wollen als ein Gespräch, um damit erstens die Herstellung der Voraussetzungen für eine freie Wahl und zweitens die Durchführung dieser Wahlen zu verhindern. Wir sagen demgegenüber: Die Leute dort drüben, die von der Sowjetunion gelenkt werden, sollen nun die Karten auf den Tisch legen und bekennen, was sie tatsächlich wollen, was ihre Auftraggeber zugestehen wollen, d. h. ob die Sowjetunion tatsächlich auf die weitere Eroberung mitteleuropäischen und insbesondere deutschen Gebietes verzichten will oder nicht. Um diese Frage geht es, und deshalb sind meine politischen Freunde nach eingehender Überlegung und Prüfung des Problems der Auffassung, daß über die eigentlichen Kernfragen gesprochen werden muß und nicht in ein verführerisches Manöver von Gesprächen ausgewichen werden darf, die gar nichts erbringen ' können und nur über die Tatsache hinwegtäuschen, um die es geht: die Befreiung der sowjetisch besetzten Zone von innerem und äußerem Zwang und die tatsächliche Durchführung der Wahlen.
    Die Bundesregierung hat einen entscheidenden Erfolg errungen mit der gestern bekanntgegebenen Antwort auf ihre Note, die sie im Auftrag des Bundestages im Anschluß an die Beschlüsse vom 27. September an die Regierungen der drei Besatzungsmächte gerichtet hat. Es handelt sich um eine Dreimächteerklärung, nicht nur um leere Versprechungen der einen und der anderen Macht, nicht nur um eine leere Demonstration, sondern um einen Schritt bei der UNO auf Einsetzung einer Untersuchungskommission, auf den die Sowjetunion nun eine klare Antwort geben muß.
    Lassen Sie mich noch ein Wort zu dem gesamtdeutschen Gespräch sagen. Da drüben wird stets die These vertreten, hier werde nur irgendein Vorwand in Gestalt der Legitimation oder Nichtlegitimation jener Machthaber gesucht. Meine Damen und Herren, das ist nicht die Frage. Unser Maßstab, unsere Frage, die wir uns ständig zu stellen haben, ist folgende: Was wünschen die Deutschen jenseits des Eisernen Vorhangs? Sie legitimieren uns; ihren Willen, ihren Wunsch haben wir zu erfüllen, und im Rahmen dieser ihrer Wünsche ist es überhaupt erst möglich, die praktischen Maßnahmen zu überlegen. Gespräche, die dazu dienen sollen, von der Verwirklichung der Befreiung und damit der Einigung hinwegzulenken, werden wir ablehnen; denn es wäre eine Versündigung an der deutschen Zukunft, auf eine solche Täuschung des deutschen Volkes hereinzufallen.
    Zum Abschluß noch ein kurzes Wort zu dem, was man Integration in den Westen nennt. Hier besteht eine nicht unerhebliche Kontroverse zwischen der Opposition und der Regierung. Die Opposition hat oft erklärt: Im Ziele sind wir einig; der Streit geht um die Methoden. Ich glaube, die Stunde ist so ernst geworden, daß dieser überflüssige Methodenstreit ein Ende finden sollte. Es ist einleuchtend: eine Lösung der weltpolitischen Frage einer wirklichen Befreiung und damit der Einigung Deutschlands ist nur dadurch möglich, daß sich die westliche Welt zusammenfindet, und dazu ist die echte deutsche Partnerschaft erforderlich. Hierzu haben meine politischen Freunde seinerzeit in Hamburg fünf Forderungen aufgestellt, die ich hier wiederholen möchte: erstens die Forderung der Gleichheit im Rahmen der Gemeinschaft, zweitens die Forderung der gleichen Verteidigungswürdigkeit jedes .Gliedes dieser Gemeinschaft, drittens die Forderung eines Mitspracherechtes bei allen Instanzen, die über die Mittel und Möglichkeiten dieser Gemeinschaft verfügen, viertens das Prinzip des europäischen Lastenausgleichs, auf daß jeder nach seinen Kräften für die Gemeinschaft beitrage, und schließlich das Fundament, auf dem jede internationale Gemeinschaft ruhen muß, das Fundament des Vertrauens. Dies sind die fünf Hauptprinzipien, unter denen wir eine Integration sehen, eine Integration, die die unerläßliche Voraussetzung ist, um die von der Opposition geforderten praktischen Maßnahmen für die Einigung Deutschlands herbeizuführen.
    Ich glaube, meine Damen und Herren, die Dinge sind einfach, viel einfacher, als sie die Kompliziertheit der Debatten insbesondere gestern vermuten läßt. Wir wünschen — und sind uns darin mit der Regierung einig — einen starken, klaren Impuls auf dem Weg zur Befreiung unserer ganzen Nation im Rahmen einer europäischen Gemeinschaft. auch der Befreiung aller osteuropäischen Völker, damit dieser europäische Kontinent als ein Faktor der Ordnung und des echten Friedens wieder entstehe.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Reimann.

