Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf der Tagesordnung dieses Hohen Hauses steht die Frage, ob es den vom Untersuchungsausschuß, der als 44. Ausschuß bezeichnet wird und keinesfalls als „Spiegel"-Ausschuß bezeichnet werden sollte, vorgelegten Bericht genehmigt und ob es daraus Folgerungen zu ziehen gedenkt, insbesondere durch Annahme gewisser Anträge. Leider ist die sozialdemokratische Fraktion,
soweit ich sehe, bisher die einzige Fraktion gewesen, die aus dem Ausschußbericht Folgerungen in Gestalt von Anträgen gezogen hat. Ich bedauere, daß meine Herren Vorredner — mit Ausnahme von einigen Ausführungen des Herrn Kollegen Reismann — sich an das, was hier zur sachlichen Erörterung steht, nicht gehalten haben. Manchmal hatten die Ausführungen sogar so eine Art kabarettistischen Unterton. — Ja, Herr Kollege Mayer, Sie nicken. Es galt auch für Sie!
Aber ich glaube doch, daß das, was wir hier zu
behandeln haben, sehr ernst ist und daß wir glücklich darüber sein sollen, daß das deutsche Volk
nach allem, was es an Demoralisierung hat über
sich ergehen lassen müssen, noch ein Ohr, ein sehr
feines Ohr dafür bewiesen hat, ob hier im Bundeshaus alles mit rechten Dingen zugeht oder nicht.
— Ja, Herr Kollege, das ist eine Frage, die zu einigem Pathos Anlaß geben könnte; aber ich sage Ihnen vorher: Ich werde mich bemühen, unpathetisch, so nüchtern wie möglich und so sachlich wie möglich zu sprechen, gerade weil ich überzeugt bin, daß es hier, ich möchte fast sagen, eine letzte Angelegenheit ist, die uns alle gemeinsam angeht, ja vielleicht eine Probe, ob es überhaupt in diesem Hause noch so etwas wie eine Gemeinsamkeit gibt.
Wie gesagt, das, was meine Herren Vorredner —mit Ausnahme einiger Ausführungen des Herrn Kollegen Reismann — gesagt haben, hat größtenteils nicht zur Sache gehört; denn das Thema „Politik und Geld", „Parteien und Geld" ist sehr weit, es war aber nicht das Thema des Ausschusses, und es steht auch hier heute nicht zur Debatte. l Auch Programmreden, ob man für oder gegen Kapitalismus oder Sozialismus, für den gewerblichen Mittelstand und ähnliches mehr ist, stehen nicht zur Debatte. Immerhin ist es psychologisch nicht uninteressant, daß doch einige Verteidigungen versucht wurden, wo sich bisher noch gar kein Ankläger gezeigt hatte.
Aber außerdem ist mir aufgefallen, daß man hier nach- Angeklagten gesucht hat. So hat der Herr Kollege Seelos behauptet, daß die Abstimmungen im Ausschuß nach Fraktionen erfolgt seien. Ich glaube im Namen aller Ausschußmitglieder sprechen zu dürfen, wenn ich betone, daß das unrichtig ist. Bei den sehr schwierigen Fragen ist es manchmal vorgekommen, daß es ebenso viele Meinungen wie Mitglieder gab und daß die verschiedenen Meinungen quer durch die Fraktionen gegangen sind. Man hat Herrn Baumgartner auf die Anklagebank gesetzt. Nun, das ist leicht, denn dieser frühere Herr Kollege — ich weiß nicht, in welche Beziehung ich ihn zum bayerischen Löwen setzen soll —
gehört dem Hause nicht mehr an, so daß er sich gegen solche Vorwürfe nicht verteidigen kann. Man hat schließlich vor allen Dingen die Presse auf die Anklagebank gesetzt, die sehr viel in ihr Stammbuch geschrieben bekommen hat, und auch sonst einige Mitglieder, die nicht zu denen gehören, die vom Ausschuß als Zeugen vernommen wurden, darunter sehr eindeutig auch mich. Ich nehme das lediglich zur Kenntnis; ich habe keine Veranlassung, mich damit auseinanderzusetzen.
