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ID0116304500

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    Deutscher Bundestag — 163. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 18. September 1951 6593 163. Sitzung Bonn, Dienstag, den 18. September 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . 6594B, D, 6639C Eintritt des Abg. Funcke in den Bundestag 6594B Änderungen der Tagesordnung 6594C Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betreffend Behandlung Nordhessens als Notstandsgebiet (Nr. 2434 der Drucksachen) 6594C, 6605D Freidhof (SPD), Interpellant . . . 6594D Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 6596B, 6602A Dr. Leuchtgens (DP) 6597D Sabel (CDU) 6598B Dr. Arndt (SPD) 6599C Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 6601A Weickert (BHE-DG) 6605D Ausschußüberweisung 6605D Teilnahme von Mitgliedern des Britischen Parlaments als Gäste an der Sitzung . . . 6602A Präsident Dr. Ehlers 6602A, 6605C Mr. Woodburn, Leiter der britischen Delegation 6603A Erste Beratung des von der Fraktion des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Bewahrungsgesetzes (Nr. 2366 der Drucksachen) 6605D Frau Wessel (Z), Antragstellerin 6606A, 6613B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 6608B Ewers (DP) 6608D Frau Korspeter (SPD) 6609C Frau Niggemeyer (CDU) 6611B Frau Thiele (KPD) 6612A Dr. Hammer (FDP) 6612D Ausschußüberweisung 6613C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend Sicherung des Kohlenbedarfs der Bevölkerung und der deutschen Friedensindustrie (Nr. 2540 der Drucksachen) 6594C, 6613C Renner (KPD), Antragsteller 6613D, 6621A Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 6615A Imig (SPD) 6617C Etzel (Duisburg) (CDU) 6619B Dr. Preusker (FDP) 6622B Dr. Bertram (Z) 6623B Ausschußüberweisung 6623D Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung (Nr. 2494 der Drucksachen) 6623D Frau Kipp-Kaule (SPD), Antragstellerin 6623D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 6624C Becker (Pirmasens) (CDU) 6624D von Thadden (DRP) 6625B Ausschußüberweisung 6625C Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abänderung des Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiete der Sozialversicherung (Nr. 2513 der Drucksachen) 6625C Arndgen (CDU) (zur Geschäftsordnung) 6625D Ausschußüberweisung 6625D Erste Beratung des vom Bundesrat eingegebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (Nr 2471 der Drucksachen) 6625D Ausschußüberweisung 6625D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Abwicklung der landwirtschaftlichen Entschuldung (Nr. 2526 der Drucksachen) 6625D Ausschußüberweisung 6626A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Außenhandelsstelle für Erzeugnisse der Ernährung und Landwirtschaft (Nr. 2532 der Drucksachen) 6626A Ausschußüberweisung 6626A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Zucker (Zuckergesetz) (Nr. 2431 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr 2559 der Drucksachen) 6626A Schill (CDU), Berichterstatter . . 6626B Frau Keilhack (SPD) 6627B, D Niebergall (KPD) 6629B Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . . 6629D Dannemann (FDP) 6631B Loritz: zur Sache 6631C persönliche Bemerkung 6638D Schuster (WAV) 6632A Abstimmungen 6632A Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tarifvertragsgesetzes (Nrn. 2396, 2543 der Drucksachen; Umdruck Nr. 305) 6632C Sabel (CDU) 6632C Ausschußrücküberweisung 6632C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums betreffend Manöverschäden (Nr. 2560 der Drucksachen) 6632C Matthes (DP), Antragsteller . . . 6632D Nowack (Harburg) (SPD) 6633D Niebergall (KPD) 6635A Brese (CDU) 6635B Stegner (FDP) 6635C Beschlußfassung 6635D Beratung des Antrags der Abg. Goetzendorff u. Gen. betreffend Anklage gegen Kroupa (Nr. 2496 der Drucksachen) . . . 6636A zur Geschäftsordnung: Tichi (BHE-DG) 6636A Dr. Richter (Niedersachsen) (WAV) 6636A Goetzendorff (DRP-Hosp.) . . . . 6636B Von der Tagesordnung abgesetzt . . . 6636C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend einmalige Winterbeihilfe (Nr. 2539 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Fraktion der KPD betreffend einmalige Winterbeihilfen (Nrn. 2469, 1470 der Drucksachen) 6594C, 6636C Kohl (Stuttgart), Antragsteller 6636D, 6637B Schüttler (CDU): als Berichterstatter 6636D zur Geschäftsordnung 6638C Abstimmung 6638C Nächste Sitzung 6639C Die Sitzung wird um 13 Uhr 35 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Heinrich Imig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, nicht zu übertreiben, wenn ich behaupte, daß die Sorge des einzelnen Verbrauchers in der Bundesrepublik um die Zuteilung der Kohle sich allmählich zu der Sorge entwickelt, die er einmal wegen der Zuteilung von notwendigen Lebensmitteln hatte. Diese Sorge bezieht sich ja nicht nur auf seinen Haushalt, sondern auch auf seine Arbeitsstätte und so auf die Frage, ob Kurzarbeit oder Entlassung ihm drohen oder nicht. Daß diese Menschen sich in dieser Sorge an alle möglichen Stellen wenden, ist letzten Endes eine Selbstverständlichkeit. Namentlich die Gewerkschaften werden immer wieder von Leuten überlaufen, die fragen: Was wird mit unserem Arbeitsplatz, bekommen wir Kurzarbeit oder nicht?
    Die Industriegewerkschaft Textil hat sich an Sie gewandt, Herr Bundeswirtschaftsminister. Sie hat Ihnen — wenn ich nicht irre, unter dem 7. August — einen Brief geschrieben, den sie auch in der Fachpresse veröffentlicht hat. Die Industriegewerkschaft Textil ist nicht unhöflich gewesen. Sie hat bis zum 11. September gewartet und dann an die Beantwortung erinnert. Soviel mir bekannt ist, hat die Gewerkschaft bis heute noch keine Antwort auf ihren Brief bekommen.

