Rede von
Dr.
Konrad
Adenauer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Ich bin, namentlich auf außenpolitischem Gebiet, jederzeit zu jeder sachlichen Aussprache bereit, weil ich der Auffassung bin, der ich auch neulich in Bad Reichenhall Ausdruck gegeben habe, daß es gewisse außenpolitische Fragen sind, bei denen das ganze deutsche Volk zusammenstehen muß.
Ich habe vom deutschen Volke gesprochen.
— Ich habe nicht von den Kommunisten gesprochen, sondern vom deutschen Volk!
Aber meine Damen und Herren, ich möchte doch mit einigen Worten auf das eingehen, was Herr Kollege Ollenhauer eben gesagt hat, und nicht, wie Sie meinen, Herr Ollenhauer, polemisch, sondern wirklich nur, um zu klären. Sie haben mir vorgeworfen oder der Bundesregierung vorgeworfen, daß Sie keine Antwort darauf bekommen hätten, ob die Bundesgerierung gewillt sei, einen neuen Schritt zu unternehmen. Ich habe auf die Note vom 29. Mai an die Hohen Kommissare hingewiesen. Verehrter Herr Ollenhauer, Sie wissen doch genau so gut wie ich, daß es zur Zeit keine französische Regierung gibt, wenigstens keine französische Regierung, die etwas anderes tut, als die laufenden Geschäfte zu erledigen. Die gab es auch nicht am 29. Mai, und Sie werden doch verstehen, daß man
zunächst einmal die Bildung einer neuen französischen Regierung abwarten muß.
Das ist doch so klar wie nur irgend etwas.
Dann haben Sie mir zum Vorwurf gemacht, ich hätte nichts davon gesagt, daß ich hinsichtlich des Europarats etwas tun wolle. Ich habe doch ausdrücklich erklärt — und die Zwischenrufe, die Ihnen gemacht worden sind, haben Ihnen das bestätigt; eventuell lesen Sie es bitte im Stenogramm nach —, daß ich sowohl in der Debatte hier am 30. Mai wie nochmals und auch später ausdrücklich erklärt habe, daß ich diese Frage in der nächsten Sitzung des Ministerrats des Europarats zur Sprache bringen würde.
Nun hatte ich eigentlich gehofft, von Herrn Kollegen Ollenhauer ein Lob zu bekommen statt eines Tadels.
— Sie weisen auf die Koalitionsfraktionen hin, ich möchte gern auch einmal von Ihnen ein Lob bekommen.
Denn, meine Damen und Herren, die Europaratsfrage konnte doch eine bessere Entwicklung, als
sie sie genommen hat, wahrhaftig nicht nehmen.
Ich darf Sie daran erinnern, daß, als hier seinerzeit über die Frage des Beitritts der Bundesrepublik als assoziiertes Mitglied gesprochen wurde, die Frage so gestellt war: Sollte die Bundesrepublik nicht als assoziertes Mitglied eintreten, weil man gleichzeitig auch die Saar hineingebracht hat?
Und nun stellen Sie sich bitte vor — ich wende
mich an jeden auch im deutschen Volke, der irgendwie die politischen Dinge verfolgt —: Wie unklug
wäre es gewesen, wenn damals der Bundestag beschlossen hätte, dem Europarat nicht beizutreten!
Ich darf Sie weiter an folgendes erinnern. Es ist bei der Debatte und auch später von sozialdemokratischer Seite ausgeführt worden, es würde noch jahrelang dauern, bis die Bundesrepublik im Ministerrat des Europarats als stimmberechtigtes Mitglied vertreten sei.
Meine Damen und Herren, es hat nicht einmal ein
Jahr gedauert; es hat genau 10 Monate gedauert.
Wir haben doch jetzt den Status, daß wir nicht mehr so viel oder so wenig Rechte haben wie die Saar, sondern daß wir mehr Rechte haben als die Saar, daß wir gleichberechtigt sind mit den anderen Ländern
— den europäischen Ländern im Europarat —, während die Saar das nicht ist.
Ich hätte also eigentlich, verehrter Herr Ollenhauer,
erwartet, von Ihnen zu hören — ich würde mich darüber gefreut haben,
wenn Sie das gesagt hätten —: Ich freue mich, heute anerkennen zu können,
daß der damalige Beschluß des Bundestags richtig gewesen ist.