Rede von
Fürst zu
Eugen
Oettingen-Wallerstein
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Haushalt des Auswärtigen Amtes darf ich namens meiner Fraktion der Bayernpartei nachfolgendes ausführen.
Zur Zeit ist es im Auswärtigen Amt noch so, daß die einzelnen Abteilungen räumlich sehr weit auseinandergezogen sind, so daß ein verstärkter Hilfsdienst unvermeidlich ist. Er erscheint daher dringend geboten, daß das Auswärtige Amt möglichst rasch in einem Dienstgebäude zusammengezogen wird, um die Reduktion des Dienstpersonals durchzuführen und eine straffere Zusammenfassung und insbesondere eine sachgemäße Überwachung des Hilfspersonals zu gewährleisten. Es müssen unter allen Umständen Vorkehrungen getroffen werden, damit solche bedauerlichen Vorfälle, wie sie sich kürzlich im Bundeskanzleramt zugetragen haben, im Auswärtigen Amt vermieden werden. Das Auswärtige Amt steht in den schwierigsten außenpolitischen Verhandlungen und muß daher von dieser Gefahr völlig frei sein.
Meine Fraktion hat bereits in der 145. Sitzung des Bundestages am 31. Mai dieses Jahres darauf hingewiesen, daß nach unserer Ansicht eine den besonderen Verhältnissen des auswärtigen Dienstes angepaßte Besoldungsordnung erforderlich ist. Wir stehen auch heute noch auf diesem Standpunkt und sind der Ansicht, daß die dadurch entstehenden Mehrkosten durch Ausgabekürzungen in anderen Haushalten gedeckt werden können.
Meine Fraktion hat anläßlich der Beratung des Haushalts für Angelegenheiten des Europarats und verwandter Gebiete in der 145. Sitzung des Bundestages darauf hingewiesen, daß der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amtes mit Rücksicht auf seine sehr weitgehende und stets wachsende Inanspruchnahme eine Entlastung durch einen Beamten der entsprechenden Kategorie erfahren muß. Wir sind heute noch der Ansicht, daß dies notwendig ist, zumal bei dem stets wachsenden Aufgabenkreis die Erfüllung der organisatorischen und der administrativen Aufgaben unter der Überlastung des Herrn Staatssekretärs natürlich leiden muß.
Wir möchten annehmen — wir sind jedenfalls dazu bereit, das anzunehmen —, daß der verzögerte und bisher unvollständige Aufbau des diplomatischen Außendienstes auf diese Überlastung zurückzuführen ist. Meine Fraktion bedauert lebhaft, feststellen zu müssen, daß entgegen dem in der 145. Sitzung des Bundestages weitgehend geäußerten Wunsch nach baldiger Besetzung der wichtigsten diplomatischen Posten die Ernennungen bisher nur teilweise vollzogen sind, obwohl bereits eine große Anzahl von Staaten Vertreter bei der Bundesregierung akkreditiert haben. Es war für uns sehr interessant, aus dem Munde des Herrn Bundeskanzlers zu hören, daß verschiedene Ernennungen bevorstehen. Es scheint aber doch im großen und ganzen so zu sein, daß die Besetzung von sehr vielen Außenposten noch nicht einmal in Angriff genommen wurde, und daß die Besetzung in vielen Fällen nur teilweise zur Durchführung gekommen und schon auf halbem Wege steckengeblieben ist.
Es scheint so, daß für die doch wirklich sehr zahlreiehen Staaten Süd- und Mittelamerikas erst
einem Fäll eine Ernennung erfolgt ist und der Betreffende sein Amt allgetreten hat, während in fünf Fällen das Agreement bzW. Exequatur — es handelt sich aber im wesentlichen um die Erteilung des diplomatischen Agreement — erteilt wurde, die betreffende Persönlichkeit auch genannt wurde, daß aber die Ernennung noch nicht erfolgt
ist. In allen übrigem Fällen es handelt sich in
mittel- und Südamerika tin 28 Staaten — scheint
noch keine Ernennung erfolgt zu sein: Das ist bedauerlich; Weil die langsame Aufnahme des diplomatischeti Verkehrs in wirtsehaftlicher, politischer und auch in kultureller Hinsicht sehr nachteilig ist.
