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ID0116817500

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    6. Bundeskanzler.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 168. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Oktober 1951 6871 168. Sitzung Bonn, Dienstag, den 16. Oktober 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 6872C, 6898D Zustimmung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz betr. Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1951 6872D Anfrage Nr. 208 der Fraktion der SPD betr Behebung der durch den Bau der Autobahn zwischen Grünstadt und Frankenthal entstandenen Schäden (Nrn. 2623, 2673 der Drucksachen) 6872D Anfrage Nr. 214 der Zentrumsfraktion betr Steuererklärungen zur Einkommensteuer und Heranziehung zur Körperschaftsteuer (Nm. 2641, 2688 der Drucksachen) . . . . 6873A Bericht des Bundesministers der Finanzen betr. Geschäftsbericht sowie Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung der Überleitungsstelle für das Branntweinmonopol für das Rumpfgeschäftsjahr vom 1. April bis zum 30. September 1950 (Nr. 2682 der Drucksachen) 6873A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Internationalen Fernmeldevertrag Atlantic City 1947 (Nr. 2595 der Drucksachen) 6873A Ausschußüberweisung 6873A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts (Nr. 2504 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) (Nr. 2660 der Drucksachen; Anträge Umdrucke Nrn. 330, 331, 332) 6873A Miessner (FPD): als Berichterstatter 6873B als Abgeordneter 6877C Mellies (SPD): zur Geschäftsordnung 6875B zur Sache 6877A, 6887B, 6889A Dr. Kather (CDU) 6875C, 6877B Tichi (BHE-DG) (zur Geschäftsordnung) 6876C Gundelach (KPD) . . . . 6878A, D, 6881C, 6882C, 6887D Böhm (SPD) 6878A, 6881A Dr. Kleindinst (CSU) 6878B Farke (DP) 6879A Dr. Wuermeling (CDU): zur Sache 6879B, 6884B, 6888D zur Geschäftsordnung . . . . 6887A, D Pannenbecker (Z) 6882B Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 6882D 6888C Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 6883C Bausch (CDU) 6884A, 6886A von Thadden (Fraktionslos) 6885B Fisch (KPD) 6885C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . 6886C Euler (FDP): 6887C Abstimmungen 6878A, B, 6881B, 6882A, 6888A, C, 6889A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Handelsabkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Königlich Ägyptischen Regierung (Nr. 2410 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr. 2661 der Drucksachen; Umdruck Nr. 302) 6889B Freudenberg (FDP-Hosp.), Berichterstatter 6889B Beschlußfassung 6889C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Handelsvertrag vom 2. Februar 1951 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Chile (Nr. 2534 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr. 2662 der Drucksachen): Beratung abgesetzt 6889B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über internationale Vereinbarungen auf dem Gebiete des Zollwesens (Nr. 2519 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr 2663 der Drucksachen) 6889D Freudenberg (FDP-Hosp.), Bericht- erstatter 6890A Beschlußfassung 6390A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan IV — Haushalt des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts (Nr. 2603 der Drucksachen) in Verbindung mit Einzelplan IVa — Haushalt des Auswärtigen Amts (Nr. 2604 der Drucksachen) ferner in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Wegnahme der bundeseigenen, im Auslande gelegenen Dienstgebäude des ehemaligen Auswärtigen Dienstes (Nr. 2468 der Drucksachen; Umdruck Nr. 329), der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Beschlagnahme deutschen Auslandsvermögens (Nr. 2549 der Drucksachen), der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Ungehinderter Verkehr mit den politischen Gefangenen der Besatzungsmächte (Nr. 2563 der Drucksachen), der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Tätigkeit von Deutschen bei den Besatzungsmächten (Nr. 2577 der Drucksachen), sowie der Beratung des Antrags der Abg. Kahn, Dr. Solleder, Dr. Schatz u. Gen. betr. Räumung des von der amerikanischen Besatzungsbehörde beschlagnahmten Raumes Hohenfels und Umgebung (Oberpfalz) (Nr. 2597 der Drucksachen, Umdrucke Nrn. 333, 334); im Zusammenhang damit: Erklärung der Bundesregierung (Ergebnis der von der Bundesregierung bei den Alliierten unternommenen Schritte betr. Wiederherstellung der deutschen Einheit und gesamtdeutsche Wahlen) . . 6890B, 6915D zur Sache: Dr. Blank (Oberhausen) (FDP), Berichterstatter 6890D Dr. Adenauer, Bundeskanzler 6892B, 6894B, 6905B, 6931A, 6946A zur Geschäftsordnung bzw. zur Abstimmung: Mellies (SPD) . . . . 6893D, 6896A, 6898C Renner (KPD) 6894C Euler (FDP) 6895B, 6896D Dr. Tillmanns (CDU) 6895D Kunze (CDU) 6896C von Thadden (Fraktionslos) 6897A Dr. Hasemann (FDP) 6897B Dr. von Merkatz (DP) 6897C Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 6897D Dr. von Brentano (CDU; 6898A Ewers (DP) . . . . . . . . . . . 6898B Dr. Ehlers (CDU) 6898D zur Sache: Fisch (KPD) 6899A Ollenhauer (SPD) . . 6901B, 6945C, 6952A Dr. Reismann (Z) 6905C, 6940C Ewers (DP) 6907A Dr. Wuermeling (CDU) 6909A Dr. Schäfer (FDP) 6911C von Thadden (Fraktionslos) 6913C Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 6914D Dr. von Merkatz (DP), Antragsteller 6916A, 6953D Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 6916B Erler (SPD), Antragsteller 691'7D Kahn (CDU), Antragsteller 6921B Dr. Meitinger (BP), Antragsteller . 6923A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6923D Dr. Luetkens (SPD) 6925C Euler (FDP) 6933C Dr. Pfleiderer (FDP) 6934C Dr. von Brentano (CDU) . . 6943C, 6953B Fürst zu Oettingen-Wallerstein (BP) 6944C Renner (KPD) 6946C von Thadden (Fraktionslos) 6950A Kohl (Stuttgart) (KPD) 6951D Abstimmungen 6815C, 6954A Nächste Sitzung 6954C Die Sitzung wird um 13 Uhr 30 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der uns zur Beratung vorliegende Haushaltsplan für das Jahr 1951 bringt hinsichtlich des organisatorischen Aufbaus der Behörde keine wesentlichen Änderungen gegenüber dem, was hier schon vor einigen Monaten beraten und beschlossen worden ist.

    (Vizepräsident Dr. Schäfer übernimmt den Vorsitz.)

    Ich möchte nach den bisherigen Erfahrungen nur eine kurze Bemerkung zu diesem Plan, zu den dort vorgesehenen Arrangements, machen. Das ist die, daß wie mir scheint, genau das eingetreten ist, was wir damals voraussagten, als wir uns dagegen wandten, daß im Auswärtigen Amt zwei politische Abteilungen nebeneinander eingerichtet wurden. Der Leiter der einen dieser politischen Abteilungen befindet sich in einer Art von Adjutantur zu dem Herrn Bundeskanzler und Außenminister, und die zweite politische Abteilung, die Länderabteilung, ist in die sachliche Arbeit des Ministeriums, soviel man sehen kann, nur in einem sehr geringen Maße eingebaut. Sie scheint sich im wesentlichen damit zu beschäftigen, die Fauna und Flora fremder Länder zu studieren und zu beobachten.

    (Zuruf aus der Mitte: Oh, wie lyrisch!)

