Rede von
Dr.
Bernhard
Reismann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit Sie von vornherein klar sehen, was unsere Kritik an dem Verhalten der Bundesregierung zu bedeuten hat, will ich vorausschicken, daß wir hinsichtlich der Frage der Wiedervereinigung Deutschlands und hinsichtlich der Frage der Zurückerlangung unserer Souveränität der Bundesregierung unsere volle Unterstützung verleihen und mit ihrem Verhalten einverstanden sind.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Bundesregierung in dieser Hinsicht aus voller Überzeugung nach besten Kräften tut, was ihr möglich erscheint. Wir halten es aber auch für durchaus angebracht und richtig, daß sie gegenüber den Verlockungen und den Sirenenklängen aus dem Osten die gebotene Vorsicht obwalten läßt, woraus ihr kein Vorwurf zu machen ist.
Wenn vorhin von meiner Fraktion und auch von mir Worte der Kritik an der Methode und an dem Verhalten der Bundesregierung laut geworden sind, so hat das mit diesen Fragen nichts zu tun. Wir behalten uns auch vor, in anderen außenpolitischen Fragen von Fall zu Fall Abstand zu nehmen von dem, was die Regierung tut und wie sie es tut. Aber in den zur Zeit im Vordergrund stehenden Fragen der Wiedererlangung unserer Souveränität und der Wiedervereinigung unseres in Besatzungszonen getrennten Volkes wissen wir uns mit ihrem Bestreben völlig verbunden.
Das Organ, dessen sich unsere Außenpolitik bedient, das Auswärtige Amt, befindet sich im Aufbau. Die Schwierigkeiten, die gerade der Aufbau
einer solchen Behörde bereitet, und die Verantwortung, die sie mit sich bringt, sollten eigentlich
eine volle Kraft erfordern. Deswegen bedauern wir
es, daß sich der Herr Bundeskanzler noch immer.
nicht hat dazu entschließen können, entweder einen.
Außenminister zu ernennen oder aber, wenn ihm
dieser Beruf so lieb geworden ist und er es im
Augenblick für das Wichtigere hält, den Posten
des Außenministers selber zu übernehmen, den
Posten des Bundeskanzlers niederzulegen; dann
müßten wir einen neuen Bundeskanzler wählen.
Jedenfalls bedarf es dringend einer Trennung dieser beiden Ämter. Das zeigt sich vor allen Dingen dann, wenn man einmal die Organisation und die Funktionsweise des Auswärtigen Amts in Betracht zieht.
Die Schwierigkeiten des Neuaufbaus sind schlecht und recht bewältigt worden, mehr schlecht als recht, von Leuten, die dazu weder politisch die Verantwortung noch auch den Beruf mitbrachten. Da ist zunächst einmal die schleppende Erledigung der Besetzung ausländischer Missionen zu erwähnen. Der Herr Bundeskanzler hat eben darauf hingewiesen, daß inzwischen 27 Generalkonsulate errichtet und nur noch 4 frei seien. Aber wann ist das denn geschehen? Es liegt jetzt noch ein Verzeichnis von ungefähr 40 Missionschefs zur Genehmigung vor. Offenbar sind das Vertreter diplomatischer Missionen und nicht von Generalkonsulaten. Wie lange liegt das schon zur Beratung vor, und wie lange haben die Generalkonsuln zur Bestätigung oder Ernennung angestanden! Darüber hat er geschwiegen. Aber in der Zeit, in der man darauf wartete, wo diese Vorschläge einer Bestätigung oder Ablehnung oder Änderung harrten, sind sehr große Werte verlorengegangen, Werte, die wir hätten retten können. In dieser Zeit haben unsere Kaufleute und unsere Freunde im Ausland des Rates und der Hilfe entbehrt, die unsere Generalkonsulate, Gesandtschaften und Botschaften hätten geben können und geben sollen.
