Rede von
Otto
Niebergall
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Zucker dient weder den nationalen Interessen unserer Landwirtschaft noch denen unseres Volkes. Die Annahme dieses Gesetzes bedeutet, dem Steuerfaß der Bundesregierung, dem Faß ohne Boden, einen neuen Beitrag zu leisten; denn der Bundesregierung geht es bei diesem Gesetz darum, die bisher geleisteten Subventionen zu vermindern und mit Hilfe der Ausgleichsabgabe, die nichts anderes als eine sogenannte Sondersteuer ist, neue Mittel für die Wiederaufrüstung zu bekommen. Kein Wort ist weder in dem bereits erlassenen Gesetz noch in diesem Gesetz von heute von einer Mitbestimmung oder Mitkontrolle bei der Preisgestaltung oder der Verarbeitung, der Handelsspannen oder Lieferungsbedingungen zu finden.
Wir sind dafür, daß die Landwirte für ihre Produkte anständige und angemessene Preise erhalten, aber wir sind dagegen, daß das ausschließlich auf Kosten der Verbraucher geht. Die ganze Preispolitik der Bundesregierung geht auf nichts anderes aus als darauf, die Preise zu erhöhen, neue Steuern zu erfinden und die Masse unserer Bevölkerung so oder so zu belasten, um neue Mittel für die Wiederaufrüstung in die Hände zu bekommen und diese Mittel den Besatzungsmächten in den Rachen zu werfen.
Wir sind dagegen, daß der Bundesregierung das Recht der Preisgestaltung gegeben wird. Wohin die Preisgestaltungspolitik der Bundesregierung geführt hat, das sehen wir auf allen Gebieten unseres Wirtschaftslebens. Wir fordern, daß Schluß gemacht wird mit den fast ausschließlich dollargebundenen Handelsverträgen, die unserem Volke diktiert werden und die allem anderen als den nationalen Interessen unseres Volkes dienen. Wir sind überzeugt: Diese „Dollaritis" ist eine gefährliche Krankheit, deren Kosten unser Volk bezahlen muß.
Wir fordern Ausbau und Entwicklung des innerdeutschen Handels, Verstärkung des Handels mit dem Osten. Solche Handelsverträge und -vereinbarungen entsprechen unserem nationalen Interesse und sind nicht gebunden an irgendwelche einseitigen Interessen, wie wir es bei den Handelsverträgen mit dem Westen sehen. Weil dieses Ergänzungsgesetz weder dem wirklichen Interesse der Landwirtschaft noch dem der Verbraucher entspricht, wird die KPD-Fraktion dagegen stimmen.