    (Hört! Hört! links. — Abg. Renner: Das ist die Sorge, die er sich macht!)

    Ich glaube nicht, daß die Industriegewerkschaft Textil angenommen hat, sie werde mit diesem Brief an Sie alle ihre Sorgen los. Es wäre aber zumindest ein Akt der Höflichkeit gewesen, ihr jetzt auf diesen Brief zu antworten, damit die Gewerkschaft die ewigen Fragen ihrer Mitglieder hätte beantworten können.
    Ich teile auch nicht, Herr Bundeswirtschaftsminister, Ihren Optimismus über unsere Versorgungslage. Sie haben dargelegt, wenn ich nicht irre, daß die Hausbrandversorgung zu 92 % sichergestellt sei.

    (Abg. Etzel [Duisburg] : Erfüllt sei! Von den Zechen geliefert!)

    — Erfüllt sei! Sehen Sie, Herr Etzel, ich bin noch nicht einmal so weit gegangen wie Sie.
    Ich habe hier einen Brief eines Kohlenhändlers aus Altenbeken.

    (Zuruf rechts: Schon wieder NordrheinWestfalen!)

    Auf Grund der Eintragungen in die Kundenlisten hat der Händler eine Bezugsberechtigung für 4307 Zentner Steinkohle und 2755 Zentner Koks. Man hat ihm für den Monat September 3 t, also 60 Zentner Steinkohle und 3 t, also 60 Zentner Koks geliefert.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Ich möchte überhaupt vor allzugroßem Optimismus warnen, selbst wenn der Kohlenhändler die 20 Zentner pro Haushalt geliefert bekommt. Bei dem Verbraucher entsteht der Eindruck, als wenn er jetzt diese 20 Zentner zu bekommen hätte.

    (Zuruf von der CDU: Hat er auch!)



    (Imig)

    — „Hat er auch", sagen Sie, Herr Kollege. Erkundigen Sie sich aber mal bei den Verbrauchern, was sie in Wirklichkeit bekommen.

    (Abg. Etzel [Duisburg]: Ländersache!)

    — Ist das eine bequeme Angelegenheit, zu sagen: Ländersache! Es wird ganz bestimmt nicht Ländersache sein, Herr Kollege Etzel, wenn ein Kohlenhändler 3 t Steinkohle und 3 t Koks bekommt, die er jetzt nach einer Kundenliste verteilen muß, die 305 Haushaltungen umfaßt.

    (Zuruf des Abg. Etzel [Duisburg].)

