Meine Damen und meine Herren! Der Mangel an Kohle ist in deutschen Landen eine Angelegenheit echter Sorge und auch, wie wir heute wieder gesehen haben, ein beliebtes Agitationsmittel. Ich meine, wir in diesem Hause sollten uns mit der Frage der Kohleversorgung nur als eine Angelegenheit echter Sorge befassen.
Die Auskunft der Bundesregierung und das, was wir selbst über diese Dinge wissen, geben meines Erachtens ein eindeutiges Bild. Wir haben uns im Ausschuß für Wirtschaftspolitik, ohne einen ausdrücklichen Auftrag dieses Hohen Hauses zu haben, aber in einer Art Geschäftsführung ohne Auftrag, eben wegen dieser Sorge, vor den Ferien in drei Sitzungen — am 13. und 20. Juni und am 7. Juli 1951 — sehr eingehend mit diesem Problem befaßt, haben um Aufklärungen gebeten und diese Aufklärungen erhalten und gemeinsam mit den verantwortlichen Herren aus Bund und Ländern das gesamte Problem erörtert. Wir haben dabei erfahren, daß für das dritte Quartal bei einem Förderungssoll von 28,9 Millionen Tonnen — wobei eine Tagesförderung von 392 000 Tonnen zugrunde gelegt worden war — unter Berücksichtigung einer Exportquote von 6,2 Millionen Tonnen immer noch 3,3 Millionen Tonnen Kohlen gefehlt hätten, um dem heutigen, auf die jetzige Produktion abgestellten Bedarf nachzukommen.
Wir haben inzwischen erfahren, daß diese Tagesförderung, die wir zugrunde gelegt hatten, mit 392 000 Tonnen zu hoch angesetzt gewesen ist. Wir haben einen Förderungsabfall auf durchschnittlich etwa 376 000 Tonnen gehabt, was gegenüber dem Zuwenig von schon 3,3 Millionen Tonnen ein weiteres Zuwenig von rund 1,2 Millionen Tonnen bedeutet hat. Das muß man sehen, und das muß man wissen.
Wir haben uns nun vorgestellt, daß diese 3,3 Millionen Tonnen Fehlbetrag, die wir damals annahmen — die sich, wie gesagt, noch um weitere 1,2 Millionen Tonnen erhöht haben —, ausgeglichen werden könnten durch einen Rückgang des Exports um 1 Million Tonnen und eine Kohleneinfuhr von 2,3 Millionen Tonnen. Leider haben sich hier unsere Hoffnungen nicht erfüllt. Ich meine, daß die Ruhrbehörde insoweit keine gute Politik getrieben hat. Wir wissen — und darin sind wir mit der Bundesregierung einig —, daß Deutschland immer ein Kohleausfuhrland gewesen ist. Wir werden auch in den kommenden Jahren davon abhängig sein, daß wir Kohle ausführen können. Ich erinnere immer wieder daran, daß wir in Deutschland außerordentlich glückliche wirtschaftliche Verhältnisse hatten, als im Jahre 1926 infolge des großen Bergarbeiterstreiks die Engländer auf dem Markt nicht erscheinen konnten und wir in der Lage waren, unsere Kohle abzusetzen. Auch in den folgenden Jahren haben wir immer wieder Situationen gehabt, in denen es nicht leicht war, die Kohle abzusetzen, und wir haben daher ein Interesse an der Aufrechterhaltung der Märkte. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat schon mit vollem Recht darauf hingewiesen, daß wir ja doch auf eine entsprechende Ausfuhr von Kohle angewiesen sind und daß wir wertvolle Rohprodukte nur dann bekommen, wenn wir bereit sind, an die Länder, von denen wir solche Rohprodukte haben wollen, entsprechende Mengen Kohle zu liefern.
Aber ich glaube, das deutsche Verlangen, die Kohlenexportquote um 1 Million Tonnen zu senken — und das Verlangen scheint mir maßvoll und bescheiden zu sein —, ist ein gerechtes Verlangen. Ich meine, wir sollten von dieser Tribüne aus die Berechtigung dieses Verlangens gegenüber der Ruhrbehörde und gegenüber den Alliierten noch einmal mit allem Nachdruck unterstreichen.
