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ID0116815000

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    Deutscher Bundestag — 168. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Oktober 1951 6871 168. Sitzung Bonn, Dienstag, den 16. Oktober 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 6872C, 6898D Zustimmung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz betr. Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1951 6872D Anfrage Nr. 208 der Fraktion der SPD betr Behebung der durch den Bau der Autobahn zwischen Grünstadt und Frankenthal entstandenen Schäden (Nrn. 2623, 2673 der Drucksachen) 6872D Anfrage Nr. 214 der Zentrumsfraktion betr Steuererklärungen zur Einkommensteuer und Heranziehung zur Körperschaftsteuer (Nm. 2641, 2688 der Drucksachen) . . . . 6873A Bericht des Bundesministers der Finanzen betr. Geschäftsbericht sowie Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung der Überleitungsstelle für das Branntweinmonopol für das Rumpfgeschäftsjahr vom 1. April bis zum 30. September 1950 (Nr. 2682 der Drucksachen) 6873A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Internationalen Fernmeldevertrag Atlantic City 1947 (Nr. 2595 der Drucksachen) 6873A Ausschußüberweisung 6873A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts (Nr. 2504 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) (Nr. 2660 der Drucksachen; Anträge Umdrucke Nrn. 330, 331, 332) 6873A Miessner (FPD): als Berichterstatter 6873B als Abgeordneter 6877C Mellies (SPD): zur Geschäftsordnung 6875B zur Sache 6877A, 6887B, 6889A Dr. Kather (CDU) 6875C, 6877B Tichi (BHE-DG) (zur Geschäftsordnung) 6876C Gundelach (KPD) . . . . 6878A, D, 6881C, 6882C, 6887D Böhm (SPD) 6878A, 6881A Dr. Kleindinst (CSU) 6878B Farke (DP) 6879A Dr. Wuermeling (CDU): zur Sache 6879B, 6884B, 6888D zur Geschäftsordnung . . . . 6887A, D Pannenbecker (Z) 6882B Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 6882D 6888C Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 6883C Bausch (CDU) 6884A, 6886A von Thadden (Fraktionslos) 6885B Fisch (KPD) 6885C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . 6886C Euler (FDP): 6887C Abstimmungen 6878A, B, 6881B, 6882A, 6888A, C, 6889A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Handelsabkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Königlich Ägyptischen Regierung (Nr. 2410 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr. 2661 der Drucksachen; Umdruck Nr. 302) 6889B Freudenberg (FDP-Hosp.), Berichterstatter 6889B Beschlußfassung 6889C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Handelsvertrag vom 2. Februar 1951 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Chile (Nr. 2534 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr. 2662 der Drucksachen): Beratung abgesetzt 6889B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über internationale Vereinbarungen auf dem Gebiete des Zollwesens (Nr. 2519 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr 2663 der Drucksachen) 6889D Freudenberg (FDP-Hosp.), Bericht- erstatter 6890A Beschlußfassung 6390A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan IV — Haushalt des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts (Nr. 2603 der Drucksachen) in Verbindung mit Einzelplan IVa — Haushalt des Auswärtigen Amts (Nr. 2604 der Drucksachen) ferner in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Wegnahme der bundeseigenen, im Auslande gelegenen Dienstgebäude des ehemaligen Auswärtigen Dienstes (Nr. 2468 der Drucksachen; Umdruck Nr. 329), der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Beschlagnahme deutschen Auslandsvermögens (Nr. 2549 der Drucksachen), der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Ungehinderter Verkehr mit den politischen Gefangenen der Besatzungsmächte (Nr. 2563 der Drucksachen), der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Tätigkeit von Deutschen bei den Besatzungsmächten (Nr. 2577 der Drucksachen), sowie der Beratung des Antrags der Abg. Kahn, Dr. Solleder, Dr. Schatz u. Gen. betr. Räumung des von der amerikanischen Besatzungsbehörde beschlagnahmten Raumes Hohenfels und Umgebung (Oberpfalz) (Nr. 2597 der Drucksachen, Umdrucke Nrn. 333, 334); im Zusammenhang damit: Erklärung der Bundesregierung (Ergebnis der von der Bundesregierung bei den Alliierten unternommenen Schritte betr. Wiederherstellung der deutschen Einheit und gesamtdeutsche Wahlen) . . 6890B, 6915D zur Sache: Dr. Blank (Oberhausen) (FDP), Berichterstatter 6890D Dr. Adenauer, Bundeskanzler 6892B, 6894B, 6905B, 6931A, 6946A zur Geschäftsordnung bzw. zur Abstimmung: Mellies (SPD) . . . . 6893D, 6896A, 6898C Renner (KPD) 6894C Euler (FDP) 6895B, 6896D Dr. Tillmanns (CDU) 6895D Kunze (CDU) 6896C von Thadden (Fraktionslos) 6897A Dr. Hasemann (FDP) 6897B Dr. von Merkatz (DP) 6897C Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 6897D Dr. von Brentano (CDU; 6898A Ewers (DP) . . . . . . . . . . . 6898B Dr. Ehlers (CDU) 6898D zur Sache: Fisch (KPD) 6899A Ollenhauer (SPD) . . 6901B, 6945C, 6952A Dr. Reismann (Z) 6905C, 6940C Ewers (DP) 6907A Dr. Wuermeling (CDU) 6909A Dr. Schäfer (FDP) 6911C von Thadden (Fraktionslos) 6913C Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 6914D Dr. von Merkatz (DP), Antragsteller 6916A, 6953D Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 6916B Erler (SPD), Antragsteller 691'7D Kahn (CDU), Antragsteller 6921B Dr. Meitinger (BP), Antragsteller . 6923A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6923D Dr. Luetkens (SPD) 6925C Euler (FDP) 6933C Dr. Pfleiderer (FDP) 6934C Dr. von Brentano (CDU) . . 6943C, 6953B Fürst zu Oettingen-Wallerstein (BP) 6944C Renner (KPD) 6946C von Thadden (Fraktionslos) 6950A Kohl (Stuttgart) (KPD) 6951D Abstimmungen 6815C, 6954A Nächste Sitzung 6954C Die Sitzung wird um 13 Uhr 30 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Hans Ewers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Möglichkeit, in der Debatte den Etat des Bundeskanzleramts von dem des Auswärtigen Amts zu trennen, besteht nicht, wie die beiden Herren Vorredner bewiesen haben. Es geht um so mehr eins ins andere über, als nun einmal der Herr Bundeskanzler gleichzeitig das Amt des Außenministers übernommen hat. Ich möchte daher zu beiden Reden der Oppositionsparteien, der SPD und des Zentrums, über das gesamte angeschnittene Thema — soweit sie von Interesse sind — Stellung nehmen.
    Ich möchte voranschicken, daß meine Fraktion auf das tiefste beklagt, daß wir uns in diesen Schicksalsstunden des deutschen Volkes über Einzelheiten der momentan in schwierigen außenpolitischen Verhandlungen auszurichtenden Politik der Regierung in einem Parlament vor der breitesten Öffentlichkeit unterhalten sollen, wenn es nach dem Wunsch der beiden Herren Vorredner geht.

