Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst muß eines ganz deutlich festgestellt werden: Der Bericht, den Sie heute vor sich liegen haben, ist nur ein erster Bericht. Wir werden uns darauf gefaßt machen müssen, daß einige noch viel wesentlichere Feststellungen in den weiteren Berichten des Untersuchungsausschusses, die hoffentlich bald vorgelegt werden können, dem Hause zur Kenntnis kommen. Einige nicht unerhebliche dicke Brocken stehen bei der ganzen Betrachtung noch aus. Der für die Gesamtbeurteilung der Frage entscheidende Posten wird doch in diesem Zusammenhang der über die Besatzungskosten sein. Ich muß Sie schonend darauf vorbereiten, daß nach dem jetzt dem Ausschuß zugegangenen und demnächst öffentlich zu untersuchenden Material allein die Aufwendungen für die Unterbringung der Stäbe der Hohen Kommission und die Wohnungen für die Angehörigen dieser Stäbe im Raume rund um Bonn herum — noch dazu mit Ausnahme des Projektes Wahner Heide für die Dienststelle des britischen Hohen Kommissars — nach den bisherigen Abrechnungen einen Betrag von 143 Millionen DM gekostet haben.
Ich glaube, wenn man sich diese Zahl einmal bei Licht besieht, wird einem klar, daß wir uns bei diesem Bericht doch bis jetzt eigentlich um verhältnismäßig kleine Fische streiten, auch wenn wir selbstverständlich dafür sorgen müssen, daß es bei diesen verhältnismäßig niedrigen Gesamtaufwendungen — im Verhältnis zu denen der Hohen Kommission gesehen — bei uns ordentlich, anständig und rechtlich zuzugehen hat.
Ein zweiter Posten, dessen Einzelheiten uns- alle sehr interessierten und der hier noch nicht in vollem Umfang in die Gesamtbetrachtung ein-
bezogen werden kann, ist der Posten derjenigen Aufwendungen, die das Land Nordrhein-Westfalen zunächst für uns vorgeschossen hat. Die Auseinandersetzung mit dem Lande Nordrhein-Westfalen ist noch im Gange. Die öffentliche Kritik in diesem Hause und außerhalb dieses Hauses an gewissen Baumethoden im Raume Bonn entzündete sich ja damals, als sie laut wurde, nicht an den Projekten, die jetzt in diesem Bericht behandelt worden sind — das kam alles erst viel später —, sondern sie entzündete sich zunächst an dem Hause, in dem wir selber drinsitzen, nämlich am Bundeshaus und an seiner Umgebung, an den Pressebauten und was hier so alles errichtet worden ist. Auch über diesen Komplex kann der Ausschuß erst berichten, wenn eine gewisse Klarheit über die Auseinandersetzungen geschaffen worden ist, die zwischen den Dienststellen des Landes Nordrhein-Westfalen auf der einen Seite und dem Rechnungshof eben dieses Landes auf der andern Seite im Gange sind, weil es nicht gut wäre, wenn der Untersuchungsausschuß genau die gleiche Arbeit leisten würde, die der Rechnungshof dieses Landes zu leisten im Begriff ist. Es sind dort sehr erhebliche Meinungsverschiedenheiten aufgetaucht, die jetzt einer gewissen -Klärung entgegengehen.
Ich möchte nachdrücklich gleich vorneweg unterstreichen, daß auch wir mit Befriedigung festgestellt haben, daß es hier bei all den Bauten und Beschaffungen keinerlei Anhaltspunkte für irgendwelche Bestechungen der Beamtenoder für all das gegeben hat, was man sonst im Zusammenhang mit Beamtenbestechungen als Korruption bezeichnet. Aber auf der andern Seite gibt es eine Reihe unerfreulicher Tatsachen; und über diese unerfreulichen Tatsachen müssen wir uns unterhalten, damit wir die Gelegenheit bekommen, in der Zukunft derartige unerfreuliche Tatsachen zu verhindern. Auf einigen andern `Gebieten müssen wir sogar auch heute noch dafür sorgen, daß die unerfreulichen Tatsachen, so sie noch bestehen, nun endlich abgestellt werden.