Ich möchte hier besonders darauf aufmerksam machen, daß der Heilige Stuhl sofort, nachdem die stäatsrechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen waren, einen päpstlichen Nuntius bei der Bundesregierung bestellt hat, ohne daß bis jetzt ein Vertreter der Bundesrepublik bei der Kurie bestellt wurde und ohne eine diplomatische Dienststelle an dem Sitz der Kurie eingerichtet wurde. Das ist immerhin ein in der Geschichte der diplomatischen Gepflogenheiten urigewöhnlicher Vorgang, der wohl nicht ganz dazu angetan ist, unser Ansehen zu heben.
Unserer Auffassung nach ist unbedingt dafür Sorge zu tragen, daß die für die Auslandsposten äusersehenen Persönlichkeiten raschestens das Agrément der betreffenden Regierungen erhalten und daß sie baldigst ihren Posten antreten können.
Wir möchten schließlich im Zusammenhang mit dem Außen-Etat mit aller Deutlichkeit darauf hinweisen, daß bei allen außenpolitischen Verhandlungen der Bundesrat als -die Vertretung der deutschen Bundesländer mitbestimmend eingeschaltet werden sollte, und wir erwarten, daß die Länderregierungen von den ihnen in dem Auswärtigen Ausschuß des Bundestages gegebenen Möglichkeiten den weitestgehenden Gebrauch machen.
Meine Damen und Herren, in dem Ringen um unsere Freiheit und unsere Lebensrechte, in dem jetzt unsere Bundesregierung steht, bekennt sich meine Fraktion erneut zu den Prinzipien eines föderalistisch aufgebauten Gesamtdeutschlands und zu den Prinzipien eines föderalistisch geeinten Europas. Nur wenn diese Ziele nicht aus dem Auge gelassen werden, wird die Schaffung eines neuen, eines friedlichen Europas gewährleistet sein. In diesem Kampfe um die deutsche und auch um die europäische Freiheit muß die Gleichberechtigung als selbstverständliche Voraussetzung gegeben sein. Erst wenn wir als wirklich gleichberechtigte Partner im Kreise der europäischen Mächte anerkannt sind, ist die Voraussetzung für den europäischen Frieden gegeben.
Wir bekennen uns erneut zu der europäisch-christlichen Gemeinschaft, zu der abendländischen Kultur und zu jener abendländischen Gemeinschaft, zu der auch diejenigen Teile Deutschlands einmal wieder gehören sollen, die uns gewaltsam entrissen sind. Wir möchten hoffen, daß auch alle diejenigen Länder wieder einmal den Weg zum christlichen Abendland zurückfinden, die früher durch Jahrhunderte ein Bollwerk abendländisch-christlicher Kultur waren und die jetzt hinter dem Eisernen Vorhang ihr Leben fristen müssen.
Wir begrüßen es, wenn im amerikanischen Repräsentantenhaus festgestellt wird, daß wir durch die Besatzungskosten beim europäischen Verteidigungsaufkommen bereits an dritter Stelle stehen, während wir bei der Verteilung der MarshallplanHilfe erst an sechster Stelle rangieren. Wenn aber die Okkupationsmächte einer solchen Feststellung nicht die Taten folgen lassen und wenn sie wirklich glauben, daß nach sechs Jahren der Okkupation, in deren Verlauf das deutsche Volk nun wirklich bewiesen hat, daß es einen Strich unter die Vergangenheit machen will, kein anderer Zustand als eine Verlängerung der Besatzung gefunden werden kann, so können wir nur auf die Folgen einer derartigen Einstellung hinweisen. Diese Folgen werden nicht nur für unser Volk, sondern für alle Völker Europas katastrophal sein.