Ich sehe meine Aufgabe darin, zu untersuchen, ob wir den Bericht genehmigen können — das kann ich für meine Fraktion von vornherein klarstellen, denn die sozialdemokratischen Mitglieder haben dem Ausschußbericht zugestimmt und dabei auch die Billigung der Fraktion gefunden —, und mich sodann mit der weiteren Frage zu beschäftigen, was sich aus diesem Ausschußbericht ergibt, wobei ich einige Mißverständnisse von vornherein ausräumen muß, die sich besonders in den Ausführungen des Herrn Kollegen Seelos gezeigt haben.
Ein Untersuchungsausschuß ist keinerlei Institution, die eine Parlamentsjustiz auszuüben hat. Er ist insbesondere kein Ehrengericht. Er ist, wenn auch mit etwas mehr Rechten Dritten gegenüber, ein Ausschuß wie jeder andere Ausschuß des Parlaments und hat keine andere Aufgabe als die, daß die Parlamentarier — ich betone: die politischen Parlamentarier —, die in dem Ausschuß sitzen, dem Hohen Haus das Material zu erarbeiten und vorzubereiten haben, das es braucht, um seine Zuständigkeit auszuüben. Diese beiden Zuständigkeiten — in großen Zügen — heißen: Kontrolle der Regierung und gesetzgeberische Arbeit. Das ist es, was wir zu tun haben, so daß Vorschläge wie diese, man solle erst noch einen Ehrenrat einsetzen oder man solle ein unparteiisches Gericht mit diesem oder jenem beauftragen, vollkommen neben der Sache liegen. Unsere Aufgabe hier ist, zu prüfen: Was ergibt sich innerhalb der Zuständigkeit des Parlaments für die Kontrolle der Regierung und für die gesetzgeberische Arbeit aus dem, was der Untersuchungsausschuß ermittelt hat? Ich bedauere, daß hier so manch einer daran vorbeigeredet hat dadurch, daß er glaubte, alle möglichen Angriffe gegen diesen oder jenen richten zu müssen, die mit der Sache absolut nichts zu tun haben.
Nun, die sozialdemokratische Fraktion hat Ihnen eine Reihe von Anträgen vorgelegt, die sich nach unserer Überzeugung aus dem sachlichen Ergebnis der Ausschußarbeit mit zwingender Notwendigkeit folgern lassen. Noch nicht zur Beschlußfassung liegt Ihnen unser Antrag Drucksache Nr. 2303 auf Ergänzung des Grundgesetzes vor, weil der Ältestenrat der Auffassung war, hier müsse eine besondere erste Lesung angesetzt werden. Da aber dieser Antrag von unseren übrigen Anträgen nicht zu trennen ist, muß ich ihn doch wenigstens hier zur Kenntnis bringen.
Die erste Frage, die sich aus den Ausschußfeststellungen ergeben hat, war ja die: Was kann man tun, um für die Zukunft Abgeordnete, die sich der Mitgliedschaft in diesem Hohen Hause unwürdig erwiesen haben, aus dem Bundestag zu entfernen? Denn das bedauerliche, das traurige Ergebnis unserer Arbeit ist doch das: Wir haben unter uns Mitglieder, die wir nicht unter uns haben sollten.
Es wird sich zeigen, ob wir die Kraft haben, daraus entsprechende Schlußfolgerungen zu ziehen, um für die Zukunft eine Wiederholung solcher Vorkommnisse unmöglich zu machen.
Unsere insoweit wesentlichste Folgerung war deshalb die, einen Gesetzentwurf einzubringen, wonach das Grundgesetz durch einen Art. 46 a mit folgendem Wortlaut ergänzt werden soll:
Auf Antrag des Bundestages kann das Bundesverfassungsgericht einem Abgeordneten, der seine Mitgliedschaft im Bundestag gewinnsüchtig mißbraucht, die Mitgliedschaft im Bundestag aberkennen. Der Antrag bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl des Bundestages.