    (Abg. Dr. Bertram: Dafür sind wir doch da!)

    Etwas Derartiges ist in keinem Parlament der Welt, das demokratische Tradition hat, bisher üblich gewesen und ist auch, wie sich für jeden Denkenden von selbst versteht, völlig unmöglich. Wir können uns über Etatsfragen, Organisationsfragen der Regierung unterhalten. Aber die Dinge, die hier zur Sprache gekommen sind, sollten wir, wenn uns daran gelegen ist, daß der Herr Bundeskanzler für das deutsche Volk das Bestmögliche herausholt, beileibe heute hier nicht erörtern.

    (Abg. Renner: Ist der Krieg das Bestmögliche?)

    Wir schließen uns dem Herrn Bundeskanzler darin völlig an, daß es undenkbar ist, hier dazu etwas zu sagen.

    (Abg. Dr. Greve: Dann gehen Sie doch nach Hause!)

    Deswegen nur das Grundsätzliche heute.
    Der Herr Ollenhauer hat die Saarnote der Alliierten, die während unserer Ferien eingegangen ist, herangezogen. Für meine Fraktion kann ich bekennen, daß sie während der Ferien noch andere Nackenschläge erlebt hat, sei es in der Frage der Ruhrbehörde, sei es in der Frage des alliierten Gesetzes bezüglich des Auslandsvermögens, sei es in anderen Dingen. Wenn wir schon zu diesen Dingen Stellung nehmen sollen, so darf ich für meine Fraktion erklären: Gott schütze uns vor einer Wiederholung der Zeit nach 1925! Was heute ein großes Geschenk von den Alliierten an uns ist, kann morgen eine Selbstverständlichkeit sein und übermorgen zuwenig. Denn wir haben es hier im deutschen Volk mit lebendigen Menschen zu tun, die jetzt sechs bis sieben Jahre auf Menschwerdung, Volkwerdung gewartet haben. Wir müssen allerdings — offen gesagt — erwarten, daß wir die Qualität des „Besiegten" endlich einmal verlieren und daß man Achtung vor unserer Historie hat, nicht vor der letzten, aber vor der Herkunft aus alten zentraleuropäischen Quellen, und daß man Achtung davor hat, was man von diesem Volk in Zentraleuropa erwarten kann und wie man ihm vertrauen kann. Daß wir insofern Vertrauen gutzumachen haben, meine sehr geehrten Herren von links, vergessen Sie doch bitte nicht! Sie dürfen auch nie vergessen, daß die Stellung des Herrn Bundeskanzlers in seinen Bemühungen für dieses deutsche Volk im Jahre 1951 denkbar schwer ist, daß sie nicht mit einem Federstrich zum Erfolg führen können. Daß man aber solche kitzligen Fragen wie, die des Saargebiets — darüber sind wir uns von ganz rechts bis ganz links im Bundestag einig; darüber bestehen doch keine Meinungsverschiedenheiten — nicht an die große Glocke hängen kann, wenn man Schicksalsfragen, ich hätte beinahe gesagt: für die Ewigkeit zu erörtern hat, das sollte auch die Linke verstehen.
    Wir fassen daher diese ganze Debatte, die hier mit Hilfe des Herrn Dr. Reismann geführt worden ist — der etwa gesagt hat: „mein SPD-Freund hat recht, ich zerrede das nur noch ein bißchen" — nur als Kritik um jeden Preis auf, die nach Möglichkeit erstrebt, daß dieser Herr Bundeskanzler, dessen Etat man von jener Seite auf jeden Fall ablehnen wird, nur keine Lorbeeren erntet.
