Rede von
Wilhelm
Tenhagen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe über die Drucksachen Nrn. 2130 und 2316 betreffend den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuerrechts Bericht zu erstatten.
Die Regierungsvorlage wurde in der 136. Sitzung dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen überwiesen. Dieser Ausschuß hat sich in vier Sitzungen mit der Materie befaßt. Er schlägt Ihnen vor, dem vorliegenden Gesetzentwurf mit den aus der vom Ausschuß gemachten Zusammenstellung ersichtlichen Änderungen, im übrigen unverändert nach der Vorlage zuzustimmen und die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären.
Ich will über die vorgenommenen Änderungen kurz Bericht erstatten. Die Neufassung des Gewerbesteuergesetzes war notwendig. Sie ist von den Gemeinden besonders lebhaft begrüßt worden, weil ja insbesondere sie dieses Gesetz handhaben müssen. Deswegen legen sie naturgemäß auf eine möglichst einheitliche Gesetzgebung Wert.
Durch das Gesetz werden die während des Krieges ergangenen Vereinfachungsverordnungen im wesentlichen aufgehoben. Das ergibt sich aus Art. III § 4.
Zu Art. I § 1 Ziffern 1 bis 3 kann ich berichten, daß die Fassung der Regierungsvorlage vom Ausschuß angenommen wurde. Eine Änderung tritt bei Ziffer 4 ein; sie betrifft § 6 Abs. 2. Nachdem verschiedene Formulierungsvorschläge gemacht worden waren, wurde nach eingehender Beratung eine Einigung erzielt. Es ist nunmehr in Abänderung der Fassung der Regierungsvorlage, allerdings nicht in voller Übereinstimmung mit den Wünschen des Bundesrats, die Formulierung so getroffen, daß hinter dem zweiten Satz des § 6 Abs. 2 folgender Zusatz eingefügt wird:
die Landesregierung kann die Zustimmungsbefugnis auf die nach Landesrecht zuständige Behörde übertragen.
Der Satz 3 erhält dann folgenden Wortlaut:
Die Richtlinien, unter welchen Voraussetzungen diese Zustimmung zu erteilen ist, erläßt die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung.
Das entsprach insbesondere dem Wunsch der Kommunalvertreter; denn hiermit ist die Möglichkeit zu einer Delegierung auf die nächste Ebene gegeben. Damit wird eine Verkürzung des Weges in der Selbstverwaltung von der untersten Stufe zum obersten Organ der Gesetzgebung und letztlich auch eine Verwaltungsvereinfachung erreicht, nach der wir ja auch bei unseren Gesetzeswerken streben sollten.
Zu Ziffer 5 kann ich berichten, daß der Text der Regierungsvorlage erhalten geblieben ist.
In Ziffer 6 wurde hinsichtlich des § 8 Buchstabe a) — ebenfalls auf Wunsch der Gemeinden — eine Neuregelung eingebaut. Es handelt sich hier darum, daß nach Inkrafttreten dieses Gesetzes die Pachtzinsen für eine Betriebsstätte der Gewerbesteuer in derjenigen Gemeinde unterliegen sollen, in der diese Betriebsstätte liegt, und nicht, wie es bisher der Fall war, in derjenigen Gemeinde, in der der Verpächter wohnte und in der er bisher auch zur Steuer veranlagt wurde. Das bedeutet also eine Aufteilung des Steueraufkommens zwischen der Wohngemeinde des Betriebsinhabers und der Gemeinde, in der der Betrieb seinen Sitz hat.
Im Ausschuß entwickelte sich eine Debatte über die Höhe des Prozentsatzes, nach dem das Steueraufkommen aufgeteilt werden sollte. Der Wunsch der Gemeinden ging .dahin, 75 % des Aufkommens derjenigen Gemeinde zu belassen, in der der Betrieb seinen Sitz hat. Da es sich aber in jedem Fall um gegriffene Zahlen handelt, hat der Ausschuß eine 50%ige Aufteilung festgelegt, damit sich diese Bestimmung des Gesetzes erst einmal einspielen kann.