    Aber ich möchte auf den vorliegenden Antrag selbst eingehen. Er geht davon aus, daß man zu besseren Ergebnissen käme, wenn man die zur Verfügung stehende Kohle anders verteilte. Eins ist mir allerdings dabei nicht klar, und das ist die Frage, daß Betriebe, die für die Kriegsproduktion arbeiten, von der Belieferung ausgeschlossen werden sollen. Es wäre also zu klären, welche Betriebe eigentlich unter den Begriff „Herstellung von Kriegsproduktion" fallen würden. Wir wissen doch aus Erfahrung, daß sich letzten Endes jede Fahrrad-, jede Textilfabrik oder jede Schneiderstube auf Kriegsproduktion umstellen kann. Wir können nicht alle diese Betriebe ausschließen. Das ist schon sehr deutlich dargestellt worden. Ich erinnere an den Weltfriedensrat, der im Februar und März in Berlin getagt hat. Da hat der Franzose Yves Farges genau ausgedrückt, was damit gemeint sein sollte. Er ist sogar so weit gegangen, daß er an Quebeck erinnerte, wo einmal der Morgenthauplan geboren wurde.
    Selbstverständlich sind diese Dinge für den Bundestag keine Diskussionsgrundlage, sondern wir müssen schon von den tatsächlichen Verhältnissen ausgehen. Meiner Meinung nach ist das gar nicht so sehr ein Verteilungsproblem als vielmehr ein Problem erhöhter Produktion.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Wir würden uns wahrscheinlich viel besser stehen, wenn wir uns darüber unterhielten: Wie können mehr Kohlen gefördert werden?

    (Zustimmung bei der SPD und rechts.)

    Ich will dabei nicht auf den Bergarbeiterwohnungsbau eingehen, der bei einer anderen Gelegenheit zur Debatte stehen wird; ich will auch nicht auf die fehlenden Investitionen im Bergbau eingehen. Das Gesetz liegt auch vor und wird bereits im Wirtschaftsausschuß beraten. Ich hätte aber einige andere Momente herauszustellen.
    Wir kranken in Westdeutschland zunächst einmal hauptsächlich daran, daß wir uns seit Jahren mit der Neuordnung in der Kohlewirtschaft befassen und bis heute noch kein Resultat haben.

    (Zuruf rechts.)

    — Ich weiß nicht, Herr Kollege, was Sie dazu zu sagen haben. Paßt Ihnen der Zustand, wie er heute ist, oder möchten Sie auch eine Änderung? Daß die Neuordnung in der Kohlewirtschaft ganz bestimmt eine Änderung schafft, wird jeder Kenner der Kohlewirtschaft behaupten müssen; denn es muß doch endlich einmal festgestellt werden, wer wem verantwortlich ist.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Solange wir diese Frage nicht klären, wird's wahrscheinlich auch nicht zu einer erhöhten Produktion kommen können.
    Wir kranken weiter im Bergbau daran, daß wir nicht genügend Arbeitskräfte zur Verfügung haben. Die Fluktuation, die wir im Bergbau haben, ist derart groß, daß sogar mehr Bergarbeiter abkehren, als angelegt werden. Jetzt gilt es, einmal zu untersuchen: Warum ist das so? Warum kehren mehr Bergarbeiter ab, als angelegt werden? In dieser Frage kann man auch nicht allein mit dem Wohnungsbau helfen; da sind ganz andere Dinge maßgebend. Diese Klagen hören wir in letzter Zeit sehr oft. Der Bergmann ist an und für sich einen rauhen und herzlichen Ton gewöhnt; aber das, was sich heute im Bergbau tut, spottet beinahe jeder Beschreibung. Wenn nun die frisch angelegten Kräfte mit dieser Behandlung nicht einverstanden sind, so ist das sehr wohl zu verstehen.
    Ich sprach eben von der Neuordnung in der Kohlewirtschaft und davon, wer wem verantwortlich ist. Diese Neuordnung haben wir unbedingt nötig, damit nachgeprüft wird, inwieweit die organisatorischen Betriebsaufgaben durchgeführt werden. Ich will Ihnen — in rohen Zahlen — als Beispiel zwei Schachtanlagen nennen — ich komme auf die Schichtenstruktur zu sprechen die dicht nebeneinander liegen. Bei der einen Schachtanlage sind 60% produktiv beschäftigt und 40 % unproduktiv. Bei der andern Schachtanlage sind 40 % produktiv beschäftigt und 60 % unproduktiv. Wir wären die letzten, die etwas dagegen sagen würden, daß Ausbau- und Vorrichtungsarbeiten betrieben werden. Ob sie aber gerade in der heutigen Zeit der Kohlennot derart intensiv betrieben werden müssen, das ist eine andere Frage. Ich glaube ganz bestimmt, daß auch da einmal nachgesehen werden müßte.

