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ID0116814800

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    Deutscher Bundestag — 168. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Oktober 1951 6871 168. Sitzung Bonn, Dienstag, den 16. Oktober 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 6872C, 6898D Zustimmung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz betr. Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1951 6872D Anfrage Nr. 208 der Fraktion der SPD betr Behebung der durch den Bau der Autobahn zwischen Grünstadt und Frankenthal entstandenen Schäden (Nrn. 2623, 2673 der Drucksachen) 6872D Anfrage Nr. 214 der Zentrumsfraktion betr Steuererklärungen zur Einkommensteuer und Heranziehung zur Körperschaftsteuer (Nm. 2641, 2688 der Drucksachen) . . . . 6873A Bericht des Bundesministers der Finanzen betr. Geschäftsbericht sowie Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung der Überleitungsstelle für das Branntweinmonopol für das Rumpfgeschäftsjahr vom 1. April bis zum 30. September 1950 (Nr. 2682 der Drucksachen) 6873A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Internationalen Fernmeldevertrag Atlantic City 1947 (Nr. 2595 der Drucksachen) 6873A Ausschußüberweisung 6873A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts (Nr. 2504 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) (Nr. 2660 der Drucksachen; Anträge Umdrucke Nrn. 330, 331, 332) 6873A Miessner (FPD): als Berichterstatter 6873B als Abgeordneter 6877C Mellies (SPD): zur Geschäftsordnung 6875B zur Sache 6877A, 6887B, 6889A Dr. Kather (CDU) 6875C, 6877B Tichi (BHE-DG) (zur Geschäftsordnung) 6876C Gundelach (KPD) . . . . 6878A, D, 6881C, 6882C, 6887D Böhm (SPD) 6878A, 6881A Dr. Kleindinst (CSU) 6878B Farke (DP) 6879A Dr. Wuermeling (CDU): zur Sache 6879B, 6884B, 6888D zur Geschäftsordnung . . . . 6887A, D Pannenbecker (Z) 6882B Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 6882D 6888C Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 6883C Bausch (CDU) 6884A, 6886A von Thadden (Fraktionslos) 6885B Fisch (KPD) 6885C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . 6886C Euler (FDP): 6887C Abstimmungen 6878A, B, 6881B, 6882A, 6888A, C, 6889A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Handelsabkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Königlich Ägyptischen Regierung (Nr. 2410 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr. 2661 der Drucksachen; Umdruck Nr. 302) 6889B Freudenberg (FDP-Hosp.), Berichterstatter 6889B Beschlußfassung 6889C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Handelsvertrag vom 2. Februar 1951 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Chile (Nr. 2534 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr. 2662 der Drucksachen): Beratung abgesetzt 6889B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über internationale Vereinbarungen auf dem Gebiete des Zollwesens (Nr. 2519 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr 2663 der Drucksachen) 6889D Freudenberg (FDP-Hosp.), Bericht- erstatter 6890A Beschlußfassung 