Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der Begründung zum Antrag Ollenhauer und Fraktion darf ich zunächst folgendes bemerken: Die Zahl von 28 % ist als das arithmetische Mittel zwischen den 25 % Bereitstellung durch den Bundesrat und den 31,3 % Wunsch des Bundesfinanzministers berechnet worden. Ich verstehe es, wenn vor einem Gericht der Richter, der eines Streites müde ist und annimmt, daß beide Parteien wohl über das hinaus, was ihnen zusteht, vorsorglich etwas mehr gefordert haben, einen Vergleich mit dem arithmetischen Mittel der beiderseitigen Forderung vorschlägt. Aber in diesem Fall bin ich von diesem Prinzip des arithmetischen Mittels abgegangen. Ich verweise lediglich auf die Begründung, die dem Gesetzentwurf beigegeben und in der genau dargelegt ist, wie das Bundesministerium der Finanzen zu der Berechnung von 31,3 % gekommen ist. Das Bundesministerium der Finanzen hat zunächst den Standpunkt vertreten, daß den Ländern möglichst das bleiben sollte, was sie bisher gehabt haben. Es hat also die Ansprüche des Bundes zunächst auf das beschränkt, was den Ländern an Mehreinnahmen gegenüber den Vorjahren durch die Bundesgesetzgebung zugeführt wird, und hat infolgedessen als die unterste Grenze dessen, was von den Ländern verlangt werden darf, die Höhe dieses Mehraufkommens in Anspruch genommen. Es hat ausdrücklich betont, daß dem Grundsatz des Art. 106, wonach der Bund seine nichtgedeckten Ausgaben durch Inanspruchnahme eines Teiles der Einkommen- und Körperschaftsteuer auf diesem Wege decken kann, nur teilweise Rechnung getragen werden kann. Ich habe mich bemüht, darzulegen, daß die Finanzlage des Bundes es nicht erlaubt, anzunehmen, daß bei einer Minderung dieses Prozentsatzes der Ausfall vom Bund irgendwie getragen werden könnte.
Auf die etwas polemischen Bemerkungen des Herrn Vorredners über die Politik der Koalitionsparteien brauche ich nicht einzugehen. Ich darf nur mit einem Satz bemerken: ob das nun Fehler sind oder nicht, an der Finanzlage und den finanziellen Auswirkungen für den Bund ist nichts mehr zu ändern. Die finanzielle Auswirkung für den Bund hat sich dadurch verschlechtert und nicht verbessert, daß das Umsatzsteuergesetz später als gedacht und das Aufwandsteuergesetz ebenfalls später als vorgesehen in Kraft treten werden. Die Autobahnbenutzungsgebühr spielt keine Rolle; denn sie wird im wesentlichen durch einen einmaligen Jahresbeitrag erhoben, und ob dieser im Oktober oder Juli zu bezahlen ist, hat fiskalisch keine ausschlaggebende Bedeutung. Es wäre auch technisch unmöglich gewesen, dieses Gesetz durch Bundesrat und Bundestag noch vor dem 15. Juli zu verabschieden.
Der Hinweis auf Art. 108 Abs. 2 des Grundgesetzes klingt in meinen Ohren sehr angenehm, da der Herr Vorredner ja weiß, daß ich um diesen Gesetzentwurf kämpfe, gerade um eine Vereinheitlichung in der Steuergebarung und eine schärfere Führung der Steuerverwaltung im Bundesgebiet zu erreichen. Er weiß aber wohl ebenso, daß eine Besserung der Finanzlage nicht sofort, sondern nur langsam eintreten kann und daß diese Besserung der Finanzlage in erster Linie den Ländern zugute kommt und nicht dem Bund, da es sich vor allem um die Einkommen- und Körperschaftsteuer handelt. Gerade dieser Hinweis müßte also logisch zu dem Schluß führen, daß, weil durch das Gesetz nach Art. 108 des Grundgesetzes ein höheres Aufkommen aus Landessteuern zu erwarten ist, die Länder eher in der Lage sein werden, den höheren Prozentsatz zu tragen, als der Bund in der Lage ist, einen niedrigeren Prozentsatz zu verschmerzen.
Nun aber grundsätzlich eine Bemerkung, und deshalb wundert es mich, daß der Antrag von der SPD gestellt ist. Die SPD macht mir doch zum Vorwurf, daß ich die indirekten Steuern zu sehr erhöhe und die direkten Steuern schone. Die Folge des hier gestellten Antrages wäre die: Wenn dem Bund durch einen niederen Prozentsatz die Möglichkeit, von den Ländern her die nicht gedeckten Ausgaben ersetzt zu bekommen, geschmälert wird, ist der Bund auf die Einnahmequellen angewiesen, die das Grundgesetz ihm zuweist; und diese Steuerquellen sind lediglich indirekte Steuern. Der Antrag der SPD hat zur Folge, daß der Bund wieder die indirekten Steuern — die von Ihnen selbst als unsozial bezeichneten Steuern
— erhöhen müßte und daß von den Ländern der Zwang genommen würde, ihre Mittel und ihre Anteile für den Build möglichst aus den direkten Steuern zu erhalten. Es würde also das Gegenteil von dem eintreten, was eigentlich Ihrer eigenen finanzpolitischen Überzeugung entspricht.
Wenn Sie glauben, daß die Zustimmung des Bundesrates bei 28 % leichter zu erhalten ist als bei 31,3 %, so darf ich aus psychologischen Gründen ein Fragezeichen dahinter setzen. Daß zwischen Leuten, die Geld geben müssen, ob das Finanzminister, Bürgermeister, Hausfrauen oder sonst etwas sind, Streit herrscht, ist selbstverständlich. Wenn der andere Teil weiß, daß ich als anständiger Mann von vornherein nur das verlangt habe, was ich brauche, und nicht mehr, daß ich das aber auch haben muß, und wenn der andere Teil weiß, daß ich auf seine Verhältnisse Rücksicht genommen habe, dann ist es möglich, am Schluß zu einer Einigung zu kommen. Wenn ich mir nach dem Prinzip des Aushandelns Schritt für Schritt Prozentsätze abringen lasse und der Gegner merkt, daß eine weiche Stelle vorhanden ist, dann halte ich die Einigung auf einer vernünftigen Basis für viel schwerer möglich — und sie ist wahrscheinlich unmöglich —, als wenn die Gegenseite weiß, sie hat es mit einem Partner zu tun, der von der ersten Stunde an nicht mehr verlangt, als er verlangen darf und haben muß, aber infolgedessen auf diesem Verlangen auch bestehen muß.
Das ist der Standpunkt, den ich in dieser Frage vertrete. Außerdem habe ich den Ländern ein Angebot gemacht. Ich bin bereit, das politische Odium auf meinen Namen zu nehmen und durch Bundesgesetzgebung auf meine Rechnung die Einnahmen der Länder auf dem Gebiete der Verkehrsteuern
— wo also die unsoziale Note wegfällt — zu erhöhen. Diese Einnahmen könnten für die Länder
— ich habe es durchrechnen lassen — insgesamt mindestens 225 Millionen DM betragen. Die Differenz für den Bund, um die wir heute reden, beträgt 240 Millionen DM. Auf dem Weg, den ich den Ländern weise, ist die Möglichkeit zu einer Einigung gegeben. Ich halte es für ausgeschlossen, daß der Bundesrat in dieser Situation das ganze Gesetz scheitern lassen und die politische Verantwortung dafür voll auf sieh nehmen wird.