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ID0116203000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 162. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. September 1951 6561 162. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. September 1951. Nachruf des Präsidenten auf den verstorbenen Abg. Dr. Hamacher 6564A Eintritt des Abg. Hoffmann (Lindlar) in den Bundestag 6564B Geschäftliche Mitteilungen . . . . 6564B, 6591D Niederlegung des Mandats durch den Abg. Dr. Dr. Höpker-Aschoff aus Anlaß seiner Wahl zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts 6564C Austritt des Abg. Bahlburg aus der Fraktion der DP 6564C Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Kündigungsschutzgesetz 6564C Strafrechtsänderungsgesetz 6564C Gesetz über die Gewährung von Zulagen in den gesetzlichen Rentenversicherungen 6564C Gesetz über den Sitz der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung 6564C Zweiten Gesetz zur Änderung des Soforthilfegesetzes 6564C Gesetz über die Verteilung des erzielten Reingewinns der Bank deutscher Länder in den Geschäftsjahren 1950 und 1951 6564D Übergangsgesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung der Bank deutscher Länder 6564D Gesetz über die Errichtung der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein . . 6564D Gesetz zur Änderung des Gesetzes betreffend die Ermöglichung der Kapitalkreditbeschaffung für landwirtschaftliche Pächter 6564D Zweiten Gesetz zur Überleitung von Lasten und Deckungsmitteln auf den Bund 6564D Gesetz zur Regelung der Besteuerung des Kleinpflanzertabaks im Erntejahr 1951 6564D Zweiten Gesetz zur Änderung des Tabaksteuergesetzes 6564D Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes 6564D Gesetz über die einstweilige Gewährung einer Teuerungszulage zur Abgeltung von Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln 6564D Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Viehzählungen vom 31. Oktober 1938 6564D Gesetz zur Verlängerung des Gesetzes zur Sicherung der Düngemittel- und Saatgutversorgung 6564D Gesetz über die Errichtung eines Kraftfahrt-Bundesamtes 6564D Gesetz über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1951/52 und über besondere Maßnahmen in der Getreide- und Futtermittelwirtschaft 6564D Gesetz zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln 6565A Gesetz über das Protokoll von Torquay vom 21. April 1951 und den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen vom 30. Oktober 1947 6565A Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von GroßBerlin (West) 6565A Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit 6565A Gesetz über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung 6565A Zweiten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau 6565A Gesetz über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1951 6565A Bundesbahngesetz 6565A Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuerrechts 6565A Gesetz zur Durchführung des Art. 108 Abs. 2 des Grundgesetzes 6565A Gesetz zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes 6565A Anfrage Nr. 174 der Abg. Dr. Wuermeling u. Gen. betr. Existenzsicherung der Familien der Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes (Nrn. 2072, 2512 der Drucksachen) 6565B Anfrage Nr. 193 der Fraktion der SPD betr. Soforthilfegesetz in der französischen Besatzungszone (Nrn. 2306, 2535 der Drucksachen) 6565B Anfrage Nr. 194 der Fraktion der SPD betr. Ausbildung Schwerbeschädigter (Nrn. 2307, 2515 der Drucksachen) 6565B Anfrage Nr. 200 der Fraktion der SPD betr. Verkehrsunfälle an Bahnübergängen (Nrn. 2436, 2514 der Drucksachen) 6565B Anfrage Nr. 202 der Fraktion der FDP betr. Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (Nrn. 2505, 2527 der Drucksachen) 6565B Bericht des Herrn Bundesministers für Verkehr betr. Untersuchungen zur Bundesstraße 51 (Nr. 2507 der Drucksachen) . . . 6565C Bericht des Bundeskanzlers über das Programm für die Betreuung der deutschen Jugend (Nr. 2525 der Drucksachen) . . . . 6565C Bericht des Bundeskanzlers betr. Erfüllung der Wünsche des Bundestags hinsichtlich 11 der Verwendung von Naturwerksteinen für Bauvorhaben (Nr. 2030 der Drucksachen) 6565C Bericht des Bundesministers für Arbeit betr. Verhandlungen über die Freigabe der Vermögen der in Berlin stillgelegten Sozialversicherungsträger (Nr. 2547 der Drucksachen) 6565C Vorlage von Verordnungen der Bundesregierung betr. Verwendungsbeschränkungen von Kobalt und Kobaltverbindungen (VO NEM V/51) 6565C Verwendungsbeschränkungen von Nickel und Nickellegierungen (VO NEM IV/51) 6565C Verwendungsbeschränkungen für Baumaterial (VO Bau I/51) 6565D Preise für Zucker 6565D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts (Nr. 2504 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Erhöhung der Pensionen (Nr. 2511 der Drucksachen), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Anpassungsmaßnahmen für Altpensionäre und Althinterbliebene (Nr. 2445 der Drucksachen), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. § 52 Abs. 3 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (Nr. 2439 der Drucksachen) sowie in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Erhöhung der Bezüge für Pensionäre und den unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personenkreis (Nr. 2470 der Drucksachen): zur Tagesordnung: Scharnberg (CDU) 6565D Mellies (SPD) 6565D Renner (KPD) 6566A Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 6566B Absetzung von der Tagesordnung . . . 