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ID0116203200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 162. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. September 1951 6561 162. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. September 1951. Nachruf des Präsidenten auf den verstorbenen Abg. Dr. Hamacher 6564A Eintritt des Abg. Hoffmann (Lindlar) in den Bundestag 6564B Geschäftliche Mitteilungen . . . . 6564B, 6591D Niederlegung des Mandats durch den Abg. Dr. Dr. Höpker-Aschoff aus Anlaß seiner Wahl zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts 6564C Austritt des Abg. Bahlburg aus der Fraktion der DP 6564C Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Kündigungsschutzgesetz 6564C Strafrechtsänderungsgesetz 6564C Gesetz über die Gewährung von Zulagen in den gesetzlichen Rentenversicherungen 6564C Gesetz über den Sitz der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung 6564C Zweiten Gesetz zur Änderung des Soforthilfegesetzes 6564C Gesetz über die Verteilung des erzielten Reingewinns der Bank deutscher Länder in den Geschäftsjahren 1950 und 1951 6564D Übergangsgesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung der Bank deutscher Länder 6564D Gesetz über die Errichtung der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein . . 6564D Gesetz zur Änderung des Gesetzes betreffend die Ermöglichung der Kapitalkreditbeschaffung für landwirtschaftliche Pächter 6564D Zweiten Gesetz zur Überleitung von Lasten und Deckungsmitteln auf den Bund 6564D Gesetz zur Regelung der Besteuerung des Kleinpflanzertabaks im Erntejahr 1951 6564D Zweiten Gesetz zur Änderung des Tabaksteuergesetzes 6564D Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes 6564D Gesetz über die einstweilige Gewährung einer Teuerungszulage zur Abgeltung von Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln 6564D Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Viehzählungen vom 31. Oktober 1938 6564D Gesetz zur Verlängerung des Gesetzes zur Sicherung der Düngemittel- und Saatgutversorgung 6564D Gesetz über die Errichtung eines Kraftfahrt-Bundesamtes 6564D Gesetz über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1951/52 und über besondere Maßnahmen in der Getreide- und Futtermittelwirtschaft 6564D Gesetz zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln 6565A Gesetz über das Protokoll von Torquay vom 21. April 1951 und den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen vom 30. Oktober 1947 6565A Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von GroßBerlin (West) 6565A Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit 6565A Gesetz über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung 6565A Zweiten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau 6565A Gesetz über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1951 6565A Bundesbahngesetz 6565A Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuerrechts 6565A Gesetz zur Durchführung des Art. 108 Abs. 2 des Grundgesetzes 6565A Gesetz zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes 6565A Anfrage Nr. 174 der Abg. Dr. Wuermeling u. Gen. betr. Existenzsicherung der Familien der Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes (Nrn. 2072, 2512 der Drucksachen) 6565B Anfrage Nr. 193 der Fraktion der SPD betr. Soforthilfegesetz in der französischen Besatzungszone (Nrn. 2306, 2535 der Drucksachen) 6565B Anfrage Nr. 194 der Fraktion der SPD betr. Ausbildung Schwerbeschädigter (Nrn. 2307, 2515 der Drucksachen) 6565B Anfrage Nr. 200 der Fraktion der SPD betr. Verkehrsunfälle an Bahnübergängen (Nrn. 2436, 2514 der Drucksachen) 6565B Anfrage Nr. 202 der Fraktion der FDP betr. Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (Nrn. 2505, 2527 der Drucksachen) 6565B Bericht des Herrn Bundesministers für Verkehr betr. Untersuchungen zur Bundesstraße 51 (Nr. 2507 der Drucksachen) . . . 6565C Bericht des Bundeskanzlers über das Programm für die Betreuung der deutschen Jugend (Nr. 2525 der Drucksachen) . . . . 6565C Bericht des Bundeskanzlers betr. Erfüllung der Wünsche des Bundestags hinsichtlich 11 der Verwendung von Naturwerksteinen für Bauvorhaben (Nr. 2030 der Drucksachen) 6565C Bericht des Bundesministers für Arbeit betr. Verhandlungen über die Freigabe der Vermögen der in Berlin stillgelegten Sozialversicherungsträger (Nr. 2547 der Drucksachen) 6565C Vorlage von Verordnungen der Bundesregierung betr. Verwendungsbeschränkungen von Kobalt und Kobaltverbindungen (VO NEM V/51) 6565C Verwendungsbeschränkungen von Nickel und Nickellegierungen (VO NEM IV/51) 6565C Verwendungsbeschränkungen für Baumaterial (VO Bau I/51) 6565D Preise für Zucker 6565D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts (Nr. 2504 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Erhöhung der Pensionen (Nr. 2511 der Drucksachen), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Anpassungsmaßnahmen für Altpensionäre und Althinterbliebene (Nr. 2445 der Drucksachen), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. § 52 Abs. 3 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (Nr. 2439 der Drucksachen) sowie in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Erhöhung der Bezüge für Pensionäre und den unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personenkreis (Nr. 2470 der Drucksachen): zur Tagesordnung: Scharnberg (CDU) 6565D Mellies (SPD) 6565D Renner (KPD) 6566A Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 6566B Absetzung von der Tagesordnung . . . 6567A Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Sicherung des Kohlenbedarfs der Bevölkerung und der deutschen Friedensproduktion (Nr. 2540 der Drucksachen): zur Tagesordnung: Scharnberg (CDU) 6565D Mellies (SPD) 6565D Renner (KPD) 6566A Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen 6567A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Finanzierung eines Sofortprogramms zur Arbeitsbeschaffung im Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2533 der Drucksachen) 6567A zur Tagesordnung: Dr. Wellhausen (FDP) 6567B, C Mellies (SPD) 6567B Renner (KPD) 6567D Sabel (CDU) 6568A Ausschußüberweisung 6568B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Handelsabkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Königlich Ägyptischen Regierung (Nr. 2410 der Drucksachen) . . 