    Das eigentliche Problem, vor das uns der jetzige Haushaltsplan stellt, ist ein anderes, wie mir scheint. Von den Auslandsvertretungen, die der Haushaltsausschuß, der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten und dieses Hohe Haus gebilligt haben, ist bisher anscheinend nur etwa die Hälfte tatsächlich errichtet worden. In den letzten fünf Monaten scheint auf diesem Wege so gut wie gar nichts mehr geschehen zu sein. Ich glaube, man muß sich der Kritik, die kürzlich von einer der Regierungsparteien öffentlich geäußert worden ist, anschließen, daß dem Außenhandel und ebenfalls dem politischen Ansehen der Bundesrepublik schwerer Schaden durch die Verzögerungen zugefügt sei, die durch sachliche Gesichtspunkte wohl kaum gerechtfertigt werden können.
    Ebensowenig scheint der Aufbau der Zentrale wesentlich vorangekommen zu sein. Die bewilligte Wirtschaftsabteilung z. B. schwebt noch immer irgendwo herum; jedenfalls ist sie nicht im Auswärtigen Amt errichtet worden. Es fehlt also dem Auswärtigen Amt noch immer das Organ, ohne das eine sachgemäße internationale Politik gar nicht gemacht werden kann, ein Organ nämlich, das die handels- und wirtschaftspolitischen Beziehungen und Verhältnisse im Ausland beobachtet, verfolgt und bearbeitet. Ich weiß eigentlich keinen Grund dafür zu finden, daß man dieses Organ nicht


    (Dr. Luetkens)

    schafft, es sei denn der, daß man wieder von dem schon bewilligten und von diesem Bundestag gebilligten Stellenplan abzuweichen gedenkt, weil man sich vielleicht in der Lage sehen könnte, für einen stellungslos werdenden Minister ein neues Ministerium zusammenflicken zu müssen, und zwar auf Kosten einer systematischen Politik im internationalen Felde, die doch nur im Auswärtigen Amt geführt werden könnte.
    Es gibt noch ein anderes solches Beispiel, das zu denken gibt. Seitdem wir diese sonderbare Erscheinung einer Opposition in der Koalition haben, werden, soviel man versteht, in der Regierung auch Pläne erörtert, ob es nicht der beste Weg zum Aufbau Europas sei, die Europarat-Angelegenheiten als Bundesratsangelegenheiten aufzuziehen. Es gibt, soviel ich gehört habe, eine Denkschrift eines Beamten, der früher in der Wirtschaftsabteilung des Ribbentropschen Außenministeriums war und der also diesen Vorschlag macht, die Europa-Referate, deren Platz im Etat des Auswärtigen Amtes der Bundestag auch schon bewilligt hat, herauszunehmen und sie irgendwo anders Unterkunft finden zu lassen. Ich kann mir freilich nicht denken, daß der Herr Bundeskanzler und Außenminister solchen Plänen zustimmen könnte, da doch die Europareferate schließlich vom Standpunkt seiner Politik das Herzstück seines Ministeriums sein müßten.
    Außer in der Personalabteilung und außer in der Protokollabteilung scheinen, soviel man sehen kann — wir haben trotz monatelangen Drängens noch immer keinen Stellenplan des Außenministeriums in die Hand bekommen —, noch sehr viele der etatmäßig bewilligten Stellen nicht besetzt worden zu sein. Infolgedessen gibt es im Auswärtigen Amt bis heute einen wirklich leistungsfähigen Arbeitsstab, der die internationale Politik verfolgen, beobachten und den Boden für die Entscheidungen der Regierung vorbereiten könnte, wohl noch immer nicht. Etatbeschlüsse dieses Hohen Hauses sind, wie ich glaube, eine Weisung an die Bundesregierung, gemäß den bewilligten und gebilligten Organisation- und Stellenplänen zu verfahren. Die Zurückhaltung des Herrn Außenministers, mit der er diese Beschlüsse nicht ausführt, ist kein Beweis einer besonderen Schätzung dieses Hohen Hauses, seiner Ausschüsse und dessen, was man eine parlamentarische Regierungsform nennt.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ich darf in diesem Zusammenhang noch ein anderes und recht trauriges Kapitel kurz erwähnen, das auch diese Art von geringer Schätzung dessen zeigt, was der Bundestag zu tun versucht. In seiner Sitzung vom 21. Februar dieses Jahres hat der Bundestag auf Grund eines von meiner Fraktion eingebrachten Antrages beschlossen, die Regierung möge eine umfassende Aktion zur Feststellung und Ermittlung des Schicksals der verschleppten Zivilpersonen und der noch immer nicht zurückgekehrten Kriegsgefangenen einleiten. Als federführende Behörde wurde damals das Auswärtige Amt bestimmt, dem alle Mittel und auch alle erforderlichen Vollmachten zur Verfügung gestellt werden sollten. Soweit man sieht, hat das Auswärtige Amt unter der Verantwortung des Herrn Außenministers in dieser Angelegenheit bisher nichts getan.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich möchte den Herrn Bundeskanzler und Außenminister fragen, was die Hinterbliebenen oder die
    Angehörigen der verschleppten Zivilpersonen und der nicht zurückgekehrten Kriegsgefangenen über diese Inaktivität des Außenministers eigentlich denken sollen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Das Auswärtige Amt ist und bleibt im Zustand weitgehender Arbeitsunfähigkeit und Desorganisation. Die Vertretungen im Ausland empfangen, soviel man hört, so gut wie keine Instruktionen. Leitende Verhandlungsführer in internationalen Konferenzen von Wichtigkeit erhalten nicht immer Weisungen, die sie benötigen, um die Verhandlungen zu führen. Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes ist in partibus infidelium dauernd abwesend; die Gebäude des Auswärtigen Amtes sehen ihn nur selten, und die meisten seiner Beamten kennen ihn nicht. Dort, wo vernünftige Beschlüsse über unsere internationale Politik vorbereitet werden sollten, befindet sich ein Tummelplatz von Adjutanten, Karrieristen und, wie wir von anderer Seite in diesem Hause auch kürzlich gehört haben, von demokratisch nicht zu kontrollierenden Kommissaren. Es fehlt dem Herrn Außenminister jedenfalls an sachlicher, an erfahrener und an nüchterner Beratung; das sieht man an seiner Politik, und das sieht man auch an der Technik seiner Politik; und es ist seine Verantwortung, daß dem so ist.
    Ich darf Ihnen, meine Damen und Herren, nur ein einziges Beispiel aus der jüngsten Zeit vorführen. Man muß sich doch wundern, daß den westlichen Alliierten anläßlich der neueren Verhandlungen über den Abschluß eines Sicherheitspaktes von der Bundesregierung die Forderung oder das Ansinnen gestellt worden ist, sie möchten einen solchen Pakt auf vertraglicher, bindender Grundlage schließen. Es müßte doch allgemein bekannt sein, daß z. B. die amerikanische Konstitution das Eingehen solcher Verträge von vornherein unmöglich macht.

    (Zuruf von der Mitte: Seit wann wissen Sie das?)

