Rede von
Friedrich
Rische
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Die beiden Anträge zur Saarfrage und die Rede des Herrn Bundeskanzlers sind ein Versuch, am Kern des Saarproblems vorbeizureden. Dr. Adenauer war es, der auf dem Landesparteitag der CSU in Bad Reichenhall darauf hingewiesen hat, daß Amerika und England im Jahre 1947 die französische Saarpolitik ausdrücklich gutgeheißen haben. Soll das deutsche Volk an der Saar daraus entnehmen, daß der Herr Bundeskanzler mit der Loslösung der Saar von Deutschland einverstanden ist?
Adenauer, der in Paris den Schumanplan unterzeichnete, hat damit meiner Meinung nach lebenswichtige deutsche Interessen preisgegeben.
Nach der Unterzeichnung erklärte der französische Außenminister Schuman, daß damit das Saargebiet de facto an Frankreich gekommen sei. Wir möchten Herrn Strauß empfehlen, seinen Parteiführer Dr. Adenauer nicht nur nach dem genauen Wortlaut der Grandval-Rede zu befragen, sondern auch danach, ob es stimmt, daß im Vertragswerk des Schumanplans in Art. 21 folgender Passus steht:
Die Vertreter der Saarbevölkerung sind in die Zahl der Frankreich zugewiesenen Abgeordneten eingerechnet.
Ich stelle die Frage an den Herrn Bundeskanzler, wer ihn beauftragt hat, seine Unterschrift unter den Schumanplan zu geben und dadurch den Art. 21 anzuerkennen, wodurch unserer Auffassung nach die Annexion der Saar durch die französischen Imperialisten anerkannt wird.
Durch die Unterschrift des Herrn Adenauer und durch eine Ratifizierung des Schumanplans im Bundestag wird das Saargebiet der Gefahr einer Zerstörung in einem dritten Weltkrieg ausgesetzt.
Die Saarbevölkerung ist aber gegen die Willkürherrschaft der französischen Imperialisten und wendet sich gegen die von Dr. Adenauer betriebene Politik der Remilitarisierung und die in Rom geschmiedete Achse Bonn—Rom—Paris.
Diese Kriegsachse ist gegen die Interessen der Bevölkerung an der deutschen Saar und des gesamten deutschen Volkes gerichtet. Herr Grandval vertritt die Interessen der französischen Teilnehmer an der Montanunion.
Dr. Adenauer, der mit Herrn Grandval den Schumanplan preist und auf Anweisung von Herrn McCloy seine schnelle Ratifizierung fordert, wie kann er für das Saargebiet als deutsches Land eintreten?
So wie die Saarkohle durch die Saarkonventionen mit Willen ihrer Urheber für 50 Jahre dem deutschen Volke entzogen werden soll, so wird durch den Schumanplan die deutsche Kohle im Gebiet der Bundesrepublik der Hohen Behörde des Schumanplans ausgeliefert, einer Behörde, in der die Imperialisten Amerikas mit ihren deutschen Bundesgenossen die Ausbeutung der europäischen Völker vorbereiten.
Die Saarkohle und die Saarindustrie sollen durch
den Schumanplan in gleicher Weise wie die
Schwerindustrie an Rhein und Ruhr der Remilitarisierung und der Vorbereitung eines neuen,
dritten Weltkrieges dienstbar gemacht werden.
Darüber täuscht auch der Antrag der SPD-Fraktion nicht hinweg. Die angebliche „Opposition"
Dr. Schumachers bezieht sich auch in dieser Frage
wieder nur darauf, daß den deutschen Konzernherren größere Machtvollkommenheiten gegenüber
ihren französischen Konkurrenten zuerteilt werden.
Was wir heute erleben, ist der Kampf um die Vorherrschaft in der europäischen Kohle- und Stahlunion zwischen den französischen und deutschen Imperialisten. Dieser Kampf findet zur Zeit seinen stärksten Ausdruck an der Saar. Es geht heute um das Übergewicht in der Montanunion. Die deutschen Imperialisten möchten in die Montanunion
I den Anteil der Saarproduktion, 7 % Kohle und 6 % Stahl, zusätzlich mit einbringen, um ein klares Übergewicht zu erhalten. Sie brauchen die Saarkohle, um in der Montanunion die erste Geige spielen zu können.
