Meine Damen und Herren! Mit Rücksicht auf einige Außerungen eines noch sehr jugendlichen Redners dieses Hauses möchte ich meinen sachlichen Bemerkungen etwas vorausschicken. Ich habe jüngst mit dem Herrn Kollegen Laforet die Klingen gekreuzt, als wir uns über die Frage Bundesvermögen und Ländervermögen unterhalten haben. Wenn wir auf diesem Gebiet auch verschiedener Meinung gewesen sind, so habe ich diese Auseinandersetzung immer als einen fruchtbaren Beitrag in der Sache selber empfunden. Darum freue ich mich darüber, wenn
ich auch in dieser Angelegenheit mit dem Herrn Kollegen Laforet verschiedener Meinung sein und mit ihm die Klingen kreuzen kann.
Nun einiges zu dem, was der Herr Finanzminister gesagt hat. Ich würde auch mit dem Herrn Abgeordneten von Passau gern die Klingen kreuzen. Aber ich würde doch Wert darauf legen, daß die Klingen dabei sauber sind. In diesem Zusammenhang möchte ich eine ganz offene Bemerkung machen. Es war nicht glücklich, Herr Abgeordneter für Passau, daß der Hinweis auf den Nationalsozialismus erfolgte. Es wäre besser, wenn er unterblieben wäre. Aber das möge vergessen sein.
Im übrigen habe ich mit großem Vergnügen der Erzählung des Märchens von der schönen Prinzessin zugehört, die auf die Erlösung durch den Prinzen wartet. Die schöne Prinzessin in diesem Märchen ist doch offenbar die Bundesfinanzverwaltung. Und daß der Herr Bundesfinanzminister, der ja of fen-bar die Rolle des Prinzen noch nicht spielen will, diese Bundesfinanzverwaltung mit einer schönen Prinzessin vergleicht, das ist eigentlich das stärkste Argument, das wir für unseren Antrag in Anspruch nehmen können: Nun weiß ich nur nicht, scheut er sich überhaupt, diese schönes Prinzessin zu erläsen — vielleicht, weil eine Hecke davor ist, in der auch bayerische Dornen versteckt sein mögen —, oder aber glaubt er, daß Zeit und Stunde noch nicht gekommen sind? Wenn ich ihn beim Wort nehmen darf, dann ist es doch wohl so, daß er selber diese schöne Prinzessin einmal erlösen möchte, daß er nur glaubt, Zeit und Stunde sind noch nicht gekommen. Dann, Herr Finanzminister, wären wir mit Ihnen, was die Sache selber anbetrifft, ziemlich einig. Aber ich frage mich: Warum I soll denn eigentlich die Stunde noch nicht gekommen sein? Offenbar ist die Finanzverwaltung, die Sie heute haben, Herr Finanzminister, keine schöne Prinzessin, sondern ein ziemlich häßliches Frauenzimmer.
Das ist bei dieser geteilten Finanzverwaltung keine Frage. Daß Sie mit der Finanzverwaltung, wie Sie sie heute haben, nicht zufrieden sind und daß-Sie sich genötigt sehen, diese wenig schöne Dame ein wenig aufzustutzen und auszuputzen, das liegt klar auf der Hand. Sie legen uns j a zu diesem Zweck einen Gesetzentwurf zur Ausführung des Art. 108 Abs. 6 des Grundgesetzes vor. Herr Bundesfinanzminister, Sie haben uns diesen Gesetzentwurf sehr dringlich gemacht. Sie haben darauf hingewiesen, daß, wenn das Steueraufkommen des Bundes gesichert und eine sorgfältige und gerechte Veranlagung der Einkommensteuer durchgeführt werden soll, etwas geschehen und die Finanzverwaltung umgestaltet werden muß. Sie haben uns zu diesem Zweck eine Reihe von Vorschlägen gemacht, die uns allerdings unzulänglich erscheinen. Ich darf noch einmal darauf hinweisen: die Verhandlungen in dem Ausschuß haben in der Tat gezeigt, daß keiner mit diesem Gesetz recht viel anzufangen weiß und keiner das Vertrauen hat, daß die vorgeschlagenen Änderungen uns dem erstrebten Ziel nahebringen werden.
