Rede von
Dr.
Josef
Schatz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vereinigung Österreichs mit Deutschland im März 1938 und die Vereinigung des Sudetengebietes mit Deutschland im Oktober 1938
haben ein einheitliches Wirtschaftsgebiet entstehen lassen. Die Schaffung dieses einheitlichen Wirtschaftsgebietes hat damals die Notwendigkeit ergeben, auch die Rechtsverhältnisse auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes zu vereinheitlichen, zumindest aber anzugleichen. Infolgedessen wurden im „Dritten Reich" verschiedene Verordnungen erlassen, die im Reichsgesetzblatt erschienen sind und diese Angleichung zum Inhalt hatten. Der Grundgedanke war der, daß die Altschutzrechte, die in Österreich oder im Sudetengebiet — dort mit Ausnahme der Patente — gegolten haben, innerhalb des Altreichs und umgekehrt die Altschutzrechte im Altreich auch in den angegliederten Gebieten gelten sollten. Nachdem aber die staatsrechtliche Trennung inzwischen wieder durchgeführt wurde, sind sowohl der Grundgedanke als auch die Notwendigkeit dieser Verordnungen weggefallen. Infolgedessen hat Osterreich im Jahre 1947 von sich aus ein entsprechendes Gesetz über die Weiterbehandlung der Patente und der Altschutzrechte erlassen.
Wir im Gebiet der jetzigen Bundesrepublik waren dazu noch nicht in der Lage. Lediglich der Wirtschaftsrat hatte ein Gesetz verabschiedet, das die Grundlage für die Neuordnung auf dem Gebiete des Patentwesens schaffen sollte. Es ist dies das Erste Überleitungsgesetz auf dem Gebiete des Patentwesens. Dieses Gesetz beinhaltet jedoch nur die Zuständigkeit für die Patente und für die Anmeldungen, die beim früheren Reichspatentamt getätigt worden sind, nicht aber für die anderen Fälle. Deshalb war es bisher unklar, ob auch die Patente der Österreicher und die Patente österreichischen Ursprungs sowie die Warenzeichen österreichischen und sudetendeutschen Ursprungs von diesem Ersten Überleitungsgesetz erfaßt werden. Auf der anderen Seite wäre es unbillig, wenn
etwa die Österreicher und die Inhaber von Patenten österreichischen Ursprungs durch die staatsrechtliche Trennung geschädigt würden. Sie waren mindestens so zu stellen, als ob die Vereinigung Deutschlands mit Österreich überhaupt nicht stattgefunden hätte.
Diese Zweifel — einerseits, ob das Erste überleitungsgesetz anzuwenden sei, andererseits die Frage der Billigkeit, d. h. daß die Österreicher nicht schlechter gestellt werden dürften als in dem Falle, daß der Anschluß nicht gekommen wäre — haben die Bundesregierung veranlaßt, den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes einzubringen. Der Bundestag hat den Gesetzentwurf nach seiner ersten Lesung dem Ausschuß für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz überwiesen, der das Gesetz eingehend beraten und darüber Beschluß gefaßt hat. Der Grundgedanke des Gesetzes ist, daß jedes Altpatent und jedes Altwarenzeichen eines Österreichers oder eines Sudetendeutschen innerhalb einer Sechsmonatsfrist ab Rechtskraft dieses Gesetzes und unter der Voraussetzung, daß das Altpatent oder das Altwarenzeichen am 8. Mai 1945 noch nicht erloschen war, zur Neufestsetzung beantragt werden kann. Es werden nicht viele Fälle sein, die hier in Frage kommen. Möglicherweise werden die Österreicher und auch die Sudetendeutschen, die ja jetzt bei uns herüben wohnen, schon allein die Gebühren scheuen, die sie aufbringen müssen, um ihr Verfahren in Gang zu setzen. Aber es war notwendig, dieses Gesetz zu schaffen, um die Entflechtung — wenn ich so sagen darf — auf diesem Gebiete eintreten zu lassen.