Es hat eine ganze Reihe von Unzulänglichkeiten, von Mängeln der Organisation und von Ordnungswidrigkeiten gegeben, die in diesem Bericht im einzelnen aufgeführt sind. Es ist nicht die Aufgabe des Sprechers der sozialdemokratischen Fraktion, jetzt in allen Einzelheiten nachzurechnen, wo derartige Ordnungswidrigkeiten vorgelegen haben. Wir haben das Vertrauen, daß sich die Verwaltung diesen Bericht genau so sorgfältig vornimmt, wie wir das auch hoffentlich bei unseren Abgeordneten voraussetzen können.
Aber einige sehr wesentliche Punkte müssen in diesem Zusammenhang erörtert werden. Vorab einmal eins: Eine echte Gesamtbilanz, wie wir sie doch eigentlich dem Ausschuß auch aufgetragen hatten, kann heute noch nicht gegeben werden. Warum nicht? Wir können heute nicht abschließend feststellen, wieviel im Vergleich zu den Zahlen, die man damals dem Hohen Hause durch den Bundessitzausschuß unterbreitet hat, die Einrichtung des vorläufigen Bundessitzes in Bonn tatsächlich gekostet hat. Diese Bilanz kann einfach deswegen heute noch nicht gegeben werden, weil diese Dinge auch jetzt noch ständig im Fluß sind. Den endgültigen Betrag werden wir erst wissen, wenn wir alle miteinander unseren Sitz wieder in Berlin aufgeschlagen haben. Eher wird das wohl nicht bis zum letzten Pfennig auszurechnen sein.
Aber einen gewissen Überblick haben wir heute doch schon. Es ist gut, wenn wir uns einmal die Seiten 29 und 30 unseres Berichtes ansehen. Da finden Sie, daß es auf Seite 29 heißt: der Bundessitzausschuß hat die gesamten Kosten für Büroeinrichtungen, für Bauten und alles Drum und Dran mit rund 9 1/2 Millionen veranschlagt. Wenn Sie nun die bisher tatsächlich verausgabten Kosten, die bereits vorwegbewilligten Kosten, die Kosten für die zurückgestellten Bauaufgaben, die ja doch allmählich auf uns zukommen — die Verhandlungen darüber sind Ihnen allen bekannt —, zusammenrechnen, dann kommen Sie auf einen Betrag von 23 1/2 Millionen. Das ist immerhin ein nicht unerheblicher Unterschied. Wir wollen trotzdem noch einmal in Erinnerung rufen, daß wir damit Waisenknaben sind im Verhältnis zu den Aufwendungen der Hohen Kommission; aber ebenso müssen wir festhalten, daß die Zahlen, die damals dem Bundessitzausschuß und durch ihn dem Hohen Hause bei seiner Entscheidung über den Bundessitz unterbreitet worden sind, eben doch objektiv falsch waren.
Der Ausschußbericht gibt sich die Mühe zu erklären, worauf das Zustandekommen der jetzigen Zahlen und das der damaligen zurückzuführen ist. Er stellt zum Schluß fest, daß nicht schuldhafterweise hier bewußt falsche Zahlen vorgelegt worden sind; aber das ändert doch nichts an der Tatsache, daß eben damals diejenigen, die uns das Zahlenmaterial aufbereitet haben, es an der notwendigen politischen und verwaltungsorganisatorischen Voraussicht haben fehlen lassen.
Wer im Aufbau der Bundesverwaltung mittendrin stand, der mußte sich ungefähr einen Überblick über das verschaffen, was auf ein so großes Staatsgebilde in der relativ kurzen Zeit, die wir durchmessen haben, zukommen wird. Das ist also kein Ruhmesblatt in der Vorbereitung parlamentarischer Beschlüsse. Man hat sich da weitgehend in der Politik der Illusionen bewegt, die auch sonst diesem Hause nicht ganz fremd ist.
