Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß offen sagen, die Ausführungen des Herrn Ministers für das Post- und Fernmeldewesen haben mich in keiner Weise befriedigen können.
Wie ist es denkbar, daß ein Ministerium nicht darüber unterrichtet ist, auf welche Weise und an
welchen Stellen eine Überwachung überhaupt stattfindet. Das beweist mir, daß irgendwelcher Konnex
in irgendeiner Form von den Besatzungsmächten
mit den in Frage stehenden deutschen Stellen nicht
aufgenommen worden ist. Eine derartige Verbindungsaufnahme wäre nach Ziffer 3 des Besatzungsstatuts unbedingt notwendig gewesen,
wenn die Besatzungsmächte glauben, für die
Sicherheit ihrer Truppen irgendwelche Überwachung vornehmen zu müssen. Es geht meiner
Ansicht nach nicht an, daß von seiten der Besatzungsmächte ohne jede Verbindungsaufnahme
und Besprechung der Details einfach Maßnahmen
getroffen werden, die uns Deutsche im Bundesgebiet in gewissem Sinne zu Heloten herabwürdigen.
Ich muß sagen, es geht nicht an, daß Abgeordnete überwacht werden, wie es in Fällen, die mir persönlich bekanntgeworden sind, schon x-mal vorgekommen ist. Es geht auch nicht an, daß, wie der Herr Kollege Mommer sehr richtig gesagt hat, Stellen überwacht werden, die für die Frage der Sicherheit der Besatzungstruppen absolut nicht in Betracht kommen. Wir schließen uns in diesen Dingen selbstverständlich den Anträgen der Sozialdemokratischen Partei an.
Ich möchte noch etwas hinzufügen, was vielleicht nicht genügend hervorgehoben worden ist. Herr Kollege Mommer hat vorhin auf die Begründung der Besatzungsmächte hingewiesen, die den Schutz, das Ansehen und die Sicherheit ihrer Truppen anführen. Es werden mehr oder minder juristische Saltos mortale geschlagen, um zu begründen, daß die Überwachung berechtigt ist. Wenn ich mir aber auf der anderen Seite unter den Vorbehalten im Besatzungsstatut den Punkt f) heraussuche, so finde ich, daß es ausdrücklich heißt, diese Vorbehalte seien gemacht worden zur Beachtung des Grundgesetzes. Zur Beachtung des Grundgesetzes gehört aber auch, daß der, der sich den Vorbehalt macht, das Grundgesetz hinsichtlich des Art. 10, der die absolute Verschwiegenheitspflicht garantiert, auch seinerseits beachtet.
Das Besatzungsstatut ist nicht einseitig aufzufassen in dem Sinne, daß nur die Besatzungsmächte ein Recht haben. Wenn sie es übernommen haben, dafür zu sorgen, daß das Grundgesetz beachtet wird, dann muß auch der Art. 10 des Grundgesetzes, der die Geheimhaltung garantiert, von den Besatzungsmächten beachtet werden.
Der Zustand, wie er zur Zeit besteht, ist meines Erachtens nicht tragbar. Wir können auf die Dauer nicht unter diesem Druck leben, daß es unmöglich ist, mit seinen Kollegen — sei es den Abgeordneten, sei es anderen — in irgendeiner Weise zu sprechen, ohne daß wir überwacht werden.
— Das mag sein.
— Das mag sein, Herr Kollege, daß es Ihnen wurscht ist, was sie hören. Aber dagegen, daß ein Dritter, der nicht zum Zuhören berufen ist, doch zuhört, wende ich mich.
Ganz abgesehen davon, meine Damen und Herren, ist es sehr leicht möglich, daß die Frage akut wird: Wer sitzt denn als Überhörender da?
Und wer gibt denn die Garantie, daß der Überhörende das, was man sagt, auch tatsächlich versteht,
und daß man nicht Gefahr läuft, daß das, was er vielleicht falsch versteht, von der anderen Seite, der es übermittelt wird, falsch aufgefaßt wird?
Diese Gefahr besteht.
Und noch ein Drittes möchte ich am Schluß sagen: Wer überhört? Sind es deutsche Stellen, deutsches Personal, oder ist es alliiertes Personal? Wenn es alliiertes Personal ist, kann ich nichts dagegen einwenden. Ist es aber deutsches Personal, das im Auftrag überhört, so kommt für dieses deutsche Personal meiner Ansicht nach die Bestimmung des Gesetzes vom Jahre 1927 über Geheimhaltung in Frage, und das deutsche Personal macht sich dann, wenn es aus der Überhörung irgend etwas preisgibt, strafbar.
Ich stehe also auf dem Standpunkt: Wir können die Sache drehen und wenden wie wir wollen, ich glaube nicht, daß wir uns in irgendeiner Weise derartig behandeln lassen dürfen, wie wir behandelt werden, und bitte Sie, dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion möglichst einmütig Ihre Zustimmung zu geben.