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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 148. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1951 5883 148. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 5884A, 5930B, 5944D, 5945D Änderung der Tagesordnung . . . 5884B, 5945C Zur Geschäftsordnung: betr. Landsberger Hinrichtungen: Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) . . 5884B betr. Genehmigung zur Verhaftung des Abg. Hedler: Hedler (DRP) 5884D Erste Beratung des von der Fraktion der BP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 2271 der Drucksachen) 5885A Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5885A Ausschußüberweisung 5885B Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen (Nr. 511 der Drucksachen) und des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für das Versicherungs- und Bausparwesen (Nr. 1152 'der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (12. Ausschuß) (Nr. 1877 [neu] der Drucksachen; Änderungsanträge Umdruck Nrn. 170, 185, 194) in Verbindung mit der Ersten, zweiten und dritten Beratung des von den Abg. Dr. Krone, Dr. Reif u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Sitz des Bundesaufsichtsamts für das private Versicherungswesen (Nr. 2199 der Drucksachen) 5886B Ruhnke (SPD), Berichterstatter . . 5886C Dr. Tillmanns (CDU), Antragsteller 5887C Dr. Brönner (CDU) 5888C Brandt (SPD) 5889D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5891C, 5894B, 5896A Dr. Reif (FDP) 5892B Walter (DP) - 5893B Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen 5893D Dr. Preusker (FDP) . . . . 5895A, 5896B Dr. Horlacher (CSU) 5895B Beschlußfassung . . ... . . . 5894A, 5896A, D Beratung des Antrags der Abg. Dr. Dr. Müller (Bonn), Kriedemann, Dannemann, Tobaben, Wartner, Dr. Glasmeyer u. Gen. betr. Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft (Nr. 2304 der Drucksachen) 5896D Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU), Antragsteller 5896D Beschlußfassung 5897B Beratung des Berichts des Untersuchungsausschusses (44. Ausschuß) gemäß Antrag der Fraktionen der BP, CDU/CSU, SPD, FDP, DP, WAV und des Zentrums (Nrn. 2274, 1397 [neu] der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Subventionen an die Industrie (Nr. 1594 der Drucksachen) und der Beratung des Antrags „der Fraktion des Zentrums betr. Zahlungen der Industrie an politische Fonds (Nr. 1595 der Drucksachen) 5897B Zur Sache: Seuffert (SPD), Berichterstatter . . . 5897C Dr. Seelos (BP) 5897D Renner (KPD) 5899C Dr. Reismann_ (Z) 5905B Mayer (Stuttgart) (FDP) . . . 5910D, 5938D Ewers (DP) 5914C Dr. Arndt (SPD) 5917D Dr. Solleder (CSU) 5924C Loritz (WAV) 5929D Donhauser (Unabhängig) 5934B Goetzendorff (DRP-Hosp.) 5934C Fisch (KPD) 5936C Schoettle (SPD) 5939A Strauß (CSU) 5939C Dr. Horlacher (CSU) 5940D Persönliche Bemerkungen: Freiherr v. Fürstenberg (Unabhängig) 5942A Loritz (WAV) 5942A, C Schmitt (Mainz) (CDU) 5942B Rahn (CSU) 5942C Abstimmung vertagt 5930B, 5942D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Arndt gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 16. April 1951 (Nr. 2261 der Drucksachen) 5942D Hoogen (CDU), Berichterstatter . . 5943A Beschlußfassung 5944A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität von Abgeordneten (Nr. 2076 [neu] der Drucksachen) 5944B Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 5944B Ewers (DP) 5944D Schoettle (SPD) 5945C Abstimmung vertagt 5944B Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 217) 5945C Beschlußfassung 5945C Nächste Sitzung 5945D Die Sitzung wird um 14 Uhr durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Hans Ewers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Rednerreihenfolge ist heute irgendwie auf den Kopf gestellt, und wir von den nicht so großen Parteien fragen uns: warum eigentlich? Auf Grund des sehr eingehenden, erschöpfenden und einstimmig angenommenen Ausschußberichts mit den sehr kurzen, knappen, aber eindringlichen Schlußfeststellungen braucht eigentlich keine große oder kleine Partei mit ihren Meinungen und Tendenzen zurückzuhalten. Wir kleineren Parteien — entschuldigen Sie, Herr Kollege Mayer, wenn ich auch die FDP noch nicht zu den großen rechne — brauchen aber nicht abzuwarten, was die großen Brüder oder Schwestern dazu sagen, sondern wir können unsere Meinung hier sehr unverblümt und sehr deutlich aussprechen. Gestatten Sie mir daher, daß ich zum Teil in Ergänzung der Ausführungen .meines Herrn Vorredners vom Standpunkt der Deutschen Partei aus kurz und knapp zunächst einmal folgendes feststelle.
    Bei dem Ausgangspunkt der völlig unstreitigen Sachlage, die sich schon nach wenigen Sitzungen im „Spiegel"-Ausschuß ergab, liegen mindestens vier Punkte vor, vier Tatbestände, die nach der Auffassung jedes deutschen Menschen, der Ehre im Leibe hat und der sich unter einem demokratischen Parlament etwas vorstellt, was nicht nur eine Quatschbude ist, sondern Anspruch auf Achtung und Ehrfurcht erhebt, ein reiner Skandal sind. Diese vier Umstände sind folgende.
    Es steht fest, daß in den Tagen der Abstimmung Bonn—Frankfurt hier in diesem Haus, vielleicht sogar im Sitzungssaal, zwischen Abgeordneten Bemerkungen darüber ausgetauscht worden sind, daß in diesem Zusammenhang völlig unzulässige und unmögliche Zahlungen vorgenommen worden seien. Es steht fest, daß die Gesprächspartner angesichts dieses Geschwätzes keineswegs auch nur den Schatten einer Möglichkeit gesehen haben, dies dem Hohen Hause mitzuteilen, da sie derartiges Geschwätz offenbar für völlig harmlos und mit einem Parlamentarismus, der auf sich hält, für vereinbar hielten. Sie trugen damit dazu bei, daß erst mit größter Verspätung, fast ein rundes Jahr zu spät, diese Dinge überhaupt aufgegriffen werden konnten.
    Der zweite Skandal: Es steht fest, daß um die gleiche Zeit ein Abgeordneter dieses Hauses sein Mandat nicht niedergelegt hat, obwohl er als Witz zugegebenermaßen verbreitet hat, er habe eine Liste bei sich von, ich glaube, 100 Abgeordneten, die bestochen seien;

    (Zuruf rechts: Strafantrag stellen!)

    dies wurde vielen erzählt. Und selbst wenn dies aus „Dummheit" geschehen sein sollte, so müssen wir verlangen, daß der Abgeordnete sofort aus dem Haus, eben dann allein wegen Dummheit ausscheidet.