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    Rede von Max Reimann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Die Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik hat sich erneut an den Bundestag gewandt und erwartet eine klare Antwort auf die Ihnen bekannten zwei Fragen. Das deutsche Volk hat nicht verstehen können, daß der Bundestag in seiner Sitzung vom 27. September den Vorschlag der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik nicht zustimmend beantwortet hat und statt dessen einer Regierungserklärung Dr. Adenauers zugestimmt hat, in der Vorbedingungen für gesamtdeutsche Wahlen genannt wurden und die Frage der Beschleunigung des Abschlusses eines Friedensvertrages mit Deutschland umgangen wurde. Um so mehr erwartet das deutsche Volk von der heutigen Sitzung des Bundestages eine klare, eindeutige und zustimmende Antwort auf die beiden Fragen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik.

    (Zuruf von der Mitte: Werden Sie Müller freilassen?)

    Unser Volk empfindet in wachsendem Maße die gefahrvolle Situation und die Verschärfung der internationalen Spannungen. Leben und Existenz besonders unseres Volkes sind bedroht durch eine Politik, die an Stelle der Lösung der internationalen Probleme durch Verhandlungen die Drohung


    (Reimann)

    mit der Atombombe setzt, wie das vor allem auf den Konferenzen von San Franzisko und Washington zum Ausdruck kam.
    Für die Erhaltung des Friedens in Europa und damit des Lebens und der Existenz unserer Nation ist vor allem die friedliche Lösung des Deutschlandproblems erforderlich. Darum hat der Appell der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik an den Bundestag Zustimmung in allen Schichten unseres Volkes gefunden. Darum erwartet das Volk in seiner Gesamtheit, daß die Tür zur deutschen Verständigung, die von der Volkskammer geöffnet wurde, nicht durch eine kurzsichtige, die Interessen unseres Volkes unberücksichtigt lassende Politik wieder zugestoßen wird. Die Abgeordneten des Bundestages würden nie vor den Fragen ihrer Wähler bestehen können,

    (Sehr wahr! in der Mitte)

    wenn sie eine den Interessen unserer Nation und den Erwartungen unseres Volkes widersprechende Entscheidung

    (erneute Rufe in der Mitte: Sehr wahr!)

    zu dem Vorschlag der Volkskammer auf gesamtdeutsche Beratungen fällen würden.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Die Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik hat an ihren Vorschlag keinerlei Bedingungen geknüpft. Sie hat in ihrer zweiten Sitzung ausdrücklich erklärt, daß sie ihren Vorschlag auf gesamtdeutsche Beratungen über freie Wahlen in ganz Deutschland zu einer Nationalversammlung und über den Abschluß des Friedensvertrages ohne jede Bedingung mache. Um so bedauerlicher ist es, daß der Bundestag in seiner Sitzung vom 27. September den Vorschlag der Volkskammer unbeantwortet gelassen und den Bedingungen Dr. Adenauers zu gesamtdeutschen Wahlen zugestimmt hat. Herr Dr. Adenauer hat in wiederholten Erklärungen zu diesen 14 Punkten weitere Bedingungen für gesamtdeutsche Wahlen genannt.

    (Abg. Renner: Sehr richtig!)

    Die offene Sprache des „Rheinischen Merkur", der die Meinung des Herrn Adenauer wiedergibt, und die Äußerungen des Regierungssprechers, die deutsche Einheit sei nur ein Trugbild, beweisen die ablehnende Haltung Dr. Adenauers zur Wiederherstellung der deutschen Einheit überhaupt.
    Der Versuch, durch die 14 Punkte die Bestrebungen zur Wiederherstellung der deutschen Einheit auf Grund des Vorschlages der Volkskammer zum Scheitern zu bringen, wurde durch die verantwortungsbewußte Haltung der Volkskammer vereitelt. Die Volkskammer hat in ihrer letzten Sitzung ausdrücklich erklärt, daß sie die Mehrzahl der 14 Punkte für gesamtdeutsche Wahlen annimmt und über andere Fragen mit den Vertretern des Bundestages zu verhandeln bereit ist.