6390A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan IV — Haushalt des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts (Nr. 2603 der Drucksachen) in Verbindung mit Einzelplan IVa — Haushalt des Auswärtigen Amts (Nr. 2604 der Drucksachen) ferner in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Wegnahme der bundeseigenen, im Auslande gelegenen Dienstgebäude des ehemaligen Auswärtigen Dienstes (Nr. 2468 der Drucksachen; Umdruck Nr. 329), der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Beschlagnahme deutschen Auslandsvermögens (Nr. 2549 der Drucksachen), der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Ungehinderter Verkehr mit den politischen Gefangenen der Besatzungsmächte (Nr. 2563 der Drucksachen), der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Tätigkeit von Deutschen bei den Besatzungsmächten (Nr. 2577 der Drucksachen), sowie der Beratung des Antrags der Abg. Kahn, Dr. Solleder, Dr. Schatz u. Gen. betr. Räumung des von der amerikanischen Besatzungsbehörde beschlagnahmten Raumes Hohenfels und Umgebung (Oberpfalz) (Nr. 2597 der Drucksachen, Umdrucke Nrn. 333, 334); im Zusammenhang damit: Erklärung der Bundesregierung (Ergebnis der von der Bundesregierung bei den Alliierten unternommenen Schritte betr. Wiederherstellung der deutschen Einheit und gesamtdeutsche Wahlen) . . 6890B, 6915D zur Sache: Dr. Blank (Oberhausen) (FDP), Berichterstatter 6890D Dr. Adenauer, Bundeskanzler 6892B, 6894B, 6905B, 6931A, 6946A zur Geschäftsordnung bzw. zur Abstimmung: Mellies (SPD) . . . . 6893D, 6896A, 6898C Renner (KPD) 6894C Euler (FDP) 6895B, 6896D Dr. Tillmanns (CDU) 6895D Kunze (CDU) 6896C von Thadden (Fraktionslos) 6897A Dr. Hasemann (FDP) 6897B Dr. von Merkatz (DP) 6897C Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 6897D Dr. von Brentano (CDU; 6898A Ewers (DP) . . . . . . . . . . . 6898B Dr. Ehlers (CDU) 6898D zur Sache: Fisch (KPD) 6899A Ollenhauer (SPD) . . 6901B, 6945C, 6952A Dr. Reismann (Z) 6905C, 6940C Ewers (DP) 6907A Dr. Wuermeling (CDU) 6909A Dr. Schäfer (FDP) 6911C von Thadden (Fraktionslos) 6913C Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 6914D Dr. von Merkatz (DP), Antragsteller 6916A, 6953D Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 6916B Erler (SPD), Antragsteller 691'7D Kahn (CDU), Antragsteller 6921B Dr. Meitinger (BP), Antragsteller . 6923A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6923D Dr. Luetkens (SPD) 6925C Euler (FDP) 6933C Dr. Pfleiderer (FDP) 6934C Dr. von Brentano (CDU) . . 6943C, 6953B Fürst zu Oettingen-Wallerstein (BP) 6944C Renner (KPD) 6946C von Thadden (Fraktionslos) 6950A Kohl (Stuttgart) (KPD) 6951D Abstimmungen 6815C, 6954A Nächste Sitzung 6954C Die Sitzung wird um 13 Uhr 30 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Bernhard Reismann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Erklärung, die der Herr Bundeskanzler soeben im Anschluß an die Ausführungen des Kollegen Ollenhauer abgab, kann weder die SPD, wie ich aus deren Ablehnung gemerkt habe, noch auch andere Teile des Hauses, die sich in der Opposition befinden, zufriedenstellen.

