Rede:
ID0115707500

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    Vokabeln: 6
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    6. Rademacher.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 157. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. Juli 1951 6243 157. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. Juli 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . 6244B, 6260D Ergänzung der Tagesordnung 6244B Anfrage Nr. 196 der Fraktion der SPD betr Steigerung der Dieseltreibstoffpreise (Nrn. 2309, 2420 der Drucksachen) . . . . 6244C Bericht des Bundeskanzlers über die Papierversorgung für Zeitungen (Nr. 2358 der Drucksachen) 6244C Zur Geschäftsordnung (betr. Redezeit und Ablesen von Manuskripten: Hennig (SPD) 6244C Präsident Dr. Ehlers 6244D Mellies (SPD) 6245A Beratung des Antrags der Abg. Strauß u. Gen. betr. Rede des französischen Hochkommissars an der Saar (Nr. 2298 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Saarfrage (Nr. 2347 der Drucksachen) 6245A Strauß (CSU), Antragsteller . . . 6245B Ollenhauer (SPD), Antragsteller 6248D, 6258B Dr. Adenauer, Bundeskanzler 6251C, 6259D Dr. von Merkatz (DP) 6252D Dr. Seelos (BP) 6253C Rische (KPD) 6254B Kiesinger (CDU) 6255D Dr. Hamacher (Z) 6256C von Thadden (DRP) 6257C Dr. Ott (BHE-DG) 6258B Ausschußüberweisung 6260C Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Bertram, Rümmele, Tichi, Clausen u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Pensionskasse deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen (Nr. 2334 der Drucksachen) 6260C Ausschußüberweisung 6260D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines KraftfahrtBundesamtes (Nr. 2409 der Drucksachen) 6260D Auschußüberweisung 6260D Erste Beratung des Entwurfs eines Gèsetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2500 der Drucksachen) . . . 6261A Ausschußüberweisung 6261A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau (Nr. 2388 der Drucksachen) 6261A Ausschußüberweisung 6261A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Zulagen in den gesetzlichen Rentenversicherungen (Rentenzulagegesetz — RZG —) Nr. 2390 der Drucksachen) 6261A Storch, Bundesminister für Arbeit 6261B, 6264D, 6269C Renner (KPD) 6262B Richter (Frankfurt) (SPD) 6263A Schütz (CSU) 6264D Willenberg (Z) 6265B Arndgen (CDU) 6265C Frau Dr. Probst (CSU) 6265D Dr. Hammer (FDP) 6266A Horn (CDU) 6266C Frau Kalinke (DP) 6267B, 6270B Frau Schroeder (Berlin) (SPD) . . . 6268D Dr. Klein, Senator von Berlin . . . 6270A Dr. Bucerius (CDU) 6271B Mellies (SPD) 6271D Ausschußüberweisung 6272A Dritte Beratung des Entwurfs eines Bundesbahngesetzes und des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Deutsche Bundesbahn (Bundesbahngesetz) (Nrn. 1341, 1275, 2399 der Drucksachen, Umdrucke Nm. 257, 260) . . . 6272A Jahn (SPD) 6272B Vesper (KPD) 6274A Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 6275A Rümmele (CDU) 6277A Rademacher (FDP): zur Sache 6279B zur Abstimmung 6282C Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 6282D Abstimmungen 6280C, 6282D Zweite und Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2245 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2391 der Drucksachen) 6283B Eickhoff (DP), Berichterstatter . . 6283B Lausen (SPD) 6284A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6285C Dr. Seelos (BP) 6286C Beschlußfassung 6286D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität betr. Aufhebung der Immunität der Abg. Aumer, Freiherr von Aretin, Donhauser, Mayerhofer und Volkholz (Nr. 2419 der Drucksachen) 6287A Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 6287A Beschlußfassung 6287D Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP betr. Neuwahl der Mitglieder des Kontrollausschusses beim Hauptamt für Soforthilfe (Nr. 2421 der Drucksachen) 628'7D Beschlußfassung 6288A Beratung des Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Günther, Kemper u. Gen. betr. Höchstentfernung im Güternahverkehr (Nrn. 1930, 646 der Drucksachen) 6288-A Beschlußfassung 6288A Beratung des Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Fahrrad-Hilfsmotoren (Nrn. 2333, 817 der Drucksachen) 6288A Beschlußfassung 6288B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Funk u. Gen. betr. Frachttarife für Schottersteine zum Straßenbau (Nrn. 2351, 1872 der Drucksachen) 6288B Cramer .(SPD), Berichterstatter . . 6288B Beschlußfassung 6289C Nächste Sitzungen 6289C Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Oskar Rümmele