    Das ist das Bedauerliche, meine sehr geehrten Herren von links. Herr Dr. Schumacher hat einmal gesagt, daß ein Abgeordneter einen Klassenplatz herunterkäme. Ich möchte ihm zurufen: in der Außenpolitik hat er noch nichts gelernt. Es soll uns ganz gleichgültig sein, welcher Kanzler das Bestmögliche herausholt. Dr. Adenauer gehört nicht meiner Partei an. Wir wollen nur einen Kanzler haben, der seiner Persönlichkeit, seinem Wissen, seinem deutschen Herzen nach das denkbar Beste erreicht. Wenn das die CDU bereichert, soll mir das recht sein. Und d a s deutsche Volk sollte sich schämen, das diese Dinge nur vom Standpunkt der engstirnigsten rosaroten Parteipolitik aus ansehen würde.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das zum Allgemeinen. Des weiteren dazu nur noch das eine Wort, daß meine Fraktion in dieser Stunde dem Herrn Bundeskanzler jeden Erfolg wünscht, den ein Deutscher im Herbst und Winter 1951/52 für sein Volk und dessen fernste Zukunft nur irgend erreichen kann, und daß wir ihm Vertrauen schenken, daß er nach den Richtlinien seiner Politik, die uns bekannt sind, das Beste herauszuholen mit allen Mitteln versuchen wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Zum Schluß einige Bemerkungen zu Einzelheiten der Rede des Herrn Kollegen Ollenhauer. Ich muß sagen, daß der sachliche Ton seiner Ausführungen gegenüber anderen Rednern, die wir von links gehört haben, mir wohlgetan hat. Herr Ollenhauer ist auf die Debatte bezüglich der Monarchie beim Etat des Innenministers zurückgekommen. Herr Ollenhauer, diese Debatte hat Ihr Fraktionskollege Herr Dr. Bergstraeßer ja selbst gewollt. Er hat einen Beamten, der einen sehr sachlichen und von unserer Fraktion durchaus begrüßten Aufsatz in der „Frankfurter Allgemeinen" geschrieben hatte, wegen landesverratsähnlichen Vergehens unter Anklage zu stellen versucht. Darauf hat — auch zu der Frage, wieweit Minister bei einer monarchischen


    (Ewers)

    Hochzeit, d. h. der Hochzeit ehemaliger Monarchen teilnehmen können — mein Fraktionsfreund Dr. Merkatz geantwortet, und zwar in einer durch Ihre Zwischenrufe zwar persönlich erhitzten und erregten, aber, wie ich betonen möchte, hochanständigen Form, die ihm in diesem Hause von ganz links bis ganz rechts viele danken, die ebenso denken wie er. Das vorweg!
    Und nun kommen Sie und erklären, es handle sich — da haben Sie recht — nicht um Demokratie oder Monarchie; nein, weiß Gott nicht! Denn allerdings die Monarchie, die man überhaupt nur theoretisch erörtern kann — praktisch spielt sie ja gar keine Rolle heute —, ist die konstitutionelle Monarchie nach schwedischem oder nach englischem Muster — um nur den möglichen Typ zu. nennen —, und das sind natürlich Demokratien. Wenn Sie meinen, es verstoße gegen das Grundgesetz, sich darüber auch nur Gedanken zu machen, so darf ich Ihnen erwidern: dann, bitte, gründen Sie Ihren totalen Staat sofort. Denn davon kann keine Rede sein. Eine Umwandlung der Republik in eine Monarchie mit Gewalt herbeizuführen, das ist natürlich Hochverrat; es aber nur zu erörtern, ist durchaus erlaubt. Und wir im Strafrechtsausschuß haben uns peinlich gehütet,