    Es ist doch in internationalen Verhandlungen sinnlos, Forderungen aufzustellen, die schon allein aus sozusagen technischen Gründen nicht erfüllbar sind. Man setzt sich dadurch völlig sinnloser- und überflüssigerweise einer Ablehnung, ja vielleicht sogar einem Fehlschlag aus. Wenn die Sachberater den Herrn Außenminister vor solchen technischen und taktischen Fehlern nicht bewahren können, so muß doch mit dieser Behörde irgend etwas nicht in Ordnung sein.
    Ich muß nun zu meinem großen Bedauern auf eine Frage kommen, die, wenn die Bestimmungen des Grundgesetzes gewahrt würden, hier als in einem politischen staatlichen Gremium überhaupt nicht Erwähnung finden könnten. Aber wie bekannt, hat der Herr Bundeskanzler angeordnet, daß im Auswärtigen Amt Erhebungen über die konfessionelle Zugehörigkeit der verschiedenen Beamten angestellt werden;

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    und infolgedessen sind wir auch in der Lage, hier
    Aussagen über Dinge zu machen, die nach dem
    Grundgesetz hier und überhaupt vor staatlichen
    Instanzen nicht erörtert werden sollten und nicht
    bekannt sein sollten. Soviel ich weiß, ist mit Ausnahme eines Beamten, der noch kurz vor dieser
    Etatsberatung nach Bonn gezogen worden ist, der
    ganze Stab der Personalabteilung, soweit er sich
    mit Personal- und Ausbildungsfragen beschäftigt,


    (Dr. Luetkens)

    katholischer Konfession, d. h. von acht Beamten im ganzen sieben.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Hört! Hört! in der Mitte.)

    Soviel man hört, gehört einer sogar zur Ersten Legion.
    Ich glaube nun, Herr Bundeskanzler und Außenminister, daß Sie mir zu dieser Feststellung, sofern Sie sie nicht berichtigen können, nicht, wie in der 145. Sitzung, sagen werden, ausländische Staatsmänner, auf deren Interessen man Rücksicht nehmen müsse, hätten Sie veranlaßt, auch die Personalabteilung in dieser etwas sonderbaren Weise zusammenzusetzen. Ich nehme an, es muß andere Gründe haben, warum das geschehen ist; es kann ja kein Zufall sein. Ich spreche die Vermutung aus, daß es das Werk einer der personellen Cliquen ist, die sich um Anstellungen in den Bonner Ministerien bewerben, nämlich der Clique, von der viel zu wenig die Rede ist, die von dem unaussprechlichen Herrn Globke gesteuert wird, von dem wir in diesem Hohen Hause schon wiederholt gesprochen haben, dem sogenannten Reichssicherungshauptamt.
    Bei solchen Zuständen nun wundern wir uns nicht, daß sich der Herr Außenminister so gut wie völlig über das Anliegen hinweggesetzt hat, das von meiner Fraktion als der Opposition und als der alternativen Regierung in diesem Hohen Haus und im 7. Ausschuß dieses Hohen Hauses zu wiederholten Malen vorgebracht worden ist, daß es nämlich wegen der Stabilität dieses Staatswesens erforderlich sei, beim Aufbau der Ministerialbürokratie Kräfte aus allen demokratischen Lagern heranzuziehen. Ich muß feststellen, daß die Regierung keinerlei ernst gemeinte Schritte unternommen hat, um in dieser Sache zu einer Lösung zu kommen. Insbesondere gilt das von allen solchen Stellen, die als politische Beamtenstellen klassifiziert werden. Der Herr Außenminister hat keinerlei Vorkehrungen getroffen, um einen Weg zu finden, damit auch solche Kräfte berücksichtigt werden könnten, die meiner Fraktion in der allgemeinen politischen Tendenz nahestehen.
    Die Angelegenheit ist in diesem Hohen Hause zuletzt in der 145. Sitzung behandelt worden. In dem gedruckten Protokoll dieser Sitzung finden sich einige Streichungen. Es liegt mir deshalb daran, festzustellen, daß jener Brief, in dem der Herr Bundeskanzler beiläufig davon sprach, er sei bereit, von meiner Fraktion Vorschläge zwecks personeller Verwendung in seinem ministeriellen Bereich entgegenzunehmen, mehrfach von uns beantwortet worden ist. Ich selber habe im 7. Ausschuß die Angelegenheit mindestens dreimal aufgegriffen. Ich bin allerdings der Meinung, daß das eine der Formen ist — vielleicht sogar die zweckmäßigste Form —, in denen Verhandlungen zwischen verschiedenen Fraktionen erfolgen sollten. Erst als ich die Angelegenheit zum dritten Mal — wenn ich mich recht erinnere, im Ausschuß — aufgriff, hat der Herr Außenminister Veranlassung genommen, auf meine Anfrage zu reagieren. Aber weder in dem Ausschuß noch bei einem Besuch, den ich am 16. Mai dieses Jahres dem Herrn Außenminister und Bundeskanzler in Rhöndorf machen durfte, ist es dazu gekommen, daß der Opposition eine ernsthafte Grundlage für Verhandlungen an die Hand gegeben worden ist. Die Opposition kann sich nicht, wie das vielleicht die Regierungsparteien tun können, damit abfinden lassen, daß ihr der eine oder der andere Posten angeboten wird. Für sie kann es sich nicht um die individuelle Patronage von Personen handeln, sondern nur um die Schaffung eines staatspolitischen Tatbestandes.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wir haben in dieser Sache das Unsere getan. Es wäre an der Regierung gewesen, eine konkrete und eine genügend weite Basis vorzuschlagen, auf der eine Verständigung möglich gewesen wäre. Die Opposition aber kann, darf und wird sich in solcher Sache gegenüber der Regierung nicht in die Position des Petenten begeben. Nur die Regierung kann politische Tatbestände schaffen, weil sie die Regierung ist, die zur Zeit an der Macht ist. Von ihrer Initiative und ihrer Einsicht allein hängt ab, was geschieht.
    Mir scheint es völlig deutlich geworden zu sein, daß der Herr Bundeskanzler und das Kabinett nicht ernsthaft gewillt sind, alle demokratischen Kräfte dieses Landes bei der Besetzung und dem Aufbau der Ministerialbürokratie zu berücksichtigen. Das wird durch die Tatsache erhärtet, daß der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, wie mir der Herr Fraktionsvorsitzende der CDU, wenn es nötig wäre, sicher bestätigen wird, mich vor etwa einem halben Jahr hat fragen lassen, ob ich zu einem Gespräch mit ihm über diese Angelegenheit bereit sei, daß ich aber von dieser Angegelegenheit niemals mehr ein Wort gehört habe. Eben derselbe Herr Staatssekretär hat dann am 30. Juli dieses Jahres auf einer Pressekonferenz in Berlin die Dreistigkeit gehabt, auf Befragen zu erklären, die SPD habe bisher keine geeigneten Bewerber genannt.

    (Abg. Dr. Schumacher: Unverschämtheit!) Herr Bundeskanzler, diese Methoden dienen nicht einer pfleglichen Behandlung der Beziehungen zwischen den beiden Seiten dieses Hauses, wie sie schließlich doch zu einem Minimum bestehen sollten. Es ist — um das Bild abzurunden — derselbe Herr Staatssekretär, der sich häufig dahin äußert, daß die Presse eine wirkliche Aufgabe nicht zu erfüllen habe und nur dazu da sei, .die Neugier der Menge und die Neugier der Öffentlichkeit zu befriedigen.