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In § 4 des Bundesbahngesetzes steht etwas sehr Schwerwiegendes, das dem Gesetz eigentlich den Charakter gibt und die zukünftige Leitung der Bundesbahn sowie ihren Verwaltungsrat und das Verkehrsministerium praktisch mit einer schweren Verantwortung belastet. Es heißt dort, die Bundesbahn habe als Treuhänderin des Bundes dieses Vermögen, die Bahn, nach kaufmännischen Gesichtspunkten unter Wahrung der Interessen der deutschen Volkswirtschaft zu führen. Das hört sich einfach an und ist doch eine fast unlösbare Aufgabe. Kaufmännische Wirtschaftsführung in einem Betrieb, der Verkehrszwang, Tarifzwang, Beförderungszwang, Haftpflicht, gesetzliche Bestimmungen wegen der Sicherheit und andere Dinge hat, der internationale Verpflichtungen erfüllen muß und politische Lasten von über 100 Millionen Mark durch Übernahme der Pensionen der Vertriebenen hat, der in seinem Personalkörper von über 500 000 Mann auch 32 000 Schwerkriegsbeschädigte zählt, in einem Betrieb, der in der Einnahme einen Index der Frachten- und Fahrkartenpreise von etwa 170 hat, dem auf der anderen Seite ein Beschaffungsindex der Industrierohstoffe von 283 gegenübersteht —, ist ein Kunststück. Dennoch muß diese Aufgabe bewältigt werden. Denn der Sinn der Neuordnung ist der, daß die Bundesbahn aus den schlechten Finanzverhältnissen herauskommt, daß sie gesundet, daß sie gegenüber dem bisherigen Zustand besser wird, auf dem schließlich manches beruht, was die Wirtschaft, aber auch den Bund belastet. Die Bahnen waren ja früher in guten Zeiten, in den Zeiten vor 30, 40, 50 Jahren einmal gute Milchkühe für den Vater Staat, damals für die einzelnen Länder. Sie haben Überschuß abgeworfen, und jeder Finanzminister der Länder war hocherfreut, daß er diese Bahnen als Staatsbetriebe hatte. In der damaligen Zeit waren die Bahnen Musterbetriebe, soziale
    Musterbetriebe, aber auch Verkehrsmusterbetriebe und wurden in der ganzen Welt als solche anerkannt.
    Wenn man nun von der zukünftigen Leitung der Bahn fordert, daß sie kaufmännisch wirtschaftet, muß man in diesem Gesetz natürlich auch entsprechende Möglichkeiten schaffen. Es wäre sinnlos, Aufgaben zu stellen, die an der Sache scheitern müssen, weil die Grundlagen falsch sind. Deswegen war es im Verkehrsausschuß so schwer — und man hat so lange Zeit benötigt —, die richtige Ordnung zu finden. Das Gesetz hat nur 55 Paragraphen, und der Verkehrsausschuß hat, wenn ich mich recht entsinne, etwa 8 Monate daran gearbeitet, hat gefeilt, geprüft, Gutachten herangezogen, mit der Verwaltung zusammengearbeitet und Vergleiche mit Entwürfen des Bundesrats und des Bundesverkehrsministeriums angestellt. Ich glaube, nach Lage der Dinge ist in der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs im Ausschuß etwas Tragbares herausgekommen. Voraussetzung ist allerdings, daß die kommenden Männer in der Leitung der Bundesbahn wirklich etwas von der Wirtschaft verstehen. Sie müssen vom Verkehr etwas verstehen und müssen auch die Interessen des Bundes und der Gesamtheit voranstellen. Sie dürfen nicht Verwaltungsbürokraten sein. Man muß sich darüber klar sein, daß die Bundesbahn in der Zukunft vor schweren wirtschaftlichen Aufgaben stehen wird. Sie hat 4 Milliarden DM Nachhol- und Erneuerungsbedarf. Sie hat einen Jahresumsatz von auch etwa 4 Milliarden DM.
    Ich muß in diesem Zusammenhang dem Herrn Kollegen Vesper und den Herren von der Fraktion der KPD sagen, gerade meine Fraktion und auch die anderen Fraktionen haben wirklich nicht die Absicht, dieses Unternehmen, das immerhin einen Staatsbetrieb darstellt — mit seinen 12 Milliarden DM Vermögen, früher 20 Milliarden DM Vermögen, heute noch unser wertvollster Staatsbetrieb —, etwa dem amerikanischen Monopolkapitalismus auszuliefern. Aber wenn die Amerikaner als die Leute, die immerhin noch etwas geldflüssiger sind, als wir es leider in Deutschland sind, der Bundesbahn einmal einen Kredit von einigen Milliarden D-Mark geben würden, dann würden wir sicher nicht gegen die Kredithereinnahme sein, allerdings unter der Voraussetzung, daß die Amerikaner sich mit der wirtschaftlichen Verzinsung und Rendite des Kredits zufrieden geben und damit nicht Eingriffe in die personellen, wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Verhältnisse der Bundesbahn verbinden. Geld und Kredit muß die Bundesbahn schließlich haben, wenn sie ihren Wagenpark erneuern find in Ordnung halten will, wenn sie Verbesserungen durchführen will, wenn sie elektrifizieren will, wenn sie die Verkehrsaufgaben so bewältigen will, daß sie auch gegenüber der Verkehrskonkurrenz in Deutschland bestehen kann.
    Hier müssen wir allerdings sagen, daß das vorliegende Gesetz auch ein Gesetz sein muß, mit dem der Bundesverkehrsminister später in Verbindung mit dem Gesetz über den Güterverkehr auf der Straße, mit dem Gesetz über den Binnenverkehr der Schiffahrt usw. koordinieren kann — um das schöne oder unschöne Wort zu gebrauchen —, mit dem er eine saubere Konkurrenz der Verkehrsträger unter sich herstellen kann. Dazu müssen ihm die entsprechenden Gesetze die Möglichkeit geben. Was jetzt im Verkehr geschieht, ist zum Teil Substanzverlust und Nebeneinanderarbeiten, zum Teil leider auch Schmutzkonkurrenz. Die


