Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf — Drucksache Nr. 2504—versucht die Regierung, eine Frage zu regeln, über die in den letzten Monaten in der Öffentlichkeit sehr viel diskutiert worden ist, eine Frage, die einen geradezu unhaltbar gewordenen Zustand betrifft: die Regelung der Beamtengehälter. Die Regierung hat nun mit dem Gesetzentwurf den Versuch unternommen, die Beamtengehälter den Zeitverhältnissen anzupassen und eine Reihe von sogenannten Zwiespältigkeiten in der Rechtsauslegung zu beseitigen. Ich sage ausdrücklich, es ist ein Versuch der Regierung, diese Regelung durchzuführen, ein Versuch, der unserer Meinung nach nicht voll gelungen ist. Insbesondere kann auch die Begründung zur Vorlage der Regierung unserer Auffassung nach nicht voll überzeugen.
Wir müssen bei der Betrachtung dieser Regelung — nennen wir sie einmal eine „kleine Besoldungsreform" — von der Grundtatsache ausgehen, daß unsere Besoldungsordnung aus dem Jahre 1927 stammt und seit dieser Zeit keine Änderung erfahren hat, mit der einzigen Ausnahme, daß schon im Dezember 1930 durch die Brüningsche Notverordnung eine Kürzung der Gehälter um 6 % Platz gegriffen hat. Selbst wenn man diese Gehälter im allgemeinen als richtig bezeichnen wollte — ich bin der Meinung, daß auch die Besoldungsordnung von 1927 der Kritik nicht mehr standhält, wenn man die Zeitverhältnisse und die geschichtliche Entwicklung berücksichtigt —, bleibt doch festzustellen, daß sie keineswegs mehr ausreichen und somit auch beamtenrechtlich ihren Zweck nicht mehr erfüllen.
Wir haben nach 1945 auf dem Gebiete der Beamtenbesoldung zwei Regelungen bekommen. Die erste Regelung erfolgte 1948 durch eine Anordnung, die vom Wirtschaftsrat kam, und sah eine 15 %ige Erhöhung der Grundgehälter vor. Wir haben weiterhin eine Erhöhung um 20 Mark bekommen, die sich aus Verhandlungen über das Königsteiner Abkommen ergab. Während die erste Erhöhung für Gehälter bis zu 250 Mark in Frage kam, wurde die zweite Erhöhung für Gehälter bis zu 350 Mark, auslaufend auch bis zu 370 Mark gegeben. Alle anderen Gehälter, wie sie sich aus der Besoldungsordnung von 1927 ergeben, sind bisher unberührt. geblieben, haben also keinerlei Änderung nach oben, aber eine Änderung nach unten in Höhe von 6 % erfahren. Diese Gehaltskürzung um 6 % ist allgemein durch eine Verordnung aufgehoben worden und sie soll nun durch dieses Gesetz, und zwar durch die Bestimmung in Kapitel I, legalisiert werden, so daß für die kommende Zeit die bisher gezahlten Gehälter als rechtsgültig in Frage kommen.
Ich glaube, wenn wir einmal die Regierungsvorlage überblicken, dann werden wir feststellen können, daß die Regierung hier den Versuch macht, einen bestehenden Notstand auf Kosten eines Berufsstandes selbst zu regeln. Der Satz von 20 %, wie er hier als Gesamtregelung vorgeschlagen wird, hat auch draußen in der Öffentlichkeit wiederholt zu falschen Schlußfolgerungen geführt. Wichtig und richtig ist doch festzuhalten, daß bereits ab 1. April eine Erhöhung der Bezüge um 15 % auf dem Vorschußwege erfolgte und daß nun durch die neue Vorlage nichts anderes erfolgen soll als die Erhöhung dieser Bezüge um weitere 5 Prozent. Es ist nämlich draußen viel diskutiert worden, und die Beamten haben vielfach an den Knöpfen abgezählt, was es nun gibt: also keine 15 + 20 = 35, sondern 15 + 5 = 20 %. Das ist die Erhöhung, die effektiv in Erscheinung tritt, und zwar für die aktiven Beamten.
