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ID0115807500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 158. Sitzung. Bonn, Montag, den 9., Juli 1951 6291 158. Sitzung Bonn, Montag, den 9. Juli 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 6292C, 6311C, 6320C, 6332B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Investitionshilfe der deutschen gewerblichen Wirtschaft (Nr. 2450 der Drucksachen) 6292D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6292D Cramer (SPD) 6294B Ausschußüberweisung 6294C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und dem Land Berlin (Nr. 2417 der Drucksachen) 6294C Dr. Bucerius (CDU), Antragsteller 6294C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6295B Ausschußüberweisung 6296C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzen zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von GroßBerlin (West) (Nr. 2451 der Drucksachen) 6296C Ausschußüberweisung 6296C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur einstweiligen Regelung des Treuhandverhältnisses in den Unternehmen des Kohlenbergbaues und der Eisen-und Stahlindustrie (Nr. 2424 der Drucksachen) 6296C Ausschußüberweisung 6296D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Zucker ,(Zuckergesetz) (Nr. 2431 der Drucksachen) 6296D Ausschußüberweisung 6296D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung von Gebühren durch die Außenhandelsstelle des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Nr. 2448 der Drucksachen) 6297A Ausschußüberweisung 6297A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreide- gesetz) (Nr. 2449 der Drucksachen) . . 6297A Ausschußüberweisung 6297A Zweite Beratung des Entwurfs eines Strafrechtsänderungsgesetzes (Nrn. 563, 1307 der Drucksachen); Erster Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 2414 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 269, 270, 272, 273) 6297B Dr. Laforet (CSU): als Berichterstatter 6297B als Abgeordneter 6324A Dr. Arndt (SPD): als Berichterstatter 6398B als Abgeordneter . . . . 6303B, 6306C, 6317B, 6325C Fisch (KPD) . 6298D, 6307B, 6311D, 6312B, 6315B, 6316B, 6319D, 6325D Dr. Wahl (CDU), als Berichterstatter 6303C Clausen (SSW) 6306C Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 6309A, 6314D Dr. Kopf (CDU): als Abgeordneter . . . . 6309D, 6318D als Berichterstatter 6328B von Thadden (DRP) . . . . 6310D, 6315B, 6316D, 6331A Renner (KPD): zur Abstimmung . . . . 6311A, 6314C zur Sache 6313D Ehren (CDU) 6313C Matthes (FDP) (zur Geschäftsordnung) 6314C Ewers (DP) 6318A, 6324B Neumayer (FDP), Berichterstatter . 6320D Abstimmungen . . . . . . . . 6303C, 6311A, 6312B, 6314C, 6315A, 6316A, C, 6317A, 6320C, 6327C, 6331D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des GrundSteuergesetzes (Nrn. 1787, 1947, 2013 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2408 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 268, 271) . 6332B Dr. Kneipp (FDP), Berichterstatter . 6332B Dr. Bertram (Z) 6337B Morgenthaler (CDU) 6338D Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 6339B Abstimmungen 6337B, 6339A, C zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des Gesetzes zur Sicherung der Düngemittel-und Saatgutversorgung (Nr. 2216 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr 2422 der Drucksachen) 6339D Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU), Berichterstatter 6339D Beschlußfassung 6340A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Nrn. 2242, 2362 der Drucksachen); Zweiter Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2407 der Drucksachen; Umdruck Nr. 274) in Verbindung mit der Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Besteuerung des Kleinpflanzertabaks im Erntejahr 1951 (Nr 2452 der Drucksachen) 6340A Dr. Kneipp (FDP): als Berichterstatter 6340B als Antragsteller 6340D Beschlußfassung 6340D 'Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Antrag beim Bundesverfassungsgericht auf Verbot faschistischer und militaristischer Organisationen (Nr. 2402 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Verfassungswidrigkeit des Verbots der Freien Deutschen Jugend (Nr. 2403 der Drucksachen) 6341B Paul (Düsseldorf) (KPD), Antragsteller 6341B Frau Thiele (KPD), Antragstellerin 6342C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 6344A Majonica (CDU) 6344D Übergang zur Tagesordnung 6344D Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 259) 6345A Beschlußfassung 6345A Nächste Sitzung 6345C Die Sitzung wird um 14 Uhr 4 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Fritz Neumayer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe über den Dritten Abschnitt des Gesetzentwurfes zu berichten, über den Abschnitt, der die Bestimmungen über den Landesverrat enthält. Er umfaßt die §§ 99 bis 101. Ebenso wie die Bestimmungen über den Hochverrat waren auch die Bestimmungen über den Landesverrat durch Kontrollratsgesetz Nr. 11 außer Kraft gesetzt: Es war daher unbedingt erforderlich, entsprechende und den heutigen Verhältnissen angepaßte Bestimmun-


    (Neumayer)

    gen gegen Landesverrat wieder in das Strafrecht einzubauen, um der Bundesrepublik den notwendigen Schutz gegen Angriffe auf ihre staatliche Sicherheit zu gewähren.