    (Rümmele)

    Lösung kann nur darin liegen, daß die Konkurrenz im Verkehr zwar bestehen bleibt, aber eine saubere, eine faire Konkurrenz ist und daß man der Bundesbahn im Rahmen des Gesamtverkehrs, nachdem sie ihr Monopol seit etwa 30 Jahren verloren hat, die gleiche Chance wie den übrigen Verkehrsträgern in Deutschland gibt.
    Ich darf noch darauf hinweisen, die Bundesbahn ist in einer sehr schwierigen Lage, weil sie nicht nur die größten Kriegsschäden und den größten Nachholbedarf hat, sondern weil sie in dem ganzen europäischen Bahnsystem die einzige Bahn ist, die den Wiederaufbau aus eigener Kraft mit den laufenden Einnahmen finanzieren muß. Das ist eine fast unlösbare Aufgabe. In dem Gesetzentwurf steht, daß der Finanzminister Kredite geben soll und daß die Kredite verzinst werden müssen, allerdings im Rahmen der Möglichkeiten und der Geschäftslage. Ich fürchte, diese Möglichkeiten werden wir in den nächsten Jahren nicht haben. Der Finanzminister wollte eigentlich noch einen Betrag von 50 Millionen DM für die sogenannte Abgabe des Betriebsrechts neben den Verkehrssteuern festlegen lassen. Wenn wir das abgelehnt haben, dann aus dem einfachen Grund, daß die Bahn von der Substanz lebt und daß sie den Aufbau nicht so schnell vollführen kann, wie es im Interesse auch der Volkswirtschaft notwendig wäre. Sie zahlt beispielsweise zur Zeit für ihre geringen Anleihen und Schulden mehr an Zinsen, als sie fur den Oberbau im ganzen Jahr aufwenden kann. Das ist ein ungesunder Zustand. Wenn die Bundesbahn sich anstrengt und die Anlagen in Ordnung bringt, modernisiert und ausbaut, dient sie dem Volke. Jeder aufgebaute Bahnhof, jede erstellte Anlage, jede erneuerte Schiene erhöht das Bundesvermögen. Deswegen ist die indirekte Verwendung dieses Geldes — wenn etwa die 50 Millionen DM zusätzlich zur Verfügung ständen — im Interesse der Bahn und gleichzeitig im Interesse des Bundes geschehen.
    Nun, wenn man die Bahn gut führen will und wenn man vor allem — was auch bei der Bahn notwendig ist — Leistungssteigerungen und die Bestleistungen herausholen will, dann braucht man allerdings — und da bin ich mit Herrn Kollegen Jahn absolut einer Meinung — ein zufriedenes Personal. Wenn Bahnverwaltung und das Personal zusammenarbeiten, wenn zwischen Verwaltung und Personal ein vernünftiges Vertrauensverhältnis besteht, wenn man alle Rationalisierungsmaßnahmen, die notwendig werden mögen — und es werden sicher eine Anzahl sein —, im Geiste des Vertrauens durchführt und wenn überall das Vertrauen vorhanden ist, daß das, was geändert werden muß, nicht aus bürokratischem oder aus paragraphenmäßigem Denken heraus geschieht oder weil die Oberen bloß immer unten abbauen wollen, dann ist damit schon viel gewonnen.
    Dies führt aber zur Frage der Mitbestimmung. Die Mitbestimmung ist eine Frage des Vertrauens. Ich bin nicht in vollem Einverständnis mit meiner Fraktion, wenn ich Ihnen folgendes sage: Es ist noch nicht klar und es ist strittig, ob nicht unter Umständen die Gewerkschaften mit der Mitbestimmung mindestens ebensoviel oder auch noch mehr in die gemeinsamen Leistungen und in die gemeinsamen Unternehmungen in der Zukunft einbringen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Die Mitbestimmung ist ja nicht nur die Mitverantwortung. Sie ist einfach die Mitverpflichtung. Ich habe die Empfindung, wenn man die Mitbestimmung in einer vernünftigen Form