Rede von
Richard
Freudenberg
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Ich habe mich im Frühjahr — oder war es im letzten Herbst? — bei der Beratung des Umsatzsteuergesetzes auf den Standpunkt gestellt, daß man die Streichung der 3/4 % zurückstellen solle, bis die Frage der Umsatzsteuer schlechthin geklärt sei. Die Ausführungen des Kollegen Mensing, aber auch die des Kollegen Dr. Bertram — diese allerdings weniger — zeigen mir, daß in diesem Punkt die Meinungen außerordentlich auseinandergehen.
Die sogenannte Warenhausumsatzsteuer, Herr Kollege Mensing, bedeutet gar nichts anderes als eine Sonderumsatzsteuer für Unternehmungen mit einer gewissen Größenordnung. Die ernste Frage, die wir uns hier eigentlich vorzulegen haben, ist die, ob wir bei der Umsatzsteuer entsprechend der Größe der Unternehmungen Staffelsteuern einführen sollen oder nicht. Ich könnte mir denken, Herr Kollege Mensing, daß eine ganze Reihe Schlachtermeister der Meinung sind, schon ein Umsatz von 100 000 DM sei so hoch, daß alle Umsätze über 100 000 DM höher besteuert werden sollten als die Umsätze kleinerer Betriebe.
Der wesentliche Punkt, um den es hier geht, liegt auf einem ganz anderen Feld, nämlich auf dem Gebiet der sogenannten Stufenbesteuerung. Es ist ganz selbstverständlich, daß, je höher die Umsatzsteuer wird, die volkswirtschaftliche Frage desto wichtiger wird, ob die Umsatzsteuer in der Höhe von 4 % keine volle Umstellung unseres wirtschaftlichen Aufbaus in der. Richtung bringen kann, daß die Wirtschaft aus steuerlichen Gründen gezwungen wird, sich vertikal zu gliedern. Das aber, scheint mir, muß unter allen Umständen vermieden werden. Ich möchte gerade als Anhänger und als starker Befürworter des vertikalen Aufbaues die vertikal gegliederten Unternehmen davor warnen, sich das wirtschaftlich und technisch Richtige dadurch unmöglich zu machen, daß sie sich nachsagen lassen könnten, der vertikale Aufbau werde nur aus steuerlichen Gründen angestrebt. Ich hoffe, daß' es Ihnen ganz klar ist, was ich sagen will.
Aus den angeführten Gründen darf ich Ihnen den Antrag der FDP-Fraktion vorlegen, der folgendermaßen lautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, umgehend
von der Ermächtigung des § 8 des Umsatz-
, Steuergesetzes Gebrauch zu machen. Waren, die in einem Unternehmen mehrere Wirtschaftsstufen durchlaufen, sind für die Hauptstufen, soweit es unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und organisatorischen Verhältnisse möglich und soweit es nicht branchenüblich ist, grundsätzlich so zu besteuern, als wenn diese Waren zwischen selbständigen Unternehmen umgesetzt worden wären. Dies' gilt insbesondere für die Wirtschaftsstufen zwischen Fabrikation, Groß- und Einzelhandel.
Ich glaube, daß wir damit viel richtiger das treffen, was wirklich zum berechtigten Schutz der Einzelunternehmen und damit des Mittelstandes zu geschehen hat, nämlich dem vertikalen Aufbau die Gründe steuerlicher Bevorzugung zu nehmen.