    (Zurufe von der Mitte.)

    Es ist doch merkwürdig, daß der Herr Bundeskanzler sich darauf beruft, der Amerikaner McCloy habe ja die Opposition unterrichtet, und daß er meint, das sei der richtige Weg, den Deutschen Bundestag, die Repräsentanz unseres Volkes, zu unterrichten;

    (lebhafter Beifall bei der SPD und beim Zentrum)

    das sei der Weg, die Opposition im Bundestag zu unterrichten! Ich hoffe, daß er wenigstens seine Regierungsparteien unterrichtet hat!

    (Heiterkeit.)

    Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, über eines habe ich mich bei dem Vorwort des Herrn Bundeskanzlers heute doch gefreut, bei der Erklärung nämlich, die, wie für viele Mitglieder des Hauses, so auch für uns etwas unerwartet kam, nachdem wir sie heute morgen auch von anderer Seite in der Zeitung hatten lesen können. Da freut es einen immerhin, wenigstens bei einem Thema feststellen zu können, daß der Bundeskanzler doch die Resonanz des Hauses nötig hat. Es ist nur die Frage aufzuwerfen, warum er die Resonanz des Hauses gerade bei diesem einen Thema braucht. Es ist aber immerhin erfreulich, daß er sie dort nötig hat, nämlich bei der Frage der Wiedervereinigung Deutschlands. Wenn es im Grundgesetz heißt, daß der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik bestimmt, so scheint es fast notwendig zu sein, hier daran zu erinnern, daß das nur für das Kabinett, nur für die Politik des Kabinetts und nicht für die deutsche Politik, für die Politik des Bundestages gilt. Die Politik, die das Kabinett zu betreiben hat, wird nicht vom Kanzler in den Grundlinien gegenüber dem deutschen Volk festgelegt, sondern dafür ist zuständig und verantwortlich das Parlament, die Vertretung des deutschen Volkes, und wir können weder auf das Recht verzichten noch uns der Pflicht entschlagen, uns das Heft hier nicht aus der Hand nehmen zu lassen. Ich kann dem Herrn Vorredner, Herrn Kollegen Ollenhauer nur zustimmen, wenn er soeben gesagt hat, daß es daran fehlt, daß der Herr Bundeskanzler über die grundlegenden Fragen, über die Grundfragen und die das ganze Volk bewegenden Fragen mit dem Parlament laufend Verbindung hält. Es ist doch nicht damit getan, daß er sich mit seiner Fraktion oder mit dem einen oder andern Herrn von der Opposition ins Benehmen setzt, daß er einen Sechsmännerausschuß berufen läßt, — unter Protest dagegen, daß er größer sein


    (Dr. Reismann)

    könnte, oder dagegen, daß er mit Ausschüssen überhaupt über die Grundfragen spricht.
    Ich spreche nicht über die Einzelheiten von Beratungen, und das Geheimnis von Einzelberatungen will ich hier gar nicht in Frage stellen. Es ließe sich darüber etwas sagen, ob es richtig ist, das in der Allgemeinheit so zu verkünden, wie es der Herr Bundeskanzler soeben für richtig gehalten hat; aber das will ich gar nicht in Frage stellen. Jedenfalls: die das ganze Volk bewegenden Grundfragen der deutschen Politik müssen, bevor der Herr Bundeskanzler darüber verhandelt oder verhandeln läßt, hier im Bundestag zur Debatte gestellt werden, und dabei sollte man davon ausgehen, daß nicht nur die Mitglieder der Regierungsparteien, sondern auch die der Oppositionsparteien sehr wohl in der Lage sind, mit dem Takt, den bei anderen Gelegenheiten die maßgeblichen Vertreter des deutschen Volkes nicht immer an den Tag legen, und mit dem nötigen Fingerspitzengefühl diese Fragen auch hier im Bundestag zu behandeln. Es ist nur ein halbes Bekenntnis zur Demokratie, wenn man glaubt, daß die wesentlichsten, die Außenpolitik wie auch die Innenpolitik entscheidend berührenden Fragen nicht vor dem Bundestag behandelt werden könnten oder dürften. Die Demokratie bedeutet nun einmal, den Mut zur Öffentlichkeit und zur Offenbarung der Politik, namentlich der poliischen Grundlinien, zu haben, und wenn der Herr Bundeskanzler so davon überzeugt ist, daß er in Übereinstimmung mit dem deutschen Volke handelt, so hat er in der Diskussion hier im Bundestage ja auch die Öffentlichkeit nicht zu scheuen.
    Langsam erheben sich erhebliche Bedenken gegen die bisherige Methode gerade der Verhandlungen in außenpolitischen Dingen, und die Außenpolitik ist ja eines der wesentlichsten politischen Fakten, mit denen sich der Herr Bundeskanzler zu befassen hat. Die formale Behandlung von Fragen, wie sie beim Schumanplan, beim Plevenplan und bei den sonst angeschnittenen Diskussionen bisher geschehen ist, kann nach unserem Dafürhalten so nicht weitergehen. Diese Art der Behandlung läuft schließlich darauf hinaus, daß das deutsche Volk einschließlich des Bundestages vor mehr oder minder abgeschlossene Verhandlungen gestellt wird und daß wir dann nur noch, nachdem an Einzelheiten überhaupt nichts mehr zu ändern ist, zu einem bereits fertig abgeschlossenen Vertrage ja oder nein sagen können, ja oder nein sagen müssen, nachdem uns die Regierung in eine Richtung, auf ein Gleis geschoben hat, daß man ohne Schaden und auch ohne die Möglichkeit, irgend etwas bessern zu können, kaum aus dieser Zwangslage herauskommen kann. Diese Art, das Parlament zu behandeln, die schon öfter von dieser Tribüne aus kritisiert wurde, wächst sich, je länger sie angewendet wird, zu einem um so größeren Schaden für die Demokratie aus. Das bedeutet, daß das deutsche Volk, das ohnehin nach der langen Entwöhnung von der Demokratie eine neue, bessere Methode vor Augen geführt zu sehen verdiente, weiterhin zum Führerstaat erzogen wird.
    Dabei wiederhole ich: es handelt sich um die Grundfrage und nicht um die Einzelheiten. Es handelt sich z. B. um die Frage der Rüstung. Wir lesen jetzt, z. B. heute, in der Zeitung: Blank meldet gute Fortschritte. Es erhebt sich die Frage: Worüber wird eigentlich verhandelt? Das dürfen wir nicht wissen!