durchführt, spürt nach 10 oder 20 Jahren niemand mehr etwas von den jetzigen Schwierigkeiten. Wenn man die Mitbestimmung richtig anfaßt und wenn sie von den Menschen, die dafür in Frage kommen, richtig ausgeübt wird, wenn diese Menschen nicht versagen, wenn man nicht kleine Betriebe, mittlere Betriebe und Betriebe, in denen sich der persönliche Arbeitgebereinfluß ja noch ganz anders auswirkt als in einem großen Unternehmen oder in einer großen Aktiengesellschaft, mit einbezieht, dürfte vielleicht schon in 5 oder 10 Jahren der Zeitpunkt gekommen sein, wo die Mitbestimmung allgemein als genau so notwendig angesehen wird, wie wir heute die Tarifverträge, die ja früher auch nicht anerkannt wurden, als richtig und gut und notwendig ansehen.
    Ich bin aber auch der Meinung, daß der Unterschied weniger in der Tatsache der Mitbestimmung an sich zu sehen ist, vielmehr liegt der Unterschied in dem Ausmaß der Mitbestimmung. Ich kann persönlich in der Mitbestimmung etwa 50 zu 50, um einmal den Ausdruck zu gebrauchen, mitgehen. Ich bin mir aber darüber klar, daß auch das wieder eine Frage der Menschen ist. Nicht ob ein Drittel oder ein Viertel der Leute bei der Mitbestimmung in irgendeiner Form eingeschaltet sind — sei es im Verwaltungsrat oder sonst irgendwie —, ist ausschlaggebend, nicht die Zahl allein, sondern der Geist dieser Menschen, ihr Können, ihr Verantwortungsbewußtsein, ihr Mut und ihre Sachkenntnis werden wesentlich mitspielen.
    Ich selbst kann also für den Antrag, der von der Opposition kommt, 50 zu 50, stimmen. Ich habe das gestern schon getan und ich werde das heute wieder tun. Ich muß dazu wegen der politischen Freunde meiner Fraktion, die glauben, das nicht tun zu können, ein Wort sagen. Sie tun es nicht deswegen, weil sie unsozial denken. Im Gegenteil! Ihr Denken ist sozial ganz einwandfrei. Sie haben eben nur noch bestimmte Befürchtungen und sagen: Man soll nichts überhasten, man soll gewissermaßen auch im Ausmaß die Kontrolle behalten, und dann, wenn sich eine Sache bewährt, aufbauen und ausbauen und später besser machen.
    Damit ist auch die Frage des Sozialdirektors oder des Arbeitsdirektors angeschnitten. Auch da hätte ich persönlich gewünscht, daß tatsächlich das Wort „Arbeitsdirektor" oder „Sozialdirektor" im Gesetz drinstünde, wie wir es in der ersten Lesung im Ausschuß hatten. Es ist zwar geändert worden, aber es steht immerhin sinngemäß dasselbe drin; denn wenn einer der vier Herren von der Leitung, einer der vier Vorstandsmitglieder, in der Hauptsache die sozialen Belange wahrzunehmen hat, wird daraus — meine Damen und Herren, da mag man sagen, was man will — der Arbeitsdirektor werden. Denn er ist mit an der Spitze, und es ist ja auch ganz selbstverständlich, irgendeiner muß die Aufgaben tun.
    Ich möchte auch persönlich noch folgendes dazu sagen: Ich kann mir unmöglich denken, daß man diesen Posten des Mannes, der den Sozialdirektor oder Arbeitsdirektor abgibt — in dieser oder jener Formulierung —, nicht mit einem Mitglied aus der zuständigen größten Gewerkschaft des Unternehmens besetzt. Ich würde das für eine Unklugheit ersten Ranges halten; denn Vertrauen. wächst eben nur durch einen Vertrauensbeweis, und Mitarbeit wächst nur durch die Möglichkeit, sie zu geben, und trägt ihre Früchte nur dann, wenn eben aus der Mitarbeit eine Zusammenarbeit kommt und wenn der Grundsatz gilt, der ja auch für uns Abgeord-


