Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem mit diesem Antrag hauptsächlich das Handwerk angesprochen ist, erlauben Sie mir, daß ich als Handwerksmeister, der sowohl Lehrling war wie auch Lehrlinge ausgebildet hat, zu diesem Problem einige Worte sage. Ich werde bestimmt nicht in die Versuchung kommen, den Antrag der SPD zu bagatellisieren; ich glaube sogar sagen zu müssen, daß mir wie auch dem gesamten Handwerk dieser Antrag wohl sympathisch sein könnte. Andererseits möchte ich jedoch davor warnen, daß man Einzelfälle verallgemeinert und übertreibt. Immerhin bildet das Handwerk im Augenblick 540 000 Lehrlinge aus, und ich glaube, daß man verhältnismäßig wenig Fälle anführen kann, in denen ein Lehrmeister seine Befugnisse überschritten hat. Ich bin mit den Antragstellern durchaus der Meinung, daß eine körperliche Züchtigung für den Regelfall kein Erziehungsmittel sein kann, weder in der Werkstatt noch in der Schule, und ich möchte sogar hinzufügen: nicht einmal in der Familie.
Ich möchte aber, was ich schon des öfteren getan habe, davor warnen, von der Wiege bis zur Bahre alles staatlich zu reglementieren. Alle diejenigen, die schon mit Jugendarbeit oder Jugenderziehung etwas zu tun gehabt haben, wissen, daß es auch
Fälle gibt, in denen die Erziehung Schwierigkeiten macht. Ich kann Ihnen als Handwerksmeister ruhig sagen, daß im Laufe der Jahre schon manche Mutter zu mir gekommen ist und erklärt hat: Ich pack meinen Jungen nicht mehr; helfen Sie doch etwas nach! Meine sehr verehrten Damen und Herren, fassen Sie es bitte nicht falsch auf, wenn ich jetzt sage: Eine Ohrfeige zur rechten Zeit hat schon manchen wieder auf den richtigen Weg zurückgeführt.
Ich weiß, daß das nicht allen gefällt; aber ich darf
vielleicht in diesem Moment einmal nach dieser
Seite herüber sagen, daß mir gerade die Problematik, die Herr Kollege Richter in seinem Zuruf
eben hervorgehoben hat, vor einigen Wochen bestätigt wurde, als ein prominentes Mitglied der
SPD irgendeine Geschichte vorbrachte, die genau
dasselbe besagte, was ich jetzt angedeutet habe.
Aber, wie gesagt, ich bin im Grunde genommen mit
Ihnen einer Meinung, und wir sind gern bereit,
diese Frage im Ausschuß gemeinsam zu beraten.
Ich möchte allerdings heute schon sagen, daß bisher durchaus die Möglichkeit bestanden hat, gegen Übergriffe auch gesetzlich vorzugehen. Um hier keine falschen Vorstellungen bei den Unbefangenen zu erwecken, die die einzelnen Paragraphen der Gewerbeordnung nicht kennen, möchte ich doch sagen, daß dieser Antrag, der von der SPD gestellt wurde, mit Ausnahme der zwei ersten Worte bereits seit 1900 in der Gewerbeordnung enthalten ist.
— Wenn Sie sagen „na also!", Herr Kollege, warum muß man das dann noch einmal extra in den Antrag hineinbringen?
— Ich weiß! Ich sagte: mit Ausnahme der ersten beiden Worte.
— Ich habe gesagt, ich bin mit Ihmen der Meinung, daß wir über die Sache im Ausschuß sachlich beraten wollen. Ich glaube, wir werden hier schon eine Einigung finden, ohne daß wir uns gegenseitig wehtun.
Ich beantrage, daß dieser Gesetzentwurf dem Ausschuß für Arbeit und — wenn Sie wollen — auch noch dem Ausschuß für Jugendfürsorge überwiesen wird.