Wenn man einmal die gesamte Verordnung unter die Lupe und die Begründung dazu nimmt, dann wird man, glaube ich, nicht umhin können, der Regierung zu sagen, daß diese Vorlage sehr spät erfolgt, obwohl der Regierung bekannt ist, in welcher Notlage sich die Beamten befinden, besonders die Beamten der niederen und mittleren Besoldungsgruppen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat im Januar dieses Jahres in einer eingehenden Denkschrift Zahlen veröffentlicht über die Überziehung der Gehälter, über die Weigerung der Darlehnskassen und Hilfskassen, weitere Darlehen zu geben, weil an eine Zurückzahlung dieser Darlehen und Vorschüsse nicht gedacht werden kann. Daß fast ein ganzes Jahr lang über die Erhöhung der Gehälter geredet wird, ist ein Zustand, der auf dem schnellsten Wege, auch im Interesse des Beamten und des Staates und der Dienststellen allgemein, beseitigt werden muß.
— Ja, die Steuern! Ich komme noch darauf zurück.
Ich habe gestern hier den Ausspruch unseres Kollegen Dr. Wuermeling gehört, der auf dem Standpunkt steht, an den althergebrachten Grundsätzen des Beamtenrechts solle nicht gerüttelt werden.
Nach dem Beamtenrecht muß aber die Treuepflicht des Beamten mit der Fürsorgepflicht des Staates in Einklang gebracht werden.
Ich glaube, dieser Versuch der Regierung und die lange Hinauszögerung lassen sich dadurch erklären, daß die Regierung in ihrer gesamten Politik — auch auf dem Gebiete der Preis-, Lohn- und Gehaltspolitik — mit vorübergehenden Zuständen gerechnet hat. Wenn wir an die immer wieder gehörten Versicherungen des Wirtschaftsministers denken, daß das nur vorübergehende Zustände seien und die Löhne und Preise und Gehälter sich auspendeln würden, dann haben wir die Begründung dafür, warum die Regierung nicht schon früher an die Regelung dieser Frage herangegangen ist. Die Relation, die einmal geschaffen war, als die Besoldungsordnung in Kraft trat, ist längst überholt, und es ist heute vielfach so, daß Beamte, die als Vorgesetzte von Arbeiter- und Angestelltengruppen tätig sind, in ihrem Verdienst weit unter dem der Leute ihrer Kolonnen liegen.
Dabei möchte ich feststellen, daß kein Mensch etwa behaupten will, die Löhne der Arbeiter und Angestellten seien über Gebühr erhöht worden. Ich will damit nur sagen: das Unglück liegt eben darin, daß die Beamten in bezug auf ihre Gehälter bisher auch von der Regierung stiefmütterlich behandelt worden sind.
Eine andere Frage, die in diesem Zusammenhang behandelt werden muß, ist die der Pensionen der Ruhestandsbeamten. Ich sehe in diesem Gesetzentwurf in all seinen Kapiteln keine Regelung der Pensionen, wenigstens der der Altpensionäre. Ich glaube, auch hier ist es notwendig, einiges Grundsätzliche zu sagen.
Wir haben bisher bei den Altpensionären Pensionen nach den Gehältern von 1927 gehabt. Diese Pensionen sind bisher nicht erhöht, sondern im Gegenteil gekürzt worden. Wir finden in dieser Vorlage Bestimmungen über die Aufhebung, also den Wegfall einiger Verordnungen über Gehaltskürzungen, finden aber keine Vorschriften über den Wegfall von Bestimmungen, die die Kürzung von Pensionen zum Ziele hatten. So sind z. B. die Verordnung zur Sicherung von Währung und Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes vom Oktober 1948 und eine gleichlautende Verordnung vom März 1949 immer noch in Kraft. Es ist also in der Gesamtheit eine wesentliche Kürzung auch der Beamtenpensionen zu verzeichnen. Wie unhaltbar dieser Zustand ist, braucht man nicht noch einmal besonders zu betonen.
Ich glaube aber, daß es notwendig ist, auf eines hinzuweisen. Es ist in der Öffentlichkeit vielfach ein falsches Bild über die Höhe der Pensionen entstanden, und es hat nicht an Hinweisen darauf gefehlt, daß die Pensionen nicht nur für den Bundeshaushalt, sondern auch für die Staatshaushalte der einzelnen Länder eine ungeheure Belastung darstellen. Kein Mensch wird diese Begründung etwa als nichtssagend abtun können, soweit man die Belastung in ihrer Gesamtheit betrachtet. Sieht man aber die Pensionen im einzelnen an, dann kommt ein ganz anderes Bild heraus. Die Durchschnittspension beträgt z. B. bei der Deutschen Bundesbahn heute 158 DM.
