Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Mündliche Bericht auf Drucksache Nr. 2609 bringt sehr geringe Änderungen, zu denen ich nichts sagen möchte. Er enthält aber an zwei Stellen, nämlich bei Kap. 8 und bei Kap. E 18, Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen, den Vermerk:
Vorläufig hier veranschlagt; die Übertragung auf Einzelplan IX — Bundesministerium für Wirtschaft — ist vorgesehen.
Hier möchte ich anknüpfen, nachdem der Haushaltsausschuß keine Anträge gestellt hat.
Es ist in diesem Hause und außerhalb dieses Hauses schon oft davon die Rede gewesen, daß die Zuständigkeitsregelung für einen ziemlich großen Komplex, nämlich für Währungs-, Geld- und Kreditwesen, Banken, Börsen und Versicherungen nicht befriedigt. Wir haben den Eindruck — und haben ihn schon lange —, daß die große Mehrheit
dieses Hauses von der jetzigen Zuständigkeitsregelung ebenfalls nicht befriedigt ist. Ich habe in der Haushaltsdebatte am 10. November 1950 dazu gesprochen und unsere Bedenken angemeldet. Wir sind der Auffassung, daß die Zuständigkeit des Bundesministers für Wirtschaft nunmehr endgültig festgelegt werden sollte und daß es wirklich keinen Zweck hat, das gewünschte Ziel durch Einzelbeschlüsse hier und da zu erreichen versuchen; denn dadurch wird in der Zwischenzeit die Verwirrung nur noch größer.
Ein Beispiel aus neuester Zeit: Wir haben kürzlich eine Änderung des Gesetzes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau vorgenommen und haben den Bundesminister für Wirtschaft als zuständig für die Aufsicht über diese Kreditanstalt bestellt. Das ist ein unzweckmäßiges Verfahren und hat kürzlich, wie Sie, glaube ich, schon morgen hören werden, im Vermittlungsausschuß zu schwierigen Debatten geführt. Das Stadium der Erwägungen in dieser Angelegenheit sollte beendet werden. Mehr brauche ich wohl zu unserem Antrag Umdruck Nr. 324 nicht zu sagen. Ich könnte mir denken, daß der Einwand des Herrn Seuffert hinsichtlich der Wertpapierbereinigungsabteilung zutreffend ist. Darüber müßten wir noch sprechen.
Nun einige allgemeine Ausführungen zum Haushalt des Bundesfinanzministeriums. Wir werden demnächst den Nachtragshaushalt bekommen und Gelegenheit haben, auf Einzelheiten einzugehen. Wir haben ohnehin in diesem Hause nicht wenig Gelegenheit, uns mit dem Ministerium, von dem ich spreche, zu beschäftigen. Man kann, wenn man gerecht sein will, in keinem Augenblick verkennen, daß der Finanzminister ein sehr schweres Amt hat und daß die zu allen Zeiten und in allen Ländern geringe Beliebtheit eines Finanzministers sich durch die Verhältnisse, in denen w i r nun einmal leben müssen, und durch die daraus sich ergebenden Notwendigkeiten auf finanz- und steuerpolitischem Gebiet sicherlich nicht vergrößert.
Lassen Sie mich einmal fragen: Wer erleichtert denn eigentlich dem Finanzminister seine schwere Aufgabe? Er hat uns öfter bescheinigt, daß w i r es ganz bestimmt nicht tun.
— Ja, ich glaube, Sie dürfen nicht ohne weiteres sich als die Weißen usw. hinzustellen.
— Warten Sie ab, ich komme darauf! Er hat in der Tat manchmal recht gehabt, wobei ich zwischen Koalition und Opposition nicht unterscheide. Ich will aber diese Dinge nicht wieder aufrühren. Ich glaube, daß meine Freunde dem Bundesfinanzminister einen guten Dienst erwiesen haben, als sie seinerzeit, schon bald nach Beginn der Tätigkeit dieses Hauses, den § 48 a in die Geschäftsordnung hineingebracht haben, und ich nehme an, der Herr Minister wird mit mir darin einig sein, daß, wenn man gewisse Höhepunkte der Bewilligungsfreudigkeit aus der Vergangenheit als überwunden ansieht, die Dinge sich gebessert haben.