    (Rümmele)

    nete gilt, daß jeder einzelne keine Direktiven in sein Amt mitbringt, sondern seinem Gewissen unterworfen ist. Der Leitstern soll und muß sein das Unternehmen, die Ergebnisse des Unternehmens und der Dienst an der Volksgemeinschaft.
    Damit will ich, um nicht zuviel Zeit zu verbrauchen - wir haben noch viel zu tun —, zum Schluß kommen und nur einen Wunsch aussprechen. Wir vom Parlament geben mit diesem Bundesbahngesetz viele Rechte aus den Händen des Parlaments ab und übertragen sie dem Verwaltungsrat. Wir wissen allerdings, wir haben einen Bundesverkehrsminister, der die parlamentarische Verantwortung trägt. Deswegen ist der Zuständigkeitskatalog geschaffen worden. Auch da darf ich sagen, ich habe volles Verständnis dafür, wenn der Herr Verkehrsminister sagt, die Ziffer 8 — ich glaube, des § 14 —, die ihm die Möglichkeit gibt, direkt Beamte auch der Bundesbahn zu hören und zu verwenden, sollte nicht gestrichen werden. Für die Streichung der Ziffer 5 kann ich mich einsetzen; aber immerhin, wer die parlamentarische Verantwortung trägt, muß sie auch tragen können und muß auch die Möglichkeit der Einflußnahme haben, sonst entsteht eine Belastung, die nicht in Ordnung ist. Möge es nun aber der Regierung und den Vorschlagsberechtigten gelingen, wirklich gute Männer an den guten Platz zu bringen. Mögen diese Männer, die dann das Unternehmen „Deutsche Bundesbahn" leiten - im Verwaltungsrat wie in der Leitung, aber auch die Herren im Verkehrsministerium —, es besser machen, als der Bundestag es hätte machen können! Das ist mein Wunsch.