    (Zuruf von der Mitte: Wer ist jetzt verantwortlich?)

    — Ach, wir von der Industriegewerkschaft Bergbau sind leider keine Zechenarbeiter, sondern wir können nur sagen, was wir darüber denken.

    (Abg. Renner: Na, na!)

    Es ist eine Tatsache, daß der Bergbau in der Schaffung bzw. Erhaltung günstiger Arbeits- und Lohnbedingungen immer noch nicht genügend hervorgehoben worden ist. Sie werden mir sagen: Das ist übertrieben; ihr verdient im Bergbau ganz gut! Aber, meine Damen und Herren, Sie vergessen dabei eines, und das gehört auch zu der großen Frage, warum die Leute im Bergbau nicht gehalten werden können. Sie müssen dabei immer berechnen, daß ein Bergmann mit 40 Jahren nahezu bergfertig ist. Denn augenblicklich — und lassen Sie sich die Ziffern von der Unfallberufsgenossenschaft einmal darüber geben — stehen die Dinge so, daß die Steinstaublunge nahezu überhand nimmt. Geeignete Mittel, um das zu verhüten, sind bis heute noch nicht erfunden worden. Sie können sich vorstellen, daß das ganz bestimmt kein Zugmittel ist, um jetzt in den Bergbau hineinzugehen.

    (Zuruf rechts: Wo liegt denn die größte Gefährdung?)

    — Wo liegt denn die größte Gefährdung? Ja, mein lieber Mann, wissen Sie denn, was Bergbau heißt? Glauben Sie, daß Sie im Bergbau in der Lage wären, den Staub jetzt herauszuschaffen? Es ist bis heute noch nicht möglich.

    (Abg. Renner: Wie kann man denn da mehr produzieren? — Bei den Bedingungen.)

    — Herr Kollege Renner, es kommt nicht auf das Mehrproduzieren durch physische Leistung an. Ich glaube, wir beide sind uns darüber einig. Diese physischen Kräfte sind beim Bergmann nicht mehr


    (Imig)

    da, um mehr einzusetzen. Es muß jetzt eben nach andern Mitteln gesucht werden.

    (Zuruf des Abg. Renner.)

    Es ist auch bei der Kohleverteilung so — ich habe hier einen interessanten Zeitungsartikel, Herr Wirtschaftsminister! —, daß man da nicht von mehreren Verteilungsstellen ausgehen kann. Zum Beispiel habe ich hier eine Zeitungsnotiz vor mir liegen, die sagt, daß der Vorsitzende der CDU-Fraktion der Bremer Bürgerschaft, Müller-Hermann, erklärt habe, daß ihm auf Grund einer Unterredung, die er mit dem Herrn Bundeskanzler Dr. Adenauer gehabt habe, versprochen worden sein soll, 40 000 Tonnen Hausbrandkohle zusätzlich zu erhalten.

    (Zurufe von der SPD.)

    Das hat den Senator Wolters veranlaßt, einen offenen Brief an ihn zu richten, und auf diesen offenen Brief ist dann zugegeben worden, daß Bremen eine Aufstockungsquote von 40 000 Tonnen erhalten sollte. Diese 40 000 Tonnen sind ein Viermonatsbedarf von Bremen.
    Ich glaube kaum, daß man auf diese Art und Weise Kohlen verteilen kann; denn ich bin mir klar darüber, daß bei der Mangellage, in der wir sind, diese 40 000 Tonnen irgendwoanders weggenommen werden mußten, wo sie jetzt selbstverständlich fehlen.

    (Abg. Renner: In Bremen sind auch Wahlen!)