    (Sehr gut! rechts.)

    Auf jeden Fall haben wir für solche „Witze" nicht das geringste Verständnis.

    (Zuruf rechts: Verleumdung, § 187!)

    Wenn es ein Witz gewesen wäre, dann wäre er so komisch, daß man die Unwahrhaftigkeit erkannt haben müßte. Gelacht hat zwar anscheinend keiner über diesen „Witz".
    Und endlich drittens: Es steht fest, daß einem Parteiführer nicht nur — am 28. Februar 1950 — ein Gedächtnisprotokoll — auf den Begriff komme ich noch zu sprechen — zu Händen kam, nein, daß er es selbst angefertigt hat, und zwar mit einem Inhalt, den die Sensationspresse, wenn es ihr nur


    (Ewers)

    zugeleitet wurde, als einen unglaublichen Brockenauffaßte und mit dem dann auch die erforderliche Sensation erzielt worden ist. In diesem Protokoll sind die skandalösesten Behauptungen über das Gebaren gewisser Abgeordneter — zum großen Teil Gott sei Dank wahrheitswidrig — aufgestellt.
    Ich muß erklären, daß das für einen Parteiführer ein völlig unmögliches Verhalten ist.

    (Zuruf rechts: Sehr gut!)

    Ich bedaure, daß wir nicht einmal wissen, wie es
    denn eigentlich kommt, daß etwas unklare und sehr
    bescheidene Mittelsmänner in den Besitz dieses Originals gekommen sind, um es dann der Sensationspresse zuzuspielen, die leider Gottes allzuviele Kollegen nur allzu gierig kaufen, offenbar um ihre
    eigene schmutzige Weste bewundern zu können,

    (Heiterkeit)

    womit dann der große Skandal anhob. So bekam der Bundestag selbst erst im Oktober, sieben Monate. später, Gelegenheit, sich mit diesem Schmutz und diesem Unrat, der in diesem „Gedächtnisprotokoll" angehäuft war, zu befassen. Das ist der dritte Skandal.
    Ich sage es ganz offen: Mir ist das Wort „Gedächtnisprotokoll" — ich bin immerhin ein Jurist, der mehr als vier Jahrzehnte in der praktischen Jurisprudenz tätig ist — bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal begegnet. Ich erkläre, daß schon in diesem famosen Begriff Bauernfängerei liegt;

    (Sehr gut! rechts.)

    denn ein Protokoll ist eben eine Urkunde, die bei einem bestimmten Akt in Gegenwart der übrigen Anwesenden aufgenommen wird. Aus dem Gedächtnis kann man nur eine „Niederschrift" anfertigen, aber nie ein Protokoll. Das Wort „Protokoll" aber soll dieser späteren Niederschrift aus dem Gedächtnis eine Art amtlichen Charakter geben und damit die Beweiskraft erhöhen. Damit erweist sich diese Bezeichnung als eine Roßtäuscherei.

    (Zuruf rechts: Baumgartnerei!)

    — Ich möchte keinen Namen hier genannt haben; ich möchte ganz objektiv sein.
    Endlich der vierte Skandal: Es ist hier im Restaurant angeblich vorgekommen, daß wiederum einem Fraktionsführer von einem Unbekannten gesagt wurde: „Was kostet es, wenn Ihre Fraktion für Bonn stimmt?" Und dieser Fraktionsführer hat es nicht für seine selbstverständliche Pflicht gehalten, entweder die Personalien dieses Anbieters festzustellen oder, wenn es nicht gelang, sofort dem Präsidium zu melden, daß hier Bestechungsgelder angeboten würden. Wenn das damals geschehen wäre, wie anders stünden wir heute da!

    (Zuruf rechts: Das ist Loritzerei! — Der große Unbekannte!)

    — Es ist mir egal, wer es ist. Ich will es nur feststellen.
    Fassen wir diese vier Punkte kurz zusammen: Das allgemeine Geschwätz über Bestechungsgelder, der Witz über die Liste,

    (Zuruf: WAV!)

    das Geheimhalten eines Protokolls über sechs Monate, in dem unmögliche Beschuldigungen gegen Abgeordnete enthalten sind, und die Nicht-Meldung eines so infamen Angebotes, — das alles ist von vornherein ein Skandal, der nunmehr urbi et orbi klar vor Augen liegt und den wir hier im Bundestag mit schonungslosen, wenn auch parlamentarischen Worten geißeln müssen.
    Und nun zu einer allgemein sehr weitgespannten Untersuchungsfrage, die den Ausschuß Monate und Monate hindurch beschäftigt hat, nämlich der großen Frage, über der die Überschrift steht: Geld und Demokratie!
    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe es, solange ich Politiker bin, mit der Muttermilch eingesogen, daß nun einmal in der Demokratie das Geld eine ganz entscheidende Rolle spielt, eine gute, häufig aber eine sehr gefährliche und schlechte. Das liegt allein daran, daß bei jeder Politik nun mal Geldwerte eine ganz entscheidende Rolle spielen — wir wissen es —, je nachdem die Gesetze ausfallen. Meine Herren von der SPD, wir kennen Ihren Kampf gegen das Einkommensteuergesetz; wir sind bereit, es vor jedermann zu vertreten. Sie aber behaupten, wir hätten einer gewissen Klasse fast eine Milliarde DM „geschenkt". — Die Parteien sind nun einmal in der Demokratie die Keimzellen der Staatshoheit, und deswegen ist es ganz klar, daß, wo es um Geld geht, natürlich Interessenten da sind, die hinter den Parteien stehen.
    Nun fragt sich — und das ist eine Doktorfrage —: Wo setzt denn nun eigentlich hier etwas ein, was die Demokratie eben wegen dieser unabänderlichen Abhängigkeit ihrer Einrichtungen von Geldmächten schimpflich und korrupt macht? Dazu ein offenes Wort. Es ist mittlerweise kein Geheimnis, daß meine und die meiner Partei verwandten Parteien mit aller Entschiedenheit auf Grund ihres Weltbildes für das Privateigentum eintreten. Wir tun das nicht um der einzelnen Eigentümer willen, sondern deswegen, weil wir im Eigentum in der Tat den Ausdruck der Herrschaft des Menschen über die Dinge der Erde sehen.

    (Sehr gut! rechts.)

