Rede von
Dr.
Hans-Joachim
von
Merkatz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde sind mit den vom Herrn Bundeskanzler erklärten Prinzipien in der Behandlung der Saarfrage voll einverstanden.
Auch wir haben es lebhaft bedauert, daß am heutigen Tage diese Debatte stattfinden mußte. Wir sind der Auffassung, genau wie es der Herr Bundeskanzler dargelegt hat, daß wir in unserem ganzen Verhalten gerade gegenüber diesem wichtigen nationalen Anliegen jene Festigkeit der Haltung und Besonnenheit in der Form an den Tag zu legen haben, die allein die Dinge vorwärtsbringen können.
Meine politischen Freunde legen aber Wert auf die Feststellung, daß der Regierungspolitik in dieser Frage nicht das Tempo vorgeschrieben werden kann, das ihr die sozialdemokratische Opposition zu geben beabsichtigt.
Es ist eine vollkommene Verkennung der Tatsachen, wenn die Regierung gewissermaßen unter
dem Druck der von der Sozialdemokratischen Partei erzeugten öffentlichen Meinung vorwärtsgestoßen wird. Bitte, sehen Sie sich die Situation an der
Saar an, wie sie noch vor einem Jahr gewesen ist,
und vergleichen Sie damit die Position, die Deutschland durch die Politik der deutschen Bundesregierung erreicht hat, die Position im Hinblick auf den Briefwechsel im Anschluß an die Unterzeichnung des Schumanplans. Zum erstenmal ist da gegenüber der reinen Willkürmaßnahme, gegenüber jener willkürlichen Ausweitung angeblicher Rechte, die nicht aus dem Besatzungsregime hergeleitet werden können, wieder eine praktische Rechtsposition gewonnen worden, aus der heraus die Saarbevölkerung als ein Teil des deutschen Volkes verteidigt werden kann.
Es kann keinerlei Zweifeln unterliegen, daß die Saar deutsch war, deutsch ist und deutsch bleiben wird. Meine politischen Freunde sind der Auffassung, daß bei der Behandlung des Schicksals der Saar insbesondere auch die Interessen der Saarbevölkerung zu beachten sind. Die Saarbevölkerung als ein Teil der deutschen Bevölkerung braucht den Frieden. Wir sind mit der sozialdemokratischen Opposition darin einig, daß erstens die französische Regierung — was sie niemals verhehlt hat — de facto eine Politik betrieben hat, die auf eine Abtrennung dieses Teiles Deutschlands hinzielt, und zweitens im Gebiet der Saar Verhältnisse herrschen, die mit den Prinzipien, auf denen der Europarat aufgebaut ist und die alle Demokratien des Westens anerkennen, in keiner Weise übereinstimmen. Wir sind tief befriedigt von der Erklärung des Herrn Bundeskanzlers, daß die in dieser Beziehung möglichen und wirksamen Schritte beim Ministerrat des Europarates eingeleitet werden.
Wir verwahren uns aber gegen eine Behandlung dieser Probleme im Bereich der Illusionen, d. h. dagegen, daß man so tut, als ob man durch eine Argumentation, durch Debatten und Proteste etwas erreichen könnte. Wir wünschen auch auf diesem Gebiet eine Politik, die zunächst einmal die Positionen gestaltet und sichert, die es uns ermöglichen, um unser gutes Recht zu kämpfen. Die Bundesregierung hat — das sei festgestellt — in keinem Stadium ihres Wirkens jemals eine Möglichkeit versäumt, die geeignet war, die Aussichten im Ringen um unser Recht und .damit auch um das Recht der Saarbevölkerung zu verbessern.
Vor allen Dingen aber verwahren wir uns dagegen, daß — wie dies aus den Darlegungen des Herrn Sprechers der Sozialdemokratie hervorging — von irgendeiner Parallelität oder Gleichsetzung des Problems an der Saar mit dem Geschehen im Osten gesprochen wird. Jede auch noch so leise Anspielung, die die Haltung der Bundesregierung mit der Haltung einer Regierung, wie sie in der sowjetisch besetzten Zone amtiert, gleichstellt, lehnen wir als grobe Verkennung des gesamten Problems entschieden ab. Wir sind der Überzeugung, daß das Ringen um einen Bestandteil unseres deutschen Landes in jedem Stadium verknüpft werden muß mit einer konstruktiven Politik, die unserem europäischen Kontinent den Frieden gibt und ihn als die höchste und wichtigste gemeinsame Sache für die Zukunft sichert. Wir sehen keinen anderen Weg, Deutschland aus dem schweren Schicksal seiner Niederlage herauszuführen, als unsere tätige Mitarbeit an jener konstruktiven Politik der Eingliederung unseres Landes in den europäischen Zusammenhang und damit eine Sicherung, eine Befriedung dieses Kontinents überhaupt. Jener konstruktive Weg, der auch dazu führen muß, die gegenseitigen Wunden und Spannungen zu überwinden, wird zugleich der richtige Weg sein, um
unsere Belange — und dazu gehören vor allem auch die Belange der deutschen Bevölkerung an der Saar — richtig zu verteidigen und zu wahren. Es hat keinen Sinn, immer wieder hier den Protest aufzüngeln zu lassen. Die möglichen Taten sind von der Bundesregierung getan worden. Die unmöglichen Proteste können die Situation nur verschlimmern. Die Auffassung meiner politischen Freunde in dieser Frage ist: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold! Aber in dieser Frage ist bestimmt Haltung, echte, klare und konstruktive Haltung, das einzig Wirksame.