Die Missionen, die wir draußen aber nun inzwischen haben, sind keineswegs so gestellt, wie das zu einem Funktionieren erforderlich ist. Die Verhältnisse aller dieser ausländischen Missionen müssen noch einmal eingehend überprüft werden. Bei Stichproben, die ich selber zu machen Gelegenheit hatte, habe ich feststellen müssen, daß zunächst die finanzielle Versorgung keineswegs überall ausreichend ist. Man hat von der zu geringen Besoldung der unteren Stellen gesprochen. Das trifft aber nicht allein zu. Wir haben im Inland — es scheint auch in der Verwaltung des Auswärtigen Amtes so zu sein — nicht immer die rechte Vorstellung von den Teuerungs- und Lebensverhältnissen, die im Ausland bestehen, wenn man z. B. hört, daß das Gehalt eines Beamten, umgerechnet in D-Mark, 2000 DM beträgt. Wenn er 600 DM für eine Vier- oder Fünfzimmer-Wohnung ausgeben muß, zeigt das allein das Mißverhältnis; denn die hohen Preise beschränken sich j a nicht auf die Wohnungsmieten, sondern erstrecken sich auch auf etwas anderes. Wenn man hört, daß ein Generalkonsulat in einem Staat mit über 20 Millionen Einwohnern zur Zeit noch keine Kraftwagen zur Verfügung hat und lediglich Taxis benutzen muß, dann muß man sagen, daß das auch nicht in Ordnung ist. So tritt man, selbst wenn man ein Land vertritt, das arm ist und sparen muß, doch nicht auf, wenn man Wert auf Repräsentation und Arbeitsfähigkeit legt.
Es spielt auch noch etwas anderes eine Rolle, nämlich die Verleihung passender Dienstbezeichnungen. Als Angehöriger eines freien Berufes und Muß-Preuße glaube ich gegen den Verdacht einigermaßen sicher zu sein, daß ich auf Orden und Ehrenzeichen sowie Titel und Dienstbezeichnungen persönlichen Wert lege. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Ausland, im Verkehr mit anderen ausländischen Missionen bereitet es Schwierigkeiten, unsere Leute einzureihen, und bereitet es Schwierigkeiten, offiziell mit ihnen zu verkehren, wenn sie nicht von uns aus in einen diplomatischen Rang eingereiht sind; und wenn nun Herr X oder Herr Y dort Dienst tut, so soll man ihm diese Schwierigkeiten nicht bereiten, sondern dafür sorgen, daß er auf gleichem Fuß mit den Kollegen anderer Missionen verkehren kann.
Es fällt auf, daß unter diesen Erscheinungen in erster Linie die Neulinge dort zu leiden haben, die Outsider also, diejenigen, die früher nicht im Amt waren. Dabei fällt mir in der Statistik, die der Herr Bundeskanzler eben nannte, auf, daß die Addition nicht stimmte. — Herr Euler, Sie lächeln mich so freundlich an; Sie haben es wohl auch gemerkt. — Wenn es 303 Angehörige des höheren Dienstes gibt, dann verstehe ich nicht, wieso 130 schon früher im Auswärtigen Amt und 245 neu waren; denn beides zusammen macht 375 gegen 303 höhere Beamte, die es überhaupt nur geben soll. Wo steckt da der Fehler? Jedenfalls: die Neulinge darunter leiden unter diesem Mangel am meisten, und die Neulinge haben auch darunter zu leiden, daß sie keine Umzugsentschädigung bekommen. Sie haben unter manchen Beschwernissen sonst zu leiden, und es erhebt sich die Frage, ob das nicht eine behördenmäßig bewußte Benachteiligung derjenigen ist, die keiner Crew angehört haben, die deshalb als Eindringlinge noch so ein bißchen über die Schulter angesehen werden. Wenn wir Wert darauf legen, erstklassige Kräfte als Außenseiter in den auswärtigen Dienst zu bekommen, dann meine Damen und Herren, müssen wir sie so stellen und so behandeln, daß dieser Dienst auch attraktiv ist. Daran fehlt es schon beim Nachwuchs: bei der Besoldung und bei der Behandlung. Die Behandlung wird deswegen wenig geschätzt, weil man in weitesten Kreisen von der Objektivität dieser Behandlung nicht überzeugt ist.
Die Statistik kann nur Hilfsdienste dabei leisten. Es kann nicht darauf ankommen, eine statistische Gleichmäßigkeit zwischen den verschiedenen Gruppen herzustellen. Aber wenn statistisch hartnäckig auf längere Zeit hin Mißverhältnisse zutage treten, dann stimmt etwas nicht. Daß hier etwas nicht stimmt, ergibt sich nicht bloß aus der Statistik und nicht bloß aus der, die der Herr Bundeskanzler eben nannte, als er die Konfessionsstatistik erwähnte, die meiner Beanstandung recht gegeben hat und an der sich noch nichts geändert hat, die aber widerlegt, was Herr Kollege Luetkens sagt, der das umgekehrte darstellen wollte. Die Statistik müßte man richtig auswerten, wenn man für das Verhältnis der früheren und der heutigen Angehörigen das Verhältnis bestimmter Freundeskreise, sei das nun der Ostasienkreis, seien es die SCer oder sei es die Gruppe von Weizsäcker — das spielt dabei keine Rolle —, in Betracht zieht.