    (Zurufe in der Mitte.)

    — Ja, das deutsche Volk hat ein Anrecht darauf, zu erfahren, worüber verhandelt wird.

    (Abg. Renner: Sehr gut!)

    Es wird ja auch darüber verhandelt, was das deutsche Volk leisten soll! Im übrigen handelt es sich um eine Angelegenheit, bei der man letzten Endes die Zustimmung oder Ablehnung des einzelnen Bürgers gar nicht entbehren kann, oder aber man muß auf das demokratische Prinzip verzichten. Es handelt sich bei den Verhandlungen, die zur Zeit schweben, um die schwersten Verpflichtungen, die dem deutschen Volke auferlegt werden sollen, ob das nun Verhandlungen über den Plevenplan, den Schumanplan, den Atlantikplan, oder was sonst immer zur Debatte steht, sein mögen. Es sind die schwersten Verpflichtungen, die überhaupt in Frage kommen, und über die Grundlinien zu verhandeln, ist das Wesentliche dabei. Man hat den Eindruck, daß die Regierung hier übersieht, daß sie nur Exekutive ist. Die Regierung entschlägt sich inzwischen fast ganz der Richtung für ihre Politik, die sie aus dem Bundestag zu erhalten hat. Aber so läuft eine Demokratie nicht an, sondern höchstens tot.
    Statt dessen kommt man auf eine merkwürdige Art von Ersatzdebatten, auf eine Ausweichform der politischen Debatte. Man liest plötzlich morgens in der Zeitung, daß der Herr Bundeskanzler irgendwo, sagen wir: in Bad Reichenhall, eine Rede gehalten hat. Dort hat er dann dem deutschen Volke in einer Parteiversammlung oder in einer öffentlichen Versammlung tropfenweise etwas auch von dem zu verstehen gegeben, was er ihm für ein Schicksal in der Zukunft vorbereitet hat. Und dann sprechen andere Parteiredner, sei es von den Regierungsparteien oder von der Opposition, in Hamburg, Hannover, Berlin, Köln oder sonst irgendwo. Statt dessen verlangen wir, daß diese Fragen in Rede und Gegenrede hier an dieser Stelle bei solchen Gelegenheiten wie jetzt zur Debatte gestellt und besprochen werden und daß sie nicht erst auf Anfragen von seiten der Opposition mühsam ans Tageslicht gezogen werden müssen.
    Auch die Informierung des Bundestags und seiner Mitglieder in der von der Regierung bisher beliebten Art und Weise können wir nicht als ausreichend anerkennen. Man hat neulich von Vorgängen wie dem Aktendiebstahl usw. viel Aufhebens gemacht und in den Zeitungen mehr darüber gelesen, als die Sache wert ist. Es ist an sich verwunderlich, wenn man glaubt, Kabinettsprotokolle im Auszug — Auszuges-Auszug — eines Diebstahls wert halten zu müssen. Es sollte doch eigentlich ganz selbstverständlich sein, daß die Fraktionsführer über die wesentlichen Vorgänge bei den Kabinettsberatungen von der Regierung unterrichtet werden,

    (Abg. Renner: Denkste!)

    und wenn die Regierung das nicht tut, so verstößt sie nach meiner Meinung gegen eine an sich selbstverständliche Publizitätspflicht.