Zu Buchstabe b) ist ebenfalls eine Änderung vorgeschlagen. Sie ist im wesentlichen dadurch bedingt, daß hinsichtlich der Gewerbesteuer eine Gleichstellung der Personengesellschaften mit Körperschaften erreicht werden soll.
Ziffer 7 wurde hinsichtlich der Buchstaben a), b) und c), abgesehen von einigen kleinen redaktionellen Änderungen, die keine sachliche Bedeutung haben, unverändert angenommen.
Die Ziffer 8 bringt die Anpassung des Gewerbesteuerrechts an die neuen Bestimmungen der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Das ist also eine Änderung, die jetzt mit Rücksicht auf die gesamte Steuergesetzgebung notwendig geworden ist.
Eine längere Debatte entbrannte über die in Ziffer 9 angeschnittene Frage: Vergangenheits-
und Gegenwartsbesteuerung? Der Ausschuß hat es für richtig gehalten, zu dieser Frage noch einmal die Sachverständigen der kommunalen Spitzenverbände zu hören. Das ist auch geschehen. An der Beratung haben dann sowohl die Vertreter des Städtetags, Städtebundes und Gemeindetags als auch Länder- und Bundesvertreter teilgenommen. Die Experten legten in der Mehrzahl Gewicht darauf, daß die durch die Vereinfachungsverordnung am 31. März 1943 eingeführte Gegenwartsbesteuerung beibehalten werden möge. Es kam zum Ausdruck, daß darin zweifellos einige Nachteile lägen; aber man war sich auch darüber einig, daß es kaum möglich sein werde, eine Fassung zu finden, die in vollem Umfang allen Anforderungen genüge. Bei der Abstimmung im Ausschuß ergab sich nur eine Stimme gegen die gefundene Lösung.
Zu Ziffer 10 ist zu berichten, daß die Regierungsvorlage unverändert angenommen wurde.
Ziffer 11 bringt eine Anpassung der Gewerbesteuer an die Körperschaftsteuer. Der Ausschuß hat eine von der Regierungsvorlage abweichende Formulierung angenommen, die Sie aus der Drucksache Nr. 2316 ersehen können. Da es ein verhältnismäßig langer Text ist, darf ich mir wohl ersparen, ihn im einzelnen vorzutragen. Es handelt sich um die Abs. 4 und 5, die unter Ziffer 11 aufgeführt sind.
Die Ziffern 12 bis 16 sind in der Fassung der Regierungsvorlage verabschiedet worden.
Ziffer 17 bringt mit dem § 17 a die sogenannte Mindeststeuer neu in das Gewerbesteuergesetz. Auch über die Frage der Mindeststeuer wurde im. Ausschuß zunächst eine grundsätzliche Debatte geführt. Die Mehrheit des Ausschusses beschloß, sich der Regierungsvorlage anzuschließen und die Mindeststeuer nunmehr in das Gewerbesteuerrecht mitaufzunehmen. Der Ausschuß hat die Vorlage der Bundesregierung insofern beibehalten, als im Gesetz selbst die Möglichkeit erhalten blieb, daß Gemeinden auf die Erhebung der Mindeststeuer verzichten, wenn das Aufkommen aus der Mindeststeuer in einem zu ungünstigen Verhältnis zu der Verwaltungsarbeit steht, die zur Erfassung dieser Mindeststeuer notwendig wird. Hieran sollte un-
bedingt festgehalten werden, obwohl der Bundesrat diese Möglichkeit nicht eingeräumt wissen wollte.
Die Ziffern 18 und 21 der Regierungsvorlage wurden angenommen.
Dasselbe gilt für Ziffer 22 a.
In Ziffer 22 b wurde in Abänderung der Regierungsvorlage die Freigrenze, die beispielsweise im Lande Nordrhein-Westfalen bereits seit 1946 gilt und die nunmehr auf Wunsch der Bundesregierung für die gesamte Bundesrepublik Geltung haben soll, wieder auf die bis vor der Vereinfachungsverordnung übliche Freigrenze zurückrevidiert, und zwar auf 24 000 DM bzw. 7200 DM.