    Der Abschnitt über Landesverrat war zunächst Gegenstand der Beratungen eines Unterausschusses, dessen Vorsitz zu führen ich die Ehre hatte. Später wurde die ganze Materie nochmals eingehend 'im gesamten Rechtsausschuß beraten, und das Ergebnis dieser Beratungen liegt Ihnen heute vor. In Abänderung der ursprünglichen Regierungsvorlage hat der Ausschuß es für richtig befunden, zunächst in § 99 die Begriffe des Staatsgeheimnisses und des Verrats klarzulegen. Demnach sind unter Staatsgeheimnis zu verstehen Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, insbesondere Schriften, Zeichnungen, Modelle oder Formeln oder Nachrichten darüber, deren Geheimhaltung vor einer fremden Regierung für das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder erforderlich ist. Die Prüfung der Frage, ob ein Staatsgeheimnis vorliegt, obliegt dem Gericht. Insbesondere ist es auch dessen Aufgabe, festzustellen, ob ein aus dem Inhalt sich ergebendes Bedürfnis zur Geheimhaltung vorliegt. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts muß es sich um eine Tatsache von Bedeutung handeln, deren Preisgabe den Interessen des Staates zuwiderläuft. Eine formelle Sekretur ist nicht erforderlich.
    Der Begriff des Staatsgeheimnisses mußte im Hinblick auf die technischen Errungenschaften der Neuzeit erheblich erweitert werden, und zwar in dem Sinne, daß auch Modelle, Formeln oder Nachrichten darüber umfaßt werden. Wer z. B. eine mathematische Formel, aus der sich neue Erkenntnisse in der naturwissenschaftlichen Forschung ergeben, im Sinne dieser Bestimmungen verrät, macht sich dann des Landesverrats schuldig, wenn die Geheimhaltung dieser Formel vor einer fremden Regierung für das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder erforderlich ist. Selbstverständlich fällt unter diesen Begriff des Staatsgeheimnisses auch ein Geheimkode, da es sich hier um eine Schrift handelt und da, wer die Entzifferung dieser Schrift verrät, eine Nachricht über eine Schrift im Sinne dieser Bestimmungen preisgibt.
    Verrat im Sinne dieser Bestimmungen begeht, wer vorsätzlich ein Staatsgeheimnis an einen Unbefugten gelangen läßt oder es öffentlich bekanntmacht und dadurch das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet. Der subjektive Tatbestand des Verrats umfaßt somit den Vorsatz, ein Staatsgeheimnis an einen Unbefugten gelangen zu lassen oder öffentlich bekanntzumachen, und gleichzeitig das Bewußtsein, dadurch das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder zu gefährden. Die Absicht der Gefährdung ist demnach nicht erforderlich. Es genügt das Bewußtsein der möglichen Gefährdung; denn bedingter Vorsatz ist selbstverständlich ausreichend.
    In früheren Bestimmungen war nun der Begriff des Verrats davon abhängig gemacht, daß der Täter das Geheimnis an eine ausländische Regierung gelangen ließ. In den praktisch wichtigsten Fällen, wenn z. B. das Geheimnis einem Agenten einer fremden Regierung verkauft worden war, mußte also dem Täter nachgewiesen werden, daß er die Eigenschaft des Erwerbers als Mittelsmann einer fremden Regierung gekannt hatte oder doch mit der Möglichkeit dieser Eigenschaft gerechnet hatte. Daher hat schon der Entwurf eines neuen
    Strafgesetzbuches von 1927 diese enge Fassung des alten Strafgesetzbuches aufgegeben.