    (Zuruf von der Mitte: Welche Punkte nicht?) Damit gibt es keine Gründe mehr, die eindeutigen Fragen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik verneinend oder ausweichend zu beantworten. Es ist geradezu erschütternd, daß der Bundeskanzler Dr. Adenauer, anstatt in seiner Regierungserklärung auf die Fragen der Volkskammer einzugehen, eine Mitteilung über die Note der Hohen Kommissare macht, die den Abgeordneten bereits durch die amerikanische „Neue Zeitung" bekannt war. Herr Dr. Adenauer hat sich mit seiner Regierungserklärung auf das Niveau eines verspäteten Boten begeben. Wenn Herr Dr. Adenauer in seiner Regierungserklärung sagt, Ministerpräsident Otto Grotewohl habe auf die 14 Punkte nichts geantwortet, so möchte ich noch einmal feststellen, daß die Mehrzahl der 14 Punkte vom Ministerpräsidenten Otto Grotewohl als annehmbar bezeichnet wurde


    (Zuruf in der Mitte: Welche nicht?)

    und daß andere Punkte in gesamtdeutschen Beratungen zwischen Vertretern des Bundestages und der Deutschen Demokratischen Republik behandelt werden können. Ministerpräsident Grotewohl sagte ausdrücklich: Das trifft besonders auf die Fragen der internationalen Kontrolle über die Wahlen zu.
    Herr Dr. Adenauer hat in seiner gestrigen Regierungserklärung weiterhin die Behauptung aufgestellt, Ministerpräsident Otto Grotewohl habe die Einstellung der Geheimverhandlungen Dr. Adenauers mit den Hohen Kommissaren zu einer Bedingung gesamtdeutscher Beratungen gemacht. Ich möchte demgegenüber noch einmal ausdrücklich feststellen, daß sowohl in den Ausführungen des Ministerpräsidenten Otto Grotewohl als auch im Antrage der CDU-Fraktion an die Volkskammer und in der Rede des Präsidenten der Deutschen Demokratischen Republik, Wilhelm Pieck, vom 13. Oktober ausdrücklich betont wird, daß die Einstellung der Verhandlungen zwischen Dr. Adenauer und den Hohen Kommissaren keine Vorbedingung für die Aufnahme gesamtdeutscher Beratungen ist. Unser Antrag in dieser Richtung hat nichts mit der Verständigung zwischen beiden Parlamenten zu tun.
    Herr Dr. Adenauer hat also seine Regierungserklärung auf einer falschen Darlegung des Vorschlages der Volkskammer aufgebaut. Das gestrige Auftreten Dr. Adenauers, die Art, wie die Rechte des Bundestags durch den Bundeskanzler mißachtet werden, wie auch der gesamte Inhalt der Regierungserklärung zeigen, daß Dr. Adenauer unter allen Umständen gegen den Willen des deutschen Volkes und unter Mißachtung des Bundestags gesamtdeutsche Beratungen über freie Wahlen in ganz Deutschland und über den Abschluß eines Friedensvertrags verhindern will.
    Auch der Inhalt der Note der Hohen Kommissare beweist, daß diese gesamtdeutsche Beratungen verhindern wollen, weil ihnen ein gespaltenes Deutschland für ihre Aggressionspläne zweckdienlicher ist. Gemäß der Regierungserklärung vom 27. September, die auch die Unterstützung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion fand, wurde die Abhaltung gesamtdeutscher Wahlen zu einer Angelegenheit der Besatzungsmächte gemacht,

    (Abg. Renner: Sehr gut!)