Eine weitere Änderung ist in Ziffer 23 b erfolgt. § 24 b Abs. 3 betrifft die Frage der Zusammensetzung der Lohnsumme. Es heißt im Gesetz:
Zur Lohnsumme gehören nicht:
Beträge, die gezahlt worden sind an
a) Lehrlinge, die auf Grund eines schriftlichen Lehrvertrags eine ordnungsmäßige Ausbildung erfahren,
b) Arbeitnehmer, für die ein Einstellungszwang nach dem Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter besteht,
c) Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr überschritten haben, . . . .
Die Vereinfachungsverordnung von 1943 hat bestimmt, daß auch diese Beträge mit zur Lohnsummensteuer zu veranlagen sind. Durch Ausschußbeschluß wurde nunmehr der vor der Vereinfachungsverordnung geltende Gesetzeszustand wiederhergestellt. Wenn das Hohe Haus sich der Meinung des Ausschusses anschließt, werden also in Zukunft diese Beträge — die Lehrlingsvergütungen sowie die Lohnbeträge für Schwerbeschädigte, für die Einstellungszwang besteht, oder für über 60 Jahre alte Arbeiter — nicht wieder zur Veranlagung herangezogen. Dieser Beschluß ist ebenfalls mit Mehrheit gefaßt worden.
Die Ziffern 24 bis 31 wurden — außer der Hinzufügung der Worte „außerhalb des Bundesgebietes" in Ziffer 31, was der Klarstellung der Abgrenzung dient — unverändert angenommen.
Mit der Ziffer 32 sind in das Gewerbesteuerrecht die Wandergewerbebetriebe neu aufgenommen worden. Auch diese waren durch die seinerzeitigen Vereinfachungsverordnungen herausgenommen worden. Die Bestimmungen wurden allerdings noch durch die aus der Fassung ersichtlichen Abs. 3 und 4 erweitert. Die Formulierung mag vielen von Ihnen etwas umständlich und vielleicht auch nicht besonders deutlich erscheinen. Aber die Bedenken, die auch im Ausschuß hinsichtlich der Formulierung geäußert wurden, konnten durch eine entsprechende Interpretierung von Vertretern des Bundesfinanzministeriums ausgeräumt werden.
Den Ziffern 33 und 34 wurde zugestimmt.
Zu Art. II ist zu sagen, daß es sich hier im wesentlichen um die Bestimmungen handelt, die die Gemeinden und die Steuerpflichtigen betreffen. Sie sind in Zusammenarbeit von Ländern und Gemeinden erarbeitet worden. Somit sind in diesem Artikel auch keine besonders erwähnenswerten Änderungen enthalten.
Bei Art. III ist zu § 5 zu bemerken, daß Abs. 2 eine neue Fassung erhalten hat. Die Lander können nach § 5 Abs. 2 die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer einschließlich der Vorauszahlungen auch nach dem 31. Dezember 1950 den Finanzämtern belassen oder übertragen, wenn die Gemeinden dies beantragen oder die verwaltungsmäßigen Voraussetzungen für die Erhebung durch die Gemeinden nicht gegeben sind. Diese Fassung haben wir für notwendig erachtet, weil es in sehr weiten Teilen des Bundesgebietes üblich ist, daß in den kleinen Gemeinden für diese Steuerarbeiten nicht ein besonderer Steuerfachmann beschäftigt wird. Es ist dort üblich und hat sich auch bestens bewährt, daß das Finanzamt für die Gemeinde diese gesamte Arbeit auf dem Steuersektor durchführt. Wir wollten in dem Gesetz die Möglichkeit für eine derartige Handhabe belassen. Es bestehen keine Bedenken, daß hier etwa irgendwelche Kompetenzen der einen oder anderen Stelle eingeengt werden.
Zu Art. IV sind keine besonderen Bemerkungen zu machen.