Wieweit man da Illusionen nachgejagt ist, will ich Ihnen an einigen Beispielen, die der Bericht selber gibt, hier erläutern. Es handelt sich z. B. um den Wohnraum, der uns angeblich in großzügiger Weise durch die -Freigaben der Besatzungsmächte hier in Bonn für unsere eigenen Bedürfnisse nachher zur Verfügung gestellt werden könnte. Da heißt es in dem Ausschußbericht auf Seite 40 — Bericht des Herrn Ministerialdirigenten Dr. Holtz —:
Gegenvorstellungen, daß diese Anordnungen den früheren Vereinbarungen, wonach die ausländischen Dienststellen und Vertreter außerhalb des Stadtgebietes von Bonn untergebracht werden sollten, widersprächen, wurden mit dem Hinweis abgelehnt, daß dies schon in einer ziemlich großen Zahl von Fällen erfolgt sei und nunmehr in diesem Teil des exzonalen Gebietes eine bedenkliche Raumknappheit bestehe, nachdem man schließlich doch erheblich mehr alliiertes Personal in dieses Gebiet habe heranziehen müssen, als ursprünglich geplant war.
Genau so hat sich ein anderes Projekt nicht einhalten lassen. Bei der Freigabe der beschlagnahmten Wohnungen hat sich herausgestellt, daß in
einer viel größeren Zahl als ursprünglich vor-
gesehen die Gerichte zugunsten der alten Mieter
entschieden haben, die in ihre Wohnungen wieder
hineingingen. Dann heißt es auf Seite 42 unten: Bei der Erstattung des Berichts an den Hauptstadtausschuß wurde nach meinen Feststellungen entsprechend dem damaligen Stand der Verhandlungen mit den Besatzungsbehörden davon ausgegangen, daß etwa die Hälfte der in Godesberg zugunsten der belgischen Besatzungsmacht beschlagnahmten Wohnungen — 292 Hauseinheiten mit rund 950 Wohneinheiten — zugunsten der besatzungsverdrängten Bevölkerung freigegeben würde. Tatsächlich erfolgte schließlich jedoch nur eine Freigabe von 22 Wohneinheiten.
Der weitaus größte Teil der in Godesberg beschlagnahmten Häuser blieb beschlagnahmt.
Darüber hinaus mußten entgegen vorher gegebenen Zusicherungen der alliierten Dienststellen etwa 200 deutsche Familien aus beschlagnahmten Häusern herausgenommen werden, die während der Zeit der belgischen Beschlagnahme ein widerrufliches Weiterbenutzungsrecht eingeräumt erhalten hatten.
Da mußten dann Ersatzwohnungen bereitgestellt
werden usw. Das als Illustration dafür, wieweit
man sich damals auf die von offenbar doch nicht
ganz ausreichend legitimierten Vertretern der Besatzungsmächte gegebenen Zusicherungen verlassen
hat, die noch dazu auch auf deutscher Seite nicht
von der höchsten politischen Spitze entgegengenommen und in gehöriger Form verbrieft wurden, so daß sie wirklich nicht als eine echte Grundlage für unsere 'Entscheidung gewertet werden
konnten. Wir haben damals nachdrücklich auf
diesen Sachverhalt bei den Verhandlungen im
Bundessitzausschuß und auf die Gefahren hingewiesen, die darin lauerten .und die nun auf uns in
Gestalt wesentlich höherer Aufwendungen für den
Wohnungsbau 'im Raume Bonn zugekommen sind.
Etwas anderes, was heute schon anklang, muß
ich auch deutlich aussprechen. Selbstverständlich
sind nicht nur die kleinen Leute für die Ordnungswidrigkeiten und für alles das, was in dem Bericht
gerügt wird, verantwortlich, auch nicht etwa nur
der Staatssekretär Wandersieb, der ausdrücklich
dem Ausschuß gegenüber erklärt hat, daß er, bis
zum 1. Dezember 1949 zum mindesten, für die Beschaffungsstelle die Verantwortung auf sein breites
Kreuz lade und seine Mitarbeiter nicht im Stich
lassen wolle. Infolgedessen ist er also auch für das,
was an der Beschaffungsstelle gerügt wird, selbstverständlich mitverantwortlich. Von dieser Verantwortung, die er selbst übernommen hat, kann ihn
niemand entbinden. Aber auch das ist nicht der
entscheidende Mann, sondern es kam doch damals
bei der Schaffung der Bundesorgane darauf an,
daß wir nun wirklich klare organisatorische Zuständigkeiten schufen. Diese Zuständigkeiten mußten„ bei der Bedeutung dieses Projektes doch einmal durch diejenige Gewalt festgelegt werden, der
die Organisationsgewalt zustand: das ist das Bundeskabinett selbst. In diesem Bundeskabinett gab
es einen Minister, der auch damals schon für die
großen Summen, die wir hier verausgabten, verantwortlich war: das war der Bundesfinanzminister.