    obwohl sie eindeutig ausschließlich eine Angelegenheit des deutschen Volkes ist. In der Note der Hohen Kommissare wurde mitgeteilt, daß sie bei der ersten passenden Gelegenheit ihre Ansichten den Vereinten Nationen unterbreiten werden. Die Hohen Kommissare bestimmen also, wann die passende Gelegenheit für die Weiterleitung der Wahlvorschläge an die Vereinten Nationen gegeben ist. In der Note der Hohen Kommission heißt es weiter, daß nur durch solche Maßnahmen zweckmäßig und zufriedenstellend festgelegt werden kann, ob in dem Gesamtgebiet Deutschlands Bedingungen gegeben sind, die das Abhalten einer allgemeinen Wahl als praktisch durchführbar erscheinen lassen. Mit dem Vorschlag Dr. Adenauers wird also den Hohen Kommissaren, d. h. ausländischen Instanzen, die Gelegenheit gegeben, die Abhaltung gesamtdeut-


    (Reimann)

    scher Wahlen mit der Begründung zu verhindern, daß die Bedingungen für gesamtdeutsche Wahlen nicht gegeben seien.

    (Abg. Renner: Sehr gut! Sehr richtig!)

    Ich möchte demgegenüber feststellen, weder die Hohen Kommissare noch die Vereinten Nationen sind die Instanz, die über gesamtdeutsche Wahlen und über das Wahlgesetz für gesamtdeutsche Wahlen zu entscheiden hat. Diese Fragen sind ausschließlich Angelegenheiten des deutschen Volkes! Gesamtdeutsche Wahlen können nur stattfinden, wenn sich die Vertreter Ost- und Westdeutschlands in einer gesamtdeutschen Beratung über das Wahlgesetz und über alle anderen Fragen, die mit gesamtdeutschen Wahlen zusammenhängen, verständigen. Wer gesamtdeutsche Beratungen nicht will, will somit auch keine gesamtdeutschen Wahlen,

    (Abg. Renner: Sehr richtig!)

    ist ein Feind der Einheit Deutschlands

    (Sehr gut! bei der KPD)

    und handelt gegen die Interessen des deutschen Volkes!
    Es ist charakteristisch für die Politik Dr. Schumachers und der Führung der SPD, daß sie auch in ihren Zusatzanträgen und in ihrer gesamten Stellungnahme den Vorschlag gesamtdeutscher Beratungen über freie Wahlen in ganz Deutschland und über den Abschluß des Friedensvertrags einfach verschweigt. Die unter Fraktionszwang erfolgte Zustimmung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion zur Regierungserklärung Dr. Adenauers am 27. September beweist, daß sich die Politik Dr. Schumachers prinzipiell nicht von der Politik Dr. Adenauers unterscheidet und daß Dr. Schumacher ebenso wie Dr. Adenauer keine gesamtdeutschen Beratungen über Wahlen für Einheit und Frieden wünscht. Dr. Schumacher möchte dem Volke gegenüber eine Zustimmung zur Einheit Deutschlands und zu gesamtdeutschen Wahlen vortäuschen, behindert aber gleichzeitig durch die Ablehnung gesamtdeutscher Beratungen die Einleitung der Einheit auf demokratischer Grundlage.
    In der Bundestagsdebatte vom 27. September wurde durch Dr. Adenauer und ebenso durch den Sprecher der SPD-Fraktion kein Wort zum Vorschlag der Volkskammer gesagt, bei gesamtdeutschen Beratungen die Beschleunigung des Abschlusses eines Friedensvertrages mit Deutschland zu besprechen. Auch in der gestrigen Regierungserklärung Dr. Adenauers wurde dieser Vorschlag der Volkskammer mit keinem Worte erwähnt. Dr. Adenauer fürchtet. seine wahre Einstellung zum Abschluß eines Friedensvertrages gegenüber dem deutschen Volke kundzutun. Er fürchtet das, weil er weiß, daß seine Haltung im Gegensatz zu den Interessen und Wünschen unseres Volkes steht, das nichts sehnlicher wünscht, als sechs Jahre nach Kriegsende endlich einen Friedensvertrag zu bekommen und damit diesen unwürdigen Zustand zu beenden.

    (Zuruf in der Mitte: Kriegsgefangene!)

    Das deutsche Volk will durch den Abschluß des Friedensvertrages und den Abzug der Besatzungstruppen sein Selbstbestimmungsrecht zurückerhalten und nicht mehr fremde Herren über seine nationalen Interessen bestimmen lassen. Das deutsche Volk will über sein Schicksal selbst entscheiden, es will Herr im eigenen Hause sein. Das deutsche Volk will in einem einigen, demokratischen, unabhängigen, friedliebenden Deutschland
    leben. Das ist die einzig mögliche Grundlage für ein friedliches Zusammenleben aller Völker Europas, zu denen auch die Sowjetunion gehört.