    (Zuruf des Abg. Dr. Hasemann.)

    — Ich glaube, daß ich eher als irgendein anderer über diese Dinge sprechen kann, Herr Kollege Hasemann, da ja doch nie — bislang wenigstens nicht — der Verdacht aufgekommen ist, wir hätten mit diesen Dingen etwas zu tun. Außerdem ist ja die Indiskretion innerhalb der Regierungsbehörden, abgesehen hiervon, hinreichend groß genug, so daß man durch die Zeitungen und auf andere Art und Weise das Wesentliche daraus erfährt. Es erhebt


    (Dr.. Reismann)

    sich nur die Frage: Ist das der richtige Weg für eine Demokratie? Die Informierung des Bundestags und der Führer der Fraktionen ist ebenso unzulänglich wie die Verbindung, die die Regierung bisher zum Bundestag gezeigt hat.
    Meine Redezeit ist abgelaufen. Ich behalte mir vor, Ergänzendes hierzu, insbesondere zu der Erörterung des Etats des Auswärtigen Amts, noch weiter auszuführen.

    (Beifall beim Zentrum.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Ewers.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Ewers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Möglichkeit, in der Debatte den Etat des Bundeskanzleramts von dem des Auswärtigen Amts zu trennen, besteht nicht, wie die beiden Herren Vorredner bewiesen haben. Es geht um so mehr eins ins andere über, als nun einmal der Herr Bundeskanzler gleichzeitig das Amt des Außenministers übernommen hat. Ich möchte daher zu beiden Reden der Oppositionsparteien, der SPD und des Zentrums, über das gesamte angeschnittene Thema — soweit sie von Interesse sind — Stellung nehmen.
    Ich möchte voranschicken, daß meine Fraktion auf das tiefste beklagt, daß wir uns in diesen Schicksalsstunden des deutschen Volkes über Einzelheiten der momentan in schwierigen außenpolitischen Verhandlungen auszurichtenden Politik der Regierung in einem Parlament vor der breitesten Öffentlichkeit unterhalten sollen, wenn es nach dem Wunsch der beiden Herren Vorredner geht.

    (Abg. Dr. Bertram: Dafür sind wir doch da!)

    Etwas Derartiges ist in keinem Parlament der Welt, das demokratische Tradition hat, bisher üblich gewesen und ist auch, wie sich für jeden Denkenden von selbst versteht, völlig unmöglich. Wir können uns über Etatsfragen, Organisationsfragen der Regierung unterhalten. Aber die Dinge, die hier zur Sprache gekommen sind, sollten wir, wenn uns daran gelegen ist, daß der Herr Bundeskanzler für das deutsche Volk das Bestmögliche herausholt, beileibe heute hier nicht erörtern.

    (Abg. Renner: Ist der Krieg das Bestmögliche?)

    Wir schließen uns dem Herrn Bundeskanzler darin völlig an, daß es undenkbar ist, hier dazu etwas zu sagen.

    (Abg. Dr. Greve: Dann gehen Sie doch nach Hause!)

