Rede von
Herbert
Wehner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat in der Erklärung, die wir soeben vom Herrn Bundeskanzler entgegengenommen haben, die Wiederherstellung der deutschen Einheit als das oberste Ziel ihrer Politik bezeichnet. Die sozialdemokratische Fraktion begrüßt die Ankündigung der Bundesregierung, eine Wahlordnung vorzulegen, die als Instrument für freie, allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlen unter internationaler Kontrolle im Gebiet der vier Besatzungszonen und Berlins dienen kann. Die Bundesregierung würde mit diesem Schritt einer Forderung entsprechen, die von der sozialdemokratischen Fraktion gestellt worden ist. Es wäre einer der Schritte, die notwendig sind, damit die vordringlichste politische Forderung des ganzen deutschen Volkes verwirklicht werde: die Einheit Deutschlands in Freiheit mit friedlichen Mitteln wiederherzustellen.
Mit der Annahme eines Gesetzes, das die freie Wahl einer deutschen Nationalversammlung unter gleichen Bedingungen in den vier Besatzungszonen und in Berlin sichern soll, wird der Bundestag eine Verpflichtung erfüllen, die ihm aus der Präambel und aus Art. 146 des Grundgesetzes entsteht.
Der Bundestag erklärt heute vor dem deutschen Volk und vor der Welt, daß er freie, allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlen unter internationaler Kontrolle zu einer deutschen Nationalversammlung für dringend erforderlich hält. Diese Nationalversammlung soll für das Gebiet der vier Besatzungszonen und Berlins verfassunggebend, gesetzgebend, regierungsbildend und -kontrollierend sein.
Die sozialdemokratische Fraktion legt Wert darauf, daß bei dieser bedeutsamen Willenskundgebung des freigewählten Deutschen Bundestags klar gesagt werde, daß die Nationalversammlung mit den Eigenschaften eines souveränen Parlaments ausgestattet werden muß,
damit die Schwierigkeiten der Übergangszeit, die nicht zuletzt auf wirtschaftlichem, auf finanziellem und auf sozialem Gebiet liegen, gemeistert werden können. Es würde die Lösung der Aufgaben, die der Nationalversammlung gestellt werden, ungemein erschweren, ja wahrscheinlich unmöglich machen, wenn sie nicht instand gesetzt würde, gesetzgeberisch tätig zu sein, um die Folgeerscheinungen des Währungsgefälles und der Entblößung der Wirtschaft und der Haushaltungen der sowjetischen Besatzungszone von lebensnotwendigen Vorräten usw. so bald wie möglich und so reibungslos wie möglich zu überwinden.
Eine Nationalversammlung, die nicht unmittelbar eine starke, handlungsfähige provisorische Zentralregierung bilden und parlamentarisch kontrollieren könnte, würde Gefahr laufen, das Schicksal der Frankfurter Nationalversammlung von 1848/49 zu erleiden.
Lassen Sie uns vor den Augen des ganzen deutschen Volkes und der Menschheit an dieses Werk gehen! Wir werden damit, soweit es an uns liegt, einen Beitrag zur Überwindung der Spannungen leisten, die heute noch die Welt beunruhigen und unter denen unser Volk leidet. Ich sagte: soweit es an uns liegt. Wir alle wissen, daß der gute Wille einer Seite allein nicht ausreicht. Dürfen wir voraussetzen, daß auch die anderen Seiten bereit sind?
Der Bundestag hat am 9, März dieses Jahres erklärt und beschlossen:
Der Deutsche Bundestag als das freigewählte Parlament der Bundesrepublik Deutschland fordert die Bundesregierung auf, den vier Besatzungsmächten zugleich im Namen derjenigen Deutschen, denen bis jetzt das Recht der freien Wahl versagt ist, als dringendes Anliegen des ganzen deutschen Volkes das Ersuchen zu unterbreiten:
1. Die Viermächte-Konferenz möge die Voraussetzungen dafür schaffen, daß so bald wie möglich freie, allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlen zu einem Parlament für ganz Deutschland durchgeführt werden können.