    (Beifall in der Mitte.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Rademacher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Willy Max Rademacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen! Meine Herren! In einer führenden Wirtschaftszeitung erschien vor einigen Tagen eine Betrachtung über die Ergebnisse der Arbeiten des Ausschusses für Verkehrswesen zum Bundesbahngesetz. Dort hieß es, was aus den Arbeiten herausgekommen sei, sei ein Torso; von der Autonomie des Bundesbahninstituts sei nichts mehr übrig geblieben, und der Herr Bundesverkehrsminister sei der alleinige Herr der Deutschen Bundesbahn.
    Man fragt sich angesichts solcher Veröffentlichungen eines anonymen Schriftstellers, was größer ist, seine Ignoranz oder seine Instinktlosigkeit. Offenbar ist dieser Verfasser noch sehr stark in Gedanken des „Tausendjährigen Reiches" befangen und hat vom Sinn und Wesen der Demokratie und der Möglichkeiten innerhalb der Demokratie keinen Schimmer.
    Es scheint mir aber auch so, meine Damen und Herren, daß in den Ausführungen des Kollegen Jahn Gedanken durchgedrungen sind, die ebenfalls etwas am Wesen der Demokratie vorbeigehen.

    (Abg. Euler: Sehr richtig!)

    Wie kann er sich darüber beschweren, daß aus einer besonderen politischen Einstellung, die wir als Gegner an sich achten, nun das Parlament in seiner Souveränität einen Vertagungsantrag abgelehnt hat, aber wie konnte er hoffen, daß nun außerhalb dieses Gremiums vielleicht doch noch Möglichkeiten bestanden hätten, durch eine teilweise Ausschaltung des Parlaments oder durch einen gewissen Druck auf dieses Parlament das gleiche zu erreichen? Persönlich bedauere ich, Herr Jahn, daß Sie von Ihrer wichtigen Arbeit aus Mailand zurückkommen mußten. Ich hatte Ihnen ja
    gesagt: wenn es nach mir ginge, ich wäre durchaus damit einverstanden, weil ich Verständnis dafür habe, daß gerade Sie in Ihrer Stellung zu diesen Dingen hier sprechen. Aber das größere Interesse stand im Vordergrund. Meine Damen und Herren, es geht um die Fristen, es geht um die Termine und um die unabdingbare Notwendigkeit, dieses Bundesbahngesetz so schnell wie möglich ein- und durchzuführen.

    (Abg. Euler: Sehr richtig!)

