Wunderbar! Ich danke sehr. — Ich will mich trotzdem nur mit einem Punkt dieses Abänderungsgesetzes beschäftigen, den meine Freunde und ich allerdings für außerordentlich wichtig halten. Ich lege einen Antrag meiner Freunde zugrunde — den ich Ihnen überreichen darf —: „Die §§ 5 und 6 des Getreidegesetzes vom 4. November 1950 werden gestrichen". Der Herr Berichterstatter hat eben darauf hingewiesen, daß diese Frage im Ausschuß schon eingehend behandelt worden ist. Da der Antrag im Ausschuß abgelehnt worden ist, glaube ich, durch seine Wiederholung Ihre Aufmerksamkeit hier auf den Punkt hinlenken zu sollen, der ganz zweifellos im Abänderungsgesetz zum Getreidegesetz der entscheidende Punkt ist. Es ist mir leicht, das jetzt hier zu sagen. Leider ist weder der Herr Minister noch der Herr Staatssekretär hier; ich riskiere also nicht einmal einen Widerspruch. Aber den hätte ich auch sonst nicht zu befürchten. Es handelt sich um folgendes.
Mit dem Getreidegesetz haben wir alle zusammen dem Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft zur Sicherung der Getreideversorgung eine ganze Reihe von Vollmachten gegeben, die mit dem freien Spiel der Kräfte, so wie wir es sonst verstehen, nicht vereinbar sind, die sich aber zwingend aus unserer immerhin noch sehr ernsten Getreideversorgungslage ergeben. Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft kann Vorschriften über die Ausnutzung der Mühlenkapazitäten erlassen, er kann vor allen Dingen Vorschriften darüber erlassen, wie das Getreide ausgemahlen werden soll usw. usw.
Man hat seinerzeit versucht, diese Vollmachten des Ministers dadurch, sagen wir einmal, abzumildern, daß man ihre Durchführung einer Mühlenstelle übertragen hat, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts durch § 5 des Getreidegesetzes eingerichtet worden ist. Diese Mühlenstelle sollte aus Vertretern der beteiligten Wirtschaftskreise einschließlich der Verbraucher gebildet werden. Sie ist dann viel schneller, als manch einer hier bei der Abstimmung über das Gesetz vielleicht angenommen hat, vor Aufgaben von außerordentlicher Bedeutung gestellt worden. Dabei hat sich in der Praxis doch ganz ohne Zweifel herausgestellt, daß es nun einmal nicht geht, ausgesprochen hoheitliche Funktionen durch dem Ministerium angehängte Körperschaften des öffentlichen Rechts, zuzusammengesetzt aus den unmittelbar Beteiligten, erledigen zu lassen. Bedenken Sie bitte nur, daß erst fast ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Getreidegesetzes, sozusagen in diesen Tagen, der Entwurf einer Geschäftsordnung für die Mühlenstelle dem Kabinett zugeleitet werden konnte. Ich denke gar nicht daran, diese lange Zeit, die dazu notwendig war, etwa auf Saumseligkeit, auf Müdigkeit — oder ich weiß nicht, was — der dafür zuständigen Stellen zu schieben. In dieser langen Zeitspanne kommt eben nichts anderes zum Ausdruck als die Schwierigkeiten, die nun einmal damit verbunden sind, wenn man solche Aufgaben klar hoheitlichen Charakters auf anderer Ebene zu lösen versucht.