6567A Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Sicherung des Kohlenbedarfs der Bevölkerung und der deutschen Friedensproduktion (Nr. 2540 der Drucksachen): zur Tagesordnung: Scharnberg (CDU) 6565D Mellies (SPD) 6565D Renner (KPD) 6566A Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen 6567A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Finanzierung eines Sofortprogramms zur Arbeitsbeschaffung im Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2533 der Drucksachen) 6567A zur Tagesordnung: Dr. Wellhausen (FDP) 6567B, C Mellies (SPD) 6567B Renner (KPD) 6567D Sabel (CDU) 6568A Ausschußüberweisung 6568B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Handelsabkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Königlich Ägyptischen Regierung (Nr. 2410 der Drucksachen) . . 6568C Ausschußüberweisung 6568C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Handelsvertrag vom 2. Februar 1951 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Chile (Nr. 2534 der Drucksachen) 6568D Ausschußüberweisung 6568D Erste, zweite und dritte Beratung des vom Deutschen Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anwendung des Gesetzes zur Aufhebung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft in Berlin (Nr. 2429 der Drucksachen) 6568D Beschlußfassung 6569A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ordnung des Schornsteinfegerwesens (Nr. 2520 der Drucksachen) 6569A Ausschußüberweisung 6569B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über internationale Vereinbarungen auf dem Gebiete des Zollwesens (Nr. 2519 der Drucksachen) 6569B Ausschußüberweisung 6569B Beratung des Entwurfs einer Verordnung über Zolländerungen (Nr. 2544 der Drucksachen) 6569B Dr. Wellhausen (FDP) (zur Geschäftsordnung) 6569C Ausschußüberweisung 6569B, C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Prämien zur Förderung des Wohnungsbaues (Wohnungsbau-Prämiengesetz) (Nr. 2488 der Drucksachen) 6569B Ausschußüberweisung 6569C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Einrichtung von Familienausgleichskassen (Nr. 2427 der Drucksachen) 6569D Winkelheide (CDU), Antragsteller . 6569D Richter (Frankfurt) (SPD) 6571C Naegel (CDU) 6573C Willenberg (Z) 6575B Dr. Hammer (FDP) 6575C Renner (KPD) 6576B Frau Kalinke (DP) 6577B Arndgen (CDU) 6578D Ausschußüberweisung 6579A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tarifvertragsgesetzes (Nr. 2396 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) (Nr. 2543 der Drucksachen, Änderungsantrag Umdruck Nr. 300) 6579A Karpf (CSU), Berichterstatter . . 6579B Degener (CDU) 6580A Ludwig (SPD) 6580C, D Sabel (CDU) 6580C Frau Kalinke (DP) 6580D Mellies (SPD) 6581C Abstimmungen 6581A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes (Nr. 2164 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz (16. Ausschuß) (Nr. 2508 der Drucksachen) . . . . 6581C Dr. Schatz (CSU), Berichterstatter . 6581C Beschlußfassung 6583B Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betreffend Bundesbaugesetz (Nr. 2442 der Drucksachen) . . 6583D Albers (CDU), Antragsteller . . . . 6583D Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 6584D, 6587A Fürst zu Oettingen-Wallerstein (BP) 6585A Erler (SPD) 6585B Wirths (FDP) 6586C Beschlußfassung 6587C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Verkehrsbauten (Nr. 2493 der Drucksachen) 6587C Meyer (Bremen) (SPD), Antragsteller 658'7D Rademacher (FDP) 6588C Ausschußüberweisung 6588C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend Freilassung der an Frankreich ausgelieferten deutschen Staatsangehörigen — Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Überprüfung der Begleitumstände dieser Auslieferung und Schließung der Werbebüros für die Fremdenlegion usw. (Nr. 2541 der Drucksachen) 6588D Renner (KPD), Antragsteller . . . . 6588D Dr. Krone (CDU) 6591A Ausschußüberweisung 6591A Beratung der Übersicht Nr. 36 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 298) 6591C Beschlußfassung 6591C Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 301) . . . . 6591C Beschlußfassung 6591C Nächste Sitzung 6591D Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Bernhard Winkelheide


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem der Antrag auf Drucksache Nr. 163 vom 4. November 1949 über die Errichtung von Familienausgleichskassen zu keiner Gesetzesvorlage geführt hat, bringt die CDU/CSU-Fraktion diesen Antrag heute erneut ein. Zur Begründung erlaube ich mir folgendes auszuführen.