    Meine Damen und Herren! Es wird keine Partei in diesem Hause geben, die mit dem Ergebnis der Ausschußarbeiten zufrieden ist. Ich darf Ihnen ganz offen sagen: Wir, die Freien Demokraten, aus unserer ganzen Einstellung zu wirtschaftspolitischen Dingen heraus, sind es am allerwenigsten. Trotzdem, glaube ich, haben wir uns am stärksten zum Wesen der Demokratie bekannt, wenn wir alle unsere politischen Auffassungen bewußt zurückgestellt und davon Abstand genommen haben, irgendeinen Abänderungsantrag einzubringen. Auch wir hätten es begrüßt, der Bundesbahn, wenn es möglich gewesen wäre, eine größere Autonomie zu geben, wenn es vielleicht möglich gewesen wäre, wieder eine Teilreprivatisierung durchzuführen. Wir wissen aber, daß alle diese Dinge im Augenblick an der Wirklichkeit scheitern. Für ein Institut, das in dieser Verfassung ist — vielleicht ein wenig durch die Schuld derjenigen, die sich nicht rechtzeitig um dieses größte Sondervermögen gekümmert haben —, ist es unmöglich, beispielsweise innere oder äußere Anleihen zu bekommen, die ja die erste Möglichkeit dafür darstellen, dieses Institut wieder gesunden zu lassen. Wir wissen, daß dieses Institut mit großen sozialen Verpflichtungen belastet ist, von denen wir es heute nicht befreien können. Wir wissen, daß es auf dem Gebiet der Tarife Konzessionen machen muß, sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr. Wir wissen vor allen Dingen, daß die Zeit des Monopols der Deutschen Bundesbahn als Verkehrsträger vorbei ist, daß sie in scharfer Konkurrenz steht zu anderen Verkehrsträgern, also zur Straße und zur Binnenschiffahrt.
    All das, meine Damen und Herren, hat uns bewogen, in vielen Punkten schweren Herzens die Entscheidungen anzunehmen und zu billigen, wie sie der Ausschuß getroffen hat. Beispielsweise ist die Zusammensetzung des Vorstandes, überhaupt ein vierköpfiger Vorstand, ein gewisses Experiment. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal meine rein persönliche Meinung zum Ausdruck bringen. Die Kollegen im Ausschuß und auch meine Freunde in der Fraktion wissen, wie sehr ich der Meinung war, daß man die Leiter der Abteilungen der Hauptverwaltung nicht ausschalten kann. Ich will hier heute den Wunsch äußern, daß der neue vierköpfige Vorstand der Bundesbahn es als seine vornehmste Aufgabe betrachtet, nicht irgendwo im luftleeren Raum als Leiter in einem Befehlsturm zu sitzen, sondern seine vornehmste Aufgabe darin sieht, in enger Verbindung mit der wirklichen technischen und betrieblichen Leitung der Deutschen Bundesbahn zu stehen.
    Meine Damen und Herren! Die Frage, die uns heute am stärksten bewegt, ist die Wahrnehmung der sozialen Aufgaben in dem Körper der Deutschen Bundesbahn, die immerhin 500 000 Menschen beschäftigt. Nun, ich glaube, wir haben auch -im Ausschuß einen vernünftigen Ausweg gefunden. Meine Fraktion hat sich einstimmig dahinter gestellt, daß von diesen vier Männern ein Mann abgestellt werden muß, der sich, neben seiner Ge-


    (Rademacher)

    samtverantwortung, die er für das Wohl und Wehe des ganzen Betriebes hat, um die sozialen Dinge kümmert. Wir lehnen aber eines mit aller Deutlichkeit und Klarheit ab — und hier geht es an einen unserer Grundsätze —: weder der Sozialdirektor in dieser Titulatur noch der Arbeitsdirektor ist das, was wir in dieses Bundesbahngesetz hineinhaben wollen. Das sind Einrichtungen, die sich erst noch auf einer anderer Ebene entwickeln. Mit anderen Worten, wir wünschen kein Präjudiz für die Gesetze, beispielsweise für das Betriebsverfassungsgesetz und für die gesamte Frage der Mitbestimmung überhaupt.
    An dieser Stelle möchte ich auch mit allem Ernst auf die Mitglieder der größten Koalitionspartei, der CDU, einwirken und ihnen mit aller Deutlichkeit sagen: Hier geht es wirklich um einen Grundsatz für die FDP, von dem sie unter keinen Umständen abweichen kann und dessen Nichtbeachtung unter Umständen schwerwiegende Folgen haben könnte.

    (Beifall bei der FDP. - Hört! Hört! links.)