Und selbstverständlich dann auch noch eine Persönlichkeit, die sehr unmittelbar und sehr eng mit
dem Zustandekommen des Bundestagsbeschlusses
seit der Vorbereitung des Projektes Bonn verflochten war, nämlich der Bundeskanzler selbst. Wir wollen also ruhig hier festhalten, daß dem Hohen Hause gegenüber nicht der einzelne kleine Beamte verantwortlich ist, sondern die parlamentarische Verantwortlichkeit für das, was hier geschehen ist, tragen die dem Bundestag verantwortlichen Minister und niemand anders.
Wieweit diese Verantwortlichkeit eigentlich geht, möchte ich Ihnen noch an einem andern Beispiel illustrieren. Auf Seite 28 findet sich ein interessanter Personalstärken- und Büroflächenvergleich, und darin heißt es, daß der Herr Finanzminister am 17. Oktober 1949 dem Ausschuß bestimmte Zahlen über die voraussichtliche Kopfstärke der Ministerien und ihren Büroflächenbedarf unterbreitet hat. Diese Aufstellung schließt mit 3388 Köpfen. Der Bundessitzausschuß selber hat das schon berichtigt. Er hat schon gewußt, daß darin einige Illusionen steckten, z. B. die Illusion, daß das Verkehrsministerium irgendwo anders bleiben könnte, und er kam dann auf 5187 Köpfe. Aber immerhin: lassen wir nur einmal das Verkehrsministerium weg oder setzen wir vielmehr die 950 Personen, die das gegenüber dem Vorkommando mehr ausmacht, dazu. Da ergibt sich, daß der Finanzminister, der doch die Vorbereitung der Bundesorganisation finanziell in seiner Hand hatte, mit einem Personalbedarf von 4338 Köpfen rechnete, während der Haushaltsplan des Jahres 1950 mit fast 6000 Köpfen schließt. Das ist ein Unterschied von rund 40%, der es natürlich auch erklärlich macht, daß eine ganze Reihe von Aufwendungen ganz allgemein auch für die Einrichtung der Behörden gewachsen ist, der aber erkennen läßt, daß die eigentliche Organisationsbehörde des Bundes, daß die Haushaltsabteilung auch des Finanzministeriums und der Finanzminister selbst keine sehr klaren Vorstellungen von dem Anwachsen der Aufgaben des Bundes und der dazu notwendigen Organisationen gehabt haben oder zum mindesten im damaligen Zeitpunkt — nach dem Brief, der dem Bundestag seinerzeit zugegangen ist - nicht haben wollten.
Aber besonders neckisch, besonders interessant ist es, wie sehr sich der Finanzminister für sein eigenes Haus verschätzt hat. Ich würde es ihm noch gestatten, daß er sich bei fremden Leuten irrt; daß er aber seinen eigenen Bedarf mit 386 Bediensteten beziffert, um uns dann im Haushaltsplan 1950 mit 791 Köpfen zu kommen,
das ist wohl ein ziemlich klarer Beweis, daß er über sein eigenes Projekt in bezug auf den Ausbau der Bundesfinanzverwaltung noch nichts gewußt hat oder uns mindestens damals noch nichts verraten wollte.
Nun zum Hergang der Dinge selber! Auf Seite 2 finden Sie den grundlegenden Beschluß der Ministerpräsidentenkonferenz bzw. ihres Hauptausschusses in Schlangenbad:
Der Hauptausschuß empfiehlt sämtlichen beteiligten Stellen, ihre Vorbereitungen auf das Maß zu beschränken, das erforderlich ist, um den ordnungsmäßigen Beginn der Arbeit der Bundesorgane zu gewährleisten.