Sie wissen, daß man mit Statistiken nahezu alles beweisen kann, wenn man geschickt genug ist, sie zusammenzustellen und auszuwerten. Wenn beispielsweise Herr Luetkens eine Statistik von acht Leuten nahm, so ergab sich dabei ja ein völlig unrichtiges Bild. Das gleiche ist aber auch der Fall, wenn man sagt, frühere Leute habe man 130 und neue 245. Wo sitzen denn die 245 neuen Leute? Die 245 neuen Leute sind Nachwuchskräfte, Leute ohne jeden Einfluß, Außenseiter, die weder Titel haben noch Trennungsentschädigung bekommen und die so unter „ferner liefen" mitarbeiten dürfen, während die maßgeblichen Schlüssel- und Schaltpositionen in Händen der Leute sind, die nicht dahin gehören. Das ist es nämlich, und daran hat sich auch nichts geändert. Es hat sich vor allen Dingen nichts daran geändert, daß die Schalt- und Schlüsselpositionen in den Händen bestimmter Freundeskreise liegen, die sich die Bälle zuwerfen, die man als Lobe-Klub bezeichnet hat, über die sich die Presse des In- und Auslandes schon lustig gemacht hat und die, wie ich früher hier schon darlegen durfte, ohne Rück-
sieht auf die Fähigkeiten, mit Rücksicht lediglich auf die gegenseitige Entnazifizierungsbescheinigung oder was immer, jedenfalls mit Rücksicht auf persönliche Beziehungen und nicht mit Rücksicht auf sachliche Qualitäten arbeiten. Es hat sich nicht niederhalten lassen, was sich in dieser Hinsicht bei der Begründung des Auswärtigen Amtes getan hatte, und zwar deswegen nicht, weil gerade der Bundeskanzler auf dieses Amt nicht die nötige Energie und Beobachtung gelegt hat. Wäre ein Außenminister dagewesen und wäre der Staatssekretär in seiner Kraft frei gewesen, die persönlichen Verhältnisse seines Amtes zu beobachten, wäre er nicht durch Reisen und außenpolitische Tätigkeit abgelenkt worden, die an sich Sache des Ministers gewesen wären, so hätte er das sicherlich wahrgenommen und hätte er diese Auswüchse vermieden.
Wenn man von den Nationalsozialisten von früher spricht, so spielt dabei die Zahl gar keine Rolle. Wir sind alle miteinander über das Stadium der Hexenverfolgung längst hinaus. Da gibt es keinen mehr, der jeden, der zu irgendeiner Zeit in die Partei eingetreten war, nun für einen Nazi hält. Aber man kann keineswegs für gering erachten, wenn Leute, die zugleich die rechte und linke Hand maßgeblicher Nationalsozialisten waren, heute, nachdem sie damals Rang und Ehrenzeichen wie beispielsweise eines Standartenführers annahmen, wieder einen Rang haben, eine Rolle spielen und Leiter einer politischen Abteilung des Auswärtigen Amts sein wollen. Ich will hier gar nicht auf Einzelheiten und Kleinigkeiten eingehen, zumal meine Fraktion auch den Antrag gestellt hat, einen Untersuchungsausschuß zur Prüfung dieser Verhältnisse einzusetzen. Der Unterausschuß, den Herr Kollege Luetkens eben zitiert hat, hatte nicht den Zweck, den der Untersuchungsausschuß haben soll. Er war in der Tat zwar in ungefährem zeitlichen Zusammenhang, aber nicht nach meiner Kritik, jedenfalls nicht nach der Kritik, die ich in der Etatsdebatte geübt hatte und in der ich zum erstenmal Näheres dargestellt habe, sondern allenfalls nach meiner schriftlichen Kritik in der Presse eingesetzt worden. Er hatte weder zu entscheiden noch zu prüfen, sondern er hatte Material zu sammeln. Insofern gebe ich Herrn Kollegen Luetkens recht. Aber wenn er sagte, daß er allein damals neben mir beanstandet habe, so muß ich darauf erwidern, daß ich zu meinem Bedauern damals allein gestanden habe und daß ich von dieser Unterstützung des Herrn Kollegen Luetkens damals nichts gemerkt habe. Infolge der Aufgabenstellung dieses Unterausschusses konnte es zu einer Prüfung der Verhältnisse, die jetzt überprüft werden müssen, nicht kommen.