    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Der Vorschlag, der heute hier in einem früheren Stadium gemacht wurde, der Herr Staatssekretär im Auswärtigen Amt würde vielleicht besser die Leitung des Bundespresseamtes übernehmen, scheint, wenn man diese Philosophie berücksichtigt, in der Tat äußerst zweckmäßig. Dann würde vielleicht eine bessere Information der Öffentlichkeit Platz greifen, als wir sie bisher zu unserem Bedauern in diesem Lande haben erleben müssen. Nur wenn es einem mit der Festigkeit und der Bewahrung der Demokratie ernst ist, kann man ja überhaupt den Gedanken fassen, daß es geboten ist, die demokratischen Kräfte meiner Partei beim Aufbau unserer Verwaltung heranzuziehen.
    Die Entwicklung in den Spitzen der Bürokratie des Auswärtigen Amtes scheint einen anderen Weg einzuschlagen. Denn was hat dieser Herr Staatssekretär auf Befragen im 7. Ausschuß neulich erklärt? Bei der Einsetzung eines neuen Leiters der Personalabteilung des Auswärtigen Amtes werde es erforderlich sein, von dem Kabinettsbeschluß abzuweichen, der vorsehe, daß ehemalige Pgs nicht in solchen Stellungen in den Ministerien der Bundesrepublik verwandt werden dürften.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)



    (Dr. Luetkens)

    Ich wäre dem Herrn Außenminister für eine Erklärung dankbar, wie er sich zu dieser Tendenz stellt, die auch in dieser Antwort seines Staatssekretärs wieder unverkennbar zum Ausdruck kommt. Macht er sich diese Erklärung zu eigen, und meint er, daß es für dieses junge Staatswesen politisch tragbar sei, wenn an den repräsentativsten Stellen der Verwaltung im In- und Ausland immer neue Beamte in maßgebenden Stellen erscheinen, die sich in der Vergangenheit dem Gewalthaufen der NSDAP angeschlossen haben?
    Meine Damen und Herren, seit der letzten Etatsdebatte sind mehrfach, zuletzt unter dem Nom de plume Mansfeld in der „Frankfurter Rundschau" heftige Angriffe auf bestimmte Aspekte der Personalpolitik des Herrn Außenministers gemacht worden. Wie ich glaube, hat sich die „Frankfurter Rundschau" ein Verdienst erworben, durch diese Veröffentlichungen aufzudecken, daß in der Öffentlichkeit ein weit verbreitetes Mißtrauen und die Sorge besteht, ob die personelle Zusammensetzung des Auswärtigen Amtes für unsere Demokratie politisch tragbar sei. Dieser Malaise unseres öffentlichen Lebens müßte mit allen Mitteln ein Ende gemacht werden. Es muß Klarheit in einer Weise geschaffen werden, die allseitig Vertrauen findet, und es muß dann im Lichte der zu schaffenden Aufklärung so oder so gehandelt werden.
    Es scheint wir nun weder nötig noch angebracht, hier auf einzelne Fälle, die in jener Artikelserie genannt worden sind, einzugehen. Man würde dadurch in ein schwebendes Verfahren eingreifen. Meine Fraktion hat, wie Sie wissen, gemäß Art. 44 des Grundgesetzes die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses verlangt. Er wird hoffentlich seine Arbeiten bald aufnehmen können. Wir sehen nach dem völligen Versagen der Exekutive aus Anlaß des Erscheinens dieser Artikelserie keinen anderen Weg mehr, das Erforderliche zu erreichen. Es ist, wie wir glauben, der Weg, der den ganzen Komplex möglichst schnell, gerecht und endgültig in einer solchen Weise zur Erledigung bringen könnte, daß die Bevölkerung und die öffentliche Meinung in die dann erarbeiteten Befunde Vertrauen haben können. Das eingeleitete Dienststrafverfahren, wie es der Herr Außenminister schließlich angeordnet hat, kann die Fragen keinesfalls in befriedigender Weise klären. Es kann die behaupteten Tatbestände prozeßrechtlich überhaupt nicht erfassen. Es vollzieht sich unter Ausschluß der Öffentlichkeit, und es entbehrt jeglicher Garantie für die dem Verfahren unterzogenen Beamten.
    Ich habe also nur über das Verhalten an der Spitze des Auswärtigen Amtes aus Anlaß des Erscheinens dieser Artikelreihe zu sprechen. Die früheren Beamten des Auswärtigen Amtes, die als Beamte oder als Angestellte Wiederverwendung gefunden haben, wurden von Ihnen und unter Ihrer Verantwortung eingestellt, Herr Bundeskanzler. Für einen großen Teil der namentlich Genannten gilt das sogar in dem Sinne, daß Sie selbst allein, beraten durch einen Ihnen persönlich attachierten Adjutanten, die Wiederverwendung veranlaßt haben. Insbesondere ist das bei allen Beamten der Fall, die durch die sogenannte Verbindungsstelle gegangen sind. Als sie eingestellt wurden, gab es noch keinen technischen Behördenapparat, der als eine Art von Personalstelle bei diesen Berufungen hätte mitwirken können. Als nun diese Einstellungen jeweils erfolgten, war es die Verantwortung des zuständigen Ministers, zu sehen, daß die Fälle unter politischen und moralischen Gesichtspunkten geprüft wurden.
    Es gibt nun nur zwei Möglichkeiten: Entweder der zuständige Minister tat das damals nicht — das möchte ich nicht annehmen —; dann hätte er der gesunden Entwicklung der Behörde großen Schaden getan und auch der Entwicklung eines Staatsbewußtseins in unserem Volke. Oder Sie, Herr Bundeskanzler, verschafften sich damals Gewißheit — und man möchte glauben, daß Sie das taten —; dann wäre festzustellen, daß der jetzt von Ihnen zu tragenden Verantwortung nicht Genüge geschehen ist. Anstatt für Ihre Beamten einzustehen und sich vor sie zu stellen, haben Sie zugelassen, daß Ihr Ministerium die Flucht ergriff. Und wenn das Beamtenverhältnis richtig als ein Treueverhältnis charakterisiert ist, so hat Ihr Ministerium es jedenfalls in beunruhigender Weise daran fehlen lassen.
    Meine Damen und Herren! An seinen Früchten erkennt man den Apfelbaum, und an der Art und Weise, in der unter der Verantwortung des Herrn Außenministers in dieser Angelegenheit verfahren worden ist, erkennt man auch, was für ein Geist an den Spitzen unserer Verwaltung vorzuherrschen sich anschickt. Ich denke da an den Teil der Erklärung des Auswärtigen Amtes vom 7. September, in dem es heißt:
    Der angegriffene Personenkreis ist nicht nur vom Auswärtigen Amt, sondern in der Mehrzahl der Fälle auch von einem Unterausschuß des Bundestages eingehend geprüft worden.
    Als eins der Mitglieder dieses Unterausschusses habe ich hier nun zu sagen, daß die Erklärung des Auswärtigen Amtes nicht nur

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    an der Wahrheit vorbeigeht, sie ist auch unziemlich gegenüber diesem Hohen Haus.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Der Unterausschuß hatte eine Anzahl von Fragen zur Methode der Personenauswahl für das in Entwicklung begriffene Auswärtige Amt zu behandeln. Die Untersuchungen galten der Tätigkeit der Personalabteilung und nicht der des Herrn Bundeskanzlers zu einer früheren Zeit.
    Dazu gehörte auch die Frage, ob überhaupt und wenn, in welcher Weise ehemalige Pgs eingesetzt werden dürften. Die Auffassung, daß ehemalige Pgs wohl eingestellt, aber nicht in exponierten Stellungen verwendet werden sollten, fand im Unterausschuß nur die Unterstützung der Vertreter des Zentrums und meiner eigenen Fraktion.

    (Hört! Hört! links.)