    Es wäre vielleicht auch zweckmäßig, diese Zahlen,
    die uns da genannt worden sind, einmal zu überprüfen.
    Ich beantrage daher, diesen Antrag dem Wirtschaftsausschuß zu überweisen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Etzel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Franz Etzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und meine Herren! Der Mangel an Kohle ist in deutschen Landen eine Angelegenheit echter Sorge und auch, wie wir heute wieder gesehen haben, ein beliebtes Agitationsmittel. Ich meine, wir in diesem Hause sollten uns mit der Frage der Kohleversorgung nur als eine Angelegenheit echter Sorge befassen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Die Auskunft der Bundesregierung und das, was wir selbst über diese Dinge wissen, geben meines Erachtens ein eindeutiges Bild. Wir haben uns im Ausschuß für Wirtschaftspolitik, ohne einen ausdrücklichen Auftrag dieses Hohen Hauses zu haben, aber in einer Art Geschäftsführung ohne Auftrag, eben wegen dieser Sorge, vor den Ferien in drei Sitzungen — am 13. und 20. Juni und am 7. Juli 1951 — sehr eingehend mit diesem Problem befaßt, haben um Aufklärungen gebeten und diese Aufklärungen erhalten und gemeinsam mit den verantwortlichen Herren aus Bund und Ländern das gesamte Problem erörtert. Wir haben dabei erfahren, daß für das dritte Quartal bei einem Förderungssoll von 28,9 Millionen Tonnen — wobei eine Tagesförderung von 392 000 Tonnen zugrunde gelegt worden war — unter Berücksichtigung einer Exportquote von 6,2 Millionen Tonnen immer noch 3,3 Millionen Tonnen Kohlen gefehlt hätten, um dem heutigen, auf die jetzige Produktion abgestellten Bedarf nachzukommen.
    Wir haben inzwischen erfahren, daß diese Tagesförderung, die wir zugrunde gelegt hatten, mit 392 000 Tonnen zu hoch angesetzt gewesen ist. Wir haben einen Förderungsabfall auf durchschnittlich etwa 376 000 Tonnen gehabt, was gegenüber dem Zuwenig von schon 3,3 Millionen Tonnen ein weiteres Zuwenig von rund 1,2 Millionen Tonnen bedeutet hat. Das muß man sehen, und das muß man wissen.
    Wir haben uns nun vorgestellt, daß diese 3,3 Millionen Tonnen Fehlbetrag, die wir damals annahmen — die sich, wie gesagt, noch um weitere 1,2 Millionen Tonnen erhöht haben —, ausgeglichen werden könnten durch einen Rückgang des Exports um 1 Million Tonnen und eine Kohleneinfuhr von 2,3 Millionen Tonnen. Leider haben sich hier unsere Hoffnungen nicht erfüllt. Ich meine, daß die Ruhrbehörde insoweit keine gute Politik getrieben hat. Wir wissen — und darin sind wir mit der Bundesregierung einig —, daß Deutschland immer ein Kohleausfuhrland gewesen ist. Wir werden auch in den kommenden Jahren davon abhängig sein, daß wir Kohle ausführen können. Ich erinnere immer wieder daran, daß wir in Deutschland außerordentlich glückliche wirtschaftliche Verhältnisse hatten, als im Jahre 1926 infolge des großen Bergarbeiterstreiks die Engländer auf dem Markt nicht erscheinen konnten und wir in der Lage waren, unsere Kohle abzusetzen. Auch in den folgenden Jahren haben wir immer wieder Situationen gehabt, in denen es nicht leicht war, die Kohle abzusetzen, und wir haben daher ein Interesse an der Aufrechterhaltung der Märkte. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat schon mit vollem Recht darauf hingewiesen, daß wir ja doch auf eine entsprechende Ausfuhr von Kohle angewiesen sind und daß wir wertvolle Rohprodukte nur dann bekommen, wenn wir bereit sind, an die Länder, von denen wir solche Rohprodukte haben wollen, entsprechende Mengen Kohle zu liefern.
    Aber ich glaube, das deutsche Verlangen, die Kohlenexportquote um 1 Million Tonnen zu senken — und das Verlangen scheint mir maßvoll und bescheiden zu sein —, ist ein gerechtes Verlangen. Ich meine, wir sollten von dieser Tribüne aus die Berechtigung dieses Verlangens gegenüber der Ruhrbehörde und gegenüber den Alliierten noch einmal mit allem Nachdruck unterstreichen.

    (Beifall.)