    Der Ausschuß hat sich dazu entschlossen, den Verrat dann als gegeben zu betrachten, wenn der Täter das Staatsgeheimnis vorsätzlich an einen Unbefugten gelangen läßt oder es öffentlich bekanntmacht und dadurch das Wohl der Bundesrepublik oder eines ihrer Länder gefährdet. Unter „Unbefugten" in diesem Sinne ist zu verstehen, daß das Geheimnis jemandem übermittelt wird, vor dem es geheimzuhalten ist. Diese Fassung ist gewählt worden, weil eine verräterische Handlung dann nicht vorliegt, wenn unter den Handelnden eine Offenbarungspflicht besteht. Eine solche Offenbarungspflicht kann auf Grund internationalen Rechts gegeben sein, sie kann auch auf Besatzungsrecht beruhen. Ich verweise in dieser Beziehung auf die Stellungnahme der Bundesregierung zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates zu § 94 auf den Seiten 78 und 79 der Drucksache Nr. 1307. Der Ausschuß tritt diesen Ausführungen bei.
    Im Gesamtausschuß wurde nun sehr lebhaft die Frage diskutiert, ob jetzt auch schon Bestimmungen über Verrat gegenüber einer Staatengemeinschaft oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung, auf die die Bundesrepublik Deutschland Hoheitsrechte übertragen oder zu deren Gunsten sie Hoheitsrechte beschränkt hat, aufgenommen werden sollen. Insbesondere hat sich Herr Kollege Dr. Arndt für einen auch überstaatliche Organisationen umfassenden strafrechtlichen Schutz gegen Verrat eingesetzt. Nach längerer Aussprache entschied sich die Mehrheit des Ausschusses jedoch in ablehnendem Sinne, und zwar mit Rücksicht darauf, daß eine derartige Staatengemeinschaft zur Zeit noch nicht bestehe und man die weitere Entwicklung noch nicht überblicken könne. Für diese Beschlußfassung fiel die Tatsache entscheidend ins Gewicht, daß im Ausland solche Bestimmungen bis jetzt noch nirgends in die Gesetzgebung aufgenommen worden sind. Der Ausschuß beschloß daher mit Mehrheit, derartige Bestimmungen vorläufig zurückzustellen und die Regierung zu ersuchen, den gesetzgeberischen Gedanken im allgemeinen Rahmen der weiteren Behandlung der Strafrechtsnovelle wieder aufzunehmen.
    Landesverrat ist nach diesen Ausführungen der Verrat von Staatsgeheimnissen im Sinne des § 99 und wird nach § 100 mit Zuchthaus bestraft. Im Gegensatz zum Hochverrat wurde in bereinstimmung mit dem Entwurf von 1927 davon abgesehen, durch Androhung der Täterstrafe für das Unternehmen den Versuch dem vollendeten Verbrechen gleichzustellen. Hierzu bestand kein Anlaß, da der Versuch nach den §§ 43 und 44 ohnehin mit schwerer Strafe bedroht ist.
    Bereits im Regierungsentwurf war die Ausspähung unter Zuchthausstrafe bis zu 10 Jahren gestellt. Der Begriff der Ausspähung diplomatischer Geheimnisse war in den früheren Bestimmungen des deutschen Strafgesetzbuches nicht enthalten. Infolgedessen konnte damals Ausspähung nur als Versuch zum Landesverrat geahndet werden. Hierbei unterlag die Frage, ob Versuch oder Vorbereitungshandlung vorliege, der tatrichterlichen Feststellung. Dies war ein sehr unbefriedigender Zustand, denn der Angeklagte konnte sich sehr leicht damit verteidigen, daß er die Ausführung des Verrats bereits freiwillig aufgegeben habe. Aus diesen Gründen war schon in den Entwurf, von 1927 eine Bestimmung aufgenommen worden, die die Ausspähung von Staatsgeheimnissen als solche


    (Neumayer)

    mit Zuchthausstrafe bedroht. Analog den dort vorgesehenen Bestimmungen soll nun nach Beschluß des Rechtsausschusses wegen Ausspähung von Staatsgeheimnissen mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren bestraft werden, wer sich ein Staatsgeheimnis verschafft, um es im Sinne des § 99 zu verraten.