    Das tun wir also aus ganz allgemeinen, Sie können ruhig sagen: philosophischen Gründen.
    Es ist klar, daß diejenigen, die ihr Eigentum durch sozialistische oder von einer anderen Weltanschauung getragene Versuche der Sozialdemokratie bedroht sehen, sich an die Parteien halten, die nicht um der schönen Augen des Geldspenders willen, sondern um ihrer Weltanschauung willen für diese eintreten. Weiter ist klar: Meine und die meiner Partei verwandten Parteien kämpfen für den selbständigen kleinen Mittelständler. Wir halten es für ein Unglück, daß die Nation in Großbetriebe und Abhängige aufgespalten ist. Wir wollen den Gewerbetreibenden mit seiner Tüchtigkeit. Wir wollen den kleinen Kaufmann und nicht die Großbetriebe. Wir lehnen den Kapitalismus genau wie den Sozialismus ab.

    (Zuruf von der SPD: Romantisch! — Heiterkeit.)

    — Lachen Sie ruhig! Daß Sie, Herr Renner und Konsorten, etwas anderes wollen, ist mir bekannt. Jedenfalls treten wir hierfür ein. Ob mit Recht oder Unrecht, mag der Wähler entscheiden. Daß diejenigen Gemeinschaften und Verbände, die ebenfalls um die Existenz des einzelnen gegen die Großunternehmen kämpfen, wiederum interessiert sind, entsprechende Parteien zu unterstützen, ist klar.
    Nun komme ich zu der Frage, die mein verehrter Vorredner, Herr Mayer, ja sehr eingehend erörtert hat, warum nämlich die Unterstützung nicht durch Mitgliedsbeiträge stattfindet. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, hätten Sie auf unsereinen — auch wenn man damals noch nicht weithin, sondern nur in seinem kleinen Kreis bekannt war
    — gehört, so hätten Sie mit der Entnazifizierung


    (Ewers)

    wesentlich früher innegehalten; denn dadurch, daß Sie diese harmlosen Nichtpolitiker, die glaubten, sich national zu betätigen, wenn Sie Pg wurden, bestraften, haben Sie ja die demokratischen Parteien bei Leuten, die immer noch unpolitisch denken, geradezu unmöglich gemacht. Wer läßt sich denn heute entnazi- und morgen entsozifizieren, wenn er kein Idiot ist? — Durch diese Entnazifizierungspolitik haben wir es verhindert, daß freie Menschen, die nicht kollektiv in Gewerkschaften oder sonstwie gebunden sind, keine besondere Neigung verspüren, Parteien beizutreten. Unterstützen wollen sie -sie gern, aber beitreten, — das scheint diesen gewiß nicht sehr mutigen und deswegen nicht sehr ehrenwerten Landsleuten eine außerordentlich gefährliche Maßnahme auch heute noch zu sein. Und so kommt es — ich kann den Ausführungen von Herrn Mayer nur voll und ganz beitreten —, daß in der Tat die Parteien, die keinen Kollektivismus predigen, die also nicht Anhänger haben, die auf Kommandoworte hören, sondern von dem freien Willen einzelner abhängig sind, tatsächlich mit ihren Mitgliederzahlen weit hinter den Kollektivisten der Linken zurückstehen müssen. Deswegen ist allerdings die Spendenwirtschaft nötig und gänzlich unentbehrlich.
    Ich verstehe nun den Antrag der Herren SPD-Leute zu 1 überhaupt nicht, weshalb es ausgerechnet „Abgeordneten" verboten sein soll — von denen doch als führende Politiker im Ministerium die Parteiführer sitzen —, Gelder entgegenzunehmen, dagegen anderen Mitarbeitern der Partei soll es beliebig erlaubt sein? Das gibt doch gar keinen Sinn!

    (Abg. Dr. Arndt: Lesen Sie doch mal den Antrag!)

    — Ich habe den Antrag drei-, vier-, fünfmal gelesen. Es gibt keinen Sinn, sage ich noch einmal.
    Diesen Antrag werden wir so ablehnen. Was man
    statt dessen tun soll, um jeder Korruption vorzubeugen, das mag ernstlich erwogen werden. Die
    Grenze ist unbedingt dort gegeben, wo durch eine
    Spende die persönliche freie Entscheidung der
    Partei, ,des Parteiführers und des Abgeordneten
    irgendwie angetastet wird oder, wie man es bemerken kann, wenigstens angetastet werden soll. Das
    ist die Grenze, bis wohin man gehen darf und muß.
    Auf das, was der unbekannte Spender letzten Endes
    dann beabsichtigt, braucht man nicht einzugehen.
    Und nun ein Wort zu dem „Michael", den Herr Renner zitierte; ein Blatt, das ich noch nie gelesen,

    (Zuruf: Das ist doch schade!)

    vielleicht schon einmal gesehen habe. Es tut mir leid, es erscheint wohl in Nordrhein-Westfalen; in unsere Gegend kommt es offenbar selten. — In diesem Blatt soll nach dem, was Herr Renner zitiert hat — und zwar mit einer gewissen schmunzelnden Zufriedenheit —, stehen: „Abgeordnete können bestochen werden; das ist keine strafbare Handlung, denn sie sind keine Beamten". Ich muß ehrlich gestehen: wenn es wirklich so in dem Blatt steht, muß ich die Tendenz dieser Ausführungen entschieden zurückweisen; denn das heißt ja auf deutsch: Abgeordnete sind in keiner Weise so gewissenhaft, so anständig und sind nicht denselben Ehrbegriffen unterworfen wie Beamte. Das heißt es zunächst. Es vermindert also den Rang eines Abgeordneten. Gewiß, wir 'sind keine Beamten; aber in Wahrnehmung unseres Mandats, das wir nach dem Grundgesetz für das gesamte Volk auszuüben haben, haben wir mindestens so unbestechlich zu sein wie Beamte.
    Meines Erachtens müssen wir uns aber darüber hinaus von jeder Möglichkeit, uns in unserer freien Entscheidung durch irgendwelche offenen oder verdeckten Zuwendungen beeinflussen zu lassen, mit aller Entschiedenheit abwenden. Dieser Artikel im „Michael" wäre richtig, wenn er schließen sollte — ich kenne ihn nicht —: „Deswegen, weil dem so ist, muß der Gesetzgeber sofort dahin wirken, daß dies ebenso ein Zuchthausvergehen wie bei den Beamten wird." Wenn das die Schlußfolgerung sein sollte, dann wäre gegen die Ausführungen des „Michael" nichts einzuwenden. .
    Wir können in dem Sinne auch dem zweiten Antrag so, wie er dasteht, nicht beitreten. Das Parteiengesetz unter Beachtung der Richtlinien des Grundgesetzes ist ein außerordentlich schwieriges Kapitel. Denn es stehen hier in der Tat gewisse Aufsichts- und Ordnungsvorschriften mit der in einer Demokratie nun einmal nötigen Freiheit in einer sehr sonderbaren, undurchsichtigen Wechselbeziehung. Ich halte es für außerordentlich schwierig, in dem Punkte eine für alle befriedigende und in der Praxis des Lebens mögliche Lösung zu finden.
    Was den dritten Antrag der SPD anlangt, nämlich dahin zu beschließen, daß das Verfahren des verehrten Herrn Bundesfinanzministers mißbilligt wird, so möchte ich dazu dieses sagen: Ich möchte keinem der verehrten Freunde aus dem wunderschönen Lande Bayern das meine studentische Heimat war, zu nahetreten, aber ich möchte doch sagen: es fällt selbstverständlich auf, daß als irgendwie in den Kreis von merkwürdigen Beziehungen gerückte Abgeordnete namentlich überhaupt nur solche aus Bayern aufgeführt sind. So stammt denn auch unser verehrter Herr Bundesfinanzminister aus Bayern. Ob das alles ausschließlich mit der Bayernpartei zusammenhängt, — ich maße mir kein Urteil darüber an. Aber wir haben ja hier gesehen, daß bei der Bayernpartei offenbar ähnliche Zustände herrschten wie bei der WAV, was wir just gestern in dem Wahlprüfungsausschuß zur Kenntnis genommen haben. Es wird bei gewissen Parteien gerade in Bayern der Parteidiebstahl versucht: man sucht durch Absetzung einer Führungsschicht und Hineinmogeln einer neuen Führung eine ganze Partei zu erobern. Das hat sich in Bayern offenbar 1949 — bei der WAV und auch sonst vielleicht — vollzogen.