    Meine Damen und Herren, um aber ein richtiges Urteil zu bekommen, scheint es mir notwendig zu sein, noch etwas anderes zu beachten. Wir haben unsere deutsche Arbeitskraft weitgehend dafür eingesetzt, im laufenden Vierteljahr die vorhandene Lücke in der Größe von 2,3 Millionen Tonnen mit freien Dollardevisen und teilweise mit einem Reexport von Stahl — den wir weiß Gott selbst brauchen könnten — zu schließen. Das ist in etwa gelungen; leider nicht ganz. Die Schwierigkeiten liegen hier im wesentlichen im Frachtenproblem. Auch hier haben wir an die alliierten Behörden, die dafür zuständig sind, berechtigte Forderungen, da die zugebilligten 3,9 Millionen Tonnen Frachtraum nicht ausreichen und wir größere Mengen brauchen. Nötig sind 5,2 Millionen Tonnen, die Mindestgröße aber, das Allerwenigste würden 4,2 Millionen Tonnen sein.
    Nun will ich mich auf den Weg begeben, den Herr Kollege Imig hier vorgezeichnet hat. Wir sollten einmal überlegen, wie man aus dieser Not überhaupt herauskommen kann. Ich stimme Herrn Kollegen Imig in vollem Umfange zu, wenn er sagte, das entscheidende Problem scheine darin zu liegen, uns Deutsche in die Lage zu versetzen, selbst hinreichend Kohle zu fördern, um auf diese Art und Weise nicht nur den echten Ausfuhrbedarf,


    (Etzel [Duisburg])

    sondern auch den deutschen Inlandsbedarf zu decken. Wir haben die Hoffnung, daß wir in dem Vierteljahr, das am 1. Oktober beginnt, die Tagesförderung auf 396 000 Tonnen und, wenn in bescheidenem Maße Sonntags- und Überschichten gefahren werden, auf 407 000 Tonnen bringen könnten. Das würde bedeuten, daß sich von dorther bereits einige Möglichkeiten eröffnen.
    Weiter scheint mir wichtig und notwendig zu sein, daß wir die erforderlichen Kapitalien schnellstens zur Verfügung stellen, die Kapitalien, welche nun einmal aufgebracht werden müssen, um die zurückgebliebenen Investitionsbeträge im Bergbau nachzuziehen und so nicht nur Wohnungen zu schaffen, sondern auch Investierungen am Kohlenstoß selbst vorzunehmen und, auf die Länge gesehen, die notwendigen Abteufungen vorzunehmen, die nun einmal erforderlich sind, um unsere Kohlenförderung entsprechend in Ordnung zu bringen.
    Was das Problem im übrigen anbelangt, so habe ich bereits gesagt: die Mangellage ist gegeben. Wir haben eine Fehlmenge von mindestens 3,3 Millionen Tonnen auch im laufenden Vierteljahr zu erwarten, und in dieser Zeit können wir nur von dem Grundsatz ausgehen, daß die Armut von der Pauverté kommt. Diese Pauverté muß aber irgendwie gelenkt und gesteuert werden. Daran ist gar kein Zweifel. Das hat auch der Bund erkannt. Wir haben bereits, im Februar beginnend, im März durch eine entsprechende Verordnung dafür gesorgt, daß die vorhandenen Kohlen in der richtigen Weise aufgeteilt werden. Zu diesem Zweck ist nach der Kohlenverordnung vom 22. 3. 1951 mit den Ländern ein sogenannter Länderschlüssel vereinbart worden. Dieser Länderschlüssel sieht bestimmte Zuweisungen an die Länder vor, und der Länderschlüssel ist als berechtigt anerkannt worden.
    Nach diesem Länderschlüssel hat sich die Bundesregierung mit voller, einmütiger Zustimmung des Ausschusses für Wirtschaftspolitik dazu entschlossen, dem deutschen Hausbrand ein gewisses Primat gegenüber der Wirtschaft zuzubilligen, allerdings nicht ein solches Primat, daß der echte Haushaltsbedarf in vollem Umfange gedeckt werden könnte.
    Herr Kollege Renner hat schon gesagt, etwa 30 Zentner sei die Menge, die im Durchschnitt in Friedenszeiten auf den Haushalt umgerechnet worden sei. Wir haben uns entschlossen, jetzt 20 Zentner zuzubilligen, und diese 20 Zentner sollen auch unter allen Umständen verteilt werden. Da im übrigen gewisse Mengen festliegen — für Verkehr, Elektrizitäts-, Gas- und Wasserwerke —, kann das, was fehlt, dann nur noch dadurch ausgeglichen werden, daß die Industrie in der Tat entscheidend gekürzt wird. Diese entscheidenden Kürzungen machen uns Sorge genug, und ich glaube, es ist nicht sehr sinnvoll, wenn wir über eine erzwungene Ausfuhr dazu kommen, die deutsche Industriekapazität von 135, die wir schon einmal hatten, sagen wir: auf 120 oder, was weiß ich, auf 114 zurückzuführen. Das kann nicht im Interesse Europas liegen.