    Die Familie ist wie kaum eine andere Institution der menschlichen Gesellschaft in den. Strudel des Zusammenbruchs gestürzt. Während der Staat seine Einnahmen beschließt, wenn notwendig, erhöht und während Organisationen ihre Beiträge beschließen und verlangen, führt die Familie zum großen Teil ein kümmerliches Dasein im Schatten der Interessenorganisationen. Die Familie ist in ihren ganzen Lebensbedingungen fast ausschließlich auf das Arbeitseinkommen angewiesen. Auch alle Lohnerhöhungen und Steuererleichterungen werden in der gegenwärtigen Situation nicht mehr wirksam und verbürgen nicht mehr ein menschenwürdiges Dasein. Man könnte eine Reihe Begründungen anführen, wie sich das Arbeitseinkommen verteilt in Familien, in denen keine Kinder, in denen wenige Kinder und in denen vier und mehr Kinder vorhanden sind. Darauf will ich verzichten, weil es allgemein bekannt ist. Nur ein einziges Beispiel! Die Preissteigerung der letzten Monate wirkt sich bei einer neunköpfigen Familie in der Höhe


    (Winkelheide)

    von 37,88 DM aus, ein sehr erheblicher Betrag, wenn auch diese Familie von dem reinen Arbeitseinkommen leben muß.
    Die Frage, die heute Millionen von Familien an uns, den Deutschen Bundestag, richten, lautet — und das ist gestern nachmittag an dieser Stätte auch ausgesprochen worden —: Soll die Familie, besonders die kinderreiche Familie, verkümmern und untergehen? Der Notschrei von vielen Familien geht dahin, daß das Arbeitseinkommen durch einen Soziallohn ergänzt werden muß, wenn die gesunden Lebensgrundlagen und Entfaltungsbedingungen der Familie - eine familiengerechte Wohnung, ausreichende Ernährung und Kleidung und die Teilnahme am Kulturgeschehen, an einem Stück Eigentumsbildung zur Sicherung der Freiheit und Unabhängigkeit - gewährleistet werden soll. Viele Tausende Kinder beklagen heute, daß die Mutter einen Arbeitsplatz in der Fabrik angenommen hat, um einen zusätzlichen Verdienst in die Familie hineinzutragen. Wir wollen uns in diesem Hohen Hause bewußt werden, daß Familiennot Volksnot ist und daß der Familienuntergang einen Volksuntergang bedeuten würde. Die Familie hat das Recht und - das ist, glaube ich, unbestritten — sie hat ein natürliches Recht auf gesunde Lebens- und Entfaltungsbedingungen. Immer noch ist die Familie die Urzelle der Gemeinschaft unseres Volkes. Ferner steht fest — auch das ist gestern nachmittag sehr stark zum Ausdruck gekommen—, daß die Familie kraft ihrer ethischen Grundlage und geistigen Unabhängigkeit alle von Menschen und Zeiten geschaffenen Staatsformen überdauert hat und heute noch das stärkste Bollwerk der persönlichen Freiheit im Kampf gegen den Kollektivismus ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Diese Verpflichtung sollten wir hier übernehmen, und der Deutsche Bundestag sollte in seiner Gesetzgebung stärkstens die soziale Familienpolitik verfolgen.
    In Art. 6 unseres Grundgesetzes ist herausgestellt, daß Ehe und Familie dem staatlichen Schutz besonders unterstehen. Nicht zuletzt sollten wir uns nicht beschämen lassen von fast 25 Staaten um uns herum, die eine klare und eindeutige Familiengesetzgebung erlassen und die das Arbeitseinkommen in der Familie durch den Soziallohn ersetzt haben. Früher ist es einmal so gewesen, daß die Selbsthilfe kraft der Eigentumsbildung in der Familie möglich war; aber durch die Schaffung des Nur-Lohn-Arbeiters bleibt den meisten Familien nur das Arbeitseinkommen. Das Eigentum ist zum Teil zerstört, und die allgemeine Belastung ruht darauf, so daß es kaum möglich ist, die Familie zur Selbsthilfe aufzurufen, damit der Lastenausgleich sich auf dieser Ebene vollzieht. Es gibt ein fundamentales Wort: Wo die Kraft der kleinen Gemeinschaft aufhört, muß die größere Einheit einspringen und eintreten und die Pflicht übernehmen, helfend einzugreifen. Wem obliegt hier also diese Pflicht? Dem Staat und der Wirtschaft. Der Staat hat die Aufgabe, das Hilfsgesetz, das Rahmengesetz zu schaffen und der Wirtschaft die Verpflichtung aufzuerlegen, hier helfend einzugreifen.
