Rede von
Günter
Goetzendorff
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(WAV)
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
— Herr Kollege, ich freue mich, daß Sie Ihre Schlagfertigkeit jetzt plötzlich wiedergefunden haben, deren Verlust Sie sicherlich bei den Ausführungen des Abgeordneten Arndt beklagt haben werden. Herr Kollege Kahn, Sie meine ich!
Meine Damen und Herren! Keiner in diesem Hause wird sich dem Eindruck entziehen können: auch eine noch so gute Redegabe kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß hier über gewisse unangenehme Dinge das christlich-soziale Mäntelchen der Nächstenliebe sorgsam gebreitet werden soll.
Wenn wir den ganzen Verlauf der Debatte nachträglich übersehen, dann müssen wir feststellen,
daß außer den mahnenden Worten des Abgeordneten Arndt kaum etwas vor dem wertenden und
prüfenden Blick der Bevölkerung bestehen kann.
Ich habe vorhin einen Besucher der Tribüne gehört, der zu einem anderen sagte: „Ich gehe; ich habe dieses Theater satt!" Nun, ich glaube, der Ausspruch sollte uns zu denken geben.
— Herr Kollege, ereifern Sie sich nicht so, ich fürchte für Ihre Gesundheit!
— Ich tue es eben jetzt.
— Warum nicht? „Ausgerechnet Sie!" Wollen Sie vielleicht ein Stichwort, ein Sündenregister Ihrer Fraktion oder Ihrer Partei? Wollen wir darüber reden?
Ober Unmoral oder sonst dergleichen?
Seien Sie nicht so intolerant! — Es ist doch eben wieder von dieser Seite des Hauses gesagt worden, man solle ein Gesetz gegen -die politische Lüge, gegen die politische Verleumdung verabschieden. Sie haben es hier vorexerziert im kleinen, daß Sie Gerüchte über Mitglieder dieses Hauses kolportieren, daß Sie einem Gerichtsverfahren vorgreifen, daß Sie die Menschen besudeln, um dann heuchlerisch zu erklären, — —
— Warum nicht ausgerechnet ich? Warum Sie?