6568C Ausschußüberweisung 6568C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Handelsvertrag vom 2. Februar 1951 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Chile (Nr. 2534 der Drucksachen) 6568D Ausschußüberweisung 6568D Erste, zweite und dritte Beratung des vom Deutschen Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anwendung des Gesetzes zur Aufhebung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft in Berlin (Nr. 2429 der Drucksachen) 6568D Beschlußfassung 6569A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ordnung des Schornsteinfegerwesens (Nr. 2520 der Drucksachen) 6569A Ausschußüberweisung 6569B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über internationale Vereinbarungen auf dem Gebiete des Zollwesens (Nr. 2519 der Drucksachen) 6569B Ausschußüberweisung 6569B Beratung des Entwurfs einer Verordnung über Zolländerungen (Nr. 2544 der Drucksachen) 6569B Dr. Wellhausen (FDP) (zur Geschäftsordnung) 6569C Ausschußüberweisung 6569B, C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Prämien zur Förderung des Wohnungsbaues (Wohnungsbau-Prämiengesetz) (Nr. 2488 der Drucksachen) 6569B Ausschußüberweisung 6569C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Einrichtung von Familienausgleichskassen (Nr. 2427 der Drucksachen) 6569D Winkelheide (CDU), Antragsteller . 6569D Richter (Frankfurt) (SPD) 6571C Naegel (CDU) 6573C Willenberg (Z) 6575B Dr. Hammer (FDP) 6575C Renner (KPD) 6576B Frau Kalinke (DP) 6577B Arndgen (CDU) 6578D Ausschußüberweisung 6579A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tarifvertragsgesetzes (Nr. 2396 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) (Nr. 2543 der Drucksachen, Änderungsantrag Umdruck Nr. 300) 6579A Karpf (CSU), Berichterstatter . . 6579B Degener (CDU) 6580A Ludwig (SPD) 6580C, D Sabel (CDU) 6580C Frau Kalinke (DP) 6580D Mellies (SPD) 6581C Abstimmungen 6581A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes (Nr. 2164 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz (16. Ausschuß) (Nr. 2508 der Drucksachen) . . . . 6581C Dr. Schatz (CSU), Berichterstatter . 6581C Beschlußfassung 6583B Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betreffend Bundesbaugesetz (Nr. 2442 der Drucksachen) . . 6583D Albers (CDU), Antragsteller . . . . 6583D Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 6584D, 6587A Fürst zu Oettingen-Wallerstein (BP) 6585A Erler (SPD) 6585B Wirths (FDP) 6586C Beschlußfassung 6587C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Verkehrsbauten (Nr. 2493 der Drucksachen) 6587C Meyer (Bremen) (SPD), Antragsteller 658'7D Rademacher (FDP) 6588C Ausschußüberweisung 6588C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend Freilassung der an Frankreich ausgelieferten deutschen Staatsangehörigen — Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Überprüfung der Begleitumstände dieser Auslieferung und Schließung der Werbebüros für die Fremdenlegion usw. (Nr. 2541 der Drucksachen) 6588D Renner (KPD), Antragsteller . . . . 6588D Dr. Krone (CDU) 6591A Ausschußüberweisung 6591A Beratung der Übersicht Nr. 36 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 298) 6591C Beschlußfassung 6591C Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 301) . . . . 6591C Beschlußfassung 6591C Nächste Sitzung 6591D Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Willi Richter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Winkelheide im einzelnen einzugehen; denn die gleichen Ausführungen wurden in einer ausgiebigen Debatte zu dem gleichen Problem in der Sitzung gemacht, in der drei Anträge zugrunde gelegen haben: der Antrag Drucksache Nr. 163 der CDU/CSU, in dem die Regierung ersucht wurde, dem Hohen Hause einen Gesetzentwurf über die Familienausgleichskasse zu unterbreiten, der Antrag des Zentrums, Drucksache Nr. 740, der grundsätzlich die gleiche Absicht verfolgte, und der Antrag meiner Fraktion, der SPD, Drucksache Nr. 774, der wie der heutige Antrag einen Initiativgesetzentwurf darstellt.
    Nun hat der Abgeordnete Winkelheide in seinen Schlußausführungen gewünscht, der Ausschuß für Sozialpolitik möge die Dinge möglichst bald behandeln. Der gleichen Ansicht bin auch ich. Der Ausschuß hat den Antrag der CDU/CSU, Drucksache Nr. 163, verabschiedet. Sie haben dem Antrag des Ausschusses zugestimmt, und die Überweisung an die Regierung — mit der Aufforderung auf Unterbreitung eines Gesetzentwurfes über die Errichtung von Familienausgleichskassen — ist beschlossen worden. Der Entwurf ist uns, wie Herr Winkelheide richtig sagte, bis heute noch nicht unterbreitet worden, so daß wir noch nicht Stellung dazu nehmen konnten. Aber die anderen Anträge, der Antrag des Zentrums und der Initiativgesetzentwurf der SPD, betreffend Gewährung allgemeiner Kinderbeihilfen, sind im Ausschuß für Sozialpolitik in fünf Sitzungen behandelt worden. Der Ausschuß für Sozialpolitik hat aus seiner Mitte eine Kommission gebildet, der Abgeordnete der SPD, der CDU, der FDP und der DP angehörten. Diese Kommission hat meiner Ansicht nach wertvolle Arbeit geleistet. Sie hat die Grundsätze festgelegt, konnte jedoch die Angelegenheit dem Ausschuß für Sozialpolitik noch nicht überweisen, da die Sache auf die Bitte des Abgeordneten Arndgen von der CDU/CSU in der damaligen Sitzung zurückgestellt wurde, bis ein Entwurf oder Gedankengänge seiner Fraktion — insbesondere der Herren Kollegen Winkelheide und Even — der Kommission bzw. dem Ausschuß unterbreitet würden, und — Herr Kollege Arndgen ist anwesend — diesem Wunsche haben wir selbstverständlich stattgegeben. So hat es mich einigermaßen überrascht, daß dieser Wunsch auf einmal in der Form eines Antrags dem Hause unterbreitet wird und nicht — wie ich und alle die Kollegen, die in dieser Kommission saßen, erwartet haben — als ein Vorschlag für die Kommission. Aber das hat


