Rede von
Dr.
Franz Josef
Strauß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es obliegt mir nur, den Ausführungen des Herrn Dr. Arndt eine kurze Richtigstellung anzufügen. Ich habe das Protokoll seiner Rede nicht bekommen. Ich will, wenn ich es gedruckt vor Augen habe, dann nicht noch einmal nachtarocken und später darauf zurückkommen. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann sprach er davon, daß einmal gemäß den Aussagen im Untersuchungsausschuß in einem in München in Anwesenheit von Dr. Joseph Müller und andern Personen geführten Gespräch unter anderm auch die Worte gefallen seien: „Es gäbe keine neue Partei, die in so kurzer Zeit von der obersten Spitze bis herunter in die letzten Glieder so korrupt geworden sei wie die Bayernpartei". Meines Wissens hat er mir diese Worte in den Mund gelegt.
— Ich habe es so verstanden. Ich habe es ja auch mit aller Vorsicht gesagt. — Ich darf hier ausdrücklich feststellen, daß ich bei meinen Aussagen im Untersuchungsausschuß, mit denen ich einen wesentlichen Beitrag zur genauen Klärung der wirklichen Vorgänge geleistet habe, ausdrücklich vermerkt habe, daß diese Äußerung von einem Journalisten als eine Charakterisierung des damaligen Zustandes in der Bayernpartei gebraucht worden ist, ohne daß wir überhaupt vorher zur Darstellung dieses Zustandes irgendeinen Beitrag geleistet haben.
Ich darf zweitens feststellen, daß die Darstellung des Kollegen Dr. Arndt, als ob durch unsere Leute eine Darstellung in die Presse lanciert worden sei und somit wir, nicht Dr. Baumgartner, dann gewissermaßen diese Publizität der Vorgänge erreicht haben, gelinde gesagt, an der Wahrheit der Dinge, wenn auch unabsichtlich, vorbeigeht.
— Ich habe das Protokoll dabei, Herr Dr. Arndt. Die Widerlegung liegt allein schon darin, daß, wenn es in die Presse lanciert worden wäre, dann eben schon zu einem früheren Zeitpunkt dieser sogenannte wirkliche und zum Teil behauptete Skandal untersucht worden wäre. Es kann doch kein Mensch bestreiten, daß mit dem sogenannten Gedächtnisprotokoll die Bombe geplatzt ist, das auf irgendeine Weise aus den Akten Dr. Baumgartners in die Redaktion des „Spiegel" gelangt ist, und daß sich dort Richtiges und Unrichtiges — siehe die dem Abgeordneten Schmidt in den Mund gelegten Äußerungen, die er zum Teil auch zugegeben hat
— in so horrender Weise vermengt hat, daß da-
durch erst der Untersuchungsausschuß zustande gekommen ist.
— Das ist nicht richtig, Herr Schoettle, wenn Sie mal ganz objektiv sind. Sie sind vielleicht etwas aufgeregt, weil Sie sich über den Kollegen Donhauser aufgeregt haben.
— Das haben Sie deutlich genug gesagt, -was Sie empfunden haben. Wenn Sie aber hier in Ruhe darüber nachdenken, dann ist das Bild von dem Überlaufen des Topfes völlig falsch. Natürlich ist ist verständlich — das ist Ihr gutes Recht und unser gutes Recht —, bei Gesprächen feststellen zu wollen, wie nach unserer Meinung die Lage innerhalb anderer Parteien ist. Es ist ausdrücklich im Ausschuß festgelegt worden, daß es sich bei diesem Gespräch um keine Presseinformation handelte, sondern um eine Unterhaltung, die deshalb wiedergegeben worden ist, um dem Ausschuß die Ermittlung der wahren Vorgänge zu erleichtern. Das ist damals auch im Auschuß in dieser Weise aufgefaßt worden. Es wird bei Ihnen und bei uns vorkommen, daß man sich weiterhin über die innere Lage anderer Parteien unterhält, soweit sie einem interessant ist.
— Ich bin ja manchmal ein höflicher Mann.
— Wenn Sie die Protokolle durchlesen, dann werden Sie die Behauptung, daß ich Ihnen gegenüber höflich sei, wieder etwas reduzieren.
— Herr Kollege Renner, wenn es sich darum handeln würde, müßte man mit Ihnen ein etwas deutlicheres Wort reden, aber bei gewissen Leuten rentiert sich das ja gar nicht.
Ich darf damit ausdrücklich feststellen, daß keinerlei Unwahrheit durch Mitglieder der Reregierungsparteien in die Presse lanciert worden ist. Das Wort „lanciert" erweckt den Eindruck, als ob hier bewußt eine nicht zutreffende Meldung der Presse zur Veröffentlichung übergeben worden sei. Das ist mit keinem Wort aus den Ergebnissen des Ausschusses zu beweisen. Es ist unser gutes Recht, genau so wie es Herr Dr. Schumacher in den Pressekonferenzen macht, indem er bei uns vom „Wasser in der Trompete" usw. spricht und damit seine Meinung über unseren Zustand wiedergibt, in der camera caritatis unsere Meinung über den Zustand einer anderen Partei zu sagen.
Die ganze Unterhaltung hätte wahrscheinlich heute überhaupt nicht stattzufinden brauchen, wenn die Bayernpartei in Bayern nicht gegründet worden wäre.
Wenn man die politische Entwicklung in Bayern seit Oktober oder November 1945 kennt, dann wissen die bayerischen Kollegen von der SPD sehr genau, daß die ersten Wahlen damals im Januar
und April 1946 ein großes Erschrecken gebracht
haben, indem sich herausstellte, daß eine Partei in
Bayern wesentlich mehr als 500/0 hatte. Von dem
Zeitpunkt an haben Ihre Parteigrößen in Bayern
fieberhaft daran gearbeitet, diese Partei zu spalten.
— Ich will nicht so unfair sein, z. B. das hier wiederzugeben, was der damalige Landesvorsitzende der SPD, Herr Dr. Hoegner, am Tisch in Caux, wo wir beide gemeinsam — nicht militärisch, sondern moralisch, zu Ihrer Beruhigung, Herr Renner, — aufgerüstet haben,
damals zu uns sagte. Es ist doch ein offenes Geheimnis, daß die Gründung der Bayernpartei durch einen Mann erfolgt ist, der aus der engsten dienstlichen Umgebung Dr. Hoegners kam, nämlich durch den ursprünglichen Kriminaloberassistenten Ludwig Lallinger, der während des Krieges irgendwo in Luxemburg tätig war,
der dann einige Jahre lang Leibkriminaler Dr. Hoegners gewesen ist und auf einmal als Parteigründer in Bayern auftauchte. Sie glauben nicht, daß die Kinder der Storch bringt, wir glauben es auch nicht.
— Das ist leider anatomisch unmöglich.