    (Abg. Loritz: So wie in Niedersachsen!)

    Nun möchte ich mich in diese bayerischen Geheimniskrämereien nicht weiter einmischen. Ich will nur soviel sagen: Wenn Herr Minister Schäffer erklärt hat und vermutlich auch heute erklären würde, daß er dem Abgeordneten Donhauser wesentlich sympathischer gegenüber stände als dem Abgeordneten Dr. Baumgartner, so muß ich ihm ehrlich gestehen: dafür habe ich vollste Sympathie, ohne mich über die Herren sonst im übrigen aussprechen zu wollen. Wenn ich aber höre, daß er mit Herrn Donhauser, ich glaube, seit 1945, politisch zusammenarbeitet, so sehe ich keineswegs, wie Herr Dr. Reismann, in einer Zuwendung, die der Gruppe Donhauser gemacht wird, etwa ein Herüberziehen zur Regierungskoalition, sondern nur eine politische Bereinigung, die auf Bayern beschränkt bleibt.

    (Zurufe von der KPD.)

    Jedenfalls sind hier keine Zahlungen an Donhauser geleistet, damit dieser oder andere sich in einem bestimmten Sinne bei einer Abstimmung im Bundestag verhielten, sondern die Zahlungen sind zur


    (Ewers)

    Deckung von Schulden geleistet, um ihn von der bisherigen Parteiführung unabhängiger zu machen. Diese Zahlungen werden, glaube ich, in Zukunft besser von anderen Parteistellen als ausgerechnet von dem Herrn Minister vorgenommen, aber sie belasten, wie die Dinge nun einmal in Bayern lagen, den bayerischen führenden Politiker keineswegs, von dessen politischer Begabung wir doch wohl alle hier im Hause tief durchdrungen sind und von dessen Unanständigkeit hier noch niemals die Rede gewesen ist.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Es ist auch noch nie in Zweifel gezogen worden, daß er ein kerniger, gerader Ehrenmann vom Scheitel bis zur Sohle ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Diese Dinge können ihn nach unserer Überzeugung nicht belasten.
    Ich komme dann zum Schlußantrag der SPD, nämlich zu dem Antrag, den nach Pressemeldungen die SPD der CDU aus den Händen gewunden hat, weil diese ihn dann doch nicht stellen wollte, also zur Empfehlung, daß gewisse Abgeordnete — vier der Bayernpartei, einer der WAV oder der früheren WAV, ich weiß es im Moment nicht, jedenfalls alle aus Bayern — ihre Mandate niederlegen möchten. Dazu ein Wort! In -dem Bericht des 44. Ausschusses ist mit Recht eine Ehrenordnung gefordert. Darf ich dazu bemerken, daß ich seit etwa 8 bis 10 Wochen von dem Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität den Auftrag habe, in Anlehnung an die demnächst hoffentlich endgültig zu verabschiedende Geschäftsordnung eine Ehrenordnung zu entwerfen und dafür eine Begründung zu geben. Meine Arbeit ist fertig, sie ist in der Reinschrift begriffen, und morgen werde ich die entsprechende Vorlage — diesen Vorschlag, mehr ist es zunächst nicht — Herrn Ritzel als dem Vorsitzenden des Ausschusses übergeben. Ich stimme mit meinem Vorredner in der Ansicht überein, daß solche Ehrengesetzgebung — sie mag in eine Form gefaßt sein, wie sie will — nach den 'Erfahrungen dieses „Spiegel"-Ausschusses unbedingteste Notwendigkeit ist, wenn wir Wert darauf legen, daß dieses Parlament die Achtung mindestens hält, wenn nicht verbessert, die es bisher zu erringen die Möglichkeit hatte.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.) Diese ,Ehrenordnung erst wird uns zu einer gewissen Brüderschaft zusammenfassen, auf daß wir über alle Parteigrenzen hinweg wechselseitig den Menschen achten.


    (Zurufe von der KPD.)