Der ganze Konflikt hier geht nicht um die Interessen der Saarbevölkerung, sondern es handelt sich um die schnelle Einbeziehung des Saargebietes in den von Dr. Adenauer und McCloy ausgearbeiteten Remilitarisierungsplan.
Die Grundsätze des Antrages der SPD gehen somit an dem Hauptproblem, das heute an der Saar und in Westdeutschland besteht, vorbei.
Es mutet recht eigentümlich an, wenn in dem Antrag der SPD-Fraktion innerhalb des Saargebiets freiheitliche demokratische Zustände gefordert werden. Damit kein Irrtum entsteht, wir sind mit der Schaffung freiheitlicher, wirklich demokratischer Zustände an der Saar vollauf einverstanden.
Wir fordern sie auch im Bundesgebiet. Während die SPD dieses für die Saar fordert, ist sie bereit, im Bundesgebiet ein neues Gestapo-Gesetz, das für den Kampf der deutschen Patrioten für Frieden, Einheit und Freiheit
schwere Zuchthausstrafen vorsieht, zu unterzeichnen. Dieser Teil des Antrages der SPD mutet darum wie eine Verhöhnung der deutschen Bevölkerung an der Saar und im Bundesgebiet an. Die Freiheit der Deutschen an der Saar kann nicht anders erkämpft werden als mit der Befreiung der Deutschen im Bundesgebiet
von der Herrschaft der Amerikaner. Die Befreiung der Deutschen an der Saar kann niemals über die Remilitarisierung Westdeutschlands erfolgen; denn Remilitarisierung und Schumanplan bedeuten Krieg,
und Krieg bedeutet eine neue Katastrophe (Zuruf von rechts: Sie sind auch eine!)
für die gesamte deutsche Bevölkerung. Die Saarbevölkerung ist gegen die Willkürherrschaft der Herren Grandval und Schuman und des „christlichen Demokraten" Hoffmann.
Sie ist aber auch gegen die Herrschaft der Kräfte des wiedererstandenen deutschen Imperialismus, gegen die Herren Dr. Adenauer und Pferdmenges, die über den Schumanplan die Vorherrschaft in Europa erreichen wollen.
Die Saarfrage kann schnell und friedlich gelöst werden durch den Abschluß eines gerechten und demokratischen Friedensvertrags mit dem deutschen Volk, der die Wiedervereinigung des Saargebiets mit Deutschland bringen würde.
Dr. Adenauer und Dr. Schumacher sind jedoch gegen den Abschluß eines Friedensvertrags im Jahre 1951.
Sie sprechen sich damit in der Tat gegen die Rückkehr der Saar an Deutschland im Jahre 1951 aus.
Wir Kommunisten fordern darum im Interesse der Sicherung des Friedens den Abschluß eines Friedensvertrages durch die Verständigung der Deutschen untereinander, dann wird sich auch der Wunsch aller ehrlichen Deutschen erfüllen: Die Saar ist deutsch und wird deutsch bleiben!
Das sind die Vorschläge, die wir Kommunisten an die Bevölkerung des Saargebiets richten. Die deutsche Bevölkerung an der Saar kann sich bei der Erfüllung ihres Kampfes gegen die Remilitarisierung, gegen Schumanplan und für den Abschluß eines Friedensvertrags auf alle Deutschen im ganzen Vaterland stützen.
Wenn Deutsche sich so zu Deutschen finden, dann werden erst recht ein Herr Grandval und ein Herr Dr. Adenauer nicht hindern können, daß das große französische Volk in der friedlichen Lösung des Saarproblems an der Seite der Deutschen Demokraten steht.
Wenn Deutsche sich zu Deutschen finden,
dann wird die Stunde der Freiheit auch für die Deutschen an der Saar und im Bundesgebiet schlagen.