    (Zurufe von der SPD)

    die Frage etwa nach der Stellung des Bundespräsidenten als verfassungswidrig zu unterbinden.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    — Ich bitte, mich doch ausreden zu lassen! — Nein, wir haben es bei der Staatsgefährdung abgestellt auf die Frage der „demokratischen Grundordnung", und in der demokratischen Grundordnung wird die Frage, wie das Staatsoberhaupt gestaltet wird, überhaupt nicht berührt. Das allerdings ist selbstverständlich: Ehe wir legal etwa die Staatsform ändern könnten, wäre eine Änderung des Grundgesetzes notwendig. Darüber, meine sehr geehrten Damen und Herren, brauchen wir uns keinen Augenblick zu streiten. Und daß derjenige, der mit Gewalt die Monarchie einführen will, wenn er nicht obsiegt, wegen Hochverrats — heute nicht mehr zum Tode, sondern nur zu lebenslänglichem Zuchthaus — verurteilt wird, darüber besteht kein Zweifel. Aber das Bekenntnis dazu dürfte in einer freien republikanischen Staatsform demokratischer Natur eine selbstverständliche Möglichkeit sein. Und zu einem solchen Bekenntnis war mein Fraktionskollege Dr. von Merkatz hier durchaus berechtigt; und er tat dies, wie ich noch einmal betonen möchte, in einer äußerst eindrucksvollen Form, als vertriebener Deutscher aus dem Osten; das ist nicht namens der Fraktion geschehen, wenngleich in den Reihen unserer Wähler, wie wir uns klar sind und wie es keinem Zweifel unterliegen kann, genau wie übrigens auch in gewissen Wählerkreisen der SPD zum Beispiel die Frage aufgeworfen wird, ob nicht vielleicht Monarchie das Bessere sei. In unserem Parteiprogramm steht allerdings davon kein Sterbenswörtchen, wie ich betonen möchte! Diese Frage ist also nur angeschnitten worden, weil Herr Professor Dr. Bergstraeßer dazu Erklärungen wünschte.
    Und nun noch die Frage der Ministerreden und die des sogenannten autoritären Regiments des Herrn Bundeskanzlers. Meine sehr geehrten Herren von links und von der Mitte, wenn Sie annehmen, daß eine demokratische Staatsform ohne
    Führereigenschaften möglich und durchführbar wäre, so lassen Sie sich mit Ihrer ganzen Demokratie begraben!

    (Abg. Dr. Gerstenmaier: Sehr gut! — Zurufe links.)

    Ich möchte glauben, daß Ihr Herr Dr. Schumacher ein typisches Beispiel dafür ist, daß es ohne Führerqualitäten gar nicht geht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Heiterkeit.)

    Die Frage ist nur die, ob nicht Dr. Schumacher schon ein totalitärer Führer ist. Wir aber sind glücklich darüber, daß Herr Bundeskanzler Dr. Adenauer kein Politiker ist, der bei seinem Alter, seiner Reife und seiner Weisheit Neigung hätte, sich führen zu lassen,

    (Zurufe)

    sondern daß er vielmehr den inneren Mut und den inneren Zwang fühlt, selbst zu führen, indem er sein hohes Alter opfert für sein Volk und Vaterland.
    Und noch ein anderes! Sie haben uns besonders eindrucksvoll, Herr Ollenhauer, erklärt, im Erwägungsstadium einer Frage sei die SPD eine freie Partei, wo die Dinge erörtert werden könnten; zum Schluß aber bilden Sie dann mit Ihrem Fraktionszwang eine Linie. — Erstens lehnen wir den Fraktionszwang völlig ab und zwar in allen drei Fraktionen.

    (Zuruf des Abg. Mellies.)

    Zweitens wollen Sie aber bedenken: wir sind nicht
    die Regierung einer einzigen Partei, sondern drei
    Parteien haben sich zusammengeschlossen. Und da
    es drei sind, sollte Ihnen klar sein, daß da wohl
    noch gewisse Unterschiede obwalten dürften, und
    keiner unserer Minister — jedenfalls keiner meiner
    Partei — hat sich dadurch, daß er ins Kabinett
    ging, verpflichtet, eine Binde vors Maul zu legen.
    Auch Herr Dr. von Merkatz nicht! Sie lassen ja
    bei jeder Gelegenheit, wenn Herr Dr. Adenauer
    auf dem Spiel steht, die Merkatze aus dem Sack!

    (Heiterkeit.)

    Und auch er ist mit einbegriffen. Diese Herren haben sich also dadurch, daß sie einer Koalitionsregierung beigetreten sind, nicht verpflichtet, ihrerseits nun mit zusammengeschlagenen Hacken dem Führer zu folgen und anbetend vor ihm zu stehen, sondern sich ihre eigene Meinung genau wie in ihren eigenen Reihen im Erwägungsstadium vorbehalten.
    Und was die Rede von Herrn Dr. Seebohm — übrigens in Nürtingen, einem sonst unbekannten kleinen Nest in Schwaben — angeht, so handelt es sich um ein Treffen von sudetendeutschen Flüchtlingen, die, wie Ihnen bekannt sein sollte, in der Art, wie sie zur Flucht gezwungen worden sind, allerhand Beschwerden auf dem Herzen haben. Und daß einer ihrer führenden Menschen diesen Gefühlen gerade angesichts europäischen Gemeinschaftsstrebens mit einer gewissen eindrucksvollen Entrüstung Ausdruck verleiht, das können Sie keinem Sudetendeutschen verdenken.