    (Abg. Dr. Ehlers: Aha!)

    Dr. Adenauer aber will keinen Abschluß eines Friedensvertrages, weil er dadurch seine politische Konzeption, die mit der amerikanischen übereinstimmt, gefährdet sieht. Ich möchte eine Erklärung des Sprechers der amerikanischen Regierung wiedergeben, die heute in der „Welt" veröffentlicht worden ist. Darin heißt es, die amerikanische Regierung werde niemals die Eingliederung Westdeutschlands in das westeuropäische Verteidigungssystem als Preis für freie Wahlen hergeben.

    (Lebhaftes Hört! Hört! bei der KPD. — Weitere Zurufe von der KPD. — Gegenrufe in der Mitte.)

    Indem Dr. Schumacher ebenfalls die Frage des Abschlusses eines Friedensvertrags übergeht, leistet er der Politik Dr. Adenauers Hilfsdienste.
    Die Lösung aller Fragen von nationaler Bedeutung des deutschen Volkes, insbesondere aber die Rettung des Friedens erfordern die Wiederherstellung der deutschen Einheit auf demokratischer und friedlicher Grundlage. Der Weg dazu wurde durch den Appell der Volkskammer, gesamtdeutsche Beratungen über freie Wahlen in Deutschland und über die Beschleunigung des Abschlusses eines Friedensvertrages abzuhalten, eröffnet.
    Mir ist bekannt, daß Abgeordnete aller Fraktionen mit den Beschlüssen des Bundestages vom 27. September innerlich nicht einverstanden waren

    (Zuruf des Abg. Heiland)

    und sich nur dem Fraktionszwang unterwarfen.

    (Lachen in der Mitte.)

    Meine Herren, die Vorgänge bei der außenpolitischen Debatte in der gestrigen Sitzung des Bundestages zeigen, daß in der sozialdemokratischen Fraktion starke Differenzen über die Politik der SPD-Führung in den Grundfragen unseres nationalen Lebens bestehen.

    (Lachen und Zurufe bei der SPD.)

    In den nächsten Tagen, meine Herren, wird ja noch mehr in dieser Richtung kommen.

    (Sehr gut! bei der KPD. — Zuruf von der SPD: Das können Sie uns überlassen!)


    (Lachen bei der SPD.)

    Ich möchte an jeden Bundestagsabgeordneten noch einmal appellieren,

    (Lachen in der Mitte)

    seine Entscheidung einzig und allein von seiner Verantwortung gegenüber seinen Wählern, gegenüber dem ganzen deutschen Volk bestimmen zu lassen.
    Ich stelle im Namen der kommunistischen Fraktion folgenden Antrag:
    Der Bundestag wolle beschließen:
    Der Bundestag nimmt die von der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik an ihn ergangene Einladung

    (Zuruf rechts: Nicht ernst! — Heiterkeit)

    auf Durchführung einer gesamtdeutschen Be-


    (Reimann)

    ratung an und wählt als Vertretung des Bundestages einen aus Mitgliedern aller Fraktionen zusammengesetzten Ausschuß.
    Dieser Ausschuß hat die Aufgabe, gemeinschaftlich mit den Vertretern der Volkskammer die nachstehenden beiden Fragen zu erörtern und zu klären:
    1. Abhaltung von freien, gleichen und geheimen demokratischen Wahlen

    (Zuruf von der SPD: In Berlin!)

    für eine Nationalversammlung für ganz Deutschland zur Schaffung eines einheitlichen, demokratischen, friedliebenden Deutschlands.

    (Abg. Graf von Spreti: Da kommt ihr aber schlecht weg!)

    2. Beschleunigter Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland.
    — Nun, wenn Sie der Meinung sind, wir kämen schlecht weg in ganz Deutschland, warum stimmen Sie dann nicht zu!

    (Beifall bei der KPD. — Abg. Strauß: Ihr traut euch ja nicht!)

    Ich bitte alle Abgeordneten, diesem Antrag, der dem Verlangen des deutschen Volkes nach Verständigung, Einheit und Frieden entspricht, die Zustimmung nicht zu versagen.

    (Beifall bei der KPD. — Abg. Kahn: Befehl ausgeführt! — Weitere Zurufe in der Mitte.)