    Nach diesen Ausführungen über die Zusammensetzung des Vorstandes brauche ich mich in die Anträge, die den Verwaltungsrat betreffen, glaube ich, nicht sehr zu vertiefen. Auf eines möchte ich aber hinweisen. Glauben Sie denn, daß wir von der Freien Demokratischen Partei die in diesen Anträgen verborgene Hintertür — aller Anträge, die hier zur Zusammensetzung des Verwaltungsrats gestellt worden sind, sowohl des ersten Antrages, der eine Teilung 6 : 6 : 6 vorsah, als auch der anderen — nicht gemerkt haben und nicht merken? — Es geht ja um weit mehr als um die Parität. Wenn Sie diese Dinge richtig durchdenken, werden Sie zugeben müssen, daß- mit beiden Anträgen eine Majorität innerhalb des Verwaltungsrates nach einer bestimmten wirtschaftspolitischen Auffassung erreicht werden soll.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Wiederum eine Sache, die von uns mit aller Konsequenz abgelehnt werden wird.
    Meine Damen und Herren, ich kann es nur immer wiederholen: Dieses Gesetz ist keine ideale Lösung. Ich darf Sie an meine Worte erinnern, die ich anläßlich der Behandlung des Haushaltsplans Nr. XII hier gesagt habe. Ich habe davor gewarnt, von Gesetzen auf dem Gebiete des Verkehrs anzunehmen, daß sie einen sehr langen Bestand haben. Verkehrsgesetze müssen genau so dynamisch entwickelt werden, wie das der Verkehr selbst tut. Entscheidend für die weitere Entwicklung der ganzen Bundesbahn sind die Männer, die an die Spitze und in den Verwaltungsrat berufen werden.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Wir wollen hoffen, daß die Weisheit der Regierung, aber auch die Klugheit derjenigen Gremien, die die Männer vorzuschlagen haben, den richtigen Weg finden werden; denn — ich kann es nur wiederholen — das Zeitalter des Eisenbahn-Monopols ist vorbei, aber nicht vorbei ist das Zeitalter der Eisenbahn selbst, wenn diese neuen Männer in ihrer Verantwortung und getreu dem § 4, der ihnen die Beachtung kaufmännischer Grundsätze vorschreibt, zu den Erkenntnissen gelangen, daß in einer organisatorischen und technischen Entwicklung auf der Schiene für dieses größte Verkehrsinstrument noch ungeheure Möglichkeiten liegen.
    Ich wiederhole, daß die FDP keinerlei Anträge stellt. Sie wird allerdings alle Anträge ablehnen, mit denen versucht wird, die Beschlüsse des Ausschusses in irgendeiner Form zu ändern. Sie könnte sich allenfalls dazu bereit erklären, bei § 40, bei dem etwas schwierigen Thema der Verkaufsstellen auf den Bahnhöfen dem Antrage der Bayernpartei zu folgen, der aus dem „sollen" der Ausschußfassung ein „müssen" gemacht hat, d. h. also: die unabdingbare Vorschrift, daß außerhalb der Geschäftszeit vor den Sperren nur an Reisende verkauft werden darf und daß Mittel und Wege gefunden werden müssen, um die Innehaltung dieser Vorschrift sicherzustellen.
    Meine Damen und Herren! In § 4 Abs. 1 wird von den volkswirtschaftlichen Interessen gesprochen und davon, daß die Bundesbahn nach kaufmännischen Grundsätzen verwaltet werden soll. Das ist eine zwingende Vorschrift nicht nur für den Gesetzgeber, sondern auch für die Männer in der Verwaltung und im Verwaltungsrat. Sie bedeutet mit anderen Worten, daß eine Politisierung — und die Anträge, die hier vorliegen, bedeuten eine Politisierung — bei der Durchsetzung dieses § 4 unmöglich ist. Nur wenn die Grundsätze des § 4 eingehalten werden, kann das Institut der Bundesbahn gesunden, und mit der Gesundung dieses Instituts wird es auch den 500 000 Schaffenden innerhalb dieser Bundesbahn am besten gehen.

    (Beifall bei der FDP.)