Nach meiner Kenntnis des Materials haben die Verlautbarungen, die in der „Frankfurter Rundschau" vor nicht langer Zeit erschienen sind — von denen, wie ich gehört habe, mir einige in die Schuhe geschoben wurden; ich habe aber nichts damit zu tun; den eben als nom de guerre bezeichneten Verfasser dieser Aufzeichnungen gibt es, und er lebt unter diesem Namen; ich habe ihn erst heute in diesem Hause gesehen, ich habe ihn bis heute nicht gekannt, so daß man nicht etwa die Identität der Quellen annehmen kann —, mit vielen, mit den meisten Beanstandungen ins Schwarze getroffen. Deswegen bedarf es einer Überprüfung. Es ist eine andere Frage, wieweit der eine oder andere Teil des Hauses Wert auf seine Feststellungen legt, ob es sie positiv wertet — vielleicht — oder ob es sie vielleicht sogar negativ wertet. Aber die Verlautbarungen, die er gebracht hat, treffen im großen und ganzen zu. Wenn Herr Kollege Pfleiderer soeben meinte, erwähnen zu müssen, daß sie sich auf Nürnberger Protokolle bezögen, so kann man das allenfalls gelten lassen, wenn er — das bedürfte allerdings der Spezifizierung — sagen würde, dieses oder jenes Protokoll sei unter Druck zustande gekommen — ich weiß es nicht, er hat es nicht von einem bestimmten Protokoll gesagt —,
das sei nachzuprüfen; aber der Umstand allein, daß das gleiche Verfahren nicht auch gegen andere Diplomaten in Gang gebracht ist, beweist gar nichts.
— Es scheint Sie doch soweit zu interessieren, daß Sie sich bemühen, mich zu stören, Herr Kollege.
Aber wir wollen einmal von dem höheren Dienst absehen. Sehen wir uns ruhig einmal an, wie der auswärtige Dienst gerade die behandelt hat, die in der nationalsozialistischen Zeit besonders hervorgeragt haben. Da ist z. B. von einem Mann, der in Tirana der dortige Ortsgruppenleiter
— im Ausland nannte man das Stützpunktleiter; da war das anders — war, bekannt, daß er in der Nazizeit vom mittleren Dienst zum Regierungsrat befördert wurde und daß ihm diese Beförderung jetzt bestätigt worden ist; er ist es jetzt wieder geworden. Als ob wir keine anderen Leute hätten! Und der Parteirichter aus Japan, der den zeilenfüllenden Titel „Landesgruppenrechtsamtsleiter" gehabt hat, ist jetzt nach den Verlautbarungen der „Frankfurter Rundschau" sogar noch zum vortragenden Legationsrat, also Ministerialrat, befördert worden.
— Nein, ich halte es nicht für furchtbar. Aber wenn solche Dinge laufen, dann sollte man allerdings erst das Ende der Prüfung dieser Verhältnisse abwarten. Wenn es sich dann als zutreffend erweist, was behauptet wird, dann wäre zu überlegen, ob eine solche Beförderung richtig ist. Sollten die Angaben sich als widerlegt erweisen, dann könnte sie immer noch erfolgen. Weshalb diese Hast und diese Eile?
Es fällt mir bei den Verlautbarungen der Regierung zu diesen Angriffen auf das Auswärtige Amt, die nicht die ersten sind, und, wenn sie nicht widerlegt werden, auch nicht die letzten sein werden, auf, daß man sich da auf einen Weg begeben hat, der so aussieht, als sollte er eine Tätigkeit nur vortäuschen. Daß eine Prüfung vorgenommen werden muß, sieht offenbar auch der Herr Außenminister ein. Aber was für eine Prüfung? Es ist da ein dienststrafrechtliches Ermittlungsverfahren angekündigt worden. Damit ist das Thema der Arbeiten des Juristen, der damit beauftragt worden ist, umrissen, so daß gerade der politische Kerngehalt dieser Vorwürfe überhaupt nicht zur Prüfung gelangen kann. Wenn das die Absicht und der Zweck dieser Formulierung der Untersuchung ist, dann bedeutet das doch, daß sich die jetzige Leitung des Auswärtigen Amts schützend vor den Mann stellt, der vor ihr dieses Amt aufgezogen hat, und zwar durchaus im Sinne der Renazifizierung aufgezogen hat, indem er gerade die früher maßgeblichen Leute in den mittleren wie auch in den maßgeblichen, leitenden Stellungen, sogar die
Beamten aus der Personalabteilung Ribbentrop wieder in die Personalabteilung hineingebracht hat. Diese Leute werden jetzt gedeckt.