Das ist es, was notwendig ist. Denn mit der Ehrenordnung — ich will mich dazu nicht im einzelnen äußern; Ehrenordnung hin, Ehrenordnung her — kann doch nicht das erreicht werden, was nur durch eine Ergänzung des Grundgesetzes möglich ist, nämlich eine gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen, daß solche Gestalten aus dem Bundestag verschwinden, die hier nicht hereingehören. Diese Aufgabe muß dann allerdings, wenn auch auf Antrag des Parlaments, einem Gericht übertragen werden, um sicherzustellen, daß damit kein parteipolitischer Mißbrauch getrieben wird. Wir hoffen, daß dieser Antrag sehr schnell angenommen wird, um so mehr, als es sich dabei um keine im deutschen Recht ganz unbekannte Bestimmung handelt. Es gibt entsprechende oder ähnliche Bestimmungen bereits in der Verfassung des Landes Bayern und in der neuen Verfassung des Landes Niedersachsen.
Wir haben dann dem Hohen Hause einen zweiten Antrag vorgelegt — Drucksache Nr. 2315 —, der Bundestag wolle beschließen, den Abgeordneten Aumer, Freiherrn von Aretin, Mayerhofer, Schmidt und Volkholz die Niederlegung ihrer Mandate zu empfehlen. Sie alle kennen den Bericht. Ich hoffe, Sie werden es mir ersparen, im einzelnen auszuführen, warum wir diese fünf Abgeordneten unter allen Umständen für unwürdig halten, diesem Hohen Hause noch anzugehören. Wir sind überzeugt, daß wir auch dann, wenn diese Mitglieder, denen das Hohe Haus empfiehlt — wie wir hoffen —, auf ihr Mandat zu verzichten, daraus ihrerseits nichts herleiten, doch die Möglichkeit haben, für die Zukunft zum Ausdruck zu bringen, was wir von diesen bisherigen Abgeordneten halten.
Ich möchte aber dabei noch ein Wort über den Abgeordneten Donhauser sagen. Wir haben uns nicht entschließen können, einen entsprechenden Antrag auch bei dem Abgeordneten Donhauser zu stellen. Aber ich muß hinzufügen, daß uns diese Entscheidung nicht leichtgefallen ist und es auch bei Herrn Donhauser mindestens an die Grenze des Erträglichen heranreicht. Auch Herr Donhauser hat uns im Ausschuß als Bundestagsabgeordneter und als Zeuge, der seinen Eid leisten sollte, bei seinen ersten Vernehmungen Aussagen gemacht, deren Wahrheit durchaus fragwürdig war. Sehen Sie, hier muß sich doch auch einmal zeigen, wie dieses Haus sich einschätzt, ob dieses Haus es zulassen kann, daß eine seiner wichtigsten Institutionen, die der Untersuchungsausschüsse, und eines seiner wichtigsten Rechte, nämlich daß diese Untersuchungsausschüsse Zeugen vereidigen können, von den eigenen Mitgliedern so mißachtet wird, wie es hier leider bei den Abgeordneten Freiherr von Aretin und Volkholz der Fall gewesen ist. Ich hoffe daher, daß Sie dieser Empfehlung mit einer großen Mehrheit zustimmen werden.