    (Zuruf. rechts: Gott sei Dank!)

    Deswegen möchte ich Sie bitten, solche Reden nicht
    aus dem Zusammenhang zu reißen, Herr Ollenhauer; das wird heute nur verbreitet, weil es der
    „Neuen Zeitung", dieser amerikanisch lizenzierten
    Zeitung, aus irgendwelchen trüben Gründen paßt.

    (Abg. Mellies: Sie sollten sich schämen!)



    (Ewers)

    — Ich schäme mich keinen Augenblick; aber Sie sollten sich schämen, daß Sie sich auf solche trüben Quellen berufen, um Kritik zu üben.
    Diese Dinge zurückzuweisen, lag mir am Herzen. Im übrigen schließe ich mit den Worten: ich hoffe, daß durch die Reden von Herrn Ollenhauer und Herrn Reismann alles Porzellan, was zu zerschlagen war, endgültig zerschlagen ist und daß keiner meiner nachfolgenden Redner an diesem Polterabend noch weiter teilnimmt.

    (Lachen und Zurufe links.)

    Dem Bundeskanzler wünsche ich, daß er bei seinen schweren Verhandlungen für das ganze deutsche Volk, also auch für die SPD-Mitglieder, den bestmöglichen Erfolg hat.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der KPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wuermeling.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz-Josef Wuermeling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir möchten von der CDU aus zu den außenpolitischen Fragen, die in der Debatte zum Etat des Bundeskanzleramtes behandelt wurden, erst bei der Behandlung des Haushaltsplanes des Außenministeriums Stellung nehmen, wohin diese Fragen eigentlich auch gehören; sonst werden sie dort nur nochmals behandelt.
    Ich habe aber Veranlassung, zu einigen Bemerkungen des Herrn Kollegen Ollenhauer hier kurz Stellung zu nehmen. Wir waren eigentlich darauf gefaßt, daß in der Kritik am Herrn Bundeskanzler, seinen politischen Richtlinien und seiner politischen Arbeit die Kritik an der Gestaltung des Schicksals unseres Volkes im Innnern auch eine Rolle gespielt hätte. Wir sind etwas überrascht darüber, daß — vielleicht unter dem Eindruck der Debatte, die wir in der vergangenen Woche hier gehabt haben — in dieser Hinsicht heute vollkommenes Schweigen im sozialistischen Walde geherrscht hat.

    (Lachen und Zurufe bei der SPD.)

    Es ist manche Kritik an der Methode der Bundesregierung und des Herrn Bundeskanzlers, an mangelnder Information und an derartigen Dingen geübt worden. Diese Kritik endete in dem etwas überraschenden Satz, daß man die „Unfähigkeit, die Sozialdemokratie zu verstehen", nicht begreifen könne.
    Meine Damen und Herren, woran liegt es denn, daß die Regierungsparteien und auch die Bundesregierung oft nicht in der Lage sind, die Opposition zu verstehen?

    (Zurufe von der SPD.)

    Weil sie vielfach auch in gemeinsamen Anliegen eine solch einseitige unsachliche Opposition macht, daß es uns wirklich unverständlich ist, daß das heute in Deutschland möglich ist.

    (Zustimmung in der Mitte. — Lebhafte Zurufe von der SPD.)

    Und dann ein anderer Punkt. Es wurde zur Frage der Monarchie hier von der linken wie von der rechten Seite des Hauses manches gesagt. Von einigen Kollegen aus der Koalition wurde in diesen Tagen und auch heute wieder Anlaß genommen, hier ein freudiges Bekenntnis zu monarchischen Gedanken abzulegen. Meine Damen und Herren, ich meine, man sollte solche Dinge, die wirklich so unaktuell sind wie nur irgend etwas in Deutschland, heute nicht wichtiger nehmen, als sie sind, und sollte keine großen politischen Aktionen aus derartigen Erörterungen machen.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Aus diesem Grunde haben wir auch bei der Erörterung in der vergangenen Woche die Herbeirufung des Bundeskanzlers zu dieser Frage abgelehnt, weil wir es für überflüssig halten, daß man sich über Fragen unterhält, die für die praktische Gestaltung der Dinge überhaupt keine Rolle spielen.
    Dann wurde auch über die Saarfrage gesprochen. Der Herr Bundeskanzler hat hierzu schon kurz geantwortet.

    (Abg. Arnholz: Er ist ihr aus dem Wege gegangen!)

    Wir sind der Meinung, daß gerade die Saarfrage nicht durch Reden nach draußen, sondern durch außerordentliche politische Klugheit in internen Verhandlungen gelöst werden kann und gelöst werden muß. Deswegen haben wir unsererseits keine Veranlassung, uns hier an einer erneuten Saardebatte zu beteiligen.