    In diesem Zusammenhang sind auch hinsichtlich einiger weniger Personen, die jetzt in der „Frankfurter Rundschau" erwähnt worden sind, solche Fragen zur Sprache gekommen, wie sie jetzt wieder an die Öffentlichkeit treten. Auf keinen Fall aber hatte der Unterausschuß die Vorgeschichte der von der Personalabteilung oder gar sonstwie Eingestellten zu prüfen. Solche Prüfungen sind offenbar Pflicht und Verantwortung der Verwaltung.
    Aus dieser konstitutionellen Erwägung heraus hat der damalige Unterausschuß erklärt — und diese Erklärung ist vom 7. Ausschuß in seiner 37. Sitzung am 4. Januar 1951 einstimmig gebilligt worden —, es sei Pflicht und Sache des Justizministeriums, die Nürnberger Protokolle in Hinsicht auf


    (Dr. Luetkens)

    wiederverwendete oder wiederzuverwendende Beamte des früheren Auswärtigen Amtes zu prüfen und so dem Auswärtigen Amt und dem Außenminister eine vernünftige Grundlage für die von ihm allein zu verantwortenden personellen Entscheidungen an die Hand zu geben. Ich möchte wissen, ob in dieser Richtung seitens der Verwaltung und seitens des Herrn Außenministers irgend etwas geschehen ist und ob der Herr Außenminister sich des so gezeigten Weges bedient hat, um Mißgriffen vorzubeugen oder schon begangene zu korrigieren.
    Die Erklärung des Auswärtigen Amts vom 7. September ist aber zudem unziemlich. Es kommt der Verwaltung nicht zu, sich hinter die Volksvertretung zu verstecken und dadurch den Versuch zu machen, die von der Verwaltung zu tragende Verantwortung zu verwischen und den Bundestag in jene Diskreditierung mit hineinzuziehen, der sich auf Grund seines ungeschickten Verhaltens das von dem Herrn Außenminister geleitete Amt in den Augen der Öffentlichkeit ausgesetzt sieht.

    (Sehr richtig! links.)

    So kann man in einer Demokratie nicht vorgehen. Wir müssen erwarten, daß der Außenminister gegen die an dieser Verunglimpfung des Bundestages beteiligten Beamten mit aller Entschiedenheit vorgeht, und der Bundestag kann hoffentlich noch heute eine entsprechende Zusage des Herrn Bundeskanzlers und Außenministers erwarten.
    Meine Damen und Herren, bevor ich die Stellungnahme meiner Fraktion zu dem vorliegenden Antrag des Haushaltsausschusses Drucksache Nr. 2604 begründe, kurz einige Worte zu einem Antrag, dessen Beratung mit der Etatdebatte verbunden ist. Es handelt sich um den Antrag der FDP Drucksache Nr. 2468 betreffend Wegnahme der bundeseigenen Dienstgebäude des ehemaligen Auswärtigen Dienstes. Wir haben zu diesem Antrag einen Ergänzungsantrag eingebracht, der, wie wir hoffen, zur Abrundung des FDP-Antrages dient und den mit ihm verfolgten Zweck zu fördern geeignet ist. Wir sind der Meinung, daß der FDP-Antrag mit der von uns vorgeschlagenen Ergänzung noch hier im Plenum angenommen werden könnte und einer Überweisung an den Ausschuß nicht bedürfte, so daß nach Vorlegung der Denkschrift dann auf gesicherter Grundlage eine Debatte über diese etwas peinliche Angelegenheit hier erfolgen könnte.
    Was nun den Antrag des Haushaltsausschusses zum Etat des Auswärtigen Amts anlangt, so werden wir diesen ablehnen wie schon das letzte Mal. Damals hat der Herr Außenminister unsere Stellungnahme zu ironisieren versucht, und vielleicht wird er es auch diesmal zu tun versuchen. Aber wie damals würde das auch jetzt nur beweisen, daß der Herr Bundeskanzler bei aller Doppelseitigkeit seiner Natur, die er sich so gerne zuschreibt — schon zu wiederholten Malen hier in den Sitzungen —, offenbar nicht einsehen kann, wie unvereinbar die politischen Standpunkte sind, die er auf der einen und die sozialdemokratische Fraktion auf der anderen Seite einnehmen. Wir halten seine internationale Politik für von der Wurzel aus falsch, und die Ablehnung des fr tats des Auswärtigen Amts, für das der Herr Bundeskanzler und Außenminister dank seiner Doppelfunktion die volle Verantwortung trägt, ist für uns ein Ausdruck der Mißbilligung seiner Politik als Außenminister. Mit dieser Ablehnung seines Etats bringen wir unmißverständlich unsere Ablehnung seiner politischen Methoden und Ziele zum Ausdruck, auch derer aus der letzten Phase der Entwicklung.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Mit dieser Personalunion geht es so, meine Damen und Herren, wie es im Reich des Doppeladlers dem Kaiser Franz dem Gutmütigen ging, als er auf der Jagd in Tirol war.

    (Zuruf von der Mitte: Ein netter Vergleich!)

    Er schoß einen Adler, dort lag er vor ihm, und was
    er sagte, war: Aber gehn's, der Adler hat ja nur einen Kopf!

    (Heiterkeit.)

    Wir schießen auf die Politik des Außenministers, wir treffen, und vor uns liegt der Herr Bundeskanzler.

    (Lachen und Zurufe.)

    Er ist als Minister diesem Bundestag in demokratischer Weise verantwortlich. Aber er ist es nicht, insofern er durch seine pflichtmäßige Zusammenarbeit mit der sogenannten obersten Gewalt in der Bundesrepublik mit einem nicht aus dem demokratischen Volkswillen ableitbaren Gremium in einer Viererkombination auftritt, die versucht, in diesem Lande durch Machtspruch niederzulegen, was aus dem Willen des Volkes kommen sollte. Dies ist — damit kein Mißverständnis aufkommen könne — eine objektive Situation, in die sich der Herr Bundeskanzler als Bundeskanzler gestellt sieht. Der Außenminister dieser Bundesrepublik aber muß ein Mann sein, der politisch Verantwortung nur vor diesem Parlament zu tragen hat.

    (Zuruf von der Mitte: Die SPD, meinen Sie!) Das Amt des Herrn Bundeskanzlers und das des Außenministers können nicht in einer Hand liegen; sie müssen voneinander getrennt werden, und zwar nicht erst dann, wenn, wie der Herr Bundeskanzler vielleicht sagen wird, die gegenwärtigen Verhandlungen auf Grund der Washingtoner Beschlüsse zu einem Ende gekommen sein werden. Der Herr Bundeskanzler hat sich im Laufe der beiden Jahre in eine solche Position hineinmanövriert, daß er als Außenminister heute nicht mehr so handeln kann, wie die Lage es nach unserer Ansicht gebietet und wie es die Mehrheit des Volkes erwartet. Die Grundlage, auf der er das Gebäude seiner Außenpolitik errichtet hat, war falsch von Anfang an; aber nun kann er nicht mehr von dieser Grundlage herunter, weil er sich selbst in den Schlingen seiner früheren Entschlüsse verstrickt hat.


    (Lachen bei der CDU.)

    Zur Begründung will ich mich ausschließlich auf das Memorandum beziehen, das der Herr Bundeskanzler am 29. August 1950 den Außenministern der westlichen Alliierten hat zugehen lassen. Der Herr Außenminister hat sich in der 145. Sitzung auf dieses Dokument bezogen und es auch früher schon auf Pressekonferenzen erwähnt. In diesem Memorandum haben Sie, Herr Bundeskanzler, sich für die Entwicklung Ihrer internationalen Politik Hindernisse aufgerichtet, die letzten Endes der Bundesrepublik den Weg ins Freie erschweren, wenn nicht verbauen. Trotz allem, was Sie sagen mögen, haben Sie nach meiner Ansicht damals den deutschen Verteidigungsbeitrag angeboten, und damals haben Sie auch die schlechte Idee vorgebracht, die Beziehungen zwischen den Besatzungsmächten im Westen und der Bundesrepublik sollten durch ein System vertraglicher Abmachungen geregelt werden. Diese beiden Initiativen drohen uns nunmehr in die fatalsten Schwierigkeiten zu bringen.

    (Zuruf von der FDP: Alles absurd!)