    Deswegen nur das Grundsätzliche heute.
    Der Herr Ollenhauer hat die Saarnote der Alliierten, die während unserer Ferien eingegangen ist, herangezogen. Für meine Fraktion kann ich bekennen, daß sie während der Ferien noch andere Nackenschläge erlebt hat, sei es in der Frage der Ruhrbehörde, sei es in der Frage des alliierten Gesetzes bezüglich des Auslandsvermögens, sei es in anderen Dingen. Wenn wir schon zu diesen Dingen Stellung nehmen sollen, so darf ich für meine Fraktion erklären: Gott schütze uns vor einer Wiederholung der Zeit nach 1925! Was heute ein großes Geschenk von den Alliierten an uns ist, kann morgen eine Selbstverständlichkeit sein und übermorgen zuwenig. Denn wir haben es hier im deutschen Volk mit lebendigen Menschen zu tun, die jetzt sechs bis sieben Jahre auf Menschwerdung, Volkwerdung gewartet haben. Wir müssen allerdings — offen gesagt — erwarten, daß wir die Qualität des „Besiegten" endlich einmal verlieren und daß man Achtung vor unserer Historie hat, nicht vor der letzten, aber vor der Herkunft aus alten zentraleuropäischen Quellen, und daß man Achtung davor hat, was man von diesem Volk in Zentraleuropa erwarten kann und wie man ihm vertrauen kann. Daß wir insofern Vertrauen gutzumachen haben, meine sehr geehrten Herren von links, vergessen Sie doch bitte nicht! Sie dürfen auch nie vergessen, daß die Stellung des Herrn Bundeskanzlers in seinen Bemühungen für dieses deutsche Volk im Jahre 1951 denkbar schwer ist, daß sie nicht mit einem Federstrich zum Erfolg führen können. Daß man aber solche kitzligen Fragen wie, die des Saargebiets — darüber sind wir uns von ganz rechts bis ganz links im Bundestag einig; darüber bestehen doch keine Meinungsverschiedenheiten — nicht an die große Glocke hängen kann, wenn man Schicksalsfragen, ich hätte beinahe gesagt: für die Ewigkeit zu erörtern hat, das sollte auch die Linke verstehen.
    Wir fassen daher diese ganze Debatte, die hier mit Hilfe des Herrn Dr. Reismann geführt worden ist — der etwa gesagt hat: „mein SPD-Freund hat recht, ich zerrede das nur noch ein bißchen" — nur als Kritik um jeden Preis auf, die nach Möglichkeit erstrebt, daß dieser Herr Bundeskanzler, dessen Etat man von jener Seite auf jeden Fall ablehnen wird, nur keine Lorbeeren erntet.
    Das ist das Bedauerliche, meine sehr geehrten Herren von links. Herr Dr. Schumacher hat einmal gesagt, daß ein Abgeordneter einen Klassenplatz herunterkäme. Ich möchte ihm zurufen: in der Außenpolitik hat er noch nichts gelernt. Es soll uns ganz gleichgültig sein, welcher Kanzler das Bestmögliche herausholt. Dr. Adenauer gehört nicht meiner Partei an. Wir wollen nur einen Kanzler haben, der seiner Persönlichkeit, seinem Wissen, seinem deutschen Herzen nach das denkbar Beste erreicht. Wenn das die CDU bereichert, soll mir das recht sein. Und d a s deutsche Volk sollte sich schämen, das diese Dinge nur vom Standpunkt der engstirnigsten rosaroten Parteipolitik aus ansehen würde.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das zum Allgemeinen. Des weiteren dazu nur noch das eine Wort, daß meine Fraktion in dieser Stunde dem Herrn Bundeskanzler jeden Erfolg wünscht, den ein Deutscher im Herbst und Winter 1951/52 für sein Volk und dessen fernste Zukunft nur irgend erreichen kann, und daß wir ihm Vertrauen schenken, daß er nach den Richtlinien seiner Politik, die uns bekannt sind, das Beste herauszuholen mit allen Mitteln versuchen wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Zum Schluß einige Bemerkungen zu Einzelheiten der Rede des Herrn Kollegen Ollenhauer. Ich muß sagen, daß der sachliche Ton seiner Ausführungen gegenüber anderen Rednern, die wir von links gehört haben, mir wohlgetan hat. Herr Ollenhauer ist auf die Debatte bezüglich der Monarchie beim Etat des Innenministers zurückgekommen. Herr Ollenhauer, diese Debatte hat Ihr Fraktionskollege Herr Dr. Bergstraeßer ja selbst gewollt. Er hat einen Beamten, der einen sehr sachlichen und von unserer Fraktion durchaus begrüßten Aufsatz in der „Frankfurter Allgemeinen" geschrieben hatte, wegen landesverratsähnlichen Vergehens unter Anklage zu stellen versucht. Darauf hat — auch zu der Frage, wieweit Minister bei einer monarchischen


    (Ewers)