2. Die Durchführung dieser Wahlen unter gleichen Bedingungen in allen Zonen setzt voraus, daß durch internationale Sicherungsmaßnahmen vor, während und nach den Wahlen die volle persönliche und staatsbürgerliche Freiheit und Gleichheit für alle Personen und politischen Parteien rechtlich und tatsächlich gewährleistet werden.
3. Das aus solchen Wahlen hervorgegangene Parlament hat als echte Volksvertretung allein die Vollmachten einer verfassung- und gesetzgebenden Versammlung. Es ist allein befugt, eine Regierung zu bilden und zu kontrollieren.
4. Die so gebildete Regierungsgewalt muß durch geeignete Vorkehrungen gegen unbefugte und rechtswidrige Eingriffe wirksam geschützt werden.
Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf, die Regierungen der Besatzungsmächte zu ersuchen, die Bundesregierung über alle Deutschland berührenden Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Viermächte-Konferenz ergeben, vollständig zu informieren, zu konsultieren und keinen Deutschland berührenden Beschluß ohne Zustimmung des deutschen Volkes zu fassen.
Die Vorkonferenz der Außenministerstellvertreter in Paris wurde, wie Sie wissen, abgebrochen, ohne daß es bisher zur eigentlichen ViermächteKonferenz gekommen wäre. Die Außenminister der drei Westmächte haben in ihrem Kommuniqué von Washington am 14. September dieses Jahres der Hoffnung Ausdruck gegeben — ich zitiere —, „daß die bevorstehende Tagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen in Paris günstige Gelegenheiten für die Aufnahme von Verbindungen sowie für Meinungsaustausch biete. Die drei Außenminister sind ihrerseits bereit, die sich ihnen bei dieser Gelegenheit bietenden Möglichkeiten voll auszunutzen."
Wir Deutschen können die Viermächte-Konferenz weder erzwingen noch können wir sie vermeiden. Wir können von uns aus aber alles tun, damit unmißverständlich der deutsche Wille zur deutschen Einheit als ein politischer Faktor in Rechnung gestellt werden muß.
In der Rede, die Herr Grotewohl vor der sowjetzonalen Volkskammer am 15. September gehalten hat und die wohl als Kommentar zu dem Appell der sowjetzonalen Volkskammer an den Bundestag gewertet werden muß, wurde behauptet, der Bundestag habe es vorgezogen — ich zitiere —, „an Stelle einer Verständigung der Deutschen untereinander sich hilfesuchend an die vier Großmächte zu wenden, die damals in Paris versammelt waren".
— So weit Herr Grotewohl. Herr Grotewohl meint
— und ich zitiere wieder —, wir seien „dabei von der völlig irrigen Auffassung ausgegangen, daß man die Frage der Vereinigung Deutschlands ohne das deutsche Volk lösen könne".
Herr Grotewohl irrt. Unser Beschluß vom 9. März erwartet und verlangt von den Regierungen der
Besatzungsmächte nicht mehr, aber auch nicht weniger als einen Schritt. Dieser Schritt heißt, die Voraussetzungen für freie Wahlen unter gleichen Bedingungen in allen vier Zonen und Berlin durch einen Beschluß zu schaffen, der besagt, daß internationale Sicherungsmaßnahmen vor, während und nach den Wahlen die volle persönliche und staatsbürgerliche Freiheit und Gleichheit für alle Personen und politischen Parteien rechtlich und tatsächlich gewährleisten.
Die Deutschen in der sowjetischen Besatzungszone und besonders die unglücklichen Menschen, die in Bautzen, in Waldheim und in den anderen Strafanstalten sitzen — viele von ihnen nur deshalb, weil sie freie Wahlen gefordert haben —, diese Deutschen werden gut verstehen, daß dieses Verlangen an die Regierungen der Besatzungsmächte alles andere als unbillig ist.
Wir sagen das so deutlich, weil wir wissen, daß diesen Deutschen, die heute am schwersten unter der vereinigung die Erwartung auf Befreiung verbinden und daß beides ein und dasselbe ist.
