Ich stelle anheim. — Meine Damen und Herren, an sich bestehen gegen die Gewerbelohnsummensteuer berechtigte Bedenken, wie der Herr Kollege Tenhagen bereits vorgetragen hat. Ihre Wirkung auf den Arbeitsmarkt gilt als negativ; sie halte davon ab — so heißt es in der Kritik —, Kräfte einzustellen oder aber Kräfte zu behalten, wenn schlechte Geschäftszeiten kommen. Nun bin ich persönlich der Meinung, daß diese Gewerbelohnsummensteuer auch nur bestimmten Gemeindekategorien angepaßt und zuträglich ist. Sie ist 'entstanden in typischen Bergbaugegenden des Ruhrgebiets, wenn ein Schacht in einer bisher ländlichen Gegend niedergebracht wurde und wenn dann Bergbaulasten, Polizeilasten, Schullasten usw. erwuchsen. Dann wurden die Lohnsummen sozusagen in Parallelität zu diesen wachsenden Lasten als Besteuerungsgrundlage herangezogen. Ich halte die Gewerbelohnsummensteuer nicht für angebracht in Gegenden mit kapitalintensiver Wirtschaft. Ich würde sie beispielsweise für eine Stadt wie Köln für durchaus falsch halten.
Aber nun zu diesem Thema des Fortfalls der Befreiung von der Besteuerung. Es spricht mancherlei dafür, diese Gruppen mit ihren Lohnsummen grundsätzlich freizustellen, weil es sich hier um schwer vermittelbare Gruppen handelt, um Schwerbeschädigte und ältere Menschen. Über die Lehrlinge und ihre Einstellung möchte ich noch kein abschließendes Wort sagen. Man hört manchmal von einem Mangel an Lehrlingsstellen, manchmal aber auch, sogar immer wieder, von Lehrlingszüchtung.
Ein Wort zu den arbeitsmarktpolitischen Motiven für Steuerbefreiungen. Ich glaube, diese Dinge werden oft überschätzt. Arbeitsmarktpolitische Motive in der Steuerpolitik sind nicht neu. Ich darf daran erinnern, daß der Staatssekretär Fritz Reinhard seinerzeit die Bestimmung wieder einführte, daß 50 Mark einkommensteuerfrei blieben, damit man mehr Dienstmädchen beschäftige. Ob dann damals tatsächlich mehr Dienstmädchen beschäftigt worden sind, möchte ich bezweifeln.
— Verzeihen Sie, Herr Horlacher, ich weiß nicht, ob das in der Landwirtschaft geschehen ist; das konnte ich nicht so gut überschauen. Von meinem damaligen überschaubaren Bereich her bezweifle ich es.
Den Gemeinden ist nun freigestellt, ob sie die Gewerbelohnsummensteuer einführen wollen oder nicht. Sie hat auf alle Fälle subsidiären Charakter. Nun, schön — oder vielmehr: nicht schön, denn ich bin kein Freund der Gewerbelohnsummensteuer. Aber die Gemeinden, die sie nun einmal eingeführt haben, sind darauf eingestellt und können den Fortfall nicht ertragen. Ich muß also die Damen und Herren, die dem kommunalen Bereich ferner stehen oder ihm vielleicht sogar unfreundlich gegenüberstehen, doch darauf aufmerksam machen, daß die Gemeinden in eine sehr üble Lage hineinkommen, nämlich durch die — meines Erachtens unbedingt notwendige — Bundesfinanzpolitik. Der Bund muß auf die Deckung seines wachsenden Finanzbedarfs stärker bedacht sein, er muß den Ländern Einkommen- und Körperschaftsteuerteile wegnehmen, und es besteht die Gefahr, daß die Länder sich im Wege des inneren Finanzausgleichs durch Kürzung der Finanzzuweisungen oder durch Kürzung zweckgebundener Zuschüsse für echte Selbstverwaltungsaufgaben irgendwie an den Gemeinden und Gemeindeverbänden 'schadlos halten. Allein
aus diesem Gesichtspunkt der prekären kommunalen Finanzlage, die im Zeichen dessen, was ich mir eben anzudeuten erlaubte, noch prekärer werden wird, bin ich für meine Person dafür, dem Antrage der Sozialdemokratischen Partei zuzustimmen.