Meine Damen und Herren, um aber ein richtiges Urteil zu bekommen, scheint es mir notwendig zu sein, noch etwas anderes zu beachten. Wir haben unsere deutsche Arbeitskraft weitgehend dafür eingesetzt, im laufenden Vierteljahr die vorhandene Lücke in der Größe von 2,3 Millionen Tonnen mit freien Dollardevisen und teilweise mit einem Reexport von Stahl — den wir weiß Gott selbst brauchen könnten — zu schließen. Das ist in etwa gelungen; leider nicht ganz. Die Schwierigkeiten liegen hier im wesentlichen im Frachtenproblem. Auch hier haben wir an die alliierten Behörden, die dafür zuständig sind, berechtigte Forderungen, da die zugebilligten 3,9 Millionen Tonnen Frachtraum nicht ausreichen und wir größere Mengen brauchen. Nötig sind 5,2 Millionen Tonnen, die Mindestgröße aber, das Allerwenigste würden 4,2 Millionen Tonnen sein.
Nun will ich mich auf den Weg begeben, den Herr Kollege Imig hier vorgezeichnet hat. Wir sollten einmal überlegen, wie man aus dieser Not überhaupt herauskommen kann. Ich stimme Herrn Kollegen Imig in vollem Umfange zu, wenn er sagte, das entscheidende Problem scheine darin zu liegen, uns Deutsche in die Lage zu versetzen, selbst hinreichend Kohle zu fördern, um auf diese Art und Weise nicht nur den echten Ausfuhrbedarf,
sondern auch den deutschen Inlandsbedarf zu decken. Wir haben die Hoffnung, daß wir in dem Vierteljahr, das am 1. Oktober beginnt, die Tagesförderung auf 396 000 Tonnen und, wenn in bescheidenem Maße Sonntags- und Überschichten gefahren werden, auf 407 000 Tonnen bringen könnten. Das würde bedeuten, daß sich von dorther bereits einige Möglichkeiten eröffnen.
Weiter scheint mir wichtig und notwendig zu sein, daß wir die erforderlichen Kapitalien schnellstens zur Verfügung stellen, die Kapitalien, welche nun einmal aufgebracht werden müssen, um die zurückgebliebenen Investitionsbeträge im Bergbau nachzuziehen und so nicht nur Wohnungen zu schaffen, sondern auch Investierungen am Kohlenstoß selbst vorzunehmen und, auf die Länge gesehen, die notwendigen Abteufungen vorzunehmen, die nun einmal erforderlich sind, um unsere Kohlenförderung entsprechend in Ordnung zu bringen.
Was das Problem im übrigen anbelangt, so habe ich bereits gesagt: die Mangellage ist gegeben. Wir haben eine Fehlmenge von mindestens 3,3 Millionen Tonnen auch im laufenden Vierteljahr zu erwarten, und in dieser Zeit können wir nur von dem Grundsatz ausgehen, daß die Armut von der Pauverté kommt. Diese Pauverté muß aber irgendwie gelenkt und gesteuert werden. Daran ist gar kein Zweifel. Das hat auch der Bund erkannt. Wir haben bereits, im Februar beginnend, im März durch eine entsprechende Verordnung dafür gesorgt, daß die vorhandenen Kohlen in der richtigen Weise aufgeteilt werden. Zu diesem Zweck ist nach der Kohlenverordnung vom 22. 3. 1951 mit den Ländern ein sogenannter Länderschlüssel vereinbart worden. Dieser Länderschlüssel sieht bestimmte Zuweisungen an die Länder vor, und der Länderschlüssel ist als berechtigt anerkannt worden.
Nach diesem Länderschlüssel hat sich die Bundesregierung mit voller, einmütiger Zustimmung des Ausschusses für Wirtschaftspolitik dazu entschlossen, dem deutschen Hausbrand ein gewisses Primat gegenüber der Wirtschaft zuzubilligen, allerdings nicht ein solches Primat, daß der echte Haushaltsbedarf in vollem Umfange gedeckt werden könnte.
Herr Kollege Renner hat schon gesagt, etwa 30 Zentner sei die Menge, die im Durchschnitt in Friedenszeiten auf den Haushalt umgerechnet worden sei. Wir haben uns entschlossen, jetzt 20 Zentner zuzubilligen, und diese 20 Zentner sollen auch unter allen Umständen verteilt werden. Da im übrigen gewisse Mengen festliegen — für Verkehr, Elektrizitäts-, Gas- und Wasserwerke —, kann das, was fehlt, dann nur noch dadurch ausgeglichen werden, daß die Industrie in der Tat entscheidend gekürzt wird. Diese entscheidenden Kürzungen machen uns Sorge genug, und ich glaube, es ist nicht sehr sinnvoll, wenn wir über eine erzwungene Ausfuhr dazu kommen, die deutsche Industriekapazität von 135, die wir schon einmal hatten, sagen wir: auf 120 oder, was weiß ich, auf 114 zurückzuführen. Das kann nicht im Interesse Europas liegen.