    — Die Kommunisten nehme ich ausdrücklich aus. — Diese Brüderschaft in der Politik wird mit den Mitteln der Toleranz und der persönlichen Anständigkeit um die Probleme ringen, um die wir hier seit zwei Jahren gerungen haben und weiter ringen wollen. Diese Ehrenordnung wird hoffentlich, wie gesagt, mit der Geschäftsordnung, also noch vor den Ferien, verabschiedet werden.
    In meinem Entwurf habe ich vorgesehen, daß vor den Ehrenausschuß — man könnte es auch Ehrenrat nennen — kein Mensch gezogen werden darf, dessen ehrenrühriges Verhalten vor Erlaß der Ehrenordnung vollendet war. Ich glaube nicht, daß es in einem Rechtsstaat möglich ist, rückwirkende Gesetze zu erlassen und nunmehr die hier in dem Ausschußbericht angefochtenen Abgeordneten nachträglich vor eine Einrichtung zu ziehen, die es zur Zeit ihrer Handlungsweise gar nicht gab. So weit jedenfalls mein Vorschlag.
    Wenn die Ehrenordnung so aussieht, dann gewinnt dieser SPD-Antrag, den die CDU, wie man aus der Presse weiß, zeitweilig erwogen hat, besondere Bedeutung. Denn dann erblicke ich in ihm die Niederlegung der Auffassung, daß es angezeigt sei, wenn wir eine Ehrenrechtsprechung hätten und- über die Unwürdigkeit oder Würdigkeit eines Abgeordneten Beschlüsse mit rückwirkender Kraft fassen könnten, auf Grund des in einem mit richterlichen Funktionen ausgestatteten Untersuchungsausschuß einstimmig ermittelten Ergebnisses die Unwürdigkeit festzustellen. Wer das tut, der begeht meines Erachtens kein Sakrileg gegen demokratische Freiheiten, wenn er in der nach der gegenwärtigen Rechtslage einzig möglichen Form diesem Antrag zustimmt, also zwar keinen irgendwie empfindlichen Druck ausübt, aber erklärt: nach dem, was wir in dem Bericht leider, leider lesen müssen, bedauern wir, aussprechen zu sollen, daß es besser wäre, gewisse Persönlichkeiten gehörten dem Bundestag nicht mehr an. Ich kann daher für meine Person nur erklären, daß ich dem Antrag der SPD insoweit zustimmen werde. Für meine Fraktion kann ich insoweit nicht sprechen.
    Und nun ein kurzes Schlußwort. Meine sehr Verehrten Damen und Herren! Auch der „Spiegel"-Ausschuß und seine Ergebnisse werden durch neue Sensationen abgelöst werden. Sie werden der Geschichte angehören. Ich hoffe und wünsche, daß die zum Teil betrüblichen Ergebnisse dieses Ausschusses und die Gesamtmaterie, die man in ihm erörtert hat, zu einer Klärung der Geister beitragen werden und daß der Bundestag für das nächste Jahrzehnt von einem so ausufernden und kaum Grenzen kennenden Untersuchungsverfahren verschont sein wird. Wir alle — ich möchte da keine einzige Partei und Fraktion ausnehmen — können lernen und haben hoffentlich gelernt, und nur derjenige ist meines Erachtens völlig unbelehrbar, der auf seinem eigenen Roß so hoch sitzt, daß er glaubt, nur Kritik üben zu können. Wir sollen uns die Lehren dieses Ausschusses und seiner sehr fleißigen Arbeit zu eigen machen und sollen sehen, daß' wir bei unseren weiteren Arbeiten für den Rest dieses Bundestages ebenso wie die Nachfolger im Parlament danach trachten, daß wir durch Sauberkeit, Redlichkeit und Fleiß die Achtung für das deutsche Parlament erwerben, ohne die es nicht leben kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

(Abg. Dr. Arndt: Ich habe mich schon lange gemeldet!)

— Ich habe in der von mir übernommenen Liste keine Aufzeichnung.

(Abg. Dr. Arndt: Ich habe mich schon vor Herrn Kollegen Ewers gemeldet!)

— Das tut mir leid. Ich habe Ihre Wortmeldung hier nicht vorliegen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Arndt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Adolf Arndt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf der Tagesordnung dieses Hohen Hauses steht die Frage, ob es den vom Untersuchungsausschuß, der als 44. Ausschuß bezeichnet wird und keinesfalls als „Spiegel"-Ausschuß bezeichnet werden sollte, vorgelegten Bericht genehmigt und ob es daraus Folgerungen zu ziehen gedenkt, insbesondere durch Annahme gewisser Anträge. Leider ist die sozialdemokratische Fraktion,


    (Dr. Arndt)

    soweit ich sehe, bisher die einzige Fraktion gewesen, die aus dem Ausschußbericht Folgerungen in Gestalt von Anträgen gezogen hat. Ich bedauere, daß meine Herren Vorredner — mit Ausnahme von einigen Ausführungen des Herrn Kollegen Reismann — sich an das, was hier zur sachlichen Erörterung steht, nicht gehalten haben. Manchmal hatten die Ausführungen sogar so eine Art kabarettistischen Unterton. — Ja, Herr Kollege Mayer, Sie nicken. Es galt auch für Sie!

    (Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD.)

    Aber ich glaube doch, daß das, was wir hier zu
    behandeln haben, sehr ernst ist und daß wir glücklich darüber sein sollen, daß das deutsche Volk
    nach allem, was es an Demoralisierung hat über
    sich ergehen lassen müssen, noch ein Ohr, ein sehr
    feines Ohr dafür bewiesen hat, ob hier im Bundeshaus alles mit rechten Dingen zugeht oder nicht.

    (Zuruf rechts: Seien Sie doch nicht so pathetisch!)

    — Ja, Herr Kollege, das ist eine Frage, die zu einigem Pathos Anlaß geben könnte; aber ich sage Ihnen vorher: Ich werde mich bemühen, unpathetisch, so nüchtern wie möglich und so sachlich wie möglich zu sprechen, gerade weil ich überzeugt bin, daß es hier, ich möchte fast sagen, eine letzte Angelegenheit ist, die uns alle gemeinsam angeht, ja vielleicht eine Probe, ob es überhaupt in diesem Hause noch so etwas wie eine Gemeinsamkeit gibt.
    Wie gesagt, das, was meine Herren Vorredner —mit Ausnahme einiger Ausführungen des Herrn Kollegen Reismann — gesagt haben, hat größtenteils nicht zur Sache gehört; denn das Thema „Politik und Geld", „Parteien und Geld" ist sehr weit, es war aber nicht das Thema des Ausschusses, und es steht auch hier heute nicht zur Debatte. l Auch Programmreden, ob man für oder gegen Kapitalismus oder Sozialismus, für den gewerblichen Mittelstand und ähnliches mehr ist, stehen nicht zur Debatte. Immerhin ist es psychologisch nicht uninteressant, daß doch einige Verteidigungen versucht wurden, wo sich bisher noch gar kein Ankläger gezeigt hatte.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Aber außerdem ist mir aufgefallen, daß man hier nach- Angeklagten gesucht hat. So hat der Herr Kollege Seelos behauptet, daß die Abstimmungen im Ausschuß nach Fraktionen erfolgt seien. Ich glaube im Namen aller Ausschußmitglieder sprechen zu dürfen, wenn ich betone, daß das unrichtig ist. Bei den sehr schwierigen Fragen ist es manchmal vorgekommen, daß es ebenso viele Meinungen wie Mitglieder gab und daß die verschiedenen Meinungen quer durch die Fraktionen gegangen sind. Man hat Herrn Baumgartner auf die Anklagebank gesetzt. Nun, das ist leicht, denn dieser frühere Herr Kollege — ich weiß nicht, in welche Beziehung ich ihn zum bayerischen Löwen setzen soll —