Dieser Beschluß, der doch für die Zeit bis zur endgültigen Entscheidung des Bundestages wichtig war, ist einer ganzen Reihe nachgeordneter Dienststellen von den verantwortlichen Persönlichkeiten nur in der Weise zur Kenntnis gebracht worden, daß man ihnen ein dickes Buch, den Bericht des Technischen Ausschusses der Ministerpräsidentenkonferenz, in die Hand gedrückt hat, und darin stand unter „Ferner liefen" auf irgendeiner Seite auch dieser 'Beschluß, so daß uns ein nicht unwesentlicher Beamter mitgeteilt hat: ja, diesen Beschluß habe ich eigentlich erst im Dezember, als die endgültige Entscheidung längst gefallen war, gelesen. Er konnte sich also praktisch an diese Grenzen nicht gut gebunden fühlen. Es wäre eine Verpflichtung der Verantwortlichen gewesen, diesen Beschluß allen ihnen unterstellten Beamten und Angestellten sehr nachdrücklich immer wieder in Erinnerung zu rufen, bis endgültig über den Bundessitz entschieden worden war.
Ich möchte darauf hinweisen, daß das Verfahren, das man bei den Kasernen angegeben hat, in der Auswertung der Schlangenbader Beschlüsse offensichtlich auch etwas fehlerhaft gewesen ist und in der weiteren Durchführung der Arbeiten gewisse Schwierigkeiten zur Folge gehabt hat. Es heißt hier auf Seite 8 des Berichts:
Die ersten Kostenanschläge enthielten nur ein
dem Umfange nach beschränktes Programm
für die erste Aufnahme von Bundesorganen
im Sinne der Schlangenbader Beschlüsse.
Die Sache war völlig klar: Man wollte durch die
Schlangenbader Beschlüsse erreichen, daß in Bonn
zunächst nur das getan wird, was notwendig ist,
damit die Bundesorgane anfangen können. Aber
a die Zahlen, die man für diese Entscheidung uns zu unterbreiten hatte, waren doch nicht die Zahlen für die Aufnahme der ersten Arbeiten, sondern das waren doch selbstverständlich die Zahlen für die Einrichtung der Bundesorgane dann, wenn die Entscheidung über ihren Sitz gefallen wäre, und das ist offenbar bei den Kasernen auch etwas daneben gegangen.
Bei den organisatorischen Mängeln, von denen ich vorhin schon sprach, fällt uns insbesondere auf, daß es keine klare Aufgabenabgrenzung gegeben hat, daß das Personal weder der Zahl noch auch der Qualität nach ausreichend war, daß es an der notwendigen Aufsicht über die Stellen, die mit diesem umfangreichen Bau- und Beschaffungsprogramm betraut waren, offensichtlich gefehlt hat, und vor allem daran, daß die Aufsicht, wenn sich irgendwelche Mängel herausstellten, dann auch rechtzeitig eingriff, um sik abzustellen. Auch hier liegt die Verantwortung derer vor, die dem Parlament verantwortlich sind und niemand anderem sonst.
Zu den Einzelheiten darf ich darauf hinweisen, daß sich wie ein roter Faden durch den Bericht die Feststellung zieht, daß es trotz der Eile, mit der hier gebaut und geschafft werden mußte, nicht not-. wendig war, immer auf den Wettbewerb und auf Ausschreibungen zu verzichten.
Ein besonderes Kapitel ist in diesem Zusammenhang der Beschaffungsstelle eingeräumt. Sie kommt nicht gut davon. Ich erwähne die Beschaffungsstelle hier eigentlich mehr als Symbol. Sie hat es nicht erreichen können, daß alle Aufträge wirklich durch ihre Hand gingen. Angesichts der Höhe der in Frage kommenden Summen wäre es Aufgabe
der für die Organisation der Bundesbehörden verantwortlichen Stellen gewesen, dafür zu sorgen, daß die notwendigen organisatorischen Maßnahmen zur Vereinheitlichung des Beschaffungswesens rechtzeitig getroffen worden wären. Das steht auch in dem Bericht, und das wollen wir nicht ganz untergehen lassen. Es wird dann im einzelnen darauf eingegangen, was alles an dieser Beschaffungsstelle gefehlt hat, daß es keine Ausstattungsrichtlinien gegeben hat, wie sie in einer ordentlichen Verwaltung sonst üblich waren. Das Fehlen dieser Richtlinien war es ja gerade, das jenes Chaos beim Presse- und Informationsamt und bei einigen Ministerien — Gott sei Dank nicht bei allen — verursacht hat.