    (Dr. Luetkens)

    Auf diese Weise nämlich sind Sie bei der Forderung nach Souveränität für die Bundesrepublik angelangt, und damit haben Sie sofort alle möglichen Komplikationen heraufbeschworen.

    (Abg. Euler: Was wollen Sie denn?)

    Wegen der ganzen internationalen Lage ist eine Souveränität der Bundesrepublik zur Zeit politisch nicht möglich

    (Bundeskanzler Dr. Adenauer: Unerhört!) noch vor der Wiedervereinigung mit der Sowjetzone wünschbar.


    (Bundeskanzler Dr. Adenauer: Unerhört! — Abg. Renner: Hört! Hört! — Abg. Euler: „Nicht wünschbar" hat er gesagt!)

    Das ist ein Standpunkt, Herr Bundeskanzler, den Sie selbst und im übrigen die Vertreter aller Parteien im Auswärtigen Ausschuß immer und immer wieder betont und sich zu eigen gemacht haben.

    (Bundeskanzler Dr. Adenauer: Das ist nicht wahr!)

    Worauf es ankam, worauf es ankommt und worauf es der Bundesregierung von Anfang an hätte ankommen müssen, war, für die Bundesrepublik die volle innere Autonomie zu erreichen,

    (Zurufe rechts: Was ist denn das? — Provinzialautonomie!)

    die unabdingbare Autonomie,

    (Zuruf von der FDP: Sie sind ja grotesk!)

    das demokratische Recht jeder staatlichen Gemeinschaft, über ihre eigenen inneren Angelegenheiten selbst zu bestimmen.

    (Abg. Euler: Das heißt Provinzialautonomie!) Sie wollten, Herr Bundeskanzler, die Souveränität für die Bundesrepublik, die ihr schon nach dem Grundgesetz nicht zukommen kann,


    (Zuruf von der FDP: Nanu!)

    und Sie werden jetzt nach den Washingtoner Beschlüssen nicht einmal die innere Autonomie erreichen.

    (Zuruf rechts: Weshalb sind Sie denn hier?)

    Sie werden die innere Autonomie, die wir vielleicht hätten bekommen können, durch diese Art Verhandlungen zu vernichten in Gefahr kommen.
    Worauf es nach meiner Ansicht angekommen wäre, wäre eine Erklärung der alliierten Mächte gewesen, daß sie die vier großen Ds für den Bereich ihrer Besatzungszonen für erfüllt ansehen. Damit meine ich die in den internationalen Dokumenten des Jahres 1945 genannten vier Ds: die Dekartellisierung, die Demokratisierung, die Denazifizierung und die Demilitarisierung. Das waren die Ziele der Besatzungsmächte, mit denen sie moralisch und rechtlich damals die Besetzung deutschen Territoriums und die besondere Form der Okkupation begründet haben. Auf solchem Wege möchte es möglich gewesen sein, eine feste Basis für eine gesicherte innere Autonomie der Bundesrepublik zu gewinnen, ohne die Frage der Souveränität in diesem Stadium überhaupt aufzuwerfen.

    (Abg. Renner: Das ist doch das Potsdamer Abkommen!)

    Nun stellt sich heraus, daß die von Bonn auf den Weg gebrachten Pläne zu Konsequenzen führen, welche mit dem Hauptziel politischer Strategie nicht in Einklang zu bringen sind, das uns allen gemeinsam sein sollte. So hat der Bundestag kürzlich beschlossen: Die vordringlichste politische Forderung des deutschen Volkes und seiner frei gewählten Vertretung, des Deutschen Bundestags, ist es, die Einheit Deutschlands in Freiheit mit friedlichen Mitteln wiederherzustellen.

    (Zuruf von der CDU: Na und?)

    Die Politik meiner Fraktion ist immer davon ausgegangen, daß die Wiederherstellung der deutschen Einheit nicht nur für die Existenz unseres Volkes geboten sei, sondern auch die Voraussetzung bleibt für die erfolgreiche Integrierung eines freien Europas. In dieser Erkenntnis haben wir immer bei allen politischen Überlegungen Priorität für die Wiedervereinigung gefordert und uns solchen Plänen widersetzt, welche die Erreichung dieses Ziels gefährden könnten.

    (Abg. Euler: Kennen Sie eigentlich die Zustände in der Ostzone?)

    Wir haben die enge Zusammenarbeit mit den westlichen Völkern Europas immer begrüßt. Aber gerade auch im Interesse dieser anderen Völker und Europas haben wir uns widersetzt, wenn die Integration nach Westen über den Punkt hinausgetrieben werden sollte, wo sie automatisch die Wiedervereinigung mit der sowjetischen Besatzungszone gefährden muß.

    (Abg. Euler: Aha! Sehr interessant!)

    Die Politik, die die Regierung zwei Jahre lang verfolgt hat, hat in diese Sackgasse geführt.

    (Abg. Euler: Und die SPD in die Pankower Sackgasse!)

    Alle Verträge, die der Herr Bundeskanzler abzuschließen plant, werden Barrieren aufrichten, die
    die deutsche Wiedervereinigung hemmen, erschweren, wenn nicht noch schwerere Wirkungen und
    Konsequenzen für die Wiedervereinigung haben.

    (Abg. Euler: Die Sozialdemokratie als Vorsprecher Pankows!)

    Es ist notwendig, daß die westlichen Mächte überzeugt werden, daß sie um Europas willen, um der ganzen weltpolitischen Lage willen einen anderen Weg beschreiten als den bisherigen, auf den sie auch durch die Initiative des Herrn Bundeskanzlers vom 29. August 1950 gelenkt worden sind.
    Die Frage ist nicht, ob die Einheit Deutschlands das höchste Ziel der Politik und Ihrer Politik, Herr Bundeskanzler, ist, sondern die Frage ist, ob Sie um dieses Zieles willen fähig sind, Verzicht zu leisten auf das, was Sie bisher angestrebt haben, nämlich eine Form der westlichen Integration, welche die Integration Deutschlands zu blockieren droht. Das ist Ihr Dilemma und das ist nunmehr unser aller Dilemma.
    Weil Sie, Herr Außenminister, entgegen den Wünschen und Weisungen dieses Hohen Hauses das Auswärtige Amt nicht zu einem Sachverständigeninstrument aufgebaut haben, weil Sie, Herr Bundeskanzler, nicht als ein Außenminister sprechen können, der nur der deutschen Demokratie verantwortlich wäre, weil Sie den Bundestag und seine Ausschüsse von der Mitwirkung an den für uns alle lebenswichtigen internationalen Fragen auszuschließen suchen, weil, wie es in der „Ketteler-Wacht" geheißen hat, ein rheinisch-abendländischer Gesichtswinkel verkennt, daß das deutsch-französische Problem nicht das Kernproblem der europäischen Frage ist, weil Sie, mit anderen Worten, das Problem der Einheit Europas reduziert haben auf die Frage der deutsch-französischen Verständigung, von wo aus es keinen Zugang zur Schaffung eines freien Europas gibt, weil Sie die Bundesrepublik in das Dilemma manövriert haben, wo durch Ihre Außen-


    (Dr. Luetkens)

    politik die Einheit Deutschlands auf Jahrzehnte hinausgeschoben zu werden droht, wenn Sie nicht Ihre Politik noch ändern, — aus diesen Gründen lehnen wir den Etat des Auswärtigen Amts ab.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Horlacher: Da soll sich jemand in Ihrer Deduktion auskennen! Das ist Opposition um jeden Preis! Unerhört so was!)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Rede des Herrn Abgeordneten Luetkens wird von der Bundesregierung einer sehr genauen Nachprüfung unterzogen werden. Diese Rede war derart rabulistisch — ich habe keinen anderen Ausdruck —

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien) und widersprach nach meiner Auffassung der Dinge so völlig der bisherigen Haltung der Sozialdemokratischen Partei,


    (lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien) daß man nur sein größtes Bedauern darüber ausdrücken kann, daß die Sozialdemokratische Partei, wenn sie ihren Sprecher Luetkens billigt, in einem entscheidenden Augenblick für die Geschicke des deutschen Volkes eine derartige Politik proklamiert.


