Rede von
Dr.
Wilhelm
Laforet
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Bitte, lesen Sie das in den
Verhandlungen des Parlamentarischen Rates nach!
Jedenfalls haben wir aus den größeren Gesichtspunkten heraus von Anfang an einen klaren Standpunkt eingenommen.
Es ist richtig, daß für die heutige Fassung des Art. 108 der Einfluß der Gouverneure erheblich war.
Meine politischen Freunde haben im Parlamentarischen Rat, lange bevor man an die Stellungnahme der Gouverneure. dachte und sie kannte, nach den Erfordernissen des Bundesstaates. die Länderfinanzverwaltung gefordert
und die Forderung gestützt durch den Hinweis darauf, daß für eine besondere Länderfinanzverwaltung neben der Bundesfinanzverwaltung die Mittel fehlen. Wir haben die Besatzungsmächte nie um Unterstützung unserer Stellungnahme gebeten.
Daß sie aus ihren Vorstellungen heraus zum Teil zu einer Forderung kamen, die sich mit unserer Stellungnahme deckte, konnte uns nicht bestimmen, auf das Richtige deshalb zu verzichten, weil es die Besatzungsmächte auch gefordert hatten.
Meine Damen und Herren, der Antrag will schlechthin die ganze Finanzverwaltung dem Bund übertragen, soweit dem Bund die Gesetzgebung zusteht. Schon heute vollzieht sich der grundsätzliche Aufbau der Finanzbehörden nach Bundesgesetzen. Aber die Länder haben nach dem Grundsatz der territorialen Gestaltung und der Entscheidung darüber, möglichst in Volksnähe, die Organisationsgewalt im Rahmen dieser Bundesgesetze. Das soll grundsätzlich geändert werden. Auch ein Finanzamtsbezirk soll nur noch von der Bundesfinanzverwaltung geändert werden können. Jeglicher bestimmende Einfluß der Länder auf die Organisation wäre ausgeschlossen. Nur bei der Ernennung der Leiter der Mittelbehörden hätte die Bundesfinanzverwaltung die Pflicht, nicht etwa das Einverständnis der Landesregierung zur Ernennung einzuholen, aber die Landesregierung wenigstens anzuhören.
Zu den wesentlichen Erfordernissen eines Gliedstaates gehört auch in einem Bundesstaat nicht nur, daß er die Justizhoheit hat, sondern auch, daß er die Verwaltungshoheit besitzt. Wird ihm die Verwaltungshoheit auf einem derart wichtigen Gebiet wie dem des Finanzwesens fast völlig entzogen, dann geht ein wesentlicher Teil der Staatsgewalt auf den Bund über, dann liegt ein wirklicher Staat nicht mehr vor. Ich verstehe, wir haben Kollegen, die einen Einheitsstaat wünschen. Wir lehnen ihn aus der ganzen geschichtlichen Entwicklung mit allem Nachdruck ab.
Das Gefüge des Bundesstaates, das nach dem Grundgesetz auf den Ländern beruht, wird hier völlig geändert. Wer den Bundesstaat will, kann auf die Verwaltungshoheit der Gliedstaaten auch im Finanzwesen nicht verzichten.
Dazu tritt aber eine weitere, mehr praktische Frage, die Frage, wer bei der umfassenden Finanzverwaltung die Aufgaben erledigen soll, die sich aus der Verwaltung der landesgesetzlichen Steuern, aber auch aus den Aufgaben der allgemeinen Landesverwaltung ergeben, die im Rahmen des Finanzwesens erledigt werden müssen. Es handelt sich vor allem um das Kassenwesen der übrigen Be-härden, um die übrigen Geschäfte der Finanzverwaltung als Teil der allgemeinen Landesverwaltung, nicht zuletzt in der Beamtenversorgung, und insbesondere um die Aufgabe der Verwaltung des Vermögens der Länder, insbesondere der Verwaltung ihrer Liegenschaften.
Sie wissen alle, es kommen zwei Wege in Betracht. Die Länder können sich neben 'der Bundesverwaltung eine eigene Landesfinanzverwaltung schaffen. Der sehr verehrte Kollege Herr Minister Dr. Höpker-Aschoff hat auf die geschichtliche Vergangenheit zurückgegriffen; darf auch ich zurückgreifen. Der Versuch, auf diese Weise in zwei Gleisen zu fahren, ist nach den Erfahrungen 'der Zeit der Weimarer Verfassung völlig gescheitert. Damals fehlten den Ländern die Mittel, dieses zweite Gleis sachgemäß anzulegen und auf ihm zu fahren. Was früher nicht möglich war, wird jetzt in der Zeit der ungeheuren Finanznot völlig undurchführbar.
Der andere Weg ist früher durch die Bestimmung eingeschlagen worden, daß die Länder die Aufgaben den Bundesfinanzbehörden übertragen können. Man ist diesen Weg im früheren § 19 der Reichsabgabenordnung gegangen; er soll auch nach dem vorgeschlagenen Entwurf gegangen werden. Die Erfahrung hat gezeigt, daß dieser Weg für die Länder ungangbar ist.
Es erhebt sich die Frage nach der Erledigung derjenigen Geschäfte, die nicht zur Verwaltung der Landessteuern gehören. Man hat sie als „artfremde Geschäfte" bezeichnet. Sie sind für die Länder, wenn diese überhaupt eine Staatsverwaltung führen — und wir wollen eben, daß die Gliedstaaten Staaten sind — —
— Darüber gehen die Meinungen auseinander.
Diese artfremden Geschäfte sind für die Länder, wenn sie überhaupt eine Staatsverwaltung führen sollen, von ganz besonderer Bedeutung. Es handelt- sich — wie schon erwähnt — um das Kassenwesen der allgemeinen Verwaltung einschließlich der Beamtenversorgung und vor allem um die Verwaltung und rechtliche Vertretung des Vermögens der Länder, insbesondere der Liegenschaften. Aus der Natur der Sache ergibt sich der Gegensatz der Interessen zwischen Bund und Ländern im Streit über das Vermögen. Es ist unmöglich, diese Geschäfte Bundesfinanzbehörden zu übertragen.
Aber auch soweit es sich um die Verwaltung von Landessteuern handelt — ich habe es auch als Beamter der allgemeinen Verwaltung genügend deutlich gesehen — ergab die Erfahrung im Vollzug des früheren § 19 der Reichsabgabenordnung, daß die Bundesfinanzbehörden die Verwaltung der Landessteuern als eine lästige Sonderaufgabe empfunden haben. Sie haben die Landessteuern stiefmütterlich, mangelhaft, oft genug gar nicht verwaltet. Das wird sich um so mehr steigern, je größer die Belastung der Bundesfinanzbehörden
mit dem Vollzug der Bundessteuern wird. Das Wort „Lastenausgleich" mit all seiner ungeheueren Arbeit ist ja schon genannt und in seinen Problemen angeschnitten.
Auch wir sind mit dem Ziele einheitlichen Gesetzesvollzugs völlig einverstanden. Der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen wird sich damit zu befassen haben, ob nicht vermeidbare Fehler in der Ausnützung der Verfassung in ihrem heutigen Wortlaut vorliegen und wie diese Fehler beseitigt werden können und müssen. Dann brauchen wir keine Verfassungsänderung.