    Die bisherige Rechtsprechung, meine Damen und Herren, vertrat die Auffassung, daß nur wahre Tatsachen geheimhaltungsbedürftig seien. Demnach schützten die Strafvorschriften des alten § 92 den Staat nur dagegen, daß tatsächlich bestehende Verhältnisse, deren Bekanntgabe das Wohl des Reiches oder eines einzelnen Bundesstaates schädigen oder gefährden würden, allgemein oder doch der daran interessierten Regierung verraten würden. Nur die Enthüllung wirklich vorhandener Geheimnisse, nicht aber die Verbreitung falscher Nachrichten, die ebenfalls zu einer Gefährdung oder Schädigung des Staatswohles führen konnten, war in § 92 mit Strafe bedroht. War die Nachricht nicht wahr, aber vom Täter für wahr gehalten, so kam Bestrafung wegen Versuchs in Frage.
    Diese Vorschriften genügen den gegenwärtigen Verhältnissen nicht mehr. Bereits in der amtlichen Begründung der Reichstagsvorlage von 1927 war folgendes ausgeführt, was ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten hier vorlesen will:
    in neuerer Zeit ist dem Reiche wiederholt schwerer Schaden dadurch zugefügt worden, daß dem Ausland erdichtete Mitteilungen über geheime Vorgänge politischer oder militärischer Art zugeleitet worden sind. Derartige Machenschaften sind in besonderem Maße geeignet, innen- und außenpolitischen Schaden anzurichten. Bisher war die Möglichkeit einer Bestrafung solcher Umtriebe wenigstens aus dem Gesichtspunkt des Landesverrats nicht gegeben. Der Entwurf füllt diese Lücke aus.
    Der Rechtsausschuß hat sich diesen Gründen nicht verschlossen. Bereits im Unterausschuß ist daher die Frage eingehend erwogen worden, ob nicht auch die verräterische Fälschung unter Strafe gestellt werden soll. Da der ursprüngliche Regierungsentwurf Bestimmungen über die verräterische Fälschung nicht enthielt, wurde nunmehr dem Rechtsausschuß, und zwar dem Gesamtrechtsausschuß ein Antrag vorgelegt, der im Anschluß an den Entwurf von 1927 eigene Bestimmungen über die landesverräterische Fälschung vorsah. Der Rechtsausschuß hat sich der Notwendigkeit, auch die verräterische Fälschung zu pönalisieren, nicht verschlossen. Demnach soll nunmehr nach dem Ihnen vorliegenden Entwurf die Herstellung solcher Fälschungen zum Zwecke des Verrats und der Verrat selbst — ohne daß die übermittelten Tatsachen, Gegenstände oder Nachrichten als falsch bezeichnet werden — mit Zuchthaus bestraft werden.
    In der Wertung wurde zwischen Landesverrat und verräterischer Fälschung, worunter auch der Verrat von Pseudogeheimnissen fällt, kein Unterschied gemacht. Der Ausschuß glaubte, für beide Tatbestände den Strafrahmen völlig gleich gestalten zu sollen. Die Frage, ob eine Vorschrift über mildernde Umstände eingelegt werden solle, verneinte der Ausschuß in seiner überwiegenden Mehrheit. Man ging hierbei von der Auffassung aus, daß der Täter auch bei der verräterischen Fälschung das Bewußtsein haben müßte, durch die Weitergabe das Wohl der Bundesrepublik zu schädigen. Auch sei die Handlung der verräterischen Fälschung genau so verwerflich, vielleicht noch verwerflicher als die Preisgabe wahrer Staatsgeheimnisse und könne unter Umständen schlimmste Folgen nach sich ziehen. Man denke nur an einen fingierten Vertrag, der in Wirklichkeit nicht besteht und der vielleicht zwischen der Bundesrepublik und der Sowjetunion als abgeschlossen vorgegeben wird; und man denke daran, wenn ein solcher fingierter Vertrag andern Mächten zugeleitet wird, welche schlimmen, welche gefährlichen Folgen sich aus einer derartigen Handlungsweise ergeben können.

    (Zuruf von der KPD: Wie war das mit dem Protokoll von Ems?)