    (Heiterkeit)

    gehört dem Hause nicht mehr an, so daß er sich gegen solche Vorwürfe nicht verteidigen kann. Man hat schließlich vor allen Dingen die Presse auf die Anklagebank gesetzt, die sehr viel in ihr Stammbuch geschrieben bekommen hat, und auch sonst einige Mitglieder, die nicht zu denen gehören, die vom Ausschuß als Zeugen vernommen wurden, darunter sehr eindeutig auch mich. Ich nehme das lediglich zur Kenntnis; ich habe keine Veranlassung, mich damit auseinanderzusetzen.
    Ich sehe meine Aufgabe darin, zu untersuchen, ob wir den Bericht genehmigen können — das kann ich für meine Fraktion von vornherein klarstellen, denn die sozialdemokratischen Mitglieder haben dem Ausschußbericht zugestimmt und dabei auch die Billigung der Fraktion gefunden —, und mich sodann mit der weiteren Frage zu beschäftigen, was sich aus diesem Ausschußbericht ergibt, wobei ich einige Mißverständnisse von vornherein ausräumen muß, die sich besonders in den Ausführungen des Herrn Kollegen Seelos gezeigt haben.
    Ein Untersuchungsausschuß ist keinerlei Institution, die eine Parlamentsjustiz auszuüben hat. Er ist insbesondere kein Ehrengericht. Er ist, wenn auch mit etwas mehr Rechten Dritten gegenüber, ein Ausschuß wie jeder andere Ausschuß des Parlaments und hat keine andere Aufgabe als die, daß die Parlamentarier — ich betone: die politischen Parlamentarier —, die in dem Ausschuß sitzen, dem Hohen Haus das Material zu erarbeiten und vorzubereiten haben, das es braucht, um seine Zuständigkeit auszuüben. Diese beiden Zuständigkeiten — in großen Zügen — heißen: Kontrolle der Regierung und gesetzgeberische Arbeit. Das ist es, was wir zu tun haben, so daß Vorschläge wie diese, man solle erst noch einen Ehrenrat einsetzen oder man solle ein unparteiisches Gericht mit diesem oder jenem beauftragen, vollkommen neben der Sache liegen. Unsere Aufgabe hier ist, zu prüfen: Was ergibt sich innerhalb der Zuständigkeit des Parlaments für die Kontrolle der Regierung und für die gesetzgeberische Arbeit aus dem, was der Untersuchungsausschuß ermittelt hat? Ich bedauere, daß hier so manch einer daran vorbeigeredet hat dadurch, daß er glaubte, alle möglichen Angriffe gegen diesen oder jenen richten zu müssen, die mit der Sache absolut nichts zu tun haben.
    Nun, die sozialdemokratische Fraktion hat Ihnen eine Reihe von Anträgen vorgelegt, die sich nach unserer Überzeugung aus dem sachlichen Ergebnis der Ausschußarbeit mit zwingender Notwendigkeit folgern lassen. Noch nicht zur Beschlußfassung liegt Ihnen unser Antrag Drucksache Nr. 2303 auf Ergänzung des Grundgesetzes vor, weil der Ältestenrat der Auffassung war, hier müsse eine besondere erste Lesung angesetzt werden. Da aber dieser Antrag von unseren übrigen Anträgen nicht zu trennen ist, muß ich ihn doch wenigstens hier zur Kenntnis bringen.
    Die erste Frage, die sich aus den Ausschußfeststellungen ergeben hat, war ja die: Was kann man tun, um für die Zukunft Abgeordnete, die sich der Mitgliedschaft in diesem Hohen Hause unwürdig erwiesen haben, aus dem Bundestag zu entfernen? Denn das bedauerliche, das traurige Ergebnis unserer Arbeit ist doch das: Wir haben unter uns Mitglieder, die wir nicht unter uns haben sollten.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Es wird sich zeigen, ob wir die Kraft haben, daraus entsprechende Schlußfolgerungen zu ziehen, um für die Zukunft eine Wiederholung solcher Vorkommnisse unmöglich zu machen.

    (Lebhafter Beifall bei SPD und WAV.)

    Unsere insoweit wesentlichste Folgerung war deshalb die, einen Gesetzentwurf einzubringen, wonach das Grundgesetz durch einen Art. 46 a mit folgendem Wortlaut ergänzt werden soll:
    Auf Antrag des Bundestages kann das Bundesverfassungsgericht einem Abgeordneten, der seine Mitgliedschaft im Bundestag gewinnsüchtig mißbraucht, die Mitgliedschaft im Bundestag aberkennen. Der Antrag bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl des Bundestages.


    (Dr. Arndt)