    (Abg. Wehner: Sagen Sie das Herrn Hallstein!)

    Meine Damen und Herren, ich habe eingangs gesagt, daß Herr Kollege Ollenhauer zur sozialen und wirtschaftspolitischen Situation, die sich unter der vom Herrn Bundeskanzler geführten Regierung entwickelt hat, nichts ausgeführt habe. Ich möchte meinerseits diese Frage in einigen kurzen Streiflichtern zu behandeln,

    (Zuruf von der SPD)

    Streiflichter übrigens auch in folgendem Zusammenhang: Wir bedauern es in der CDU/CSU außerordentlich, daß das Bundespresseamt bisher seiner Aufgabe zur Unterrichtung der Öffentlichkeit noch in keiner Weise gerecht wurde.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wir haben den dringenden Wunsch, daß hier —
    insbesondere durch einen Wechsel in der Leitung
    — in kürzester Frist eine Änderung herbeigeführt wird, nicht in dem Sinne, daß etwa das Bundespresseamt Parteipolitik macht und parteipolitische Auffassungen vertritt, wohl aber in dem Sinne, daß das Bundespresseamt die Bevölkerung über die tatsächlichen Verhältnisse und über die Entwicklung in der Bundesrepublik wahrheitsgemäß aufklärt und unterrichtet. Davon haben wir bisher
    — abgesehen von einzelnen größeren Denkschriften, die die meisten Leute nicht lesen können
    — leider nichts zu spüren bekommen.
    Wenn ich nun auf die wirtschaftspolitische und soziale Entwicklung unter der Leitung unseres Bundeskanzlers im Rahmen der Richtlinien der Politik zu sprechen komme, so darf ich folgenden Gedanken voranstellen. Unsere Wirtschaftspolitik verfolgt das Ziel, den sozialen Standard der breiten Massen unserer Bevölkerung zu heben. Daß wir hier im letzten Jahre in verschiedener Hinsicht Rückschläge erlitten haben, ist nicht unsere Schuld und vor allem nicht Schuld der sozialen Marktwirtschaft, sondern die Folge davon, daß, wenn Sie (nach links) es auch nicht wahrhaben wollen, seit der Koreakrise eine grundstürzende Änderung in der gesamten wirtschaftspolitischen Situation der ganzen Welt eingetreten ist.
    Meine Damen und Herren, wenn wir trotz dei Schwierigkeiten, die sich nach dieser Richtung hin immer wieder auftürmten, z. B. in der Entwicklung


    (Dr. Wuermeling)

    unseres Außenhandels Zahlen zu verzeichnen
    haben wie die, daß wir im August 1948 für 223 Milliqnen DM exportierten, im August 1949 für
    303 Millionen DM, im August 1950 für 751 Millionen DM und im August 1951 für 1 Milliarde
    320 Millionen DM, dann scheint mir das ein Aufschwung in unserer wirtschaftspolitischen Situation
    zu sein, wie auch wir in den Regierungsparteien ihn
    uns vor zwei Jahren nicht hätten träumen lassen.

    (Abg. Bausch: Sehr richtig!)

    Wenn wir aus den Zahlen weiterhin entnehmen können, daß die Einfuhrziffern in der gleichen Zeit prozentual bei weitem nicht in gleicher Weise gestiegen sind und daß wir im zweiten Halbjahr 1948 nur 37 % unserer Importe durch Eigenfinanzierung bezahlen konnten, während wir im ersten Halbjahr 1951 bereits 83 % unserer Importe durch Eigenleistung finanzieren konnten, so scheint mir das ebenfalls eine Entwicklung zu sein, an der auch unsere Opposition nicht vorbeigehen sollte.
    Wenn man dann sagt: Ja, das ist auf die Marshallplan-Hilfe zurückzuführen und nicht auf Eure politische Arbeit!, meine Damen und Herren, dann müssen wir darauf antworten: Selbstverständlich ist uns die Marshallplan-Hilfe eine wichtige Hilfe bei unserer Arbeit gewesen. Aber wenn Sie hören, daß die Marshallplan-Hilfe im Marshallplan-Jahr 1948/49 nur 2,8 % und im Jahre 1949 nur 1,9 % des Sozialproduktes der Bundesrepublik finanziert hat, dann ergibt sich doch daraus, daß das Entscheidende durch die eigene Leistung der Arbeitnehmerschaft und der Wirtschaft des deutschen Volkes geschaffen worden ist. Demgegenüber haben England, Frankreich und Italien 1948/49 mit der Marshallplan-Hilfe 3,1 %, 4,9 % und sogar 5,5 % des Sozialproduktes finanzieren können.
    Ich hätte auch sehr gern einmal die Stellungnahme der Opposition zu der Tatsache der Erhöhung unseres Sozialproduktes in den letzten drei Jahren überhaupt gehört. Unser Sozialprodukt betrug 1949 83 Milliarden DM, 1950 92 Milliarden,

    (Zurufe von der SPD)

    und wir kommen im Jahre 1951 auf über 100 Milliarden DM Sozialprodukt, also auf eine etwa 20 %ige Erhöhung des Sozialproduktes seit 1949.