    Analog der Strafandrohung für die Ausspähung soll nach § 100 a Abs. 3 derjenige mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren bestraft werden, der sich solche Fälschungen verschafft, um sie zu verraten, ohne sie als falsch oder verfälscht zu bezeichnen.
    Nach Abs. 4 sollen falsche, verfälschte oder unwahre Tatsachen, Gegenstände oder Nachrichten darüber Staatsgeheimnissen gleichstehen, die der Täter irrtümlich für falsch, verfälscht oder unwahr hält.
    Unter den gleichen allgemeinen Voraussetzungen mußte auch die landesverräterische Beweisvernichtung unter Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren gestellt werden. In diesem Falle glaubte der Ausschuß bei Vorliegen mildernder Umstände auf Gefängnisstrafe — jedoch nicht unter drei Monate — herabgehen zu können.
    Der Vorschlag des Rechtsausschusses erfordert nicht mehr wie die Vorlage von 1927, daß das beeinträchtigte Beweismittel dem Beweis eines Rechtsverhältnisses dienen könne, sondern er läßt es genügen, daß das Beweismittel geeignet ist, zum Beweis einer für die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik erheblichen Tatsache beizutragen. Auch das Zeugnis kann als Beweismittel im Sinn des § 100 b in Betracht kommen. Der Tatbestand ist beispielsweise erfüllt, wenn der Täter einen Zeugen, der für die Verhandlung mit einem fremden Staat zum Beweis von Tatsachen, welche die auswärtigen Beziehungen des Bundes berühren, gebraucht wird, festhält oder fortschafft, so daß er nicht zur Verfügung der verhandlungführenden Dienststelle steht.
    Ich komme nun zur Fahrlässigkeit. Der erste Entwurf der Regierung hatte allgemein für fahrlässigen Landesverrat eine Gefängnisstrafe vorgesehen. In dem Ihnen nun auf Grund der Beschlüsse des Ausschusses vorliegenden § 100 c wird der Begriff der Fahrlässigkeit genauer definiert; denn es mußte ein Unterschied gemacht werden zwischen dem, der in einem kleinen Freundeskreis z. B. ein Staatsgeheimnis ausplaudert und dadurch fahrlässig das Wohl der Bundesrepublik gefährdet, und dem, der z. B. eine Staatsgeheimnisse enthaltende Aktentasche versehentlich liegen läßt und dadurch eine Staatsgefährdung fahrlässig herbeiführt. Im ersten Fall tritt zu der fahrlässigen Gefährdung des Wohls der Bundesrepublik noch der Vorsatz der Preisgabe, allerdings im Vertrauen darauf, daß das Staatsgeheimnis gewahrt werde. Im zweiten Fall dagegen handelt der Täter überhaupt nur fahrlässig. Infolgedessen wurde für den ersten Fall, der auch den Vorsatz der. Preisgabe umfaßt, Gefängnisstrafe allgemein, für den zweiten Fall dagegen Gefängnisstrafe nur bis zu zwei Jahren vorgesehen.
    Der nun folgende Abs. 1 des § 100 d bezieht sich auf den Fall, daß jemand — also ein Agent — zu einer fremden Regierung, Partei, Vereinigung oder


    (Neumayer)

    einer Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Gesetzes in Verbindung tritt in der Absicht, einen Krieg, ein bewaffnetes Unternehmen oder Zwangsmaßregeln gegen die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder herbeizuführen oder zu fördern. Soweit es sich um einen Krieg handelt, ist die Bestimmung altes Recht. Derartige Handlungen wurden immer mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren geahndet. Die Entwürfe von 1925 bis 1930 haben neben den Krieg auch bewaffnete Unternehmen, die im Begriff des Strafrechts noch keinen Krieg darstellen, sowie Zwangsmaßregeln — völkerrechtlich gesprochen also Sanktionen — gestellt. Der Ausschuß hat diese Bestimmungen übernommen, und zwar auch in Anlehnung an das geltende schweizerische Recht. In Anpassung an die gegenwärtigen Verhältnisse spricht demnach § 100 d nicht nur von Beziehungen zu ausländischen Regierungen, sondern auch von Beziehungen, die zu einer Partei, einer andern Vereinigung oder einer Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes unterhalten werden.