Nun noch ein Wort zur Haushaltsfrage! Die Haushaltsmenge, sagte ich, beträgt 20 Zentner für dieses Kohlenwirtschaftsjahr, das am 1. April 1951 begonnen hat. Im ersten Vierteljahr sind nur zwei Zentner — der sommerlichen Wärme entsprechend — geliefert worden, für die letzten drei Vierteljahre müssen also pro Quartal nach den Richtmengen für den Haushalt sechs Zentner geliefert werden. Frage: Wer tut das? Für diese Dinge ist nicht allein der Bund zuständig, sondern dafür sind die Länder ebenso wichtig wie der Bund. Der Bund hat j a keinen eigenen Unterbau, und die entsprechenden Kontroll- und Lenkungsaufgaben müssen naturnotwendigerweise von den Ländern übernommen werden. Ich habe mich sehr dafür interessiert, festzustellen, was denn nun von den sechs Zentnern des laufenden Vierteljahres, das schon am 1. Juli begann, in der Tat geliefert worden ist. Es liegen nur Ziffern für die Zeit bis zum. 5. 9. vor. Aber der Herr Bundeswirtschaftsminister hat bereits darauf hingewiesen, daß im Durchschnitt für Hausbrand hier eine Zulieferung von 92,7 %, also in ungefähr entsprechender Relation erfolgt ist, daß also vom Bund her diese Dinge weitgehend erfüllt sind. Für die Industrie sind statt 100 % im Schnitt sogar 112,6 % geliefert und, da es noch nicht so kalt war, der Haushaltsbelieferung vorgezogen worden, was dann hinterher ausgeglichen werden kann.
Ich meine, diese Feststellung genügt, um darzutun, daß der Bund als solcher in vollem Umfange seine Pflicht getan hat. Ich kann zu meinem Bedauern nicht feststellen, daß das bei den Ländern ebenso gelaufen ist. Nach den Vereinbarungen, die mit den Ländern bestanden haben, sollte die Verteilung auf die Haushaltungen über die Eintragungen in die Haushaltslisten erfolgen. Es waren dabei diejenigen Haushaltungen zugrunde gelegt worden, die bei der Volkszählung im vergangenen Jahr festgestellt wurden. Es waren rund 14,3 Millionen Haushalte. Leider sind bei vielen Ländern und bei vielen Kreisen und Kreisgemeinden die Haushaltungen anders und in größerer Zahl aufgeschlüsselt worden. Wenn es so ist, können die Dinge natürlich nicht funktionieren. Leider hat auch der Städtetag der Aufstellung der Haushaltslisten sehr lange Widerstand entgegengesetzt, so daß die Haushaltslisten zum Teil zu spät gekommen sind. Es ist aber so, daß in einzelnen Ländern — ich nenne besonders das Land Schleswig-Holstein — die Dinge durch einen tüchtigen Referenten in Ordnung gekommen sind. In anderen Ländern haben wir entschiedene Schwierigkeiten. Ich meine also, daß das, was an berechtigter Kritik und an echter Sorge da ist, in allererster Linie seinen Niederschlag in der Kritik an den Ländern finden muß.
Wir werden weiter dafür sorgen, daß die mit den Ländern vereinbarten Mengen nach dem Länderschlüssel in der Tat geliefert werden. Das ist uns allen ein persönliches Anliegen. Ich habe dem Hohen Hause schon sagen können, daß dieses persönliche Anliegen auch von unserem Wirtschaftspolitischen Ausschuß gewissermaßen in Geschäftsführung ohne Auftrag noch einmal für Sie alle wahrgenommen worden ist. Wir werden das auch in der weiteren Zukunft unter allen Umständen tun.
Was jetzt noch zu tun ist, muß, wie gesagt, auf der anderen Ebene geschehen. Unter diesen Voraussetzungen können wir in dem Antrag der KPD keinen Sinn erblicken. Wir sind nicht in der Lage, die Kohlenmenge künstlich heraufzusetzen. Ich beantrage für meine Freunde, den Antrag der KPD abzulehnen, da das Übrige, was getan werden muß, nämlich die Senkung der Ausfuhrquote, von der Bundesregierung bereits vorgenommen worden ist. Ich bitte also, den Antrag der KPD abzulehnen.