Im übrigen hat der Herr Finanzminister gegen einige Dinge polemisiert, von denen ich gar nicht gesprochen habe. Ich habe keine Ausführungen darüber gemacht, ob eine Bundesfinanzverwaltung billiger ist als eine geteilte Finanzverwaltung. Daß sie billiger ist, kann gar keinem Zweifel unter-hegen. Nicht in der unteren Instanz, aber in der
Zentralinstanz würde sie unzweifelhaft billiger sein. Dahin ging auch das Votum, das wir damals als Finanzausschuß des Parlamentarischen Rates dem Hauptausschuß und dem Plenum des Parlamentarischen Rates erstattet haben. Es handelt sich aber in erster Linie nicht um die Billigkeit der Finanzverwaltung selber, sondern es handelt sich darum, ob wir durch die Ausgestaltung der Finanzverwaltung, so wie sie heute ist, gezwungen werden, weil die Veranlagung der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer nicht genug aufbringt, dem deutschen Steuerzahler noch andere Steuern aufzuerlegen. Die entscheidende Frage ist, ob uns eine andere Gestaltung der Finanzverwaltung nicht einen viel höheren Ertrag bringt. Daß hier große Summen im Spiel stehen, kann auch von dem Herrn Finanzminister nicht bestritten werden. Wozu kämen sonst seine Änderungsvorschläge, die uns als ein Stückwerk erscheinen?
Natürlich muß die ganze Frage noch im Ausschuß behandelt werden. Da es sich um eine Änderung des Grundgesetzes handelt, habe ich von meinem Standpunkt aus nichts dagegen einzuwenden, daß nicht nur der Finanz- und Steuerausschuß, sondern auch der Rechts- und Verfassungsausschuß mit dieser Frage befaßt wird. Ich würde es geradezu als notwendig, aber auch als glücklich bezeichnen, wenn in einem solchen Ausschuß nun einmal mit der größten Sorgfalt auch Sachverständige aus der Praxis gehört würden. Lassen wir uns doch einmal die Oberfinanzpräsidenten und die Finanzamtsvorsteher anhören! Die sollen uns einmal aus ihren praktischen Erfahrungen heraus sagen, welche Verwaltung die bessere sein würde, welche Verwaltung zu gerechteren und gleichmäßigeren Erträgen führen würde. Ich glaube, nur auf diesem Wege können wir überhaupt weiterkommen.
Ich lehne es rundweg ab, solchen Gedankengängen zu folgen, wie sie der Herr Jaeger dargelegt hat. Was heißt Föderalismus, was heißt Unitarismus? Wir sind ein zusammengesetzter Staat und stehen vor dem Problem, die Funktionen der Staatstätigkeit in Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden aufzuteilen. Vom Standpunkt der Demokratie aus — und ich wiederhole das immer wieder — ist das Entscheidende die Selbstverwaltung, der Aufbau von unten. Um dieser Selbstverwaltung willen wollen wir ja auch nicht etwa alle Länder beseitigt haben, sondern wollen den Ländern das Ihrige an Selbstverwaltung belassen. Heute sind alle Verwaltungen, wenn Sie von den technischen Verwaltungen der Post und der Eisenbahn absehen, Länderverwaltungen. Werden denn nun die Länder in ihrem Eigenleben erschüttert, geht alles das, was Sie Föderalismus nennen, vor die Hunde, wenn eine Verwaltung, die heute schon zum Teil Bundesverwaltung ist, zur Gänze Bundesverwaltung wird? Ich glaube, Herr Kollege Jaeger, das sind Übertreibungen, die gar keinen Sinn haben. Es handelt sich hier letzten Endes um Fragen der Zweckmäßigkeit, um die Frage, ob wir mit einer Bundesfinanzverwaltung weiterkommen als mit einer geteilten Finanzverwaltung. Das ist nun allerdings unsere Überzeugung. Darum hoffen wir, daß sie hier in diesem Hause die Mehrheit findet, die notwendig ist, um diese Bestimmungen des Grundgesetzes abzuändern.