    (Richter [Frankfurt])

    formell nichts zu sagen. Das Entscheidende ist, daß uns nun endlich die Gedanken, die den Anhängern der Familienausgleichskasse vorschweben, in Form eines Gesetzentwurfs unterbreitet worden sind, und daß wir nun - nachdem wir die Meinung aller Fraktionen, und besonders der maßgebenden gehört haben — im Ausschuß für Sozialpolitik an das Problem herantreten können, um es abschließend zu behandeln.
    Dazu darf ich noch sagen, daß auch der Bundesrat sehr aktiv war und vor Jahren einen Arbeitkreis eingerichtet hat, der unter Führung des bekannten Sozialpolitikers Herrn Professor Polligkeit aus Frankfurt in wiederholten Sitzungen die Grundsätze erarbeitet hat. Sowohl die Kommission des sozialpolitischen Ausschusses des Bundestags als auch der Arbeitskreis des Bundesrats sind sich über die Grundsätze einig. In einer gemeinsamen Sitzung, in der auch Kollegen Ihrer Fraktion, der CDU/CSU, der antragstellenden Fraktion, anwesend waren, hat man sich auf das Wesentliche verständigt. Das Wesentliche ist aber nicht die Errichtung von Familienausgleichskassen. In diesen beiden Gremien wünschte man überhaupt nicht die Errichtung neuer Behörden und Institutionen, eben aus den Erwägungen, die Herr Winkelheide hier soeben so laut und deutlich zum Ausdruck gebracht hat, aus den Erwägungen, keine neuen bürokratischen Einrichtungen zu schaffen, die nur Geld kosten, die Zeit in Anspruch nehmen, die Formulare brauchen, Herr Kollege Winkelheide, und die deshalb nur zur Verteuerung und zur Inanspruchnahme von Beitragsmitteln führen würden.
    Man ist allerdings der Ansicht, daß diese allgemeinen Kinderbeihilfen an jedermann gewährt werden sollen, ganz gleich, ob es sich um einen Arbeitnehmer, um einen Landwirt, um einen Handwerker, um einen frei Schaffenden oder sonstigen Gewerbetreibenden handelt.
    Diese Personengruppen, d. h. alle Einkommensteuerpflichtigen, ob Arbeitnehmer oder Selbständige, bekommen bereits seit Jahren über die Einstufung in Steuerklasse III eine Ermäßigung, nur mit dem einen Unterschied, daß für drei und mehr Kinder die monatliche Steuerermäßigung bei Lohn-und Gehaltsempfängern mit Bezügen von 200 DM im Monat, also bei den Arbeitern und unteren Angestellten, nur 4,55 DM, von 300 DM nur 16,25 DM, bei 600 DM Monatseinkommen 63,35 DM und bei 1000 DM Monatseinkommen und bei fünf Kindern 106,70 DM beträgt. Sehen Sie, da haben wir ja schon eine staatliche Kinderbeihilfe, wenn Sie sie so nennen wollen, auf dem Wege über die Steuerklasse III. Das halten wir aber nicht für gerecht, und die Ausschüsse des Bundestages sowie der Arbeitskreis des Bundesrates waren sich darüber einig, daß diese Ungerechtigkeit beseitigt werden muß. Das heißt auf gut deutsch: die Steuerklasse III hat in diesem Aufbau, den sie jetzt hat, keine Daseinsberechtigung mehr; hier muß eine Umformung erfolgen.
    Es ist praktisch so, daß ein Arbeitnehmer oder Selbständiger mit einem Monatseinkommen von 1000 DM für seine fünf Kinder noch 106 DM Kinderermäßigung erhält, daß er, der schon viel verdient, noch eine relativ hohe Steuerermäßigung bekommt, während der andere, der ebenfalls fünf Kinder zu sättigen und zu kleiden hat, nur ein paar Mark bekommt. Dieser Weg ist nicht mehr gangbar. Das kann nicht mehr aufrechterhalten werden. Deswegen werden wir im Ausschuß dahin-