    Das ist es, was notwendig ist. Denn mit der Ehrenordnung — ich will mich dazu nicht im einzelnen äußern; Ehrenordnung hin, Ehrenordnung her — kann doch nicht das erreicht werden, was nur durch eine Ergänzung des Grundgesetzes möglich ist, nämlich eine gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen, daß solche Gestalten aus dem Bundestag verschwinden, die hier nicht hereingehören. Diese Aufgabe muß dann allerdings, wenn auch auf Antrag des Parlaments, einem Gericht übertragen werden, um sicherzustellen, daß damit kein parteipolitischer Mißbrauch getrieben wird. Wir hoffen, daß dieser Antrag sehr schnell angenommen wird, um so mehr, als es sich dabei um keine im deutschen Recht ganz unbekannte Bestimmung handelt. Es gibt entsprechende oder ähnliche Bestimmungen bereits in der Verfassung des Landes Bayern und in der neuen Verfassung des Landes Niedersachsen.
    Wir haben dann dem Hohen Hause einen zweiten Antrag vorgelegt — Drucksache Nr. 2315 —, der Bundestag wolle beschließen, den Abgeordneten Aumer, Freiherrn von Aretin, Mayerhofer, Schmidt (Bayern) und Volkholz die Niederlegung ihrer Mandate zu empfehlen. Sie alle kennen den Bericht. Ich hoffe, Sie werden es mir ersparen, im einzelnen auszuführen, warum wir diese fünf Abgeordneten unter allen Umständen für unwürdig halten, diesem Hohen Hause noch anzugehören. Wir sind überzeugt, daß wir auch dann, wenn diese Mitglieder, denen das Hohe Haus empfiehlt — wie wir hoffen —, auf ihr Mandat zu verzichten, daraus ihrerseits nichts herleiten, doch die Möglichkeit haben, für die Zukunft zum Ausdruck zu bringen, was wir von diesen bisherigen Abgeordneten halten.
    Ich möchte aber dabei noch ein Wort über den Abgeordneten Donhauser sagen. Wir haben uns nicht entschließen können, einen entsprechenden Antrag auch bei dem Abgeordneten Donhauser zu stellen. Aber ich muß hinzufügen, daß uns diese Entscheidung nicht leichtgefallen ist und es auch bei Herrn Donhauser mindestens an die Grenze des Erträglichen heranreicht. Auch Herr Donhauser hat uns im Ausschuß als Bundestagsabgeordneter und als Zeuge, der seinen Eid leisten sollte, bei seinen ersten Vernehmungen Aussagen gemacht, deren Wahrheit durchaus fragwürdig war. Sehen Sie, hier muß sich doch auch einmal zeigen, wie dieses Haus sich einschätzt, ob dieses Haus es zulassen kann, daß eine seiner wichtigsten Institutionen, die der Untersuchungsausschüsse, und eines seiner wichtigsten Rechte, nämlich daß diese Untersuchungsausschüsse Zeugen vereidigen können, von den eigenen Mitgliedern so mißachtet wird, wie es hier leider bei den Abgeordneten Freiherr von Aretin und Volkholz der Fall gewesen ist. Ich hoffe daher, daß Sie dieser Empfehlung mit einer großen Mehrheit zustimmen werden.
    Ich komme nun zu den weiteren Anträgen in dem Umdruck Nr. 214, zunächst zu dem Antrage, den der Herr Abgeordnete Ewers trotz mehrfachen Lesens glaubt nicht verstehen zu können. Dieser Antrag soll den Art. 21 des Grundgesetzes wahren helfen, und er ist in der Tat nicht verständlich, ohne daß man sich den Art. 21 des Grundgesetzes vor Augen hält. Denn der Parlamentarische Rat hat, soweit ich weiß, einhellig beschlossen, die Bestimmung in das Grundgesetz einzufügen, daß in Zukunft die politischen Parteien über die Herkunft ihrer Gelder öffentlich Rechenschaft zu legen haben. Der Parlamentarische Rat hatte Grund dazu —
    einen Grund, der damals noch erinnerlich war —, eine solche Bestimmung einzufügen. Denn ihm war noch besser als manchen, die heute draußen insbesondere auch vor Studenten Reden halten, im Gedächtnis, daß ja die NSDAP Hitlers in einer sehr eigentümlichen Weise finanziert worden ist, nämlich einmal von dem Großindustriellen Thyssen, der darüber das Buch schrieb „Ich bezahlte Hitler", und zum anderen von verschiedenen weiteren Personen, zu denen Herr Dr. Schacht gehört hat, der darüber in Nürnberg sehr präzise Aussagen gemacht hat. Wenn darauf noch weiter die Rede kommen sollte, bin ich bereit, Ihnen die eidliche Aussage von Schacht am 2. Mai 1946 darüber im Wortlaut vorzulesen, in der er unter anderem erzählt, wie Göring vor einem Industriekreise eine Rede gehalten und darauf hingewiesen hat, die Wahl vom 5. März 1933 sei voraussichtlich die letzte Wahl nicht nur für zehn, sondern für hundert Jahre, und infolgedessen müsse es sich die Industrie etwas kosten lassen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Nachdem Schacht dann eine Liste aufgelegt hatte, wurden innerhalb kurzer Zeit nach im Laufe dieser Sitzung 3 Millionen RM in die Liste eingezeichnet. Schacht sagte in Nürnberg, im Zeugenstand unter Eid befragt, wer sich einzeichnete: Alle! Alle Industriellen und alle Bankiers, die anwesend waren, zeichneten sich ein und stifteten an einem Tage 3 Millionen RM dafür, daß das deutsche Volk in das Unglück hineingeriet, über das ich Ihnen ja keine Ausführungen zu machen brauche.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Daran hat sich der Parlamentarische Rat erinnert und deshalb hat er die Bestimmung in das Grundgesetz aufgenommen, daß die politischen Parteien über die Herkunft ihrer Gelder öffentlich Rechenschaft abzulegen haben.
    Wir haben heute in der besonders gearteten Situation, in der wir uns als besetztes und gespaltenes Land befinden, noch besondere Gründe, sehr sorgsam über die Erfüllung dieser Vorschrift zu wachen.

    (Abg. Arnholz: Sehr wahr!)

    Denn wir müssen ja heute damit rechnen, das solche Zuwendungen nicht nur von wirtschaftlichen Machtgruppen kommen, sondern — auf Deutsch gesagt — auch vom Auslande her. Auch deshalb dürften wir nichts zulassen, was einer Vereitelung dieser Vorschrift dient.
    Der Herr Abgeordnete Renner hat solch ein Gewicht auf seine Forderung gelegt, daß man hätte untersuchen sollen, wie es mit den Parteien und dem Geld im allgemeinen bestellt sei. Herr Renner, wir sind gern bereit, damit anzufangen; die Herkunft der Gelder der kommunistischen Partei zu untersuchen. Davon haben Sie aber nicht gesprochen.

    (Zuruf des Abg. Benner.)

    Das steht aber hier nicht zur Debatte, sondern zur Debatte stehen der Ausschußbericht und die Folgerungen. die für die gesetzgeberische Arbeit und das Vertrauen zu Regierungsmitgliedern daraus zu ziehen sind. Bei der gesetzgeberischen Arbeit, bei der Beurteilung des Verhaltens der Abgeordneten untereinander sowie bei etwaigen späteren Empfehlungen, die wir zu machen haben werden, müssen wir diesen Art. 21 des Grundgesetzes ganz anders beachten als bisher.
    Wir haben nicht den Antrag gestellt, daß ein Parteiengesetz vorgelegt werden soll, und zwar deshalb nicht, weil ja dieser Antrag schon vor


    (Dr. Arndt)