    Während Abs. 1 die auf äußere Gefahren für die Bundesrepublik gerichtete Agententätigkeit unter Zuchthausstrafe stellt, behandelt Abs. 2 des § 100 d die Agententätigkeit, die darauf gerichtet ist, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland im Innern zu beeinträchtigen oder die im § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben. Dieser Absatz behandelt also die einen Umsturz im Innern erstrebende Agententätigkeit. Die Art der Beziehungen ist in Abs. 1, wo es sich um die äußeren Beziehungen handelt, und im Abs. 2, wo es sich um den innern Schutz handelt, wohl die gleiche; doch die Absicht des Täters ist eine verschiedenartige. Da sie im Abs. 2 im Gegensatz zu Abs. 1 nur auf eine innere Umwälzung gerichtet ist, glaubte man, es bei Androhung einer Gefängnisstrafe belassen zu können, wobei der Versuch strafbar sein soll.
    Die Bestimmungen des Abs. 2 und auch des folgenden Abs. 3 waren im früheren Recht nicht enthalten. Dagegen konnte sich die Vorlage an das schweizerische Recht anlehnen, "das bereits seit 1938 ähnliche Bestimmungen entwickelt und jetzt neu formuliert hat. Nach der auch für Deutschland zutreffenden Botschaft des Schweizer Bundesrates an die Bundesversammlung sollen mit diesen Bestimmungen Vorbereitungen zu Angriffen getroffen werden, die aus dem Auslande gegen die Existenz des Staates gerichtet sind, und zwar sollen diese Vorbereitungen in einem möglichst frühen Stadium erfaßt werden. Ebenso wie in der Schweiz fällt auch in Deutschland das bloße Sympathisieren mit einem fremden Staat oder mit Parteien, Vereinigungen oder Einrichtungen außerhalb des Bundesgebietes natürlich nicht unter die einschlägigen Strafbestimmungen, desgleichen nicht die Zustimmung zu einer Kritik des Auslandes an den Verhältnissen der Bundesrepublik. Der Entwurf sieht zwar eine Bestrafung schon dafür vor, daß der Täter mit einem fremden Staat oder mit einer Partei oder mit einer anderen Organisation außerhalb des Bundesgebietes in Verbindung tritt, knüpft diese Bestrafung aber an die weitere Voraussetzung, daß dies in der Absicht geschehen muß, gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Unternehmungen oder Bestrebungen zu unterstützen. Dabei genügt es nicht, daß diese Unternehmungen oder Bestrebungen den politischen Interessen der Bundesrepublik zuwiderlaufen, sie müssen vielmehr gegen die Sicherheit der Bundesrepublik gerichtet sein, worunter sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit zu verstehen ist.
    Nach Abs. 3 wird die Strafandrohung ausgedehnt auf den Fall, daß im Inland oder außerhalb vorsätzlich unwahre oder gröblich entstellte Behauptungen tatsächlicher Art aufgestellt oder verbreitet werden, mit der Absicht, eine der in Abs. 1 oder 2 bezeichneten Maßnahmen oder Bestrebungen herbeizuführen oder zu fördern.
    Ich muß hier auf einen Druckfehler aufmerksam machen, der sich in die Drucksache eingeschlichen hat. Zu § 100 d gehört der als eigener Absatz eingefügte Satz „Der Versuch ist strafbar" in den dritten Absatz, so daß der darauf folgende Satz „In besonders schweren Fällen des Abs. 1 ..." usw. als Abs. 4 zu bezeichnen ist.
    Für besonders schwere Fälle des Abs. 1 — ich habe das eben schon erwähnt — wurden im Abs. 4 lebenslängliches Zuchthaus, in Fällen der Abs. 2 und 3 Zuchthaus vorgesehen.
