Rede von
Dr.
Linus
Kather
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprechen hier heute von der Wiederherstellung der deutschen Einheit, und wir haben soeben einen Antrag gehört, der freie demokratische Wahlen in ganz Deutschland zum Ziel hat. Zu ganz Deutschland gehören aber auch die ehemaligen Gebiete jenseits der Oder-Neiße-Linie, Ostpreußen, Pommern und Schlesien!
Sie sind rechtlich heute noch ein Teil von ganz Deutschland. Ich glaube nicht, daß diese Debatte vorübergehen kann, ohne daß das einmal ausdrücklich hier gesagt wird.
Ich kann sagen, daß ich das nicht nur namens der Vertriebenen vorbringe, sondern ich befinde mich auch in voller Übereinstimmung mit der Bundesregierung, mit meinen politischen Freunden und sicherlich mit allen Abgeordneten dieses Hauses, die wahrhaft als Deutsche denken.
Ich darf darauf Bezug nehmen, daß in der Regierungserklärung der Bundesregierung vom Herrn Bundeskanzler mit Betonung gesagt wurde, daß das, was wir jetzt vorhaben, ein erster Schritt zur Wiederherstellung der deutschen Einheit ist. Wir begrüßen diesen ersten Schritt, meinen aber doch ausdrücklich auch darauf hinweisen zu müssen, daß es nur ein erster ist und daß der letzte nur darin bestehen kann, daß das ganze Deutschland in den Grenzen von 1937 wieder vereinigt wird.
Der Herr Vorredner hat den Herrn Bundeskanzler als Feind der Einheit bezeichnet.
Es ist ein geradezu grotesker Tatbestand, daß aus
einem solchen Mund ein solcher Vorwurf kommen kann.
Es ist von anderer Seite des Hauses mit Recht darauf hingewiesen worden, daß die jetzige Regierung der Deutschen Demokratischen Republik kein geeigneter Verhandlungspartner für uns sein kann und daß man, wenn man mit ihr verhandelt, eigentlich nicht vor die rechte Schmiede geht. Ich möchte das noch unterstreichen und sagen, daß Leute, die unsere Heimat ausdrücklich preisgegeben und verraten haben, niemals das Recht haben, das Wort „deutsche Einheit" überhaupt nur in den Mund zu nehmen.
Um aber jedes Mißverständnis von vornherein auszuschließen, möchte ich namens der Vertriebenen — und ich glaube, ich kann es tun — sagen, daß uns jeder Gedanke an eine gewaltsame Zurückeroberung unserer Heimat absolut fernliegt. Ich möchte hier ein leidenschaftliches Bekenntnis zum Frieden ablegen.
Das ist kein Bekenntnis ad hoc. Wir haben dieses Bekenntnis schon vor Jahr und Tag feierlich abgelegt in der Charta der Vertriebenen, in der wir gesagt haben, wir verzichten auf Haß und Rache. Man kann uns also in dieser Hinsicht nicht verdächtigen. Wir halten aber daran fest, daß wir unsere Heimat unter allen Umständen mit friedlichen Mitteln wiederhaben wollen. Wir werden von dieser Haltung niemals abgehen und hoffen, daß wir es erreichen, daß einstmals auch diese Gebiete ein Teil von ganz Deutschland und damit ein Teil eines freien Europas sind.