    Sinn des vorliegenden Gesetzes soll und darf nicht sein, der Familie jede Sorge für die Kinder abzunehmen, die des Lebens höchstes Glück bedeuten, sondern Sinn des vorliegenden Gesetzes soll nur sein, eine bescheidene Grundlage für die Familie mit mehr als zwei Kindern zu schaffen.,
    Diesem Ziel sollen die Familienausgleichskassen dienen, die der Gesetzentwurf erstrebt. Die Familienausgleichskassen wünschen wir innerhalb der Wirtschaftszweige und Berufsverbände. Das vorliegende Gesetz ist nicht der Weisheit letzter Schluß, aber es sind keine besseren und stichhaltigeren Vorschläge gemacht worden, die rechtfertigen könnten, dem Staat die Aufgabe in Form von staatlichen Kinderbeihilfen zu übertragen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Welche Prinzipien rechtfertigen die Familienausgleichskassen? Ich möchte vier Prinzipien herausstellen: Erstens die Erhaltung des reinen Leistungslohns und des echten Wettbewerbs; zweitens das Subsidiaritätsprinzip; drittens das Solidaritätsprinzip, das auch in der Wirtschaft Geltung haben muß, und viertens die Verhinderung der weiteren Verstaatlichung des persönlichen Lebens.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Das erste Prinzip, die Erhaltung des reinen Leistungslohns. Die Frage der Lohngerechtigkeit ist immer umstritten gewesen und wird umstritten bleiben. Die Lohngerechtigkeit stellt auf der einen Seite die Aufgabe, die Arbeitsleistung richtig zu bewerten, damit die Gleichwertigkeit der Gegenleistung erreicht werden kann. Der Leistungslohn gibt dem Familienvater und dem Junggesellen ein gleiches Arbeitseinkommen. Durch die Not der letzten Jahre, besonders seit 1945, sind auf Grund der abgeschlossenen Tarifverträge sehr viele soziale Bestandteile in den Leistungslohn eingebaut worden. Je mehr aber soziale Bestandteile in den Leistungslohn eingebaut werden, desto mehr erhöht sich das Lohnkonto des Betriebes, und der Betrieb wird dadurch belastet. Die Folge ist, daß der Familienvater kaum noch eine Arbeit finden kann, weil er eben das Lohnkonto des Betriebes zu stark belastet. Deshalb muß im Betrieb der Leistungslohn erhalten bleiben und der Soziallohn auf überbetrieblicher Grundlage gefunden werden. Darum schlagen wir die Bildung der Familienausgleichskassen vor, in die jeder Betrieb einen gleichen Prozentsatz seiner Lohnsumme einzahlt. So ist der gleiche Start für alle Betriebe im echten Wettbewerb gesichert, und der Leistungslohn bleibt unberührt.
    Auch das zweite Prinzip, das Subsidiaritätsprinzip, rechtfertigt die Schaffung der Familienausgleichskassen. Wenn der Staat die Kinderbeihilfen zahlen würde, müßte er das Geld heute bei der gegenwärtigen Notlage der Staatsfinanzen aus der Wirtschaft holen. Eine Belastung der Junggesellen und der Kleinfamilien ist nicht möglich. Kriegszerstörung und Neugründung haben einen erheblichen Nachholbedarf bei jedem Menschen hervorgerufen. So bleibt allein noch die Wirtschaft übrig. Warum soll denn das erforderliche Geld erst über den Staat wandern und über den vermeidbaren Verwaltungsapparat ausgezahlt werden? Das wird die
    wirtschaft in Verbindung mit den Sozialversicherungseinrichtungen viel billiger tun. Was der einzelne Wirtschaftszweig als kleine Einheit leisten kann, das darf der Staat nicht übernehmen.
    Drittens. Das Solidaritätsprinzip muß auch in der Wirtschaft Geltung finden. Wenn der Leistungslohn, wie ich sagte, aus dem Betrieb geleistet wird, so muß der Soziallohn aus der Gesamtheit der Wirtschaft sichergestellt werden. Der hier vorliegende Gesetzentwurf sieht vor, über die Familienausgleichskassen der Wirtschaftszweige eine zentrale Familienausgleichskasse zu setzen, damit kein Wirtschaftszweig mehr bzw. weniger zu


    (Winkelheide)

    leisten hat. Die Gegenleistung der Familien für die Wirtschaft wird eine bessere Berufswahl und eine sorglose Fachausbildung sein. Durch, das System der Familienausgleichskassen trägt die Wirtschaft, glaube ich, eine Gesamtschuld an unseren Familien ab. Sie finanziert die zu zahlenden Kinderbeihilfen aus ihrer Gesamtheit.
    Viertens, die Verhinderung der weiteren Verstaatlichung des persönlichen Lebens. Staatliche Kinderbeihilfen haben immer den Beigeschmack der Fürsorge.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Demgegenüber sichert die Familienausgleichskasse dem Familienvater ohne Antrag und ohne Formulare ein Recht auf den Soziallohn. Darüber hinaus wirkt die Familienausgleichskasse erzieherisch besser. Weite Kreise unseres Volkes haben sich daran gewöhnt, für jede Notlage sofort den Staat in Anspruch zu nehmen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Die Familienausgleichskasse auf der Grundlage der Wirtschaft läßt deutlich erkennen, daß alles Geld, das ausgegeben wird; erarbeitet werden muß. Auch die Unabhängigkeit der Familie vom Staat ist durch die Familienausgleichskassen und ihre Selbstverwaltung besser gesichert.