    gehende Anträge stellen, wie wir es in den gemeinsamen, wirklich fruchtbringenden und in Einmütigkeit durchgeführten Beratungen des Bundestagsausschusses und des Bundesratsgremiums bereits getan haben.
    Nun sagt Herr Winkelheide, daß vom dritten Kind ab eine Kinderbeihilfe durch die Familienausgleichskasse gewährt werden soll. Meine Damen und Herren, da kann man doch nicht mehr von Kinderbeihilfen allgemeiner Art sprechen. Wieviel dritte und mehr Kinder haben wir denn? Es sind insgesamt zwei Millionen von 11 820 000 Kindern bis zum 15. Lebensjahr. Es handelt sich also um einen ganz geringen Prozentsatz, wenn es erst ab drittem Kind geht, und zwar um 18 v. H. aller Kinder in der Bundesrepublik, für die dann eine Kinderbeihilfe nach den Vorschlägen des Herrn Kollegen Winkelheide und seiner Fraktion gewährt wird. Davon müßten Sie noch die Zahl der Kinder abziehen, deren Väter im öffentlichen Dienst stehen, also Beamte, Eisenbahner, Post- und Gemeindebedienstete usw. Dafür können Sie etwa 4 oder 5 % abziehen. Ich kann Ihnen den Prozentsatz nicht genau sagen; aber soviel werden es sein, die bereits Kinderbeihilfen bekommen. Dieser an sich wirklich vorzüglichen, von jedermann zu unterstützenden Idee der Gewährung von Kinderbeihilfen leisten Sie mit Ihren Vorschlägen einen recht geringen Dienst; sie enthalten weniger als das, was sich die Leute draußen in den letzten Wochen, seitdem Ihr Antrag vorliegt — nehmen Sie mir das nicht übel —, vorstellen, erhoffen und zu erhalten glauben.
    Sehen Sie mal, Sie wollen ab drittem Kind eine Kinderbeihilfe gewähren. Es ist doch wohl noch in Erinnerung, denn es ist noch gar nicht so lange her, daß die Bundesrepublik Mitglied des Internationalen Arbeitsamtes geworden ist und daß auf der Konferenz der internationalen Arbeitsorganisation, an der die Bundesrepublik Deutschland erstmals offiziell wieder als Mitglied teilnehmen konnte, in dem Ausschuß für soziale Sicherheit mit Zustimmung aller Arbeitnehmer und teilweiser Zustimmung der Arbeitgeber und überwiegender Zustimmung der Regierungsvertreter beschlossen wurde, die Kinderbeihilfen allüberall vom zweiten Kind ab einzuführen. Es ist bedauerlich — ich kann es ja so nebenbei mal erwähnen; Sie haben ein Recht darauf, es zu erfahren —, daß der deutsche Regierungsvertreter sich in dieser Frage der Stimme enthalten hat.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich will auf die Einzelheiten nicht eingehen. Die Gewährung einer Kinderbeihilfe erst vom dritten Kind ab bedeutet die Nichtbeachtung der Beschlüsse des Internationalen Arbeitsamtes, bedeutet, daß höchstens 18 % der Kinder betreut werden, wovon noch diejenigen abzurechnen sind, deren Väter im öffentlichen Dienst beschäftigt sind und bereits die Kinderbeihilfe bekommen.
    Sie lassen die Steuerklasse III unberührt, Sie lassen dieses von mir geschilderte soziale Unrecht weiter bestehen. Ich hoffe, wir werden uns darüber einig, daß hier Recht vor Unrecht kommen muß.
    Und nun zu Ihrem System selbst, das einfach, billig und zweckmäßig sein soll. Sie schlagen drei Systeme von Familienausgleichskassen vor: eine Familienausgleichskasse für Betriebe und Verwaltungen, die zusammengehören, ferner eine Allgemeine Familienausgleichskasse für die Betriebe und Verwaltungen sowie für die Selbständigen, für