    Der nun folgende § 100 e befaßt sich mit der sogenannten landesverräterischen Konspiration. Eine solche liegt vor, wenn Beziehungen zu einem fremden Nachrichtendienst mit dem Ziel aufgenommen werden, ein Staatsgeheimnis zu verraten. Voraussetzung für die Anwendung dieser Bestimmung ist daher, daß es zu dem Verrat noch nicht gekommen ist. Es handelt sich demnach um eine Vorbereitungshandlung, die aber so konkret gestaltet sein muß, daß der nächste Akt zweifellos der Verrat des Staatsgeheimnisses selbst wäre. Eine derartige Handlung muß nach Auffassung des Rechtsausschusses schon wegen ihrer Gefährlichkeit strafbar sein. Die Bestimmung des § 100 e beschränkt sich aber nicht darauf, daß die Beziehungen nur der Mitteilung von Staatsgeheimnissen gelten, sondern sie erfaßt auch eine der vorhin umrissenen Maßnahmen des § 100 d Abs. 1, d. h. also den Fall, daß die Beziehungen einem Krieg, einem bewaffneten Unternehmen oder Zwangsmaßnahmen gegen die Bundesrepublik dienen sollen. In diesem Falle soll wegen der Schwere der Absicht und der Schwere des Ziels die Strafe die gleiche sein wie bei der Aufnahme von Beziehungen zum Zwecke des Verrates von Staatsgeheimnissen. Der Tatbestand dieses Paragraphen stellt also eine Vorbereitungshandlung zum Landesverrat und zu der Agententätigkeit in den schweren Fällen des § 100 d Abs. 1 unter Strafe.
    Der nun folgende § 100 f behandelt die landesverräterische Untreue. Diese hat bereits im alten deutschen Strafgesetzbuch als schweres Verbrechen gegolten. Auch in den Entwürfen der Jahre 1925 bis 1930 und im Entwurf des Jahres 1934 ist sie wiederum mit Strafe bedroht worden. Die Tat besteht darin, daß ein Beauftragter der Bundesrepublik oder eines ihrer Länder ein Staatsgeschäft mit einer fremden Regierung, einer Staatengemeinschaft oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung vorsätzlich zum Nachteil seines Auftraggebers führt. Mit Vorbedacht wurde an Stelle des früheren Textes nicht von einer ausländischen, sondern von einer fremden Regierung gesprochen. Der Ausschuß war sich bewußt, daß das Wort „Auftrag" im zivilrechtlichen Sinne eine andere Bedeutung hat, man glaubte aber mit Rücksicht darauf, daß der Ausdruck „Beauftragter" in sämtlichen Strafgesetzentwürfen enthalten ist, sich an diese Terminologie halten und von dem Ausdruck „Bevollmächtigter" Abstand nehmen zu sollen.


    (Neumayer)

    Die Bestimmungen des § 97 des ursprünglichen Regierungsentwurfs sollen der_ weiteren Behandlung des Gesetzentwurfs vorbehalten und nicht in den Abschnitt „Landesverrat" aufgenommen werden.
    Ich habe nun nur noch den letzten Paragraphen meines Abschnittes, den § 101, zu erwähnen, der die Nebenstrafen behandelt. Er bedarf meiner Auffassung nach keiner weiteren Erörterung.

    (Beifall.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren! Es ist vorgesehen oder vorhin vom Plenum hier beschlossen worden, den dritten Abschnitt insgesamt zu besprechen. Ich rufe also nicht die einzelnen Paragraphen auf, sondern den gesamten dritten Abschnitt und bitte die Damen und Herren, die dazu zu sprechen oder Abänderungsanträge zu begründen haben, sich dann zu Wort zu melden. Das bezieht sich also auf die §§ 99 bis 101.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Laforet.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wilhelm Laforet


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutigen Verhandlungen haben gezeigt, daß Hoffnung besteht, ,die beiden Teile des Hauses zu einer gemeinsamen Beschlußfassung zu einigen. Wir wollen den Gang ,der zweiten Lesung nicht aufhalten; aber wir wollen zwischen der zweiten und dritten Lesung, wie das der Herr Präsident bereits mitgeteilt hat, noch einmal eine Sitzung des Rechtsausschusses durchführen, die insbesondere auch die Ziffer 3 ,des Antrages Ollenhauer und Fraktion mitbehandelt und die Anträge des Herrn Kollegen Ewers würdigt, die uns erst zu Beginn 'dieser Sitzung zur Kenntnis gebracht worden sind. Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten darf ich die Damen und Herren des Rechtsausschusses bitten, sich morgen um 11 Uhr in unserem Sitzungszimmer 106 einfinden zu wollen.