Ein weiterer Beweis dafür, daß diese sehr wichtige Aufgabe, z. B. Ausmahlungsquoten vernünftig festzusetzen, dann aber auch im Interesse der Sicherung der Ernährung gegenüber allen Interessentenwünschen durchzusetzen, auf eine solche Weise nicht zu lösen ist, kommt in der Tatsache zum Ausdruck, daß die Regierung sich nun in ihrem Abänderungsgesetz das Recht zu sichern versucht hat, einen Beamten zum Vorsitzenden des
Verwaltungsrates der Mühlenstelle machen zu können — offenbar und zugegebenermaßen doch aus der Erfahrung heraus, daß die unmittelbar beteiligten Kreise sich bestens dafür bedanken, so unerfreuliche und unpopuläre Maßnahmen wie etwa die Kontrolle der Betriebe auf Innehaltung solcher Vermahlungsvorschriften dann auch wirksam zu gestalten. Denn das liefe ja doch darauf hinaus, daß irgendein maßgebender Herr aus der Mühlenwirtschaft dafür verantwortlich würde, daß aus mehr oder weniger verbindlichen oder unverbindlichen Beschlüssen oder Meinungsäußerungen etwas wird, was auch hantiert werden kann. Er muß also sozusagen die Prüfer in die Betriebe seiner Verbandskollegen hineinschicken. Das tut man natürlich nicht gern, und es ist durchaus begreiflich, sowohl daß es diese Schwierigkeiten gegeben hat, wie daß die Bundesregierung versucht hat, über diese Schwierigkeiten dadurch hinwegzukommen, daß mit der Durchführung dieser hoheitlichen Aufgaben eben nicht jemand aus den beteiligten Kreisen sozusagen ehrenamtlich betraut werden soll, sondern jemand aus dem Stabe des Ministeriums, ein Beamter.
Wir haben bei der Beratung dieses Abänderungsantrages unsere großen Bedenken dagegen geäußert, daß man hier die Erfahrungen mit dem bisherigen Nichtfunktionieren der Mühlenstelle nur mit einem halben Schritt verwerten will, also einen Beamten dort hinsetzen will, der dann aber kein Stimmrecht im Verwaltungsrat haben soll, und haben vorgeschlagen, aus dem, was nun studiert werden konnte und was in seinen Resultaten auch gar nicht verwunderlich ist, alle Konsequenzen zu ziehen und sich dazu zu bekennen, daß hoheitliche Aufgaben eben nicht abgetreten werden können, sondern dort erledigt werden müssen, wo sie hingehören, und daß sie an einer Stelle erledigt werden müssen, die in vollem Umfang und ohne alle Umwege auch politisch-parlamentarisch kontrolliert werden kann, nämlich im Ministerium. Diese Überlegung liegt unserem Antrage zugrunde, § 5 des Gesetzes, mit dem die Mühlenstelle eingerichtet wird, zu streichen.
Daraus ergibt sich auch die Forderung auf Streichung des § 6, mit dem ein Beschwerdeausschuß für Beschwerden gegen die Entscheidungen der Mühlenstelle eingerichtet worden ist. Ein solcher Beschwerdeausschuß ist dann überflüssig; denn gegen Maßnahmen des Ministeriums kann sich jeder Staatsbürger auf den hinreichend bekannten Wegen in jedem Augenblick beschwerdeführend um sein Recht bemühen.
Bitte, meine Damen und Herren, schenken Sie dem Problem einen Augenblick Ihre Aufmerksamkeit. Es handelt sich gar nicht um einen Grundsatzstreit; es handelt sich auch nicht um eine formale Angelegenheit, sondern schon um etwas, was materiell von großer Bedeutung ist. Ob man Mühlenkontingente einführt, neu einführt oder neu berechnet oder, was noch viel wichtiger ist, auf die Beachtung dieser Mühlenkontingente mit allem Nachdruck Gewicht legt, ob man sich über die Verteilung des Auslandsgetreides auf die einzelnen Mühlen neu orientieren muß oder ob man die Kontrolle der Durchführung der Vorschriften, die auf eine möglichst rationelle Verwendung des Getreides abzielen, sichert, — ob das alles funktioniert oder nicht, ist für unsere Getreidebilanz schon von außerordentlicher Bedeutung. In Anerkennung dieser Bedeutung sollte man die Durchführung eben auch dem Ministerium überlassen und diese Mühlenstelle abschaffen, nachdem sich aus der
Praxis eines Jahres erwiesen hat, daß sie nicht zum wirkungsvollen Eingriff gebracht werden kann. Das ist übrigens eine Erfahrung, auf Grund deren man niemandem einen Vorwurf machen sollte. Das war gar nicht anders zu erwarten.
Für meine Freunde und für mich liegt in dieser Sache wirklich so viel praktische Bedeutung und ein so großes Stück Verantwortung, daß wir uns — immer wieder unter Hinweis auf die bisher gemachten negativen Erfahrungen — nicht entschließen können, diesem Abänderungsgesetz zuzustimmen, wenn diese Mühlenstelle — noch dazu in der gegenwärtigen Form und unter Ablehnung des Wunsches der Bundesregierung — hier drinbleibt.