Bei der Bundespost ist es nicht viel anders. Etwas höher ist sie in den Kommunal- und Staatsverwaltungen, überhaupt in den Verwaltungen, weil wir dort vielfach Pensionäre aus der mittleren, aus der gehobenen und aus der höchsten Laufbahngruppe haben. Wenn schon die Durchschnittspension auf 158 DM steht, wieviel Pensionen muß es dann geben, die noch darunter liegen? Selbstverständlich liegen einige Pensionen auch einmal über der Durchschnittspension. Es ist mit einer rechtsstaatlichen Auffassung und mit dem Grundsatz der Unteilbarkeit des Rechts nicht vereinbar, daß Beamte, die jahrelang ihren Dienst geleistet haben, zum Teil wegen geringer Besoldung, zum Teil wegen der Abzüge eine Pension erhalten, die sie geradezu zwingt, die Fürsorge- und Wohlfahrtsämter in Anspruch zu nehmen.
Ich glaube, es ist notwendig, das grundsätzlich herauszustellen, weil wir der Meinung sind, daß diese Fragen eine wesentliche Rolle bei der endgültigen Regelung spielen müssen.
Der Bundesfinanzminister hat seiner Vorlage eine Reihe von Begründungen mitgegeben. Ich möchte mich nur mit einer davon beschäftigen. Der
Bundesfinanzminister hat zur Begründung für die Weglassung einer Regelung für die Altpensionäre auf die Leistungsunfähigkeit des Bundes hingewiesen. Aber ich glaube, wenn es darum geht, einen Rechtszustand zu schaffen, und wenn es darum geht, rechtliche Schlußfolgerungen zu ziehen, dann darf man das Schwergewicht der Begründung nicht allein auf die fiskalische Seite legen.
Die Entwicklung der Verhältnisse hat mehrere Länderregierungen veranlaßt, schon vorweg eine Regelung vorzunehmen. Es ist erfreulich, festzustellen, daß eine ganze Reihe von Ländern die Pensionäre und die aktiven Beamten gleichmäßig behandelt hat.
Wenn Sie eben durch einen Zwischenruf auf die erhöhten Steuern hingewiesen haben, dann darf ich demgegenüber folgendes sagen. Ich bin persönlich der Meinung: dort, wo sich für den Staat aus den Gesetzen eine Verpflichtung ergibt, hat der Staat für die Deckung zu sorgen;
und das haben auch die Länderregierungen getan, indem sie ihre Etats überprüft haben, ob nicht durch die Streichung des einen oder anderen Postens diese vordringliche Frage doch gelöst werden kann.
— Ja, was heißt „mehr Ausgaben beantragt"?! Wenn wir einmal all das überprüfen, was sich aus den ganzen Dingen haushaltsmäßig ergibt, ich glaube, dann hätten wir auch hier die Möglichkeit, eine Rangordnung für Ausgaben aufzustellen, bei der die Beamten bestimmt nicht an letzter Stelle stünden.
Ich glaube, es war notwendig, auf diese Dinge hinzuweisen. Wir sind der Meinung, daß wir endlich — das ist die notwendige Schlußfolgerung aus der Gesetzgebung — zu einer gleichmäßigen Behandlung kommen müssen.
Gestatten Sie mir noch einen Hinweis. Nach § 12 in Kap. V werden diese Regelungen erst in Kraft treten, wenn die Verkündung des Gesetzes erfolgt. Der Bundesfinanzminister legt Wert darauf, vorweg die Möglichkeit zu haben, in Ausführungsbestimmungen eine Reihe von Dingen zu klären. Wir sind der Meinung, daß die Erhöhung um 20 % nicht nur für die aktiven Beamten, sondern auch für die Pensionäre selbstverständlich sein und daß man die Regelung nicht lange hinausschieben, sondern die Unruhe und den Mißmut, die sich draußen bei den Beamten bemerkbar gemacht haben, auf dem schnellsten Wege aus der Welt schaffen sollte.
Das, glaube ich, war zu der grundsätzlichen Seite hin notwendigerweise zu sagen. Wir behalten uns vor, das, was zu der Vorlage zu sagen nötig ist, noch im Ausschuß zum Ausdruck zu bringen.