    (Richter [Frankfurt])

    welche keine Berufsgenossenschaft da ist, und schließlich eine Zentrale Familienausgleichskasse als Dachorganisation über alle. An diese hätten die einzelnen Familienausgleichskassen der Betriebe und Verwaltungen sowie die Allgemeine Familienausgleichskasse die Überschüsse an Beiträgen abzuführen. Diese Zentrale Familienausgleichskasse, die vom Bundesarbeitsminister verwaltet werden soll, hätte andererseits an die Familienausgleichskassen der Betriebe und Verwaltungen Zuschüsse zu leisten, wenn dort das Beitragsaufkommen nicht ausreicht.
    Bitte, das ist nicht einfach, das ist kompliziert! Das macht einen Verwaltungsapparat notwendig, ich weiß nicht, wie groß. Da wird es auch wieder einige Präsidenten geben, den Herrn Präsidenten von der Familienausgleichskasse XY, den Herrn Präsidenten von der Allgemeinen Familienausgleichskasse; und der Chef des Ganzen, der Zentralen Familienausgleichskasse, wird vielleicht Oberpräsident heißen. Ich weiß nicht; aber so was ist doch in Deutschland möglich. Ich behaupte sicherlich nicht zuviel.
    Nun wollen Sie die Durchführung dieser Aufgabe ausgerechnet den Sozialversicherungsträgern, den Berufsgenossenschaften übertragen. Nehmen Sie es mir nicht übel: Wenn Sie einen der ungeeignetsten Sozialversicherungsträger aussuchen wollten, dann haben Sie ihn in den Berufsgenossenschaften gefunden.

    (Abg. Renner: Selbstverwaltung!)