    Die Einwände, die gegen die Familienausgleichskassen gemacht worden sind und noch gemacht werden, lassen sich alle widerlegen. Es gibt keinen stichhaltigen Grund, diese Aufgabe dem Staat zu überantworten. Der vorliegende Gesetzentwurf, Drucksache Nr. 2427, sieht vor, daß zunächst einmal ganz klar und eindeutig der Leistungslohn gesichert bleibt, sieht vor, daß der Wirtschaft die Freiheit gegeben wird, die Familienausgleichskassen innerhalb ihrer Wirtschaftsverbände mit einer Genehmigung durch den Bundesarbeitsminister zu gründen. Das Gesetz beschränkt den Kreis der Empfangsberechtigten. Vom dritten Kind an soll gezahlt werden: eine bescheidene Grundlage, weil Sinn des Gesetzes ist, den Lebensstandard der kinderreichen Familie zu heben. Das erste und zweite Kind erfaßt man zum großen Teil noch durch Steuergruppe III. Für sie wird also eine Erleichterung gegeben. Würde man das erste und zweite Kind einbeziehen, würde der Lebensstandard der kinderreichen Familie sich sowieso nicht heben. Deshalb schlagen wir die Lösung vor, vom dritten Kind an Kindergeld zu zahlen.
    Der Gesetzentwurf paßt sich weitgehend der Steuergesetzgebung an, um ein großes Stück Verwaltungsarbeit zu ersparen; denn wir denken uns den Ablauf einfach, klar und eindeutig: der Betrieb zahlt das Kindergeld auf Grund der Steuerkarte aus, der Betrieb verrechnet Plus und Minus mit der Familienausgleichskasse des Wirtschaftszweiges, die Familienausgleichskasse des Wirtschaftszweiges verrechnet Plus und Minus mit der zentralen Familienausgleichskasse. So glauben wir, die ganze Angelegenheit als ein Auftragsangelegenheit den Berufs- bzw. Unfallgenossenschaften übertragen zu können, um keine neue Verwaltungsbehörde mehr aufbauen zu müssen.
    Ich glaube, die psychologische Wirkung des Gesetzes in unserem Volke wird die sein, daß unser Volk, besonders die kinderreichen Familien, anerkennen, daß hier endlich der Staat einen Gerechtigkeitsakt vollzogen hat. Zweitens werden die Betriebe solidarisch zusammenwachsen. Drittens wird die Berufswahl in den kinderreichen Familien hinsichtlich des Facharbeiternachwuchses besser gewährleistet sein. Darüber hinaus wird, glaube ich, vielen Familien die Mutter wiedergegeben werden. Nicht zuletzt verhindern wir durch dieses Gesetz die weitere Verstaatlichung ides persönlichen Lebens der Familie.
    Ich darf das Hohe Haus bitten, den vorliegenden Antrag, Drucksache Nr. 2427, dem Ausschuß für Sozialpolitik zu überweisen. An den Ausschuß richte ich die Bitte, die Angelegenheit zu beschleunigen — wir warten schon 1 1/2 Jahre auf die Regelung —, damit der Deutsche Bundestag dieses Gesetz unseren deutschen Familien als Weihnachtsgeschenk übermitteln darf.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich eröffne die Aussprache der ersten Beratung.
Das Wort hat der Abgeordnete Richter.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Willi Richter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Winkelheide im einzelnen einzugehen; denn die gleichen Ausführungen wurden in einer ausgiebigen Debatte zu dem gleichen Problem in der Sitzung gemacht, in der drei Anträge zugrunde gelegen haben: der Antrag Drucksache Nr. 163 der CDU/CSU, in dem die Regierung ersucht wurde, dem Hohen Hause einen Gesetzentwurf über die Familienausgleichskasse zu unterbreiten, der Antrag des Zentrums, Drucksache Nr. 740, der grundsätzlich die gleiche Absicht verfolgte, und der Antrag meiner Fraktion, der SPD, Drucksache Nr. 774, der wie der heutige Antrag einen Initiativgesetzentwurf darstellt.