    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich kann mir jetzt, nachdem ich diese Rede des
    Herrn Abgeordneten Luetkens gehört habe, auch
    vorstellen, wie unangenehm es ihm und seinen
    Freunden gewesen ist, daß ich gerade heute die
    Note der drei Westmächte hier mitteilen konnte,

    (lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien — Zuruf von der SPD: Das ist auch Rabulistik!)

    in der diese ausdrücklich erklären, daß sie für Wiederherstellung der Einheit Deutschlands auf demokratischer Grundlage eintreten werden, auch in Zukunft, und in der sie ferner zum ersten Male überhaupt seit Bestehen der sowjetrussischen Besatzung erklären, daß sie die Zustände in der Sowjetzone durch eine internationale Kommission der UNO untersuchen lassen wollen.

    (Abg. Erler: Bei der ersten sich bietenden Gelegenheit!!)

    In diesem Augenblick, an diesem Tag erklärt Herr Abgeordneter Luetkens derartige Dinge wie die folgenden: Es handle sich nicht darum, die Souveränität Deutschlands wiederherzustellen,

    (Hört! Hört! und Pfui-Rufe bei den Regierungsparteien)

    sondern nur eine innere Autonomie.

    (Lebhafte Pfui-Rufe bei den Regierungsparteien.)

    Ich bin, meine Damen und Herren, aufs tiefste erschüttert

    (Abg. Rische: Das bedeutet aber Washington!) durch diese Erklärung, die hier im Deutschen Bundestag abgegeben worden ist.


    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien und bei der BP. — Abg. Dr. Wuermeling: Schamlosigkeit! — Gegenruf des Abg. Heiland: Mensch, halten Sie doch den Mund! — Weiterer Gegenruf des Abg. Dr. Arndt: Alter Quatschkopf! — Abg. Dr. Wuermeling: Ich bitte, den Ausdruck „Quatschkopf" zu rügen! — Abg. Dr. « Arndt: Dann aber zuerst den Ausdruck „Schamlosigkeit"!)

    Am Schluß meiner Ausführungen darf ich auf die allgemeinen Erklärungen des Herrn Abgeordneten Luetkens zurückkommen. Ich möchte nur zunächst zu einigen Einzelheiten, die er ausgeführt hat, etwas sagen. Gegen die Zusammensetzung des bisherigen Auswärtigen Amts — ich muß mich korrigieren: des Auswärtigen Amts in seinem jetzigen Zustand, denn es ist noch lange nicht vollständig — waren erhebliche Vorwürfe erhoben worden nach zwei Richtungen hin. Einerseits wurde behauptet, daß das Auswärtige Amt zum großen Teil aus früheren Pgs bestehe, und zweitens, daß es einseitig konfessionell zusammengesetzt sei.

    (Zurufe von der SPD.)

    — Verzeihung, die letztere Ausführung hat Herr Reismann hier von diesem Pult aus gemacht.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Daraufhin ist vom Auswärtigen Ausschuß ein Unterausschuß eingesetzt worden, der sich mit diesen Fragen sehr ausführlich beschäftigt hat. Damals hat derselbe Abgeordnete Luetkens keine Bedenken auf Grund des Grundgesetzes getragen, sich um die Konfession der Beamten zu bekümmern.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Ich will Ihnen aber die Ziffern jetzt doch sagen, meine Damen und Herren. Im Auswärtigen Amt sind zur Zeit 383 Beamte und Angestellte des höheren Dienstes beschäftigt. Davon waren im früheren Auswärtigen Amt tätig 138, neu sind 245. Mitglied der NSDAP waren 134,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    nicht betroffen sind 249,

    (Lachen bei der KPD — Zurufe von der SPD)

    Katholiken 125, Evangelische 241,

    (Hört! Hört! in der Mitte)

    sonstige, ohne Konfession 17. Das sind die Ziffern.
    Nun komme ich zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Luetkens, der darüber sprach, daß keine oder nicht genügend Beamte im Auswärtigen Amt seien, die seiner Partei angehörten oder ihr nahestünden.

    (Zuruf rechts: Druckerei! — Heiterkeit.) Darüber haben Verhandlungen stattgefunden. Ich habe seinerzeit dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion einen Brief geschrieben, in dem ich ihn gebeten habe, er möge mir doch geeignete Herren vorschlagen.


    (Zuruf von der SPD: Haben wir schon mal gehört!)

    Auf diesen Brief habe ich lange Monate überhaupt keine Antwort bekommen.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Es hat dann eine Besprechung mit Herrn Luetkens stattgefunden. Ich habe meine Bitte wiederholt, und es haben zwischen dem Herrn Luetkens und den Herren Blankenhorn und Hallstein Besprechungen stattgefunden. Bei diesen Besprechungen hat sich Herr Luetkens geweigert, Herren vorzuschlagen, bis ihm eine gewisse Quote zugebilligt sei.

    (Hört! Hört! in der Mitte und rechts. — Abg. Dr. von Brentano: Das ist interessant! — Heiterkeit in der Mitte. — Zuruf rechts: Unerhört!)



    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    Darum hat es sich gedreht. Herr Luetkens hat verlangt, daß der Sozialdemokratischen Partei bestimmte Quoten zugebilligt würden. Das, meine Damen und Herren, haben wir abgelehnt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    Herr Luetkens hat diese Zuteilung zur Bedingung dafür gemacht, daß er Namen benenne. Er hat dann keine weiteren Namen benannt.

    (Hört! Hört! in der Mitte und rechts. — Zuruf rechts: Keiner fähig!)

    Herr Luetkens hat dann weiter behauptet, daß zahlreiche Stellen nicht besetzt seien. Ich möchte Ihnen allgemein folgendes sagen. Das frühere Auswärtige Amt hatte, ehe es unter nationalsozialistischer Herrschaft aufgebläht wurde, im Innen- und Außendienst 1200 Beamte. Wir schätzen, daß, wenn der auswärtige Dienst völlig ausgebaut ist, wir etwa 1000 nötig haben. Wir haben nicht so viel nötig wie das frühere Auswärtige Amt, weil wir eben verkleinert sind.

    (Zuruf links: Wieso?)

    Auf der anderen Seite stellen aber die zahlreichen internationalen Konferenzen und Pakte dem Auswärtigen Amt ganz neue Aufgaben.

    (Zuruf links: Das macht die einseitige Weltpolitik!)

    Nun ist mein Wunsch — und ich weiß, daß ich mich darin mit der überwiegenden Mehrheit dieses Hauses im Einklang befinde —, daß das neue Auswärtige Amt nicht einfach eine Restaurierung des alten Auswärtigen Amtes sein soll.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Zurufe von der SPD.)

    Man kann aber bei dem Aufbau eines so wichtigen Ministeriums nicht von vornherein auf die Mitarbeit von erfahrenen Leuten verzichten, sondern man muß — —

    (Zuruf von der SPD: Aha!)

    — Ach, das „Aha"! Wenn ich Ihnen einmal aufzähle, wieviele frühere Pgs Sie in der Partei beschäftigen, dann werden Sie staunen!

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Kunze: Auch Generale!) Verlassen Sie sich darauf, daß wir auch darüber Material haben!