Ich komme nun zu den weiteren Anträgen in dem Umdruck Nr. 214, zunächst zu dem Antrage, den der Herr Abgeordnete Ewers trotz mehrfachen Lesens glaubt nicht verstehen zu können. Dieser Antrag soll den Art. 21 des Grundgesetzes wahren helfen, und er ist in der Tat nicht verständlich, ohne daß man sich den Art. 21 des Grundgesetzes vor Augen hält. Denn der Parlamentarische Rat hat, soweit ich weiß, einhellig beschlossen, die Bestimmung in das Grundgesetz einzufügen, daß in Zukunft die politischen Parteien über die Herkunft ihrer Gelder öffentlich Rechenschaft zu legen haben. Der Parlamentarische Rat hatte Grund dazu —
einen Grund, der damals noch erinnerlich war —, eine solche Bestimmung einzufügen. Denn ihm war noch besser als manchen, die heute draußen insbesondere auch vor Studenten Reden halten, im Gedächtnis, daß ja die NSDAP Hitlers in einer sehr eigentümlichen Weise finanziert worden ist, nämlich einmal von dem Großindustriellen Thyssen, der darüber das Buch schrieb „Ich bezahlte Hitler", und zum anderen von verschiedenen weiteren Personen, zu denen Herr Dr. Schacht gehört hat, der darüber in Nürnberg sehr präzise Aussagen gemacht hat. Wenn darauf noch weiter die Rede kommen sollte, bin ich bereit, Ihnen die eidliche Aussage von Schacht am 2. Mai 1946 darüber im Wortlaut vorzulesen, in der er unter anderem erzählt, wie Göring vor einem Industriekreise eine Rede gehalten und darauf hingewiesen hat, die Wahl vom 5. März 1933 sei voraussichtlich die letzte Wahl nicht nur für zehn, sondern für hundert Jahre, und infolgedessen müsse es sich die Industrie etwas kosten lassen.
Nachdem Schacht dann eine Liste aufgelegt hatte, wurden innerhalb kurzer Zeit nach im Laufe dieser Sitzung 3 Millionen RM in die Liste eingezeichnet. Schacht sagte in Nürnberg, im Zeugenstand unter Eid befragt, wer sich einzeichnete: Alle! Alle Industriellen und alle Bankiers, die anwesend waren, zeichneten sich ein und stifteten an einem Tage 3 Millionen RM dafür, daß das deutsche Volk in das Unglück hineingeriet, über das ich Ihnen ja keine Ausführungen zu machen brauche.
Daran hat sich der Parlamentarische Rat erinnert und deshalb hat er die Bestimmung in das Grundgesetz aufgenommen, daß die politischen Parteien über die Herkunft ihrer Gelder öffentlich Rechenschaft abzulegen haben.
Wir haben heute in der besonders gearteten Situation, in der wir uns als besetztes und gespaltenes Land befinden, noch besondere Gründe, sehr sorgsam über die Erfüllung dieser Vorschrift zu wachen.
Denn wir müssen ja heute damit rechnen, das solche Zuwendungen nicht nur von wirtschaftlichen Machtgruppen kommen, sondern — auf Deutsch gesagt — auch vom Auslande her. Auch deshalb dürften wir nichts zulassen, was einer Vereitelung dieser Vorschrift dient.
Der Herr Abgeordnete Renner hat solch ein Gewicht auf seine Forderung gelegt, daß man hätte untersuchen sollen, wie es mit den Parteien und dem Geld im allgemeinen bestellt sei. Herr Renner, wir sind gern bereit, damit anzufangen; die Herkunft der Gelder der kommunistischen Partei zu untersuchen. Davon haben Sie aber nicht gesprochen.
Das steht aber hier nicht zur Debatte, sondern zur Debatte stehen der Ausschußbericht und die Folgerungen. die für die gesetzgeberische Arbeit und das Vertrauen zu Regierungsmitgliedern daraus zu ziehen sind. Bei der gesetzgeberischen Arbeit, bei der Beurteilung des Verhaltens der Abgeordneten untereinander sowie bei etwaigen späteren Empfehlungen, die wir zu machen haben werden, müssen wir diesen Art. 21 des Grundgesetzes ganz anders beachten als bisher.
Wir haben nicht den Antrag gestellt, daß ein Parteiengesetz vorgelegt werden soll, und zwar deshalb nicht, weil ja dieser Antrag schon vor
Monaten von der Zentrums-Fraktion gestellt wurde und weil uns bekannt ist, daß die Bundesregierung in Verbindung mit allen Parteien — auch der Opposition — ein solches Gesetz bereits weitgehend ausgearbeitet hat und demnächst den gesetzgebenden Körperschaften zuleiten wird. Aber dieser Art. 21, nach dem die Parteien verpflichtet sind, über die Herkunft ihrer Gelder öffentlich Rechenschaft abzulegen, muß doch besonders für das Folgerungen haben, was ein Abgeordneter tut. Herr Kollege Ewers, ich kann nur annehmen, daß Sie den Nachsatz über das absichtliche Verbergen nicht beachtet haben. Selbstverständlich kann ein Abgeordneter, gleich von welcher Partei er ist, von einem Gesinnungsfreund, von einer Person, die seine politischen Ziele unterstützen will, Spenden, Geld für die Partei und für die Parteiarbeit annehmen.