Der Ausschuß für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz hat die einzelnen Paragraphen behandelt, so wie sie der Rechtsausschuß des Bundesrats und der Bundesrat selbst einstimmig durchberaten und genehmigt hatten. Der Patentrechtsausschuß hat sich mit Sinn, Zweck und Motiven befaßt und hat ebenfalls einstimmig dieses Gesetz beschlossen. Allerdings war der Ausschuß gezwungen, verschiedene Korrekturen an dem Gesetz vorzunehmen bzw. verschiedene Anpassungen zu beschließen. Ich darf dazu folgendes sagen:
In § 1 dieses Gesetzes ist eine begriffliche Klarstellung der Bezeichnungen der Verordnungen erfolgt, die im „Dritten Reich" geschaffen worden sind. Hier hat die Regierung einen neuen Weg in der Explizierung von Gesetzen eingeschlagen; und das ist richtig. Wenn in ein Gesetz so viel aus verschiedenen früheren Gesetzen eingegangen ist, dann ist es wertvoll, die Gesetze einzeln aufzuführen, damit man genau weiß: unter diesem Gesetz ist dasjenige zu verstehen, das — so und so bezeichnet - im Reichsgesetzblatt erschienen war. Hier hat allerdings der Patentrechtsausschuß in § 1 Ziffer 1 des Ersten Überleitungsgesetzes noch hinzugefügt: Erstreckt durch Verordnung der Bundesregierung vom 24. September 1949, Bundesgesetzblatt . Seite 29, auf die Länder Baden, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Hohenzollern und den bayerischen Kreis Lindau. — Dies war notwendig, weil das Erste Überleitungsgesetz des Wirtschaftsrates zunächst nur zonal geschaffen worden war und erst später, im September 1949, durch die Bundesregierung weiter erstreckt wurde.
Außerdem hat der Patentrechtsausschuß beschlossen, in § 4, welcher besagt, daß innerhalb sechs Monaten ab Rechtskraft dieses Gesetzes der Antrag auf Aufrechterhaltung gestellt sein muß, noch einen Abs. 2 einzufügen. Der Ausschuß war
durch folgende Erwägungen dazu gezwungen: Verschiedene österreichische Staatsangehörige hatten bei Erlaß des Ersten Überleitungsgesetzes bereits geglaubt, daß auch für sie jetzt die Zeit gekommen sei, ihren Antrag auf Aufrechterhaltung der Altschutzrechte zu stellen. Diese Leute haben deshalb beim Deutschen Patentamt in München formell diesen Antrag gestellt. Nachdem uns dies im Ausschuß bekanntgeworden war, haben wir beschlossen, in Abs. 2 des § 4 zu bestimmen, daß Aufrechterhaltungsanträge, die bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes beim Deutschen Patentamt gestellt worden sind, nicht wiederholt zu werden brauchen.
In § 5 ist in der Formulierung „Das Patentamt beschließt" das Wort „beschließt" durch das Wort „entscheidet" ersetzt worden; denn das ist der sprachliche Textgebrauch, wie er bisher überall üblich war.
Ein gut Teil der Beratungen im Patentausschuß bildete der Vierte Teil des Gesetzes, nämlich die Verlängerung der Prioritätsfristen. Österreich hat im Jahre 1947 ein Patentschutzüberleitungsgesetz und ein Markenschutzüberleitungsgesetz geschaffen. In § 13 des erstgenannten und in § 10 des letztgenannten Gesetzes wurde beschlossen, daß Prioritätsrechte ausländischer Staatsangehöriger von Osterreich dann respektiert und aufrechterhalten werden, wenn von dem anderen Staat eine Gegenseitigkeit gewährleistet ist. Die Bundesrepublik hatte bisher keine Möglichkeit, diese Gegenseitigkeit zu gewährleisten. In § 27 dieses Gesetzes ist dies nun geschehen.
Während der Beratungen im Patentrechtsausschuß hat sich noch herausgestellt, daß Österreich inzwischen einem Abkommen von Neuchâtel beitrat, in welchem auch die Frage der international registrierten Fabrik- und Handelsmarken geregelt wurde. Auch hier hat Österreich von sich aus beschlossen, allen Staatsangehörigen anderer Länder die Möglichkeit der Erneuerung ihrer international registrierten Marken zu geben, wenn das betreffende Land von sich aus die Gegenseitigkeit gewährt.
