Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich bei der heute zur Entscheidung stehenden Vorlage darum, den Art. 108 Abs. 2 des Grundgesetzes nunmehr durch ein Durchführungsgesetz zu realisieren, nachdem der Bund von seinem Recht, entsprechend Art. 106 Abs. 3 einen Teil der Einkommen- und der Körperschaftsteuer der Länder in Anspruch zu nehmen, Gebrauch gemacht hat. Wenn ich die Arbeit des Ausschusses zusammenfassen darf, dann möchte ich sagen, daß es die Absicht des Ausschusses war, im Rahmen des Grundgesetzes soweit wie denkbar dem Bundesfinanzminister die Möglichkeit zu geben, im Sinne einer einheitlichen Finanzverwaltung zu operieren. Der Ausschuß ist sich darüber im klaren gewesen, daß ihm Grenzen gesetzt waren. Er ist sich auch darüber im klaren gewesen, daß die Vorschläge, die er Ihnen unterbreitet, nicht der Weisheit letzter Schluß sind; aber er glaubt, Ihnen mit gutem Gewissen sagen zu können, daß er die Möglichkeiten, die im Grundgesetz gegeben sind, nach besten Kräften ausgenutzt hat.
Der Ausschuß hatte sich zunächst mit der verfassungsrechtlichen Frage zu beschäftigen, ob diese Vorlage als Zustimmungsgesetz zu betrachten sei oder nicht. Der Bundesrat hat die Auffassung vertreten, daß es sich um ein Zustimmungsgesetz handle, und sich dabei unter anderem auf Art. 85 Abs. 2 berufen, in dem die grundsätzliche Frage der Verwaltung von Bund und Ländern geregelt ist. Er hat sich ferner auf Art. 105 Abs. 3 bezogen, in dem festgelegt ist, daß Steuergesetze der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Der Ausschuß hat sich in dieser Frage der Auffassung der Bundesregierung angeschlossen und Ihnen deshalb eine Vorlage unterbreitet, in deren Präambel die Worte „mit Zustimmung des Bundesrates" fehlen.
Eine der wichtigsten Fragen bei diesem erfreulich kurzen Gesetz war diejenige, wieweit Art. 108 Abs. 6 In diesem Gesetzentwurf realisiert worden ist bzw. von der Bundesregierung zu realisieren versucht worden ist. Art. 108 Abs. 6 sieht vor, daß die allgemeinen Verwaltungsvorschriften durch die Bundesregierung erlassen werden, und zwar mit Zustimmung des Bundesrates, soweit die Verwaltung den Landesfinanzbehörden obliegt. Der Entwurf der Bundesregierung hat nach der Auffassung des Ausschusses diesem zwingenden Grundsatz nicht Rechnung getragen. Die Bundesregierung hat geglaubt, es genüge, daß allgemeine Verwaltungsanordnungen der Landesbehörden nur mit
Zustimmung des Bundesfinanzministers erlassen werden könnten, es sei denn, daß der Bundesfinanzminister ausdrücklich auf dieses Zustimmungsrecht verzichtet. Die Regierung hat in ihrem Entwurf weiter die Auffassung vertreten, daß allgemeine Verwaltungsanordnungen der Oberfinanzdirektionen dem Bundesfinanzminister zur Kenntnis gegeben werden müßten, wobei der Ausschuß die Auffassung vertrat, daß diese Bekanntgabe womöglich Monate später erfolgen würde und gar nicht mehr attraktiv bliebe. Erst in einer Schlußformulierung zu dem entsprechenden Paragraphen der Vorlage stellt die Bundesregierung fest, daß ihre Zuständigkeit, Art. 108 Abs. 6 anzuwenden, unberührt bleibe.
Dagegen hat, wie wir glauben, der Ausschuß in seinem Änderungsvorschlag klar herausgearbeitet, daß die allgemeinen Verwaltungsvorschriften gemäß Art. 108 Abs. 6 durch die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen sind. Der Ausschuß ist aber, um einem praktischen Bedürfnis, das wir aus der Erfahrung kennen, gerecht zu werden, zu einer Ausnahmeregelung gekommen. Dort, wo regionale Besonderheiten eine regionale Verwaltungsvorschrift rechtfertigen, soll die Landesbehörde die Möglichkeit bekommen, solche Verwaltungsvorschriften zu erlassen; d. h. die Landesbehörden können Verwaltungsvorschriften erlassen, soweit die Bundesregierung dieses Recht im allgemeinen und im Einzelfall nicht für sich in Anspruch nimmt. Der Ausschuß ist aber drittens noch zu der Auffassung gelangt, daß auch solche Verwaltungsvorschriften der Landesbehörden in jedem Falle der Zustimmung des Bundesfinanzministers bedürfen, eben damit eine einheitliche Verwaltung sichergestellt wird. Nur dann, wenn der Bundesfinanzminister ausdrücklich auf die Ausübung dieses Rechtes verzichtet, kann davon abgesehen werden.
Entsprechend diesen entwickelten Grundgedanken legt der Ausschuß dem Hause seine Abänderungsanträge vor, die sich in diesem Falle auf den § 1 Abs. 2 der Vorlage beziehen.
Eine zweite Bestimmung, die vom Ausschuß aus der gleichen Absicht heraus korrigiert wurde, ist die des § 2 des Ihnen vorliegenden Entwurfs. Das Wort „grundsätzlich", das in der Regierungsvorlage enthalten ist, ist vom Ausschuß gestrichen worden. Die Regierung hatte ursprünglich die Absicht, eine grundsätzliche Überwachung im Interesse der Gleichmäßigkeit der Gesetzesanwendung und der Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung im Zusammenwirken mit den obersten Landesbehörden sicherzustellen. Der Ausschuß dagegen war der Meinung, daß diese Überwachung in jedem Falle stattfinden müsse. Wir bitten das Plenum, dieser in dem Abänderungsantrag zu § 2 zum Ausdruck kommenden Auffassung des Ausschusses ebenfalls zuzustimmen.
Noch etwas zur Frage der Betriebsprüfung durch den Bund. Die Regierungsvorlage sah vor, daß eine solche Prüfung durch die Bundesprüfungsstelle nur im Zusammenhang mit der Prüfung anderer Bundessteuern vorgenommen werden sollte. Der Ausschuß dagegen vertrat die Auffassung, daß eine solche Prüfung auch ohne einen Zusammenhang mit der Prüfung anderer Bundessteuern erfolgen solle. Der Ausschuß ist insofern wieder der ursprünglichen Vorlage der Regierung gefolgt.
Zusammenfassend darf ich sagen, daß sich der Ausschuß bemüht hat, die uns gegebenen verfassungsrechtlichen Möglichkeiten soweit wie möglich auszuschöpfen. Der Ausschuß bittet deshalb das
Haus, nachdem er die wesentlichen Entscheidungen dieser Vorlage fast einstimmig gebilligt hat, ihr mit den von ihm vorgeschlagenen Änderungen zuzustimmen und darüber hinaus die zu dem Gesetz eingegangenen Petitionen als erledigt zu erklären.