Das möchte ich völlig klarstellen, darüber braucht hier überhaupt keine •Diskussion stattzufinden. Deshalb steht das, was der Herr Kollege Pferdmenges getan hat, auf einem ganz anderen Blatt als die Fragen, die wir hier zu erörtern haben. Auch darüber ist im Ausschuß kein Zweifel gelassen worden.
Aber zu diesem Antrag hier gibt das Veranlassung, was wir an Vorgängen bei Herrn Heinrichsbauer gesehen haben. Wie können denn Parteien über die Herkunft ihrer Gelder öffentlich Rechenschaft ablegen, wenn es Mittelsmänner gibt, die es sich zur Aufgabe machen, die Herkunft der Gelder zu verschleiern, damit niemand weiß, wo sie überhaupt herkommen, ob sie von einem Unternehmerverband kommen, ob sie von einer ausländischen Regierung kommen, ob sie von einer unterirdischen Organisation oder sonstwo herkommen! Dann steht der ganze Art. 21 auf dem Papier. Deshalb möchten wir hier festgelegt sehen — als eine Erweiterung des Verfassungsrechts, als ein zusätzliches, ungeschriebenes Verfassungsrecht —, daß ein Abgeordneter für seine Partei kein Geld annehmen darf, dessen Herkunft ihm infolge Einschaltung eines Mittelsmannes und infolge der Art der Zahlung absichtlich verborgen wird.
Meine Damen und Herren, wir wissen, daß Herr Heinrichsbauer sich ja schon die Finanzierung der Harzburger Front — mindestens der Deutschnationalen — hat recht angelegen sein lassen. Er hat heute wieder diese Tätigkeit in einer offen gegen den Art. 21 verstoßenden Weise aufgenommen durch Vernichtung der Quittungen, durch Hergabe der Gelder ohne Buchungen und so, daß alles im Verborgenen bleibt und der Empfänger nicht erfährt, wo das Geld herkommt, und der Geldgeber nicht weiß, wo es hingeht.
Sie haben dieser Tage viel darüber gesprochen, was geschehen kann oder geschehen soll, um die sich in Niedersachsen zeigende neufaschistische Gefahr zu bannen. Stellen Sie sich einmal vor, Herr Heinrichsbauer läßt es sich morgen einfallen, nun Remer zu finanzieren. Wer gibt Ihnen denn die Gewähr dafür, daß sich ein solcher Mann, der nicht einmal der Phantasie von Balzac eingefallen ist, dazu hergibt, derlei Dinge zu treiben? Dieses durchaus anrüchige Gewerbe, welches der Mann ausübt, können wir nicht dulden. Es sollten hier in diesem Hause keine Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, daß sich ein Abgeordneter, der für seine Partei Geld annimmt, darüber vergewissern muß, aus welcher Quelle — unter unseren besondersartigen deutschen Zuständen — es herkommt.
Ich glaube, daß Sie alle diesem Antrag zustimmen könnten und sollten; denn er enthält nichts als eine Klarstellung darüber, welche Verpflichtung der Abgeordnete auf Grund des Art. 21 des Grundgesetzes hat. Er schließt in keiner Weise aus, daß ein Abgeordneter dort Spenden sammelt und annimmt, wo er hofft, Freunde zu finden.