    (Abg. Renner: Und verhungern dabei! — Zuruf rechts: Wirtschaftsministerium!)

    Nun haben wir ja dieses vergrößerte Sozialprodukt wahrlich nicht etwa nur bestimmten Schichten des Volkes zugute kommen lassen, sondern wir haben dafür Sorge getragen, daß gerade die breiten Massen des Volkes an dieser Erhöhung des Sozialproduktes entscheidend beteiligt werden.

    (Zuruf von der SPD: Das ist doch eine Frechheit!)

    Ich hatte bereits heute nachmittag bei der Beratung des Besoldungsgesetzes Gelegenheit, Ihnen darzulegen, daß der Wochenverdienst der Industriearbeiterschaft von Juni 1948 bis Juni 1951 von 100 % auf 181 % gestiegen ist, daß also infolge der Steigerung des Sozialproduktes eine 80 %ige Erhöhung der Löhne möglich war. Ich hatte heute mittag weiter dargelegt, daß wir, wenn Sie die Ziffern für die Stundenlöhne nehmen, sogar auf eine Ziffer von 186 %, also eine noch höhere Zahl kommen. Das ist das, was für die schaffende Arbeitnehmerschaft, für die Industriearbeiterschaft geschehen ist und Gott sei Dank dank der Gestaltung unserer wirtschaftlichen Verhältnisse geschehen konnte.
    Aber auch die notleidenden Schichten unseres Volkes, vor allem die 10 bis 11 Millionen Rentenempfänger, die wir auf den verschiedenen sozialen Sparten haben, sind an der Erhöhung des Sozialproduktes beteiligt worden, und zwar im Rahmen dessen, was überhaupt möglich war. Denn wenn wir im Jahre 1948/49 noch 4 Milliarden DM Sozialausgaben — damals in Bund, Ländern und Gemeinden — hatten, wenn diese Ausgaben im Jahre 1949/50 auf 6,9 Milliarden, im Jahre 1950/51 auf 8,3 Milliarden und im Jahre 1951/52 mit dem kommenden Nachtragsetat jetzt auf 9,2 Milliarden DM gestiegen sind, die Ausgaben für die notleidenden Schichten unseres Volkes sich also innerhalb von drei Jahren von 4 auf 9,2 Milliarden erhöht haben — dazu kommt noch die Soforthilfe mit 1,6 Milliarden! —, dann kann man wirklich nicht behaupten, daß wir das Schicksal der von der Kriegsfolgenot am härtesten Betroffenen etwa außer acht gelassen hätten. Wir bleiben bei der Forderung, daß eine weitere Erhöhung des Sozialprodukts in der Zukunft in erster Linie diesen Kreisen zugute kommen muß.

    (Bravo! in der Mitte.)

    Nun weisen Sie, meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang in der Propaganda draußen immer wieder auf die Preissteigerungen hin. Ich möchte noch einmal betonen, was bereits wiederholt von dieser Stelle ausgeführt wurde, daß es sich bei diesen Preissteigerungen um Preiserhöhungen handelt, die in der ganzen Welt viel stärker als bei uns — ich sage es noch einmal: in der übrigen Welt viel stärker als bei uns! — eingetreten sind, so daß gerade die geringere Preiserhöhung bei uns im Vergleich zu anderen Ländern der beste Beweis für die Richtigkeit unserer Politik der sozialen Marktwirtschaft sein dürfte.

    (Zurufe von der SPD.)

    Im übrigen, meine Damen und Herren, bitte ich, mir zu gestatten, Ihnen mit Genehmigung des Herrn Präsidenten hier einmal eine Äußerung zur Kenntnis zu bringen, die der englische sozialistische Schatzkanzler Gaitskell vor einigen Wochen vor dem Gewerkschaftskongreß in England getan hat.

    (Präsident Dr. Ehlers übernimmt wieder den Vorsitz.)