Wir sagen es aber auch, weil wir nicht wollen, daß diese Deutschen, die heute am schwersten unter der Spaltung unseres Landes zu tragen haben, die ganze Last des Kampfes um die Einheit aufgebürdet wird. Wir wollen sie selbst mittragen, und wir wollen vor allen Dingen auf unseren Schultern die Hauptlast tragen.
Herr Dieckmann von der sowjetzonalen Volkskammer hat eingewandt, die sowjetische Besatzungsmacht müßte in dem Verlangen nach internationaler Kontrolle, wie er sagt, „mit Recht eine beleidigende Zumutung erblicken".
Uns scheint, es wäre besser, die Regierung der Sowjetunion äußerte sich dazu selbst, statt daß andere in ihrem Namen das Wort nehmen.
Warum sollte die Sowjetunion, die selbst Mitglied der Organisation der Vereinten Nationen ist, eine beleidigende Zumutung in dem Verlangen erblicken, daß etwa diese Organisation die unparteiischen Kontrollorgane bildet?
Herr Dieckmann hat gesagt, die Besatzungsmächte
sollten überhaupt aus dem Spiel gelassen werden.
Wir meinen, die Besatzungsmächte bzw. ihre Regierungen haben nur eine Aufgabe in diesem Zusammenhang. — aber d i e haben sie und die
müssen sie eines Tages erfüllen —, und diese
Aufgabe heißt: sie sollen nicht mehr tun, als zu
beschließen, daß sie übereingekommen sind, die
Ausschreibung und Abhaltung freier Wahlen in
den vier Zonen und Berlin unter internationaler
Kontrolle zu gewährleisten. Wir verlangen von
ihnen nicht, daß sie selbst die deutsche Einheit herstellen. Das ist den Deutschen selbst vorbehalten.
Darauf kommt es an. Träger der deutschen Einheit müssen die Deutschen sein!
Form und Inhalt der Einheit bestimmen die Deutschen. Wir haben von niemandem, von keiner fremden Macht verlangt und wünschen es von keiner, daß diese Kompetenzen verwischt oder verwechselt werden.
Übrigens hat auch die kommunistische Fraktion im Bundestag am 9. März in ihrem Antrag verlangt, der Bundestag solle sich an die Vorkonferenz der Stellvertreter der Außenminister mit dem Vorschlag wenden, die Frage „Wiederherstellung der Einheit Deutschlands" auf die Tagesordnung der Konferenz zu setzen.
Allerdings forderte die kommunistische Fraktion im selben Antrag als Punkt 1, der Bundestag solle dem Verlangen der sowjetzonalen Volkskammer auf Bildung eines sogenannten gesamtdeutschen Konstituierenden Rates nachkommen. Damit sind wir an einem Punkt, der zu klären ist. Im Bundestag ist ausführlich dargelegt worden, weshalb der Vorschlag auf Bildung eines solchen gesamtdeutschen Konstituierenden Rates unannehmbar ist. Ich will nichts wiederholen. Entscheidend für diesen Entschluß des Bundestages war und bleibt, meine ich, daß der sogenannte gesamtdeutsche Konstituierende Rat die Funktion einer sogenannten gesamtdeutschen provisorischen Regierung und einer sogenannten gesamtdeutschen Repräsentanz gegenüber dem Ausland ausüben sollte, ohne aus freien Wahlen geboren zu sein.
Der sogenannte gesamtdeutsche Konstituierende Rat war das Kernstück der kommunistischen Taktik jener Zeit. Er sollte sogar mit den Mitteln der sogenannten Einheitsfront von unten zustandegebracht werden, um an Stelle der gewählten Volksvertretungen und der von ihnen gebildeten und kontrollierten Regierungen die Macht auszuüben. Herr Grotewohl sagte neuerdings, nach der Ablehnung durch den Bundestag sei die Forderung auf Bildung eines sogenannten gesamtdeutschen Konstituierenden Rates nicht mehr die Forderung der sowjetzonalen Stellen. Liegt hier — so müssen wir fragen — eine echte Änderung in den Forderungen und taktischen Maßnahmen vor? Ist die vorgeschlagene „gesamtdeutsche Beratung" nicht einfach als eine ähnlich gemeinte und geplante Einrichtung wie der sogenannte gesamtdeutsche Konstituierende Rat unter anderem Namen zu verstehen? Wenn das einwandfrei geklärt wäre, wären wir einen Schritt weiter.