    Nun noch ein Wort zur Haushaltsfrage! Die Haushaltsmenge, sagte ich, beträgt 20 Zentner für dieses Kohlenwirtschaftsjahr, das am 1. April 1951 begonnen hat. Im ersten Vierteljahr sind nur zwei Zentner — der sommerlichen Wärme entsprechend — geliefert worden, für die letzten drei Vierteljahre müssen also pro Quartal nach den Richtmengen für den Haushalt sechs Zentner geliefert werden. Frage: Wer tut das? Für diese Dinge ist nicht allein der Bund zuständig, sondern dafür sind die Länder ebenso wichtig wie der Bund. Der Bund hat j a keinen eigenen Unterbau, und die entsprechenden Kontroll- und Lenkungsaufgaben müssen naturnotwendigerweise von den Ländern übernommen werden. Ich habe mich sehr dafür interessiert, festzustellen, was denn nun von den sechs Zentnern des laufenden Vierteljahres, das schon am 1. Juli begann, in der Tat geliefert worden ist. Es liegen nur Ziffern für die Zeit bis zum. 5. 9. vor. Aber der Herr Bundeswirtschaftsminister hat bereits darauf hingewiesen, daß im Durchschnitt für Hausbrand hier eine Zulieferung von 92,7 %, also in ungefähr entsprechender Relation erfolgt ist, daß also vom Bund her diese Dinge weitgehend erfüllt sind. Für die Industrie sind statt 100 % im Schnitt sogar 112,6 % geliefert und, da es noch nicht so kalt war, der Haushaltsbelieferung vorgezogen worden, was dann hinterher ausgeglichen werden kann.
    Ich meine, diese Feststellung genügt, um darzutun, daß der Bund als solcher in vollem Umfange seine Pflicht getan hat. Ich kann zu meinem Bedauern nicht feststellen, daß das bei den Ländern ebenso gelaufen ist. Nach den Vereinbarungen, die mit den Ländern bestanden haben, sollte die Verteilung auf die Haushaltungen über die Eintragungen in die Haushaltslisten erfolgen. Es waren dabei diejenigen Haushaltungen zugrunde gelegt worden, die bei der Volkszählung im vergangenen Jahr festgestellt wurden. Es waren rund 14,3 Millionen Haushalte. Leider sind bei vielen Ländern und bei vielen Kreisen und Kreisgemeinden die Haushaltungen anders und in größerer Zahl aufgeschlüsselt worden. Wenn es so ist, können die Dinge natürlich nicht funktionieren. Leider hat auch der Städtetag der Aufstellung der Haushaltslisten sehr lange Widerstand entgegengesetzt, so daß die Haushaltslisten zum Teil zu spät gekommen sind. Es ist aber so, daß in einzelnen Ländern — ich nenne besonders das Land Schleswig-Holstein — die Dinge durch einen tüchtigen Referenten in Ordnung gekommen sind. In anderen Ländern haben wir entschiedene Schwierigkeiten. Ich meine also, daß das, was an berechtigter Kritik und an echter Sorge da ist, in allererster Linie seinen Niederschlag in der Kritik an den Ländern finden muß.

    (Zurufe rechts.)

    Wir werden weiter dafür sorgen, daß die mit den Ländern vereinbarten Mengen nach dem Länderschlüssel in der Tat geliefert werden. Das ist uns allen ein persönliches Anliegen. Ich habe dem Hohen Hause schon sagen können, daß dieses persönliche Anliegen auch von unserem Wirtschaftspolitischen Ausschuß gewissermaßen in Geschäftsführung ohne Auftrag noch einmal für Sie alle wahrgenommen worden ist. Wir werden das auch in der weiteren Zukunft unter allen Umständen tun.
    Was jetzt noch zu tun ist, muß, wie gesagt, auf der anderen Ebene geschehen. Unter diesen Voraussetzungen können wir in dem Antrag der KPD keinen Sinn erblicken. Wir sind nicht in der Lage, die Kohlenmenge künstlich heraufzusetzen. Ich beantrage für meine Freunde, den Antrag der KPD abzulehnen, da das Übrige, was getan werden muß, nämlich die Senkung der Ausfuhrquote, von der Bundesregierung bereits vorgenommen worden ist. Ich bitte also, den Antrag der KPD abzulehnen.

    (Beifall bei der CDU.)