Rede von
Dr.
Gerhard
Kreyssig
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe Verständnis dafür, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister wegen der Verhandlungen gestern nicht hier sein konnte. Ich glaube aber, er hätte eigentlich doch Zeit finden sollen, von dem Kenntnis zu nehmen, was wir gestern zu dieser Frage gesagt haben, zumal das schon in der Druckfahne vorliegt, und von den Fragen, auf die wir heute mit dem, was Herr Professor Erhard uns gesagt hat, keine Antwort bekommen haben.
Professor Erhard hat' also wiederholt bestätigt, daß die Bundesregierung die Absicht habe, 24 Zentner — an sich eine immerhin recht bescheidene Menge — pro Haushalt zur Verfügung zu stellen. Da wir 14 Millionen Haushalte in der Bundesrepublik zu versorgen haben, gibt das eine Gesamtsumme von 16,8 Millionen t. Es ist weiter gesagt worden, daß die Belieferung bisher mit 2 Zentnern pro Haushalt durchgeführt ist, so daß, wenn man die 1,4 Millionen t, um die es sich dabei handeln würde, abzieht, 15,4 Millionen t geliefert werden müssen, wenn das Versprechen der Bundesregierung, 24 Zentner pro Haushalt zur Verfügung zu stellen, realisiert werden soll.
Wir haben gestern die Frage gestellt, ob dem Bundeswirtschaftsministerium erstens bekannt ist, daß die Kohleversorgung nach langjährigen Erfahrungen normalerweise nicht funktionieren kann, wenn der Kohlenhandel nicht mindestens bis zur Mitte des Jahres mit der Hälfte der benötigten Hausbrandmenge versorgt ist. Daß das nicht der Fall ist, läßt sich nicht bestreiten. Es wäre also interessant, von der Bundesregierung zu hören, was sie nun an besonders dringlichen oder, sagen wir, Sofortmaßnahmen beabsichtigt und ob sie daran gedacht hat, das, was bisher hinsichtlich der Aufstockung bei den Kohlenhändlern versäumt worden ist, nachzuholen.
Die zweite Frage, die ich gestellt habe, ging dahin, ob die Bundesregierung bzw. der Bundeswirtschaftsminister im Hinblick auf die außerordentlich prekäre Situation nicht vielleicht bereit sein würde, zur Sicherung der Hausbrandversorgung einen zusätzlichen Kohlenimport aus Amerika durchzuführen, wobei die Regierung dann allerdings die hohen Preise in irgendeiner Form abfangen müßte, um den Hausbrand nicht zu verteuern. Es hört sich an sich gut an — und wir könnten zufrieden sein, wenn wir nicht auch da schlechte Erfahrungen gemacht hätten —, wenn Professor Erhard uns sagt, daß selbst bei Lohnerhöhung im Bergbau dafür gesorgt werde daß der Hausbrand nicht verteuert wird. Wir haben leider die Erfahrung machen müssen, daß
auch bei der letzten Erhöhung der Kohlepreise gesagt wurde, der Hausbrand werde davon so gut wie gar nicht berührt. Wir haben in der Praxis feststellen müssen, daß der Preis pro Zentner Kohle, den sich der kleine Mann gelegentlich holt, wenn er dazu einmal das Geld aufbringt, erheblich höher gestiegen war, als alle uns vorgelegten Berechnungen besagten.
Ich würde deshalb von dem Herrn Bundeswirtschaftsminister gern noch hören, welche Maßnahmen er durchführen will, um trotz einer Lohnerhöhung den Hausbrand nicht zu verteuern. Die Frage läuft darauf hinaus, ob Herr Professor Erhard daran denkt, mehrere Preise für Kohle festzusetzen, oder ob er eventuell daran denkt, für den Hausbrand den alten Preis auf dem Wege der Subventionierung zu halten.