    Nun hat der Abgeordnete Winkelheide in seinen Schlußausführungen gewünscht, der Ausschuß für Sozialpolitik möge die Dinge möglichst bald behandeln. Der gleichen Ansicht bin auch ich. Der Ausschuß hat den Antrag der CDU/CSU, Drucksache Nr. 163, verabschiedet. Sie haben dem Antrag des Ausschusses zugestimmt, und die Überweisung an die Regierung — mit der Aufforderung auf Unterbreitung eines Gesetzentwurfes über die Errichtung von Familienausgleichskassen — ist beschlossen worden. Der Entwurf ist uns, wie Herr Winkelheide richtig sagte, bis heute noch nicht unterbreitet worden, so daß wir noch nicht Stellung dazu nehmen konnten. Aber die anderen Anträge, der Antrag des Zentrums und der Initiativgesetzentwurf der SPD, betreffend Gewährung allgemeiner Kinderbeihilfen, sind im Ausschuß für Sozialpolitik in fünf Sitzungen behandelt worden. Der Ausschuß für Sozialpolitik hat aus seiner Mitte eine Kommission gebildet, der Abgeordnete der SPD, der CDU, der FDP und der DP angehörten. Diese Kommission hat meiner Ansicht nach wertvolle Arbeit geleistet. Sie hat die Grundsätze festgelegt, konnte jedoch die Angelegenheit dem Ausschuß für Sozialpolitik noch nicht überweisen, da die Sache auf die Bitte des Abgeordneten Arndgen von der CDU/CSU in der damaligen Sitzung zurückgestellt wurde, bis ein Entwurf oder Gedankengänge seiner Fraktion — insbesondere der Herren Kollegen Winkelheide und Even — der Kommission bzw. dem Ausschuß unterbreitet würden, und — Herr Kollege Arndgen ist anwesend — diesem Wunsche haben wir selbstverständlich stattgegeben. So hat es mich einigermaßen überrascht, daß dieser Wunsch auf einmal in der Form eines Antrags dem Hause unterbreitet wird und nicht — wie ich und alle die Kollegen, die in dieser Kommission saßen, erwartet haben — als ein Vorschlag für die Kommission. Aber das hat


    (Richter [Frankfurt])

    formell nichts zu sagen. Das Entscheidende ist, daß uns nun endlich die Gedanken, die den Anhängern der Familienausgleichskasse vorschweben, in Form eines Gesetzentwurfs unterbreitet worden sind, und daß wir nun - nachdem wir die Meinung aller Fraktionen, und besonders der maßgebenden gehört haben — im Ausschuß für Sozialpolitik an das Problem herantreten können, um es abschließend zu behandeln.
    Dazu darf ich noch sagen, daß auch der Bundesrat sehr aktiv war und vor Jahren einen Arbeitkreis eingerichtet hat, der unter Führung des bekannten Sozialpolitikers Herrn Professor Polligkeit aus Frankfurt in wiederholten Sitzungen die Grundsätze erarbeitet hat. Sowohl die Kommission des sozialpolitischen Ausschusses des Bundestags als auch der Arbeitskreis des Bundesrats sind sich über die Grundsätze einig. In einer gemeinsamen Sitzung, in der auch Kollegen Ihrer Fraktion, der CDU/CSU, der antragstellenden Fraktion, anwesend waren, hat man sich auf das Wesentliche verständigt. Das Wesentliche ist aber nicht die Errichtung von Familienausgleichskassen. In diesen beiden Gremien wünschte man überhaupt nicht die Errichtung neuer Behörden und Institutionen, eben aus den Erwägungen, die Herr Winkelheide hier soeben so laut und deutlich zum Ausdruck gebracht hat, aus den Erwägungen, keine neuen bürokratischen Einrichtungen zu schaffen, die nur Geld kosten, die Zeit in Anspruch nehmen, die Formulare brauchen, Herr Kollege Winkelheide, und die deshalb nur zur Verteuerung und zur Inanspruchnahme von Beitragsmitteln führen würden.
    Man ist allerdings der Ansicht, daß diese allgemeinen Kinderbeihilfen an jedermann gewährt werden sollen, ganz gleich, ob es sich um einen Arbeitnehmer, um einen Landwirt, um einen Handwerker, um einen frei Schaffenden oder sonstigen Gewerbetreibenden handelt.
    Diese Personengruppen, d. h. alle Einkommensteuerpflichtigen, ob Arbeitnehmer oder Selbständige, bekommen bereits seit Jahren über die Einstufung in Steuerklasse III eine Ermäßigung, nur mit dem einen Unterschied, daß für drei und mehr Kinder die monatliche Steuerermäßigung bei Lohn-und Gehaltsempfängern mit Bezügen von 200 DM im Monat, also bei den Arbeitern und unteren Angestellten, nur 4,55 DM, von 300 DM nur 16,25 DM, bei 600 DM Monatseinkommen 63,35 DM und bei 1000 DM Monatseinkommen und bei fünf Kindern 106,70 DM beträgt. Sehen Sie, da haben wir ja schon eine staatliche Kinderbeihilfe, wenn Sie sie so nennen wollen, auf dem Wege über die Steuerklasse III. Das halten wir aber nicht für gerecht, und die Ausschüsse des Bundestages sowie der Arbeitskreis des Bundesrates waren sich darüber einig, daß diese Ungerechtigkeit beseitigt werden muß. Das heißt auf gut deutsch: die Steuerklasse III hat in diesem Aufbau, den sie jetzt hat, keine Daseinsberechtigung mehr; hier muß eine Umformung erfolgen.