    Hochzeit, d. h. der Hochzeit ehemaliger Monarchen teilnehmen können — mein Fraktionsfreund Dr. Merkatz geantwortet, und zwar in einer durch Ihre Zwischenrufe zwar persönlich erhitzten und erregten, aber, wie ich betonen möchte, hochanständigen Form, die ihm in diesem Hause von ganz links bis ganz rechts viele danken, die ebenso denken wie er. Das vorweg!
    Und nun kommen Sie und erklären, es handle sich — da haben Sie recht — nicht um Demokratie oder Monarchie; nein, weiß Gott nicht! Denn allerdings die Monarchie, die man überhaupt nur theoretisch erörtern kann — praktisch spielt sie ja gar keine Rolle heute —, ist die konstitutionelle Monarchie nach schwedischem oder nach englischem Muster — um nur den möglichen Typ zu. nennen —, und das sind natürlich Demokratien. Wenn Sie meinen, es verstoße gegen das Grundgesetz, sich darüber auch nur Gedanken zu machen, so darf ich Ihnen erwidern: dann, bitte, gründen Sie Ihren totalen Staat sofort. Denn davon kann keine Rede sein. Eine Umwandlung der Republik in eine Monarchie mit Gewalt herbeizuführen, das ist natürlich Hochverrat; es aber nur zu erörtern, ist durchaus erlaubt. Und wir im Strafrechtsausschuß haben uns peinlich gehütet,

    (Zurufe von der SPD)

    die Frage etwa nach der Stellung des Bundespräsidenten als verfassungswidrig zu unterbinden.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    — Ich bitte, mich doch ausreden zu lassen! — Nein, wir haben es bei der Staatsgefährdung abgestellt auf die Frage der „demokratischen Grundordnung", und in der demokratischen Grundordnung wird die Frage, wie das Staatsoberhaupt gestaltet wird, überhaupt nicht berührt. Das allerdings ist selbstverständlich: Ehe wir legal etwa die Staatsform ändern könnten, wäre eine Änderung des Grundgesetzes notwendig. Darüber, meine sehr geehrten Damen und Herren, brauchen wir uns keinen Augenblick zu streiten. Und daß derjenige, der mit Gewalt die Monarchie einführen will, wenn er nicht obsiegt, wegen Hochverrats — heute nicht mehr zum Tode, sondern nur zu lebenslänglichem Zuchthaus — verurteilt wird, darüber besteht kein Zweifel. Aber das Bekenntnis dazu dürfte in einer freien republikanischen Staatsform demokratischer Natur eine selbstverständliche Möglichkeit sein. Und zu einem solchen Bekenntnis war mein Fraktionskollege Dr. von Merkatz hier durchaus berechtigt; und er tat dies, wie ich noch einmal betonen möchte, in einer äußerst eindrucksvollen Form, als vertriebener Deutscher aus dem Osten; das ist nicht namens der Fraktion geschehen, wenngleich in den Reihen unserer Wähler, wie wir uns klar sind und wie es keinem Zweifel unterliegen kann, genau wie übrigens auch in gewissen Wählerkreisen der SPD zum Beispiel die Frage aufgeworfen wird, ob nicht vielleicht Monarchie das Bessere sei. In unserem Parteiprogramm steht allerdings davon kein Sterbenswörtchen, wie ich betonen möchte! Diese Frage ist also nur angeschnitten worden, weil Herr Professor Dr. Bergstraeßer dazu Erklärungen wünschte.
    Und nun noch die Frage der Ministerreden und die des sogenannten autoritären Regiments des Herrn Bundeskanzlers. Meine sehr geehrten Herren von links und von der Mitte, wenn Sie annehmen, daß eine demokratische Staatsform ohne
    Führereigenschaften möglich und durchführbar wäre, so lassen Sie sich mit Ihrer ganzen Demokratie begraben!

    (Abg. Dr. Gerstenmaier: Sehr gut! — Zurufe links.)

    Ich möchte glauben, daß Ihr Herr Dr. Schumacher ein typisches Beispiel dafür ist, daß es ohne Führerqualitäten gar nicht geht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Heiterkeit.)