Wer könnte nun weiter dem Bundesfinanzminister seine Arbeit erleichtern? Ich möchte glauben: die Länder. Das aber ist bisher ganz bestimmt nicht der Fall. Wir haben gerade bei der Auseinandersetzung über das Gesetz betreffend die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommen- und Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahre 1951 hinreichend Gelegenheit gehabt, Studien zu diesem Kapitel zu treiben. Nicht nur dieses Haus, sondern auch unser Finanz- und Steuerausschuß, darüber hinaus selbstverständlich der Bundesrat und schließlich in den letzten Wochen der Vermittlungsausschuß sind in Anspruch genommen worden und haben sich gegenseitig heftige Schlachten geliefert und wacker gekämpft. Ich könnte nicht sagen, daß das in unserem jungen Staatswesen verwunderlich ist. Es erscheint mir auch nicht verwunderlich, daß man in diesem Jahr geglaubt hat, in der Materie selbst, von der ich spreche, von der Praxis des Vorjahres abweichen und die Interessenquoten über Bord werfen zu sollen. Aber der allgemeine Eindruck, sicherlich auch der Öffentlich- keit, ist der, daß, wenn Bund und Länder reichlich, sagen wir, starr — ich möchte keinen anderen Vokal an die Stelle des a setzen —
auf den Wortlaut des Grundgesetzes und auf ihre Kompetenzen gepocht haben, damit mehr Zeit und Kraft verbraucht worden sind, als uns heute für solche Angelegenheiten zur Verfügung stehen. Denn letzten Endes geschehen diese Dinge, und das ist das Schlimmste, auf dem Rücken des Staatsbürgers.
Ich kann es nicht als ein gutes Zeichen ansehen, daß der Streit über dieses Gesetz, den der Vermittlungsausschuß nun hoffentlich endgültig geschlichtet hat — wenn Sie nämlich dem Vermittlungsvorschlag zustimmen —, sich so weit auswirkte, daß der Finanzminister sich gezwungen sah, den Betrag, um den es sich handelte, nämlich immerhin eine kleine halbe Milliarde, durch Streichungen an allen möglichen Ecken und Enden und durch Sperrung von Titeln zu decken, wenn man so etwas „decken" nennen will. Auch hier ein ganz kurzes Beispiel: Der Baurat Soundso in Soundso merkt eines Tages, daß er eine Schleuse oder eine Brücke oder was es sonst ist, nicht ausbessern oder wiederherstellen kann, und das ist dann die Folge eines großen politischen Spiels in Bonn, weil nämlich der Bundesfinanzminister, um die Länder ein wenig freundlicher, will ich sagen — ich sage-nicht: gefügiger —, zu stimmen, sich genötigt gefühlt hat, an allen möglichen Stellen die Sperrungen vorzunehmen, von denen ich schon schon sprach. Ich nenne das nicht einen Schildbürgerstreich. Täte ich das, so müßte ich fragen: wer hat wen zu diesem Schildbürgerstreich oder zu dieser Art Schildbürgerstreich ermuntert oder aufgefordert, vielleicht sogar gezwungen? Die Dinge waren so verharscht — sagt man in Bayern —, daß man gar nicht mehr auseinander zu kommen wußte, ohne daß der eine dem andern grobe Unannehmlichkeiten machte. Aber: die Schuld liegt nicht auf der einen Seite, sondern auf beiden Seiten. .
Über solche Dinge müssen wir hinwegkommen. Wenn man nicht, wie ich es nicht tun möchte, die Fehler immer gleich im Grundgesetz sieht, könnte bei einem größeren Verständnis der Länder für den Bund und manchmal vielleicht auch umgekehrt sehr vieles gebessert werden. Also Schlußbetrachtung: Die Länder erleichtern bisher dem Herrn Bundesfinanzminister, wiewohl er doch ein sehr treuer Sohn eines dieser Länder ist, die Arbeit wenig.