    Es ist praktisch so, daß ein Arbeitnehmer oder Selbständiger mit einem Monatseinkommen von 1000 DM für seine fünf Kinder noch 106 DM Kinderermäßigung erhält, daß er, der schon viel verdient, noch eine relativ hohe Steuerermäßigung bekommt, während der andere, der ebenfalls fünf Kinder zu sättigen und zu kleiden hat, nur ein paar Mark bekommt. Dieser Weg ist nicht mehr gangbar. Das kann nicht mehr aufrechterhalten werden. Deswegen werden wir im Ausschuß dahin-
    gehende Anträge stellen, wie wir es in den gemeinsamen, wirklich fruchtbringenden und in Einmütigkeit durchgeführten Beratungen des Bundestagsausschusses und des Bundesratsgremiums bereits getan haben.
    Nun sagt Herr Winkelheide, daß vom dritten Kind ab eine Kinderbeihilfe durch die Familienausgleichskasse gewährt werden soll. Meine Damen und Herren, da kann man doch nicht mehr von Kinderbeihilfen allgemeiner Art sprechen. Wieviel dritte und mehr Kinder haben wir denn? Es sind insgesamt zwei Millionen von 11 820 000 Kindern bis zum 15. Lebensjahr. Es handelt sich also um einen ganz geringen Prozentsatz, wenn es erst ab drittem Kind geht, und zwar um 18 v. H. aller Kinder in der Bundesrepublik, für die dann eine Kinderbeihilfe nach den Vorschlägen des Herrn Kollegen Winkelheide und seiner Fraktion gewährt wird. Davon müßten Sie noch die Zahl der Kinder abziehen, deren Väter im öffentlichen Dienst stehen, also Beamte, Eisenbahner, Post- und Gemeindebedienstete usw. Dafür können Sie etwa 4 oder 5 % abziehen. Ich kann Ihnen den Prozentsatz nicht genau sagen; aber soviel werden es sein, die bereits Kinderbeihilfen bekommen. Dieser an sich wirklich vorzüglichen, von jedermann zu unterstützenden Idee der Gewährung von Kinderbeihilfen leisten Sie mit Ihren Vorschlägen einen recht geringen Dienst; sie enthalten weniger als das, was sich die Leute draußen in den letzten Wochen, seitdem Ihr Antrag vorliegt — nehmen Sie mir das nicht übel —, vorstellen, erhoffen und zu erhalten glauben.
    Sehen Sie mal, Sie wollen ab drittem Kind eine Kinderbeihilfe gewähren. Es ist doch wohl noch in Erinnerung, denn es ist noch gar nicht so lange her, daß die Bundesrepublik Mitglied des Internationalen Arbeitsamtes geworden ist und daß auf der Konferenz der internationalen Arbeitsorganisation, an der die Bundesrepublik Deutschland erstmals offiziell wieder als Mitglied teilnehmen konnte, in dem Ausschuß für soziale Sicherheit mit Zustimmung aller Arbeitnehmer und teilweiser Zustimmung der Arbeitgeber und überwiegender Zustimmung der Regierungsvertreter beschlossen wurde, die Kinderbeihilfen allüberall vom zweiten Kind ab einzuführen. Es ist bedauerlich — ich kann es ja so nebenbei mal erwähnen; Sie haben ein Recht darauf, es zu erfahren —, daß der deutsche Regierungsvertreter sich in dieser Frage der Stimme enthalten hat.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich will auf die Einzelheiten nicht eingehen. Die Gewährung einer Kinderbeihilfe erst vom dritten Kind ab bedeutet die Nichtbeachtung der Beschlüsse des Internationalen Arbeitsamtes, bedeutet, daß höchstens 18 % der Kinder betreut werden, wovon noch diejenigen abzurechnen sind, deren Väter im öffentlichen Dienst beschäftigt sind und bereits die Kinderbeihilfe bekommen.
    Sie lassen die Steuerklasse III unberührt, Sie lassen dieses von mir geschilderte soziale Unrecht weiter bestehen. Ich hoffe, wir werden uns darüber einig, daß hier Recht vor Unrecht kommen muß.
    Und nun zu Ihrem System selbst, das einfach, billig und zweckmäßig sein soll. Sie schlagen drei Systeme von Familienausgleichskassen vor: eine Familienausgleichskasse für Betriebe und Verwaltungen, die zusammengehören, ferner eine Allgemeine Familienausgleichskasse für die Betriebe und Verwaltungen sowie für die Selbständigen, für


    (Richter [Frankfurt])

    welche keine Berufsgenossenschaft da ist, und schließlich eine Zentrale Familienausgleichskasse als Dachorganisation über alle. An diese hätten die einzelnen Familienausgleichskassen der Betriebe und Verwaltungen sowie die Allgemeine Familienausgleichskasse die Überschüsse an Beiträgen abzuführen. Diese Zentrale Familienausgleichskasse, die vom Bundesarbeitsminister verwaltet werden soll, hätte andererseits an die Familienausgleichskassen der Betriebe und Verwaltungen Zuschüsse zu leisten, wenn dort das Beitragsaufkommen nicht ausreicht.