Nun komme ich zu unserem weiteren Antrag auf Vorlage eines Gesetzentwurfes über die Registrierungspflicht von Interessenvertretern. Ich möchte mich in diesem Punkt kurz fassen; denn der Antrag entspricht im wesentlichen einer Anregung des Ausschusses. Auch dazu hat gerade die Figur des Herrn Heinrichsbauer Veranlassung gegeben, daß wir dem Beispiel der erfahreneren Demokratien, Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika, folgen sollten. Wir müßten auch unsererseits durch ein Ausführungsgesetz, das ebenfalls im Zusammenhang mit Art. 21 stände, vorschreiben: Wer es sich zur Aufgabe macht, hier beim Bundestag, bei Fraktionen des Bundestages, bei politischen Parteien und bei der Bundesregierung Interessen zu vertreten, muß sich registrieren lassen und auch eine Kontrolle seiner Aufwendungen ermöglichen. Wir haben dabei gleich hinzugefügt, daß dieser Gesetzentwurf — es kann aber auch in der Strafrechtsnovelle geschehen — vorgesehen soll, daß mit Zuchthaus bestraft wird, wer es unternimmt, die Stimme eines Abgeordneten zu kaufen. Das ist eine Vorschrift, die nach dem Fall Telle, der es unternommen hat, die Stimme Aumer zu kaufen, in Deutschland unerläßlich geworden ist.
Ich muß an dieser Stelle meinem Bedauern darüber Ausdruck geben, daß mir noch nichts davon bekanntgeworden ist, daß der Verband — immerhin ein großer Verband, dessen Vorsitzender Herr Telle als Nachfolger von Herrn Dr. Seebohm ist —keinerlei Konsequenzen aus dem gezogen hat, was im Ausschuß zu diesen Fragen öffentlich festgestellt wurde.
'
Auch da sollte man einmal auf Sauberkeit achten.
Wir müssen also vor allem verlangen, daß' unser Strafgesetz ergänzt wird durch eine Bestimmung mit Zuchthausandrohung für den, der es unternimmt, die Stimme eines Abgeordneten zu kaufen, und daß in gleicher Weise ein Abgeordneter nach seinem Ausschluß aus dem Parlament bestraft wird, wenn er sich auf einen derartigen Stimmenkauf eingelassen hat.
Es ist notwendig, unverzüglich solche Bestimmungen zu erlassen; denn, meine Damen und Herren, bedenken Sie doch bitte einmal, was das für jeden von uns bedeutet, daß ein Industrieller, ein Direktor einet Petroleumgesellschaft hierher kommt und glaubt — schon daß der Mann das glaubt, daß er sich das traut, ist erstaunlich —, er könne die Brieftasche ziehen, und dann werde im Hause so abgestimmt, wie er sich das wünscht.
Das kann keine Minute länger auf uns sitzen bleiben. Wir müssen die gesetzgeberischen Konsequenzen aus dem ziehen, was der Ausschuß festgestellt hat, und müssen einem derartigen Verhalten einen Riegel vorschieben.
Nun, meine Damen und Herren, komme ich zu dem letzten und schwierigsten Punkt meiner Ausführungen. Der Herr Abgeordnete Mayer läßt es sich sehr angelegen sein, woher das Geld für den Barackenbau der Sozialdemokratischen Partei kommt
— jawohl, wir nennen die Dinge beim Namen; wir
brauchen gar nicht herumzureden —, für den
Barackenbau der Sozialdemokratischen Partei hier
in der Koblenzer Straße nach Godesberg hin. Er
hat hier gesagt, an diesem Antrag, den wir zu
stellen haben, sehe man, daß die Sozialdemokratie
wieder einmal Vorgänge lediglich parteipolitisch
ausschlachten wolle. Ich muß Ihnen dazu sagen:
Es ist für mich trostlos und bedauerlich, daß es
erst eines Anstoßes durch die Opposition bedarf,
um hier nun zu erörtern, welche Konsequenzen sich
aus den Vorfällen ergeben. Dieses Thema darf man
nicht damit abbiegen, daß man spöttische und
billige Bemerkungen über die angeblichen Arbeitergroschen macht. Sie, Herr Mayer, haben keine
Vorstellung von dem Opfergeist der Arbeiterschaft,
die teilweise 10, 20, 30, 50 Jahre ihrer Partei zugehört und die ihre Mitgliederbeiträge zahlt, selbst wenn man erwerbslos geworden ist.