Geklärt werden kann das aber nur durch das verbindliche Wort der sowjetischen Besatzungsmacht, von der wir bisher nur aus dem Munde des Oberkommandierenden der sowjetischen Besatzungszone, des Herrn General Tschuikow, gehört haben, sie stehe hinter Herrn Grotewohls Forderung. Damit wir wissen, was die Regierung der Sowjetunion wirklich will und zur Zeit für möglich und notwendig hält, muß aber der Wirrwarr der Begriffsbestimmungen geklärt werden, für den nicht wir verantwortlich sind.
1947 zwischen den Außenministerkonferenzen von Moskau im Frühjahr und von London im Herbst lautete die sowjetische Begriffsbestimmung für die Sicherung des Friedens mit Deutschland, „es müßten in ganz Deutschland die Verhältnisse herrschen, die in der sowjetischen Besatzungszone geschaffen wurden".
Ich zitiere nach der sowjetoffiziösen „Neuen Zeit". Wenn es jetzt anders sein kann, muß das klar gesagt werden.
Warum sollte die Regierung der Sowjetunion nicht zu dem Entschluß kommen können, das nationale Selbstbestimmungsrecht der Deutschen zu respektieren?! Wir Deutschen wollen j a nichts anderes, als unser Land nach dem Willen des deutschen Volkes selbst regieren zu können. Wir wollen keines anderen Landes Kolonie oder Provinz sein.
Herrn Grotewohls bisherige Antworten auf die von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands gestellten Fragen waren allerdings nicht geeignet, Mißdeutungen auszuschließen. Er meint z. B., die Sozialdemokratische Partei Deutschlands könne im Falle von Wahlen in der sowjetischen Besatzungszone nur als Lizenzpartei der dortigen Besatzungsmacht und ihrer Behörden erlaubt werden.
Herr Ackermann meint, die Frage der deutschen Einheit sei nur, wie er sagt, leninistisch zu losen. Unserer Auffassung nach ist die deutsche Einheit nur von den Deutschen nach ihrem eigenen Willen zu gestalten;
denn Einheit ist gleich Befreiung, und das gilt für die Menschen in der sowjetischen Besatzungszone als Dringendstes.
Das, meine Damen und Herren, sind die Gedanken, die den Forderungen der Sozialdemokratischen Partei, zur Verwirklichung der deutschen Einheit unverzüglich fünf konkrete Schritte zu tun, zugrunde liegen. Das sind die Auffassungen, die Sie in den beiden vorgelegten Anträgen, in dem Antrag Drucksache Nr. 2596 und dem Entschließungsantrag Drucksache Nr. 2593, finden.
Wir meinen, Berlin soll der Anfang zur Verwirklichung der deutschen Einheit sein.
Aber jetzt antwortet man uns von sowjetzonaler Seite, das sei doch ein „Nebengeleis"; oder in einer Erklärung des Nationalrats der sogenannten Nationalen Front heißt es, Berlin würde im Falle solcher Wahlen „ein Anhängsel Bonns". Wie wenig Zutrauen hat man zu sich!
Und wie stellt man plötzlich die Frage Bonn und Berlin? Am 15. September, unmittelbar vor der Sitzung der sowjetzonalen Volkskammer, in der der Appell an den Bundestag beschlossen wurde, veröffentlichte die sowjetsektorale Presse Berlins eine Rede des Leiters der Verwaltung Ost-Berlins, des Herrn Friedrich Ebert, mit der Schlagzeilenüberschrift: „Wem wird Berlin gehören?". In diesem Artikel, der am Vormittag des Tages erschien, an dessen Mittag der Volkskammerappell an den Bundestag erging, ist keine Andeutung dafür zu finden, daß es sich um einen Willen zur Einheit handelt, an dessen Anfang freie Wahlen unter gleichen Bedingungen stünden. Hat die SED mehrere Politiken? Gelten ihre Worte? Und welche von ihren Worten gelten?