    Bitte, das ist nicht einfach, das ist kompliziert! Das macht einen Verwaltungsapparat notwendig, ich weiß nicht, wie groß. Da wird es auch wieder einige Präsidenten geben, den Herrn Präsidenten von der Familienausgleichskasse XY, den Herrn Präsidenten von der Allgemeinen Familienausgleichskasse; und der Chef des Ganzen, der Zentralen Familienausgleichskasse, wird vielleicht Oberpräsident heißen. Ich weiß nicht; aber so was ist doch in Deutschland möglich. Ich behaupte sicherlich nicht zuviel.
    Nun wollen Sie die Durchführung dieser Aufgabe ausgerechnet den Sozialversicherungsträgern, den Berufsgenossenschaften übertragen. Nehmen Sie es mir nicht übel: Wenn Sie einen der ungeeignetsten Sozialversicherungsträger aussuchen wollten, dann haben Sie ihn in den Berufsgenossenschaften gefunden.

    (Abg. Renner: Selbstverwaltung!)

    — Das hat mit Selbstverwaltung gar nichts zu tun. — Die Berufsgenossenschaft hat hierzu den denkbar ungeeignetsten Apparat. Die Berufsgenossenschaft ist am wenigsten verzweigt. Die Berufsgenossenschaften haben in vielen Fällen nur eine Zentrale und manchmal nur noch einige Sektionen. Ich habe hier eine Liste der Berufsgenossenschaften der deutschen Bundesrepublik. Sie umfaßt eine Seite und noch ein Drittel dazu, und damit ist es aus. Da haben Sie ihre Anschriften. Das bedeutet doch eine erhebliche Korrespondenz. Wenn jetzt ein Kind geboren wird, muß sich die Mutter oder der Vater an die Berufsgenossenschaft wenden. Er weiß nicht genau, zu welcher er gehört. Er muß sich erkundigen. In einem Betrieb der Metallindustrie kann es drei, ja vier Berufsgenossenschaften geben. Da gibt es bei den Opelwerken eine Genossenschaft der Feinmechaniker — die kennen Sie alle —, da gibt es Schlosser und Eisenarbeiter, da gibt es Maschinenbauer und die Kleineisenindustrie. Dann gibt es noch die nordwestdeutschen und die süddeutschen Eisen- und Stahlberufsgenossenschaften.
    Aber ich will Sie damit nicht langweilen. Ich glaube nur, daß wir uns diese Dinge im Ausschuß noch eingehend vor Augen halten müssen. Das ist keine parteipolitische Ansicht. Ich kenne sehr viele Ihrer verehrten Sozialpolitiker, mit denen ich auf allen möglichen Gebieten zusammenarbeite, die mit mir in dieser Frage einer Meinung sind. Deswegen glaube ich, wir sollten uns hier nicht in einem breiten Redeschwall allzusehr festlegen, sondern die Dinge ganz nüchtern betrachten. Ich begrüße es, daß wir nun endlich an die abschließenden Arbeiten gehen können, da durch Ihren Initiativantrag die Fesseln, die für uns im Sozialpolitischen Ausschuß vorhanden waren, gefallen sind. Aber die SPD wird auf einer Kinderbeihilfe für alle Kinder bestehen müssen. Dabei werden wir zu beraten haben, ob sie für den Anfang erst vom zweiten Kinde ab gegeben werden kann. Wir halten es auch
    nicht für einfach, in dieser Frage nun eine einzelne Gruppe mit der Aufbringung der Mittel zu belasten. Wir müssen die Dinge auch volkswirtschaftlich sehen. Es gibt lohnintensive Wirtschaftszweige und -betriebe, die einen relativ hohen Beitrag aufzubringen hätten, und es gibt Industrien, in deren Produkten verhältnismäßig wenig Lohn enthalten ist und die dadurch geringer belastet würden. Wir müssen dabei an unsere Ausfuhr denken und prüfen, wie sich die Belastung auf die Preisgestaltung auswirkt, wenn man den Weg, den Sie hier vorschlagen, beschreitet. Wir sind der Meinung, daß eine allgemeine sozialpolitische Ausgabe auch von der Allgemeinheit zu tragen ist. Das hat nichts mit der Verstaatlichung der Persönlichkeit zu tun, sondern es ist eine Frage der Zweckmäßigkeit, der Solidarität, der gegenseitigen Hilfe, der Hilfe des einen für den andern.

    (Beifall bei der SPD.)