Ich stamme nicht aus Arbeiterkreisen, aber ich habe mich oft geschämt und gefragt, warum es in anderen Kreisen des deutschen Volkes nicht den Mut und d i es e Opferbereitschaft für die politische Sache gibt,
wie ich sie in der Sozialdemokratie sehe!
Und ich muß auch Herrn Ewers sagen, ich glaube nicht, daß meine sozialdemokratischen Parteifreunde der Meinung sind, sie seien in einer Partei, die da irgendwie auf Kommando folgt; sondern sie sind Sozialdemokraten, weil sie auch Demokraten und freie Menschen in ihrer Partei und in einem deutschen Vaterland sein wollen, das nicht so aussieht wie das Ihrer sozialen Marktwirtschaft.
Und 800 000 Mitglieder sind schon in der Lage, einiges zu schaffen!
Aber nun will ich das Temperament, das mich hierbei eben etwas überfallen hat, beiseite lassen. Wir kommen zu dem rein sachlichen Gesichtspunkt, zu der Frage, die hier zur Erörterung steht; nicht zu der Frage, woher die Sozialdemokratische Partei das Geld für irgendeinen Parteibau hat, sondern zu der Frage, ob das, was sich hier in dem Verhältnis zwischen dem Bundesfinanzminister Fritz Schäffer, der zugleich diesem Hohen Haus als Mitglied angehört, und den Herren Abgeordneten Donhauser und Aumer und ihrer Gruppe auf der anderen Seite abgespielt hat, ob das etwas ist, was hier ohne Konsequenz hingenommen werden kann.
Ich erinnere Sie an die Feststellungen, die der Ausschuß getroffen, und zwar einstimmig getroffen hat. Der erste Absatz unseres Antrages wiederholt fast wörtlich — es kann auch sein, genau wörtlich — eine Feststellung des Ausschusses: daß der Herr Bundesminister der Finanzen auf Grund seiner politischen Verbindung zustimmend oder empfehlend — es muß, glaube ich, heißen: „und empfehlend" — dahin gewirkt hat, daß den Abgeordneten Aumer und Donhauser sowie anderen auch nicht zur Regierungskoalition gehörenden Abgeordneten Zahlungen aus einem Fonds 'zugeflossen sind, der aus allgemeinen Sammlungen großer Wirtschaftsverbände stammte. Das ist der Sache und größtenteils den Worten nach eine einstimmige Feststellung des Ausschusses, die sogar, glaube ich, an zwei Stellen des Berichts niedergelegt ist. Sie werden vor der Frage stehen, ob Sie das billigen oder ob Sie das mißbilligen. Dabei werden Sie zu untersuchen haben, in welcher Beziehung denn der Herr Bundesfinanzminister und Bundestagsabgeordnete Schäffer zu den Herren Abgeordneten Donhauser, Aumer und der Gruppe Donhauser hier im Hause stand und steht.
Diese Beziehung ist festgelegt spätestens durch die Regierungsbildung. Denn mit der Regierungsbildung im September des Jahres 1949 hat sich dieses Haus hier in parlamentarisch-demokratisch durchaus üblicher Weise aufgespalten in die Regierungsparteien oder Regierungskoalition einerseits und die -Parteien der Opposition andererseits. Wem es nun um die politische Klarheit und Sauberkeit zu tun ist, der wird mir doch zugeben müssen, daß es zwischen diesen beiden Gruppen konspiratives Geld nicht geben kann und nicht geben darf,
denn andernfalls verliert das, was wir hier tun und treiben, die Glaubwürdigkeit in dem Volk, das zu vertreten wir berufen sind.
Das Volk darf nicht argwöhnen dürfen: Na, da hat vielleicht einer durch eine Geldspritze nachgeholfen und eine Gruppe aus ihren politischen Verbindlichkeiten befreit und sie sich dadurch gewogener gemacht. — Meine Damen und Herren! Wenn in der Bevölkerung auch nur der Argwohn entsteht, daß es für die Abgeordneten außer ihrer politischen und auch parteipolitischen Überzeugung und ihrem Gewissen noch andere Gründe geben kann für die Art, hier abzustimmen und einer Regierung anzugehören oder nicht anzugehören — an dem Tage kann der Deutsche Bundestag nach Hause gehen!