    — Das hat mit Selbstverwaltung gar nichts zu tun. — Die Berufsgenossenschaft hat hierzu den denkbar ungeeignetsten Apparat. Die Berufsgenossenschaft ist am wenigsten verzweigt. Die Berufsgenossenschaften haben in vielen Fällen nur eine Zentrale und manchmal nur noch einige Sektionen. Ich habe hier eine Liste der Berufsgenossenschaften der deutschen Bundesrepublik. Sie umfaßt eine Seite und noch ein Drittel dazu, und damit ist es aus. Da haben Sie ihre Anschriften. Das bedeutet doch eine erhebliche Korrespondenz. Wenn jetzt ein Kind geboren wird, muß sich die Mutter oder der Vater an die Berufsgenossenschaft wenden. Er weiß nicht genau, zu welcher er gehört. Er muß sich erkundigen. In einem Betrieb der Metallindustrie kann es drei, ja vier Berufsgenossenschaften geben. Da gibt es bei den Opelwerken eine Genossenschaft der Feinmechaniker — die kennen Sie alle —, da gibt es Schlosser und Eisenarbeiter, da gibt es Maschinenbauer und die Kleineisenindustrie. Dann gibt es noch die nordwestdeutschen und die süddeutschen Eisen- und Stahlberufsgenossenschaften.
    Aber ich will Sie damit nicht langweilen. Ich glaube nur, daß wir uns diese Dinge im Ausschuß noch eingehend vor Augen halten müssen. Das ist keine parteipolitische Ansicht. Ich kenne sehr viele Ihrer verehrten Sozialpolitiker, mit denen ich auf allen möglichen Gebieten zusammenarbeite, die mit mir in dieser Frage einer Meinung sind. Deswegen glaube ich, wir sollten uns hier nicht in einem breiten Redeschwall allzusehr festlegen, sondern die Dinge ganz nüchtern betrachten. Ich begrüße es, daß wir nun endlich an die abschließenden Arbeiten gehen können, da durch Ihren Initiativantrag die Fesseln, die für uns im Sozialpolitischen Ausschuß vorhanden waren, gefallen sind. Aber die SPD wird auf einer Kinderbeihilfe für alle Kinder bestehen müssen. Dabei werden wir zu beraten haben, ob sie für den Anfang erst vom zweiten Kinde ab gegeben werden kann. Wir halten es auch
    nicht für einfach, in dieser Frage nun eine einzelne Gruppe mit der Aufbringung der Mittel zu belasten. Wir müssen die Dinge auch volkswirtschaftlich sehen. Es gibt lohnintensive Wirtschaftszweige und -betriebe, die einen relativ hohen Beitrag aufzubringen hätten, und es gibt Industrien, in deren Produkten verhältnismäßig wenig Lohn enthalten ist und die dadurch geringer belastet würden. Wir müssen dabei an unsere Ausfuhr denken und prüfen, wie sich die Belastung auf die Preisgestaltung auswirkt, wenn man den Weg, den Sie hier vorschlagen, beschreitet. Wir sind der Meinung, daß eine allgemeine sozialpolitische Ausgabe auch von der Allgemeinheit zu tragen ist. Das hat nichts mit der Verstaatlichung der Persönlichkeit zu tun, sondern es ist eine Frage der Zweckmäßigkeit, der Solidarität, der gegenseitigen Hilfe, der Hilfe des einen für den andern.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgegeordnete Naegel.

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    Rede von Wilhelm Naegel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die Bedeutung der Familie für Volk, Staat und Gesellschaft ist schon so oft und so deutlich gesprochen worden, daß es eigentlich verwunderlich ist, feststellen zu müssen, wie wenig Aufmerksamkeit der Bedeutung der Familie für die Wirtschaft bisher gewidmet wurde. Gerade das Thema, das heute hier zur Diskussion steht, sollte uns veranlassen, darüber nachzudenken, wie die Not der Familien durch eine echte Leistung der Wirtschaft beseitigt werden könnte. Mit Recht ist schon darauf hingewiesen worden, daß das Familienproblem eines der schwerstwiegenden Sozialprobleme der Gegenwart ist. Von dem Umfang sowie von der Art und Weise unserer Bereitschaft, dieses Problem zu lösen, hängt nicht nur das Schicksal der Familien, sondern darüber hinaus auch das Schicksal der ganzen menschlichen Gesellschaft ab.
    In Würdigung dieser Gedanken ist Ihnen unter Federführung des Herrn Kollegen Winkelheide von der CDU/CSU-Fraktion das Gesetz über die Einrichtung von Familienausgleichskassen vorgelegt worden, um damit einen Beitrag zur Linderung der materiellen Not und zur Beseitigung der Diskriminierung der kinderreichen Familien zu leisten. Der Inhalt der Gesetzesvorlage ist Ihnen bekannt; Herr Kollege Winkelheide hat die Vorlage begründet.
    Ich möchte noch einige Gedanken hinzufügen, nicht nur als Stellungnahme meiner Fraktion, sondern auch — und das darf ich hier besonders betonen — als Stellungnahme einer Reihe von Unternehmerorganisationen sowohl aus der gewerblichen Wirtschaft wie aus der Landwirtschaft, die sich positiv zu diesen Gedanken geäußert haben. Zunächst einige Zahlen. Die deutsche Bundesrepublik zählt rund 11,8 Millionen Kinder unter 15 Jahren, wie es mein Herr Vorredner, Herr Kollege Richter, bereits angedeutet hat. Davon sind 57 % Erstkinder, 26 % Zweitkinder und nur 17 % Dritt- und Mehrkinder. Von 12,2 Millionen Haushaltungen in der Bundesrepublik haben rund 10 Millionen Haushaltungen keine Kinder oder nur ein Kind, im Höchstfall aber zwei Kinder. Ich glaube, diese Zahlen zeigen schon sehr deutlich, daß besonders der soziale Lebensstandard heute von den Familien mit zwei Kindern, mit einem Kinde oder mit keinem Kinde bestimmt wird. Die Folgen für die Familien mit zwei oder drei oder mehr Kindern