Dritte Frage: Macht sich der Herr Bundesfinanzminister nun vielleicht selbst sein Leben schwerer, als es nötig ist? — Diese Frage möchte ich bejahen. Das beste Beispiel dafür, meine Damen und Herren, ist natürlich die Aufwandsteuer. Nehmen Sie nicht an, daß ich der zweiten und dritten Lesung — die
wir vielleicht bekommen, vielleicht auch nicht bekommen; ich bete gelegentlich für das letztere — vorgreifen will. Aber ich sage Ihnen: die Verlautbarungen des Bundesfinanzministers in der Presse und auch sonst über diese Aufwandsteuer, über die einzelnen Phasen, Stationen, Zwischenstationen, Entwicklungstendenzen, haben eine große Unruhe nicht nur für die Wirtschaft — die ist ja schon ein wenig abgebrüht und muß es auch sein —, sondern für jeden Staatsbürger und für jede Staatsbürgerin gebracht. Erlauben Sie, daß ich das in diesem Fall entsprechend dem Art. 3 des Grundgesetzes über die Gleichberechtigung sage. Diese Unruhe war in der Form, wie sie entstanden ist, vermeidbar. Diese Verlautbarungen waren nicht immer Phantasien. Sie kamen auch nicht immer aus trüben Quellen — das hätte man in den letzten Wochen merken müssen, denn diese trüben Quellen waren ja an gewissen Stellen verstopft worden; hoffentlich bleiben sie verstopft —, sondern wir müssen dem Herrn Finanzminister schon sagen, daß die so erzeugte Unruhe nicht erträglich ist und ihr Maß in Zukunft doch ganz erheblich eingeschränkt werden muß und kann; denn ganz ohne Unruhe geht's natürlich in unseren turbulenten Zeiten nicht.
Man kann auch nicht immer wieder und in kurzen Abständen verschiedene Zahlen und Zahlenaufstellungen an die maßgeblichen Stellen heranbringen und dann ein Bekenntnis darüber verlangen, daß man an diese Zahlen glaubt. Wir haben ja über diese Zahlen — bei den Einnahmen Schätzungen, bei den Ausgaben Realitäten —, im Sommer sehr heftig mit dem Bundesfinanzminister diskutiert. Leider hat der eine den anderen nur wenig überzeugen können. Und dennoch ist manches von dem, was wir seinerzeit vorgebracht haben, auch heute noch richtig. Bitte, schauen Sie in die Übersicht über die Steuereinnahmen der letzten Monate. Ich spreche nicht zur Sache, ich spreche von der Methode, die psychologisch so sehr viel ausmacht und unter der dann auch die Sache leidet.
Es hat neulich einmal in Bayern — allerdings in Franken — jemand zu mir gesagt, das Bundesfinanzministerium — nicht der Bundesfinanzminister, sondern das Ministerium — komme ihm vor wie eine Schnecke, die ihre Fühler mal in diese und mal in jene Richtung ausstrecke und sich, wenn sie irgendwo Widerstand finde, zurückziehe, aber nur zu dem Zweck, bei erster Gelegenheit — und auch bei zweiter und dritter — ihre Fühler wieder .auszustrecken. Meine Damen und Herren, das ist für interne Überlegungen, für Vorbereitungen usw. vielleicht ein ganz gutes Verfahren, aber nicht für Referentenentwürfe und erst recht nicht für Gesetzentwürfe. Und diesen Schneckenfühlereindruck, den haben wir halt gelegentlich,
und den hat auch die Öffentlichkeit. Ich spreche für den Finanzminister, wenn ich ihn bitte,
an diese Auswirkung doch gelegentlich zu denken.
— Ja, das mag sein; aber ich habe auch nur von den Fühlern der Schnecke gesprochen, nicht von der ganzen Schnecke. Lassen Sie mich nur dabei bleiben.
Dann schauen Sie sich die Übertreibungen auf der Gegenseite an. Es ist furchtbar, was nun diese zum Teil überflüssige Unruhe an Übertreibungen bringt. Ich will nicht von den Kamelen reden, von diesen ja sonst ganz sympathischen und gutwilligen Tieren, ich will auch nicht von den Argumenten anderer Leute reden, die sagen: Also soll das Einpfennig-Fabrikat einer gewissen Industrie genau so besteuert werden wie die Diamanten.