    (Abg. Mellies: Zählen Sie sie auf! — Lachen und weitere lebhafte Zurufe von der SPD. — Glocke des Präsidenten.)

    — Meine Herren, noch sind Sie nicht mit dem Auswärtigen Amt identisch! Sie mögen ein Nebenamt
    führen, aber das Hauptamt haben Sie noch nicht!

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien. — Fortgesetzte Zurufe von der SPD. — Abg. Dr. Schumacher: Aufzählen!)

    Ich fahre fort und sage: man kann nicht einfach bei dem Aufbau eines so wichtigen Ministeriums auf erfahrene Leute der früheren Zeit rundweg verzichten.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich stehe weiter auf dem Standpunkt, daß wir jetzt im Jahre 1951 endlich einmal auch einen Strich darunter machen sollen, daß früher Leute der NSDAP angehört haben, ohne irgendwie da etwas pecciert zu haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    Der auswärtige Dienst verlangt doch auch gewisse
    Fähigkeiten. Man kann nicht jeden dazu brauchen.
    Ich will Ihnen folgendes sagen: von 27 im Haushaltsplan 1950 vorgesehenen Generalkonsulaten erster Klasse sind 18 besetzt, 4 sind auch schon besetzt, aber die Herren sind noch nicht abgereist, und nur die Generalkonsulate in Mexiko, Lissabon und Madrid, ich muß mich verbessern — in Tokio, Wien, Mexiko, Lissabon und Madrid, sind noch nicht besetzt. Ob Sie großen Wert darauf legen, daß wir so schnell wie möglich einen Generalkonsul nach Madrid schicken, sagen Sie mir freundlichst, Herr Luetkens, dann kann es ja geschehen!

    (Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien. — Beifall rechts.)

    Von den 16 einfachen Generalkonsulaten sind 9 besetzt, für 6 sind die Herren ebenfalls schon benannt und nur eines — das ist das in .Teheran — ist noch nicht besetzt, weil wir da kein Agrément haben. Aber wenn Sie einen geeigneten Bewerber für Teheran haben, Herr Luetkens, können wir auch darüber sprechen.

    (Erneute Heiterkeit in der Mitte und rechts. — Zurufe von der SPD. — Abg. Dr. Greve: Vielleicht Herrn Seebohm, der versteht ja was von Öl! — Heiterkeit.)

    Herr Luetkens hat mit großer Emphase und mit der ganzen Überzeugungskraft, die eine langjährige Tätigkeit im Auswärtigen Amt verleiht,

    (Heiterkeit in der Mitte)

    erklärt, die amerikanische Konstitution lasse nicht das Eingehen eines Paktes zu, wie ich es verlangt habe. Herr Luetkens ist diesmal im Irrtum. Die amerikanische Konstitution läßt den Abschluß eines derartigen Paktes wohl zu; aber seit Bestehen der Vereinigten Staaten ist niemals ein solcher Vertrag abgeschlossen worden.

    (Heiterkeit in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, aber viel mehr als alles das, was Herr Luetkens an tausendundeiner Einzelheit hier erzählt hat — ich gebrauche mit Absicht den Ausdruck tausendundeins —,

    (Heiterkeit in der Mitte)

    müßten uns die allgemeinen Ausführungen, die er gemacht hat, beschäftigen und mit der größten Sorge erfüllen.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    Herr Luetkens hat zweimal gesagt, daß ich als Bundeskanzler den Hohen Kommissaren verantwortlich sei und daß ich deswegen nicht die Geschäfte als Außenminister führen könne. Er hat ausdrücklich erklärt, daß ich nicht der deutschen Demokratie verantwortlich sei. Zunächst stelle ich fest, daß ich vom Deutschen Bundestag und von niemand anderem dem Bundespräsidenten vorgeschlagen worden bin.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Und zum zweiten: Ich muß es dem Herrn Luetkens überlassen, wie er es einem Menschen klarmachen will, wie unter dem Bundeskanzler, der nach seiner Auffassung von den Hohen Kommissaren abhängig ist und der doch die Richtlinien der Politik angibt, ein Minister des Auswärtigen bestehen kann, der vollständig frei und unabhängig ist.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Gerade aus diesem Beispiel sehen Sie, was Herr Luetkens in seiner Rede aus allen Ecken und Enden zusammengekratzt hat.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    Das mag Herr Luetkens mit sich selbst abmachen; aber das deutsche Volk muß darüber aufgeklärt werden

    (lebhafte Zurufe von der KPD)

    und darf das niemals vergessen,

    (erneute Zurufe von der KPD)

    daß in einem Augenblick, in dem wir mit den drei Westalliierten über die Wiederherstellung der Souveränität der Bundesrepublik verhandeln,

    (Abg. Renner: Über den Krieg! — Zuruf des Abg. Rische)

    Herr Luetkens hier erklärt: wir wollen keine Souveränität, wir wollen nur die innere Autonomie.

    (Pfui-Rufe rechts. — Lachen und Zurufe bei der SPD. — Zurufe von der KPD.)

    Das ist ungefähr das Schlimmste, was in diesem Augenblick ein Deutscher sagen kann.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Lachen und Zurufe bei der SPD.)

    Lassen Sie mich nun zum Schluß noch ein Wort
    über die Richtlinien meiner Außenpolitik sagen.

    (Abg. Renner: Da bin ich aber gespannt!)

    Diese Außenpolitik ist nicht die des Herrn Luetkens, der anscheinend zwischen Sowjetrußland und

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien. — Erregte Zurufe von der SPD: Unverschämt! Unmöglich! — Abg. Euler: Stimmt aber! — Anhaltende erregte Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPD und CDU. — Glocke des Präsidenten. — Zurufe rechts. — Zuruf links: Ist das das Stichwort für die Presse?)

    — Ja, ich glaube allerdings, die Rede des Herrn Luetkens wird Ihnen noch manchmal sauer aufstoßen.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Luetkens: Da kann man doch nur lachen!)

    man doch nur lachen!)
    — Ja, lachen Sie nur! Wer zuletzt lacht, lacht am besten.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Abg. Heiland: Das werden Sie aber nicht sein!)

    Meine Damen und Herren, meine Politik ist die folgende.

    (Abg. Renner: Die vorletzte!)

    Ich will, und zwar mit Ihnen zusammen, die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands, aber nicht die Wiederherstellung eines Deutschlands in sowjetrussischer Einflußsphäre,

    (Beifall bei den Regierungsparteien — Zuruf des Abg. Dr. Schumacher — Zurufe bei der KPD)

    sondern ich will

    (Abg. Renner: Nach Texas!)

    die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands in Freiheit.

    (Bravo-Rufe in der Mitte.)

    Ich bin fest davon überzeugt, daß wir diese Einheit in der Freiheit niemals erringen werden, wenn wir Sowjetrußland irgendwie die Hoffnung lassen, daß es uns eines Tages doch schlucken wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Schumacher: Das wissen wir länger als Sie!)

    Ich bin auch wirklich darin optimistisch, daß wir dieses Ziel erreichen werden.

    (Zuruf des Abg. Renner.)

    Wir werden es erreichen, wenn wir zielbewußt und konsequent

    (erneuter Zuruf des Abg. Renner)

    diesen Weg gehen.

    (Fortgesetzte Zurufe des Abg. Renner.) Dieser Weg — das wiederhole ich nochmals — kann nur der sein,


    (Zuruf von der KPD: Massengrab!)

    daß wir in der Zusammengehörigkeit mit dem freien Westen das deutsche Volk wieder in Freiheit vereinigen werden.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Lachen links.)