    (Naegel)

    sind offensichtlich. Diese Familien erreichen den • sozialen Lebensstandard, der unter ihresgleichen üblich ist, nicht mehr. Das bedeutet schlechtere Wohnverhältnisse, schlechtere Kleidung, schlechtere Ernährung und letzten Endes auch schlechtere Ausbildungsmöglichkeiten gerade für diese Kinder. Die Lage führt mit innerer Konsequenz zu einem ständigen Abnehmen der Familien, die noch bereit sind, drei oder mehr Kindern das Leben zu schenken.
    Im Jahre 1949 wurden in der Bundesrepublik 791 000 Kinder geboren; im Jahre 1950 waren es bereits 20 000 weniger. Wenn diese Entwicklung so weitergeht, wird das deutsche Volk in wenigen Jahrzehnten nicht mehr genügend Hände zur Verfügung haben, um das heutige Sozialprodukt zu erzeugen. Es droht auch die Gefahr, daß die Altersversorgung für die breiten Jahrgänge, die heute im Alter von 40 bis 60 Jahren in Arbeit und Brot stehen, nicht mehr geleistet werden kann. Neben den anderen Gründen für den Geburtenrückgang darf hier auf die Wirkung der sozialen Deklassierung der kinderreichen Familien verwiesen werden.
    Um diesen Erscheinungen entgegenwirken zu können, bedarf es einer Änderung der Einkommensverhältnisse für kinderreiche Familien. Für den kinderreichen Arbeitnehmer bedeutet das eine Umgestaltung seines Lohnes nach Maßgabe seiner Familienstruktur. Der bloße Leistungslohn, wie er heute noch vorherrscht, wirkt sich kinder- und familienfeindlich aus. Es ist deshalb ein Gebot der Gerechtigkeit und der Vernunft, die Forderung nach Kinderbeihilfen zu erheben. Diese Forderung ist nicht neu; sie ist, wie vielen in diesem Hause bekannt sein dürfte, schon lange in den sozialen Enzykliken und in Äußerungen christlicher Sozialpolitiker dargelegt worden. Der scheinbar bequemste Weg zu einer solchen Lösung wäre es natürlich, diese Aufgabe dem Staate zuzuweisen. Aber hüten wir uns davor, Familie und Jugend zu verstaatlichen.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Nach unserer Auffassung muß hier, wie schon Herr Winkelheide sagte, das Subsidiaritätsprinzip Platz greifen. Primär ist es eine Aufgabe der Wirtschaft, für den wirtschaftenden Menschen und damit auch für seine Familie zu sorgen.

    (Zustimmung bei der CDU.)

    Dem Staat hingegen fällt die Aufgabe zu, Hilfsstellung durch eine entsprechende Gesetzgebung zu leisten. Die „Aufzucht" der Kinder kann niemals Aufgabe der Gesellschaft sein, sondern es ist ein natürliches Recht und eine natürliche Verpflichtung der Familie, zu deren Erfüllung der Ernährer der Familie durch entsprechende Bemessung seines Lohnes bzw. Einkommens instand gesetzt werden muß.