Es hat uns auch gar nicht gefallen — diese Dinge sind ja im Haushaltsausschuß auch schon einmal behandelt worden —, daß der Herr Finanzminister es für notwendig gehalten hat, die Kunstwerke, die im Betrage von 173 395 DM angekauft wurden, nun ausgerechnet aus dem Katastrophenfonds zu bezahlen. Dieser Fonds für Unvorhergesehenes kann für alle möglichen Zwecke verwendet werden, vielleicht auch im Zusammenhang mit der Einrichtung der Bundesorgane — die Entscheidung mag man als Katastrophe betrachten; daraus erklärt sich manches —, aber auf keinen Fall zur Ausstattung mit Kunstwerken, so nützlich und lobenswert das ganze Vorhaben gewesen sein mag. Da hätte man auf jeden Fall eine andere haushaltsrechtliche Regelung finden müssen.
Das Bundespresse- und Informationsamt — es ist vorhin hier schon kurz gestreift worden — ist mit einem erheblichen Aufwand außerordentlich luxuriös ausgestattet worden. Das ist eigentlich der einzige Fall, wenn wir von dem Sportkabriolett des Herrn ERP-Ministers absehen wollen, das sich in diesem Zusammenhang auch ein klein wenig seltsam ausnimmt, in dem man wirklich von Luxus sprechen kann. Bei allen anderen Vorhaben kann man kaum von Luxus reden, sondern da haben die Ausgaben eben andere Gründe, die in der Überhastung, in der mangelnden Organisation und in dem Anwachsen der Aufgaben überhaupt liegen. Ich darf Ihnen das Kapitel über das Bundespresse-und Informationsamt zur Lektüre empfehlen und möchte hoffen, daß auch die Verwaltung ihre Schlüsse daraus zieht. Einige Zahlen hat Ihnen ja vorhin der Kollege Renner daraus verlesen. Ich möchte es mir also ersparen, Sie auf besonders markante Beispiele hinzuweisen.
Eines liegt mir aber dabei doch am Herzen. Der Ausschuß hat bei der Beschaffungsstelle darauf gedrängt, daß die Möbel, die man damals beschafft hat und dann, weil man sie trotzt des teuren Preises gar nicht gebrauchen konnte, auf die Bühne gestellt hat, nunmehr beschleunigt einer angemessenen Verwendung zugeführt werden. Am 15. März 1951 haben wir festgestellt, daß sich die Möbel immer noch unbenutzt im Abstellraum befinden.
Wir haben jetzt zu unserer Überraschung erfahren, daß trotz dieser Untersuchungen, trotz der eindeutigen Feststellungen, daß wir es mißbilligen, daß eine nachgeordnete Dienststelle einen derartigen Aufwand treibt, diese Möbel nun nicht etwa in Repräsentationsräume des Herrn Kanzlers oder des Herrn Bundespräsidenten oder des Auswärtigen Amtes gegangen sind, sondern sich nach und nach friedlich in den Räumen des Bundes-
presse- und Informationsamtes zum Gebrauch einfinden.
Ich glaube, das Parlament kann ein solches Verhalten nicht billigen.
Nachdem wir monatelang über diese Dinge eingehend verhandelt haben, hätten die Verantwortlichen jener Dienststelle wissen müssen, daß es
eine Aufgabe des Taktes ist, für diese Möbel nun
eine andere, zweckmäßigere Verwendung zu finden.