Glauben Sie mir, der Deutsche Bundestag hat noch kein großes Ansehen in der Bevölkerung. Das trifft uns von der Opposition nicht viel weniger als Sie von der Regierungskoalition; unter Bonn versteht manch einer draußen beide. Darüber sind wir uns völlig klar. Wenn dann noch ein Mißtrauen hinzutritt, daß es hier nicht mit rechten Dingen zugehe, daß man. zwar nicht der Regierungskoalition, auch nicht einer der Regierungsparteien anzugehören brauche, daß es aber den großen Onkel gibt, der nun auch noch gerade Finanzminister ist, an dessen Herz man sich ausweinen kann über die Schulden der Partei, die einen drücken, und dann wird nachgeholfen, und dann wird das ganze politische Leben sehr viel leichter, — wenn die Bevölkerung draußen diesen Verdacht faßt, dann, so wiederhole ich noch einmal und ohne Pathos, seien Sie überzeugt, dann brauchen wir hier gar nicht weiter zu arbeiten, dann können wir nach Hause gehen. Es hat keinen Sinn, diese Beziehungen, diese Vorgänge zwischen einem führenden Mitgliede der Regierungspartei CSU und der Bundesregierung einerseits und Mitgliedern diner — ich will mich wegen des streitigen Ausdrucks ,,Opposition" sehr vorsichtig ausdrücken — mindestens nicht zur Regierungskoalition gehörenden Partei zu verniedlichen und zu verharmlosen. Das hat doch wirklich keinen Sinn!
Dabei muß ich bedauerlicherweise auch darauf hinweisen, daß Herr Bundesfinanzminister Schäffer als Zeuge sich über diese Konsequenzen -anscheinend nicht ganz im unklaren gewesen ist, denn er hat mit seiner Aussage mehrfach gezögert.
Er hat mehrfach gefragt, ob er hierauf überhaupt Antwort geben müsse.
Und er hat sogar in einem schillernden Lichte gelassen, welche Art Fonds das nun gewesen ist. Bei seiner ersten Vernehmung war es klar, daß es sich um einen Fonds handelte, der kein Fonds der Bayernpartei war. Das war absolut gesagt: überhaupt kein Fonds der Bayernpartei. Sie können das im Protokoll nachlesen. Der Ausschußvorsitzende, Herr Dr. Semler, hat es in der 10. Sitzung des Ausschusses vom 25. Oktober dem Herrn Zeugen Schäffer noch einmal vorgehalten. Herr Dr. Semler hat damals gesagt — ich zitiere das wörtlich —: „Herr Zeuge, Sie haben uns gesagt, es sei kein Wahlfonds der Bayernpartei gewesen". Das stand zunächst einmal fest. Aber bei der zweiten Vernehmung hat dann Herr Schäffer als Zeuge dazu folgendes erklärt:
Ich habe klipp und klar unter Eid erklärt,
— sagte er wörtlich —
daß ich zwar weiß, daß aus einem Wahlfonds der vielleicht nicht speziell für die Bayernpartei, aber für eine größere Gruppe von Parteien bestanden hat, zur Bezahlung der Wahlschulden Gelder, und zwar ohne jede Bindung, gegeben worden sind.
Also aus dem Wahlfonds, der bei der ersten Vernehmung überhaupt kein Fonds der Bayernpartei war, ist bei der zweiten Vernehmung einer geworden, der „vielleicht nicht speziell für die Bayernpartei" bestimmt war! Auf den präzisen Vorhalt von Herrn Dr. Semler etwas später kam dann die etwas vage Antwort:
Es war ein Fonds für eine Gruppe von Parteien. Und auf eine weitere Frage heißt es dann:
Ich habe es
— nämlich diese Empfehlung —
lediglich einem Mittelsmann weitergegeben. Ich wußte damals von dem Wahlfonds selbst nichts Genaueres. Ich habe nur gedacht, der andere, der Mittelsmann, weiß davon.