Der Ausschuß hat deshalb den Vierten Teil des Gesetzentwurfes neu gefaßt. Der bisherige § 28 wurde zu Abs. 3 des § 27, weil er auch rein materiell dorthin gehört. Als § 28 wurde neu die Bestimmung eingeführt, daß die Bundesrepublik für die Erneuerung von international registrierten Fabrik- oder Handelsmarken Gegenseitigkeit gewährt. Das kommt sowohl den österreichischen als auch den deutschen Staatsangehörigen zugute, die auf diese Weise die Möglichkeit haben, ihre in Österreich etwa nicht erneuerten international registrierten Marken neu registrieren zu lassen.
Diese Änderungen finden Sie in dem Mündlichen Bericht Drucksache Nr. 2508 vor; dort ist der frühere § 28 als § 27 Abs. 3 aufgeführt, der neue § 28 ist fettgedruckt. Darüber hinaus war die bisherige Überschrift des Vierten Teils „Verlängerung von Prioritätsfristen" durch die Worte zu ergänzen „und Erneuerung von international registrierten Marken". In der Drucksache Nr. 2508 ist aber in Abs. 3 des § 27, der bisher § 28 gewesen ist, ein Fehler unterlaufen, den ich hiermit korrigieren möchte. Bisher hieß der Abs. 3 des § 27:
Dritte, die vor dem Tag der Nachanmeldung und früher als ein Jahr vor dem nach § 27 zu bestimmenden Tag . . .
Nachdem der bisherige § 28 in den § 27 als Abs. 3 eingefügt wurde, muß der Text anders, nämlich folgendermaßen lauten:
Dritte, die vor dem Tag der Nachanmeldung und früher als ein Jahr vor dem Ablauf der nach Abs. 1 verlängerten Prioritätsfristen .. .
Durch diese Änderung ist eine gesetzestechnische Klarstellung geschaffen.
In dem neu eingefügten § 28 ist durch den Setzerlehrling ein Fehler entstanden, der ebenfalls korrigiert werden muß. In der achten Zeile des § 28 der Drucksache Nr. 2508 muß das Wort „Registratur" durch das Wort „Registrierung" ersetzt werden.
Das sind die Änderungen, die der Patentrechtsausschuß an diesem Gesetzentwurf nach eingehender Beratung einstimmig vorgenommen hat.
In § 29 sind die Schlußbestimmungen enthalten; sie beinhalten die Aufhebung sämtlicher Verordnungen, die das „Dritte Reich" in puncto Patentwesen und gewerblicher Rechtsschutz für Österreich und das Sudetengebiet erlassen hatte. Zunächst stieß man sich an der Formulierung „soweit sie nicht bereits außer Kraft getreten sind". Hierzu wurde aber gesagt, daß verschiedene Länderkommissare bzw. damals noch Truppenführer der Armeen von
sich aus derartige Gesetze formell aufgehoben hätten; es sei jedoch zu bezweifeln, ob die Aufhebung tatsächlich formell gültig sei. Kurzum, wir haben es deshalb bei dieser Gesetzesformulierung belassen. Sollte ein solches Gesetz bereits aufgehoben sein, so schadet es nichts, wenn hier doppelt genäht wird.
§ 30 enthält die Bestimmung über das Inkrafttreten des Gesetzes.
Ein Mitglied des Ausschusses hatte es für zweckmäßig gehalten, die sogenannte Berlin-Klausel einzufügen, d. h. die Klausel, daß sich das Gesetz auch auf Berlin erstreckt. Der Vertreter des Justizministeriums erklärte hierzu, dem Ministerium sei bei der Abfassung des Entwurfs dieser Gedanke durchaus nicht entgangen. In Berlin bestehe aber ein Gesetz, welches bestimme, daß alle in der Bundesrepublik beschlossenen Patentgesetze und Gesetze über gewerblichen Rechtsschutz automatisch durch ein Berliner Gesetz auf das Berliner Gebiet ausgedehnt würden. Damit haben wir uns zufrieden gegeben und den Gedanken fallen gelassen.
Meine verehrten Damen und Herren, wie ich Ihnen schon sagte, hat der Patentrechtsausschuß nach genauer Prüfung und Beratung diese Fassung des Gesetzentwurfes einstimmig beschlossen. Ich habe Sie zu bitten, dem Gesetzentwurf Ihre Zustimmung zu geben.