In Art. VI wurde § 8 Abs. 1 und 2 in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen. Der Abs. 3 wurde neu wie folgt formuliert:
Die Vorschriften des § 1 über die Lohnsummensteuer gelten erstmals für die Lohnsumme des Kalendermonats, der nach Verkündung dieses Gesetzes beginnt.
Der Ausschuß hat es abgelehnt, ein Gesetz dieser Art mit rückwirkender Kraft zu erlassen.
Ich habe noch auf einige redaktionelle Änderungen hinzuweisen und bitte das gleich im Rahmen des Ausschußberichts erledigen zu dürfen. Der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen hat in der 84. Sitzung außerhalb der Tagesordnung die Frage erörtert, ob auch im Gewerbesteuergesetz das Wort „Bundesgebiet" durch die Worte „Geltungsbereich des Grundgesetzes" ersetzt werden sollte. Die Frage ist grundsätzlich bejaht worden. Der Ausschuß hat sich dabei auf die Ausführungen, die der Abgeordnete Dr. Arndt über diese Grundsatzfrage in der 133. Vollversammlung gemacht hat, und auf das Protokoll der 59. Sitzung des Rechtsausschusses gestützt. Das Hohe Haus hätte also zu genehmigen, daß überall dort, wo in diesem Gesetz in Verbindung mit dem Geltungsbereich des Grundgesetzes das Wort „Bundesgebiet" gebraucht wird, die Fassung „Geltungsbereich des Grundgesetzes" tritt. Ich bitte den Herrn Präsidenten, dies für die Abstimmung vorzumerken.
Weiter ist in Art. I § 1 Ziffer 4 Buchstabe b) in der Überschrift an Stelle des Wortes „Wortlaut" das Wort „Fassung" zu setzen. An der gleichen Stelle ist in der zweiten Zeile eine Korrektur vorzunehmen. Anstatt „diese Zustimmung" muß es „die Zustimmung" heißen.
Eine weitere redaktionelle Änderung ist in Art. I Ziffer 19 vorzunehmen. In § 19 Abs. 3 Satz 2 ist hinter dem Wort „voraussichtlich" das Wort „für" einzufügen, so daß es dort heißt: „. . . der sich voraussichtlich für den laufenden Erhebungszeitraum ergeben wird".
In Art. I Ziffer 22 ist der § 23 Abs. 1 Satz 2 wie folgt zu ändern: „Die Gemeinde kann in einzelnen Fällen . . ."
Eine weitere Änderung ist in Art. I Ziffer 23 vorzunehmen. In § 24 Abs. 3 Ziffer 1 a) ist das Wort „haben" zu streichen, so daß es heißt:
Lehrlinge, die auf Grund eines schriftlichen,
Lehrvertrags eine ordnungsmäßige Ausbildung erfahren, . . .
In Art. III ist § 5 Abs. 2 zu ändern. Der Absatz begann bisher mit den Worten „Die Lander können . . .". Es muß heißen: „Das Land kann . . .".
An der gleichen Stelle muß es in Zeile 4 statt der Worte „den Finanzämtern" heißen: „dem Finanzamt". Auf Zeile 5 und 6 des genannten Absatzes muß es jetzt heißen: „. . .wenn die Gemeinde dies beantragt . . .". Ebenso ist in der letzten Zeile des Absatzes bei dem Wort „Gemeinden" das letzte „n" zu streichen.
In Art. IV Ziffer 2 a ist eine Ergänzung vorzunehmen. Hinter den Worten „im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen" ist das Wort „Bestimmungen" einzufügen. Es geht dann weiter: „durch die Worte ,die Landesregierung erläßt durch Rechtsverordnung Vorschriften"`. Auch das ist lediglich eine Verdeutlichung des jetzt vorliegenden Textes.
Eine letzte redaktionelle Änderung ist am Ende von Art. VI vorzunehmen. Dort ist die Ziffer —2.—nach außen zu ziehen.
Damit habe ich den Bericht des Ausschusses im wesentlichen erstattet. Zum Schluß habe ich die Bitte des Ausschusses vorzutragen, dem Gesetz in der vorliegenden Form mit den von mir vorgetragenen redaktionellen Änderungen zuzustimmen.