Ich hatte Anfang August anläßlich des Wandels in der Besetzung dieses Amtes geglaubt, nun werde dort ein neuer Wind wehen, jetzt werde dort ein neues Regiment mit dem aufräumen, was da bisher geschehen war. So sah es zunächst aus. Aber jetzt hat mich diese Erklärung zweifeln gemacht, ob es ernst damit ist oder ob nicht vielleicht die ersten publizistischen Verlautbarungen, die im „Berner Bund" und in einer südwestdeutschen Zeitung erschienen, als Schüsse vor den Bug diesen Herren die Tätigkeit genommen haben, die damals das Beste zu wollen versprachen. Damals nämlich, als kaum der neue Leiter der Personalabteilung das Amt betreten hatte, hieß es dort: Hoffentlich werde er die unabhängige — d. h. vom Bundestag unabhängige; das war wohl gemeint - Personalpolitik, diejenige, die nur auf seine persönlichen Beziehungen Rücksicht nahm, fortführen. Dieser Artikel, der in einer etwas abgewandelten Fassung auch in einer deutschen Zeitung erschien, war ganz offensichtlich bestellte Arbeit. Wie es mehrfach dem Kenner der Verhältnisse evident wurde, daß der inzwischen zurückgetretene oder zurückgetreten wordene Vorgänger des jetzigen Leiters es meisterhaft verstand, die Presse unter Umständen gegen sich selbst, auch gegen den Außenminister und gegen das Amt und für das Amt spielen zu lassen, so wie es ihm in den Kram paßte. Der Stil verriet immer wieder deutlich die Herkunft und der Inhalt dazu. Daß diese Verhältnisse durch einen Untersuchungsausschuß aufgehellt werden müssen, namentlich nachdem nunmehr Material — soviel ich weiß, noch nicht erschöpfend, aber immerhin in doch großem Umfang — in der Öffentlichkeit genannt ist, daß man endlich feststellen muß, was daran wahr ist, dürfte wohl jedermann klar sein.
Es ist an sich zu bedauern, daß die Regierung nicht die Inititative ergriffen hat. Denn der Versuch, da so ein „Tüchsken vors Auge" zu hängen, also durch so eine Untersuchung, die vorm Wesentlichen halt macht, die Öffentlichkeit über die Mißstände hinwegzutäuschen, der hat doch wenig Aussicht auf Erfolg.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nun das drittemal, daß der Bundestag mit der Frage .des Auswärtigen Amts befaßt wird. Das ist bei keiner anderen Behörde bislang der Fall gewesen, weil dort nicht bloß überall ein Minister sich selber verantwortlich fühlte, sondern sich auch die Zeit nahm, sich persönlich darum zu kümmern. Es ist allerdings auch bei keiner anderen Behörde der Fall, daß so wenig Kollegialität unter den einzelnen Mitgliedern dieses Amtes herrscht. Mir ist kürzlich ein fast unvergleichliches Beispiel zu Ohren gekommen, wie dort der eine Beamte den anderen abzuschießen trachtet, gerade dann abzuschießen trachtet, wenn er selbst durch seine Personalpolitik aufgefallen ist, wie man dann gerade dem, mit dem man bislang gut Freund gewesen ist, in der Presse des In- und Auslandes Schwierigkeiten zu machen versucht und wie man sich nicht scheut, die früheren Freunde dann deswegen anzugreifen, weil sie versuchen, da Recht zu machen und Ordnung zu schaffen, wo der Vorgänger versagt hat. Deswegen scheint es uns notwendig zu sein, die ganzen Verhältnisse dieses Amtes durch unvoreingenommene Prüfer gründlich aufzuklären; nicht durch solche, die mehr willens 1 sind, aus Gründen der Kollegialität oder aus Gründen des Korpsgefühls die Angegriffenen zu schützen und abzudecken, sondern durch solche, die nun willens sind, endgültig aufzuräumen.