Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Richtigstellung vorweg: Der Herr Berichterstatter meinte, ich hätte im Ausschuß auch für diesen Vorschlag gestimmt. Tut mir sehr leid, das kann ich nicht getan haben aus dem simplen Grunde, weil ich in dem Ausschuß nicht abstimmungsberechtigt bin.
Nun zur Sache selber. Er, hat mir vorgehalten, daß ich nicht in der Lage sei, ihm zu folgen. Ich bin der Meinung, das ist eine allzu starke Zumutung, mir nahezulegen, ihm zu folgen! Was ist los? Er hat hier gesagt, daß diese Überschrift die Aussage eines Abgeordneten aus diesem Hause beinhalte. Dieses Flugblatt ist im Februar geschrieben. Zu dem damaligen Zeitpunkt war nichts
bekannt als die Aussage dieses Abgeordneten: Hundert Abgeordnete sind mit zwei Millionen Mark bestochen. Die Tatsache, daß dieser Abgeordnete später — wochenlang später; das kann man feststellen, wenn man das Protokoll nachliest — erst erklärt hat, daß er für seine Aussagen keinerlei Beweis in der Hand habe, schafft doch nicht den Tatbestand aus der Welt, daß im Februar ein Parlamentarier vor dem zuständigen Ausschuß das ausgesagt hat!
Aus! Wenn ich wollte, könnte ich mich auf die juristische Ebene begeben; ich könnte zumindest für den Abgeordneten Gundelach das Moment des guten Glaubens geltend machen.
Das will ich gar nicht.
Eine zweite Sache: Ich kann auch nicht diese Vornehmheit der Differenzierung aufbringen — die ich anerkenne —, daß die Methode der direkten Bestechung eines Abgeordneten weniger strafwürdig, weniger verachtbar und weniger unschön ist als die Methode der indirekten Finanzierung irgendeiner politischen Gruppe. Mir scheint, daß der Unternehmer, der über gewisse Mittelsmänner an einige Bundestagsabgeordnete direkt Geld gibt, genau denselben Zweck im Auge hat wie der große Verband, der diese Beeinflussung in der Form durchführt und sichert, daß er an die Fraktionen oder an die Parteien global Geld abgibt. Ich kann solch feine Differenzierungen wirklich nicht mitmachen, und sie sind auch vollkommen abwegig. Wer Geld von Herrn Pferdmenges nimmt, der macht die Politik des Herrn Pferdmenges.
Und was Herr Pferdmenges ist,
der weiß ja auch, warum er das Geld sammelt. Er weiß auch, warum er von seinen Freunden, mit denen er angeblich nach dem Herrn Berichterstatter nur so gelegentlich verkehrt, deren wirklicher parlamentarischer Repräsentant er aber neben Adenauer ist, Geld bekommt: Es wird zweckdienlich angelegt, um die „goldenen Ketten" zu schaffen, von denen der Sprecher des Zentrums gesprochen hat.
Und nun noch einen letzten Satz. Ich finde es unerhört, daß sich hier ein Berichterstatter, ein Parlamentarier hinstellt und der Meinung Ausdruck gibt, daß die einzig mögliche Strafe für den Abgeordneten Gundelach nicht in einer Geldstrafe von 150 Mark, sondern in einem Jahr Gefängnis bestehen müsse. Ich sage dazu folgendes: Das ist ein offensichtlicher Versuch, die Justiz und die Rechtsprechung von diesem Tisch aus zu beeinflussen. Jetzt wird mir auch noch viel deutlicher klar, warum Herr Ewers im Ausschuß nach dem Richter mit dem Fingerspitzengefühl gerufen hat. Ich bin der Meinung, daß das Volk über die Hintergründe dieser Korruption und über die Zweckbestimmung, für die Unternehmerverbände Geld an gewisse Parteien der Koalition geben, unterrichtet werden muß und die Zusammenhänge begreift. Wir werden dafür sorgen, daß dieser Prozeß für Sie nicht nur zu einer stinkenden Kloake wird, sondern wir werden dafür sorgen, daß die Öffentlichkeit Aufklärung über die letzten Hintergründe der Geldspender, Geldverteiler und Durchführer der Unternehmerinteressenpolitik erhält.
— Das zahle ich mit den Diäten, die ich als Volksvertreter bekomme, nicht als Unternehmerknecht, Herr Mayer, und als Freund des Herrn Pferdmenges.