Berlin ist — das ist unsere Vorstellung — Deutschlands Hauptstadt.
Mit seiner Vereinigung wäre und wird ein entscheidender Schritt zur deutschen Einheit getan.
Wir sind dazu bereit!
Und so wäre mit der Vereinigung Deutschlands ein entscheidender Schritt getan, um die heute so komplizierten Fragen der Zusammenarbeit der Völker, der Zusammenarbeit Europas, einfacher lösen zu können, als es heute möglich erscheint. Es ist ja nicht so, wie es neuerdings nicht nur in einem SED-offiziösen Artikel, sondern mitunter auch hier im sogenannten Westen dargestellt wird: entweder deutsche Einigung oder europäische Zusammenarbeit, sondern es ist doch so: europäische Zusammenarbeit in der Erkenntnis der Notwendigkeit und mit dem Ziel der deutschen Einigung.
Und es ist auch so: deutsche Einigung mit dem Ziel der europäischen Zusammenarbeit.
Wenn es andere noch nicht verstehen, müssen wir, die wir uns darüber klar geworden sind, dazu beitragen, daß sie diese Auslegung des deutschen Einheitswillens als politischen Faktor realistisch in Rechnung stellen, und zwar alle Seiten!
Es scheint mir ein verheißungsvolles Anzeichen zu sein, das ich in der Entschließung der deutschen Europäischen Konferenz in Hamburg gefunden habe. Dort ist doch unter intensiver Mitarbeit sozialdemokratischer Teilnehmer in der entscheidenden Resolution erklärt worden:
Die Einfügung eines freien Deutschland in ein freies Europa kann die Einheit Deutschlands weder in Frage stellen noch verhindern. Sie erscheint vielmehr als der angemessenste Weg zu ihr. Innerhalb
— so heißt es weiter —
einer europäischen Gemeinschaft muß Deutschland ein Partner sein, der die gleichen Rechte genießt wie die anderen Partner.
Es wird noch einmal darauf hingewiesen, daß auf dem Wege zur europäischen Gemeinschaft nichts getan oder unterlassen werden dürfe, was das Endziel, von dem hier gesprochen war, in Frage stellen oder den Grundsätzen widersprechen könnte, die eben ihre letzte Verwirklichung in dieser Gemeinschaft finden müssen. Deshalb, meine Damen und Herren, sollte man auch unter den Mitgliedern dieses Hauses nicht von den Gefahren, wie es manchmal heißt, einer „zweigleisigen Politik" sprechen, sollte nicht „entweder — oder" formulieren. In dem von mir schon erwähnten und zitierten Kommuniqué der Konferenz der Außenminister der drei Westmächte in Washington wird die deutsche Einheit als Ziel auch der Politik der Westmächte anerkannt. „Eines der Hauptziele der alliierten Politik" nennt das Kommuniqué der drei Alliierten Hohen Kommissare vom Montag dieser Woche die Wiederherstellung der deutschen Einheit. Es ist, meine ich, deutsche Sache, diese Worte und das, was dahintersteht, in dem Sinne zu entwickeln, der in den Ausführungen, die ich Ihnen hier vortrage, und in den Anträgen, in denen einige der nächsten Schritte umrissen werden, zum Ausdruck gebracht worden ist. Es kommt dabei darauf an — und das wird sich bei den Diskussionen und Auseinandersetzungen der nächsten Wochen klar herausstellen —, daß von deutscher
Seite keine eventuell zugemuteten Bindungen eingegangen werden können und dürfen, die anderen Entscheidungen zuschieben, die nur uns selber zukommen. Es kommt darauf an, daß wir planmäßig und konkret, so wie es der Vorsitzende meiner Fraktion in der Sitzung vom 9. März von der Regierung gefordert hat, für die deutsche Einheit arbeiten. In diesem Sinne kann auch die Klärung der Begriffe, auf die wir jetzt dringen müssen, und das Unternehmen einiger Schritte von großem Nutzen für unser ganzes deutsches Volk sein.