    Die Frage ist nur die, ob nicht Dr. Schumacher schon ein totalitärer Führer ist. Wir aber sind glücklich darüber, daß Herr Bundeskanzler Dr. Adenauer kein Politiker ist, der bei seinem Alter, seiner Reife und seiner Weisheit Neigung hätte, sich führen zu lassen,

    (Zurufe)

    sondern daß er vielmehr den inneren Mut und den inneren Zwang fühlt, selbst zu führen, indem er sein hohes Alter opfert für sein Volk und Vaterland.
    Und noch ein anderes! Sie haben uns besonders eindrucksvoll, Herr Ollenhauer, erklärt, im Erwägungsstadium einer Frage sei die SPD eine freie Partei, wo die Dinge erörtert werden könnten; zum Schluß aber bilden Sie dann mit Ihrem Fraktionszwang eine Linie. — Erstens lehnen wir den Fraktionszwang völlig ab und zwar in allen drei Fraktionen.

    (Zuruf des Abg. Mellies.)

    Zweitens wollen Sie aber bedenken: wir sind nicht
    die Regierung einer einzigen Partei, sondern drei
    Parteien haben sich zusammengeschlossen. Und da
    es drei sind, sollte Ihnen klar sein, daß da wohl
    noch gewisse Unterschiede obwalten dürften, und
    keiner unserer Minister — jedenfalls keiner meiner
    Partei — hat sich dadurch, daß er ins Kabinett
    ging, verpflichtet, eine Binde vors Maul zu legen.
    Auch Herr Dr. von Merkatz nicht! Sie lassen ja
    bei jeder Gelegenheit, wenn Herr Dr. Adenauer
    auf dem Spiel steht, die Merkatze aus dem Sack!

    (Heiterkeit.)

    Und auch er ist mit einbegriffen. Diese Herren haben sich also dadurch, daß sie einer Koalitionsregierung beigetreten sind, nicht verpflichtet, ihrerseits nun mit zusammengeschlagenen Hacken dem Führer zu folgen und anbetend vor ihm zu stehen, sondern sich ihre eigene Meinung genau wie in ihren eigenen Reihen im Erwägungsstadium vorbehalten.
    Und was die Rede von Herrn Dr. Seebohm — übrigens in Nürtingen, einem sonst unbekannten kleinen Nest in Schwaben — angeht, so handelt es sich um ein Treffen von sudetendeutschen Flüchtlingen, die, wie Ihnen bekannt sein sollte, in der Art, wie sie zur Flucht gezwungen worden sind, allerhand Beschwerden auf dem Herzen haben. Und daß einer ihrer führenden Menschen diesen Gefühlen gerade angesichts europäischen Gemeinschaftsstrebens mit einer gewissen eindrucksvollen Entrüstung Ausdruck verleiht, das können Sie keinem Sudetendeutschen verdenken.

    (Zuruf. rechts: Gott sei Dank!)

    Deswegen möchte ich Sie bitten, solche Reden nicht
    aus dem Zusammenhang zu reißen, Herr Ollenhauer; das wird heute nur verbreitet, weil es der
    „Neuen Zeitung", dieser amerikanisch lizenzierten
    Zeitung, aus irgendwelchen trüben Gründen paßt.

    (Abg. Mellies: Sie sollten sich schämen!)



    (Ewers)

    — Ich schäme mich keinen Augenblick; aber Sie sollten sich schämen, daß Sie sich auf solche trüben Quellen berufen, um Kritik zu üben.
    Diese Dinge zurückzuweisen, lag mir am Herzen. Im übrigen schließe ich mit den Worten: ich hoffe, daß durch die Reden von Herrn Ollenhauer und Herrn Reismann alles Porzellan, was zu zerschlagen war, endgültig zerschlagen ist und daß keiner meiner nachfolgenden Redner an diesem Polterabend noch weiter teilnimmt.

    (Lachen und Zurufe links.)

    Dem Bundeskanzler wünsche ich, daß er bei seinen schweren Verhandlungen für das ganze deutsche Volk, also auch für die SPD-Mitglieder, den bestmöglichen Erfolg hat.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der KPD.)