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Es handelt sich hier also um ein Problem der Lohnpolitik, das nur durch Maßnahmen der Lohn- und Einkommenspolitik sinnvoll gelöst werden. kann, das aber nicht auf staatliche Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen abgeschoben werden darf.
    Wenn wir somit anerkennen, daß hier eine echte Aufgabe der Wirtschaft vorliegt, so sehen wir zwar in der Einzelregelung des isoliert stehenden Betriebes eine anerkennenswerte Leistung; wir sehen aber auch die Gefahr, daß bei schwieriger Kosten-und Wettbewerbslage gerade der kinderreiche Arbeitnehmer benachteiligt werden kann. Demgegenüber bietet die Errichtung von Familienausgleichskassen innerhalb der einzelnen Berufs- und Wirtschaftszweige nach Maßgabe des Gesetzes die Möglichkeit des überbetrieblichen Ausgleichs und damit die größere Sicherheit für den kinderreichen Arbeitnehmer. Es ist uns bekannt, daß eine große Reihe von Betrieben schon von sich aus isoliert Kinderbeihilfen zahlen. Es ist zu hoffen, daß diese Betriebe auch nach Einführung der Familienausgleichskassen ihre etwa darüber hinausgehenden Leistungen für ihre eigenen Arbeitnehmer beibehalten.
    Ich darf noch darauf hinweisen, daß bereits in fast allen europäischen Ländern gesetzliche Regelungen für Kinderbeihilfen in Form von Familienausgleichskassen oder ähnlichen Einrichtungen bestehen, so z. B. in Holland, Belgien, der Schweiz, Frankreich, Spanien, ja sogar in vielen Ostblockstaaten.
    Ich glaube, es ist wirklich an der Zeit, daß auch die deutsche Bundesrepublik nun endlich dieses Problem aufgreift und möglichst bald eine gesetzliche Regelung durchführt. Die Vorlage, die wir Ihnen unterbreiten, soll dazu als Diskussionsgrundlage dienen. Wir hoffen, daß in den Ausschußberatungen eine Fülle von Einzelfragen noch beraten und einer endgültigen Lösung zugeführt werden kann. Wir hoffen, daß die endgültige Verabschiedung des Gesetzes in diesem Hause recht bald erfolgen kann. Wir sind uns bewußt — und viele Eingaben und zustimmende Meldungen aus der Unternehmerschaft haben uns das deutlich gemacht —, daß im Grundsatz auch der überwiegende Teil der in der Wirtschaft tätigen Unternehmer zustimmt. Wir sind uns bewußt, daß einige Änderungen und Wünsche auf Angleichung an zeit- und wirtschafts- oder marktgemäße Verhältnisse berechtigt sind. Wir hoffen, daß wir in den Ausschußberatungen diese Probleme schnell lösen können.
    Die Aufbringung der Mittel durch die Arbeitgeber allein halten wir für tragbar, obwohl wir uns darüber klar sind, daß dadurch echte Kosten entstehen, genau so wie bei den Sozialversicherungsbeiträgen und anderen Leistungen. Wir glauben aber, daß die Erhaltung der Wettbewerbsgleichheit einen sehr wesentlichen Gedanken dazu beiträgt, daß man die Tragbarkeit durch die Arbeitgeber verantworten kann. Alle konkurrierenden Betriebe werden eben durch die Tatsache, daß innerhalb der einzelnen Wirtschafts- und Berufsstufen diese Familienausgleichskassen gebildet werden, gleichmäßig belastet; aber die Belastung kommt in einem sehr geringen Umfang wirklich zum Durchschlagen. Ein gewisser einmaliger Stoß ist vielleicht nicht ganz zu vermeiden; aber er ist wesentlich kleiner, als ihn z. B. die Umsatzsteuererhöhung ausgelöst hat.
    Es gibt sehr viele positive Momente, die für den Gesetzesvorschlag sprechen und die Ihnen bereits von Herrn Winkelheide vorgetragen worden sind. Ich möchte aber noch einige hinzufügen. Vor allen Dingen scheint es mir notwendig und bedeutungsvoll zu sein, immer wieder darauf hinzuweisen, daß hier durch die Einführung der Familienausgleichskassen eine soziale Maßnahme ohne Preisgabe des Leistungsprinzips erreicht wird. Die Regelung der Verwaltung ist denkbar einfach, und ich habe nicht die Bedenken, die Herr Kollege Richter aussprach, daß nun eine Fülle von Ausgleichskassen mit neuen Präsidenten und der entsprechenden Bürokratie eingerichtet werden müßten. Denn vergessen wir doch nicht: die Beiträge für die Unfallversicherung an die Berufsgenossenschaften müssen ja nach wie vor bezahlt werden, und die Bezahlung hat bisher


    (Naegel)

    doch keine technische Schwierigkeiten gemacht. Außerdem wird die meiste Arbeit ja in den Lohnbüros geleistet werden, und sie ist in einem so kleinen Umfang zusätzlich vorhanden, daß sie dort ohne weiteres geleistet werden kann.
    Durch die Kinderbeihilfen über die Familienausgleichskassen tritt eine Kaufkraftvermehrung gerade an den Stellen ein, wo sie durch ein echtes Bedürfnis bedingt ist. Die Diskriminierung der kinderreichen Arbeitnehmer wird endgültig beseitigt, und die Beschäftigung erfolgt in Zukunft ohne Rücksicht auf die Familienstruktur der Beschäftigten. Gesamtwirtschaftlich gleicht sich die geringe Belastung der Wirtschaft durch die neue Regelung jederzeit aus. Aber auch im Einzelfalle tritt ein Ausgleich ein, wenn man die Produktivitätssteigerung des einzelnen Menschen in der Wirtschaft berücksichtigt und diese mit 1,5 % im Jahre annimmt.
    Wir erblicken in der Einführung der Familienausgleichskassen einen wesentlichen Schritt auf dem Wege zur sozialen Lohngerechtigkeit hin, die die christliche Soziallehre jederzeit fordert. Wir sehen in ihnen eine Einrichtung, die das wirtschaftliche Prinzip des Leistungslohnes, auf dem die betriebliche Lohnpolitik beruht, ja beruhen muß, in hervorragender Weise mit dem ethischen Prinzip des Soziallohns vereinbar macht, und wir bitten das Hohe Haus, diese Gesetzesvorlage nach den Ausschußberatungen mit möglichster Beschleunigung zum Abschluß zu bringen.

    (Beifall in der Mitte.)