Hinsichtlich der Bauten möchte ich nur feststellen, daß die Auftragsverhältnisse besonders unklar waren. Es hat keine klare Abgrenzung der Art und des Umfanges der Leistungen bei den einzelnen Projekten, vor allem beim Hause Schaumburg, gegeben. Es wurde eben darauf losgearbeitet, weil es eilte, ohne daß man die Kostenfrage wirklich eingehend geklärt hätte. Man hat dem Architekten sehr viel freie Hand gelassen. Darüber ist ja hier schon gesprochen worden. Die Bundesbaudirektion, also die Stelle, die der Verantwortung des Herrn Bundesfinanzministers unterstellt ist, hat sich viel zu spät und mangelhaft in alle diese Bauvorhaben eingeschaltet. Das Haus Schaumburg war ursprünglich doch gar nicht als Sitz des Kanzlers vorgesehen. Seine Wünsche und die Improvisationen, die sich daraus ergaben, wirkten natürlich erheblich verteuernd. Ich will dem Hause nicht verschweigen, daß es auf unsere Fraktion einen wohltuend abstechenden Eindruck gemacht hat, als wir feststellen konnten, daß der Herr Bundespräsident eben gewartet hat, bis seine Räume fertig waren, und daß sich daraus für sein jetziges Haus ein verhältnismäßig erheblich niedrigerer Preis ergeben hat, weil man ruhiger und sachlicher bauen konnte als unter der Hetze der ständigen Improvisationen und des Setzens von Terminen, die nachher gar nicht eingehalten wurden. Ich darf daran erinnern: Am 9. November wurden für eine Raumgruppe sieben Tage Frist gesetzt. Etwa bis zum 15. November sollte sie fertig sein. Sie war am 16. November fertig. Bezogen wurde sie erst am 23. November. Man hätte sich also viel mehr Zeit lassen und wesentlich billiger bauen können.
In diesen Zusammenhang gehören auch einige Bemerkungen über den Garten. Ich will jetzt nicht weiter darauf eingehen, sondern nur einer Legendenbildung, die sich draußen leider 'bemerkbar gemacht hat, als ob die Kosten niedriger gewesen seien, vorbeugen. Ich will kein Wort darüber verlieren — das können Sie selber alles im Bericht lesen —, worauf die Aufwendungen in dem Garten zurückgehen und auf wessen Wünsche sie im einzelnen zurückzuführen sind. Ich möchte nur feststellen: er hat nicht 67 000 DM, sondern mit Wasserleitung und Parkbeleuchtung eben doch 145 000 DM gekostet.
Nur soviel zu den Einzelheiten. Und jetzt zum Abschluß noch einige Bemerkungen über das Verfahren selbst. Der Ausschuß hat in den letzten Monaten nicht gerade sehr schnell gearbeitet. Das muß ich als Mitglied dieses Ausschusses offen bekennen. Die anderen Mitglieder des Ausschusses werden es mir verzeihen, wenn ich hier den Wunsch ausspreche, nun nicht noch einmal jenes Experiment zu wiederholen, nach Abschluß der
Arbeiten fünf Monate lang am Bericht zu formu lieren, wie es tatsächlich geschehen ist, weil es außerordentlich schwierig war, auch nur in bescheidenen zeitlichen Zwischenräumen die sieben Ausschußmitglieder zu den Sitzungen zusammenzubringen. So schlimm war das doch gar nicht. Der Bericht hätte doch auch vor der Landtagswahl von. Niedersachsen kommen können; er hätte doch wirklich nicht das Ergebnis der Wahl entscheidend beeinflussen können.
— Wir haben das Ding doch gar nicht im Wahlkampf von Niedersachsen gebraucht, Herr Kollege Hasemann; da haben wir doch ganz andere Munition und brauchen nicht mit diesen kleinen Fischen zu kommen. Die Bundesregierung macht es uns doch so leicht! Was täten wir ohne den Bundeskanzler?!
Eine Klärung dieser Dinge liegt doch wirklich im Interesse aller. Die Arbeit des Ausschusses war zweifellos nützlich. Sie hat einen erheblichen erzieherischen Einfluß auf die Verwaltung gehabt. Manche Zustände sind überraschend schnell beseitigt worden, als der Ausschuß in die Untersuchungen einzusteigen begann. Wir haben Mängel gerügt, damit sie abgestellt werden. Es sind in diesem Zusammenhang auch einige Gerüchte, die Übertreibungen enthielten, „am Boden zerstört" worden. Wir wollen wünschen, daß man für die Zukunft daraus lernt, organisatorische Aufgaben, die sich uns doch immer wieder — vielleicht in einer noch größeren Gestalt — stellen können, von Anfang an anders anzupacken. Wenn das erreicht wird, hat der Ausschuß ein gutes Stück Arbeit getan, und dann hat auch die heutige Debatte ihren guten Sinn gehabt.