    Das ist eine Rede, von der ich sagen möchte, daß sie wörtlich auch von unserem Wirtschaftsminister Erhard hätte gehalten werden können. Sie ist uns deswegen besonders interessant und wichtig, weil sie in einem Land mit sozialistischer Planwirtschaft mit genau demselben Wortlaut gehalten werden mußte. Schatzkanzler Gaitskell hat damals folgendes ausgeführt — zitiert nach der „Englischen Rundschau", einer offiziellen englischen Veröffentlichung, vom 8. 6. 1951 —:
    Die internationale Situation und die Aufrüstung in aller Welt brachten Preissteigerungen für Lebensmittel und Rohstoffe in einem Maß, daß Großbritanniens Einfuhr heute 40 % teurer ist als vor Jahresfrist.
    Ich glaube, die 40 % sind genau dieselbe Zahl, die der Herr Bundeswirtschaftsminister hier in diesen Tagen bezüglich unserer Nahrungsmittelimporte auch angeführt hat.
    Weder sei es für Großbritannien möglich, von einer Aufrüstung abzusehen noch die Bevölkerung vor einem Steigen der Lebenskosten völlig zu bewahren. Keinerlei einschneidende politische Maßnahmen, sondern vielmehr erhöhte Produktionsleistung und gesteigerter Export


    (Dr. Wuermeling)

    könnten verstärkte inflationistische Erscheinungen verhindern und die Harmonie zwischen Löhnen und Preisen erhalten.
    Ich glaube, das haben ungefähr wörtlich die Herren Minister Erhard und Schäffer auch hier im Hause unter lebhaftem Widerspruch der Opposition erklärt.

    (Abg. Renner: Paßt wirklich in die CDU!) Er

    — Herr Gaitskell —
    setzte den Gewerkschaften in aller Deutlichkeit auseinander, daß weder die „Abschröpfung" der Reichen noch generelle Lohnerhöhungen eine Patentlösung bringen würden. Die Grenzen der wirtschaftlichen Tragfähigkeit direkter Steuern sei erreicht,
    — dort sind sie niedriger als bei uns! —
    und durchgreifende Lohnerhöhungen würden nur zu weiteren Preissteigerungen führen, weil dem Inlandsmarkt im Zeichen der Notwendigkeit höheren Exports viele Waren nicht in größeren Mengen als gegenwärtig zugeführt werden könnten. Auch höhere Preissubventionen als gegenwärtig könne er nicht befürworten, weil dadurch der gesamte Etat aus dem Gleichgewicht gehoben werden würde.
    — Ich höre wörtlich wieder den Herrn Finanzminister Schäffer! —
    Der Schatzkanzler empfahl den Gewerkschaften, sich bei Lohnforderungen zumindest zu mäßigen, scheute aber nicht davor zurück, gleichzeitig anzudeuten, daß sich eine weitere Verteuerung der Lebenshaltungskosten in den kommenden Monaten selbst dann nicht vermeiden lassen werde, wenn die Weltmarktpreise nicht weiter anziehen.

    (Zurufe von der SPD.)

    Und das, meine Damen und Herren, wie gesagt im sozialistisch-planwirtschaftlich regierten England! Und dann soll hier bei uns in der Bundesrepublik unsere Wirtschaftspolitik die Schuld daran tragen, daß die Verhältnisse hier ähnlich liegen.
    Meine Damen und Herren, ich darf mich auf diese wenigen Randbemerkungen zur wirtschaftspolitischen und sozialpolitischen Situation beschränken und mir nur noch den einen Hinweis erlauben, daß gerade bei der Beurteilung dieser Dinge immer wieder, wenn die Arbeitslosigkeitsfrage behandelt wird, die gewaltige Erhöhung des Arbeitskräftepotentials vergessen wird, die bei uns in Deutschland eingetreten ist. Das weiß ja leider kaum jemand draußen, daß wir im Juni 1948 13,9 Millionen Erwerbsfähige hatten — das sind also die Beschäftigten und die Arbeitslosen — und daß wir Ende Juni 1951 16 Millionen Erwerbsfähige hatten, also über 2 Millionen mehr als im Jahre 1948, ohne daß eine Steigerung der Erwerbslosenziffer inzwischen eingetreten wäre. Bekanntlich haben wir diesen ganzen Zugang an Arbeitskräften innerhalb unserer Wirtschaft dank unserer Wirtschaftspolitik verkraften und die Arbeitslosenziffer auf 1,23 Millionen (Ende September) senken können.
    Ich glaube, meine Damen und Herren, daß es ganz nützlich ist, wenn man sich bei der Beratung des Haushaltsplanes des Bundeskanzlers, der die Richtlinien auch der Wirtschaftspolitik bestimmt, auch dieser Dinge einmal erinnert. Ich würde es wirklich ehrlich und herzlich begrüßen, wenn die Opposition bei nächster Gelegenheit endlich einmal den
    Mut fände, zu solchen sachlichen Tatsachen, wie ich sie Ihnen hier vortragen durfte, sachlich und nicht agitatorisch Stellung zu nehmen.
    Zum Abschluß ist es mir namens meiner Fraktion noch ein Herzensbedürfnis, unserem allverehrten Bundeskanzler,

    (Abg. Renner: Na! Na! Vorsichtig!)

    der sich in seinem hohen Alter von früh bis spät
    für das ganze deutsche Volk plagt und müht, den

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Kreyssig: Sie sind mit Ihrem Manuskript eine Woche zu spät fertig geworden, Herr Wuermeling! —Gegenruf des Abg. Dr. Wuermeling: Ich hatte gar kein Manuskript!)