    Monaten von der Zentrums-Fraktion gestellt wurde und weil uns bekannt ist, daß die Bundesregierung in Verbindung mit allen Parteien — auch der Opposition — ein solches Gesetz bereits weitgehend ausgearbeitet hat und demnächst den gesetzgebenden Körperschaften zuleiten wird. Aber dieser Art. 21, nach dem die Parteien verpflichtet sind, über die Herkunft ihrer Gelder öffentlich Rechenschaft abzulegen, muß doch besonders für das Folgerungen haben, was ein Abgeordneter tut. Herr Kollege Ewers, ich kann nur annehmen, daß Sie den Nachsatz über das absichtliche Verbergen nicht beachtet haben. Selbstverständlich kann ein Abgeordneter, gleich von welcher Partei er ist, von einem Gesinnungsfreund, von einer Person, die seine politischen Ziele unterstützen will, Spenden, Geld für die Partei und für die Parteiarbeit annehmen.
    Das möchte ich völlig klarstellen, darüber braucht hier überhaupt keine •Diskussion stattzufinden. Deshalb steht das, was der Herr Kollege Pferdmenges getan hat, auf einem ganz anderen Blatt als die Fragen, die wir hier zu erörtern haben. Auch darüber ist im Ausschuß kein Zweifel gelassen worden.
    Aber zu diesem Antrag hier gibt das Veranlassung, was wir an Vorgängen bei Herrn Heinrichsbauer gesehen haben. Wie können denn Parteien über die Herkunft ihrer Gelder öffentlich Rechenschaft ablegen, wenn es Mittelsmänner gibt, die es sich zur Aufgabe machen, die Herkunft der Gelder zu verschleiern, damit niemand weiß, wo sie überhaupt herkommen, ob sie von einem Unternehmerverband kommen, ob sie von einer ausländischen Regierung kommen, ob sie von einer unterirdischen Organisation oder sonstwo herkommen! Dann steht der ganze Art. 21 auf dem Papier. Deshalb möchten wir hier festgelegt sehen — als eine Erweiterung des Verfassungsrechts, als ein zusätzliches, ungeschriebenes Verfassungsrecht —, daß ein Abgeordneter für seine Partei kein Geld annehmen darf, dessen Herkunft ihm infolge Einschaltung eines Mittelsmannes und infolge der Art der Zahlung absichtlich verborgen wird.
    Meine Damen und Herren, wir wissen, daß Herr Heinrichsbauer sich ja schon die Finanzierung der Harzburger Front — mindestens der Deutschnationalen — hat recht angelegen sein lassen. Er hat heute wieder diese Tätigkeit in einer offen gegen den Art. 21 verstoßenden Weise aufgenommen durch Vernichtung der Quittungen, durch Hergabe der Gelder ohne Buchungen und so, daß alles im Verborgenen bleibt und der Empfänger nicht erfährt, wo das Geld herkommt, und der Geldgeber nicht weiß, wo es hingeht.
    Sie haben dieser Tage viel darüber gesprochen, was geschehen kann oder geschehen soll, um die sich in Niedersachsen zeigende neufaschistische Gefahr zu bannen. Stellen Sie sich einmal vor, Herr Heinrichsbauer läßt es sich morgen einfallen, nun Remer zu finanzieren. Wer gibt Ihnen denn die Gewähr dafür, daß sich ein solcher Mann, der nicht einmal der Phantasie von Balzac eingefallen ist, dazu hergibt, derlei Dinge zu treiben? Dieses durchaus anrüchige Gewerbe, welches der Mann ausübt, können wir nicht dulden. Es sollten hier in diesem Hause keine Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, daß sich ein Abgeordneter, der für seine Partei Geld annimmt, darüber vergewissern muß, aus welcher Quelle — unter unseren besondersartigen deutschen Zuständen — es herkommt.
    Ich glaube, daß Sie alle diesem Antrag zustimmen könnten und sollten; denn er enthält nichts als eine Klarstellung darüber, welche Verpflichtung der Abgeordnete auf Grund des Art. 21 des Grundgesetzes hat. Er schließt in keiner Weise aus, daß ein Abgeordneter dort Spenden sammelt und annimmt, wo er hofft, Freunde zu finden.
    Nun komme ich zu unserem weiteren Antrag auf Vorlage eines Gesetzentwurfes über die Registrierungspflicht von Interessenvertretern. Ich möchte mich in diesem Punkt kurz fassen; denn der Antrag entspricht im wesentlichen einer Anregung des Ausschusses. Auch dazu hat gerade die Figur des Herrn Heinrichsbauer Veranlassung gegeben, daß wir dem Beispiel der erfahreneren Demokratien, Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika, folgen sollten. Wir müßten auch unsererseits durch ein Ausführungsgesetz, das ebenfalls im Zusammenhang mit Art. 21 stände, vorschreiben: Wer es sich zur Aufgabe macht, hier beim Bundestag, bei Fraktionen des Bundestages, bei politischen Parteien und bei der Bundesregierung Interessen zu vertreten, muß sich registrieren lassen und auch eine Kontrolle seiner Aufwendungen ermöglichen. Wir haben dabei gleich hinzugefügt, daß dieser Gesetzentwurf — es kann aber auch in der Strafrechtsnovelle geschehen — vorgesehen soll, daß mit Zuchthaus bestraft wird, wer es unternimmt, die Stimme eines Abgeordneten zu kaufen. Das ist eine Vorschrift, die nach dem Fall Telle, der es unternommen hat, die Stimme Aumer zu kaufen, in Deutschland unerläßlich geworden ist.
    Ich muß an dieser Stelle meinem Bedauern darüber Ausdruck geben, daß mir noch nichts davon bekanntgeworden ist, daß der Verband — immerhin ein großer Verband, dessen Vorsitzender Herr Telle als Nachfolger von Herrn Dr. Seebohm ist —keinerlei Konsequenzen aus dem gezogen hat, was im Ausschuß zu diesen Fragen öffentlich festgestellt wurde.

    (Beifall bei der SPD.)'

    Auch da sollte man einmal auf Sauberkeit achten.
    Wir müssen also vor allem verlangen, daß' unser Strafgesetz ergänzt wird durch eine Bestimmung mit Zuchthausandrohung für den, der es unternimmt, die Stimme eines Abgeordneten zu kaufen, und daß in gleicher Weise ein Abgeordneter nach seinem Ausschluß aus dem Parlament bestraft wird, wenn er sich auf einen derartigen Stimmenkauf eingelassen hat.
    Es ist notwendig, unverzüglich solche Bestimmungen zu erlassen; denn, meine Damen und Herren, bedenken Sie doch bitte einmal, was das für jeden von uns bedeutet, daß ein Industrieller, ein Direktor einet Petroleumgesellschaft hierher kommt und glaubt — schon daß der Mann das glaubt, daß er sich das traut, ist erstaunlich —, er könne die Brieftasche ziehen, und dann werde im Hause so abgestimmt, wie er sich das wünscht.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Das kann keine Minute länger auf uns sitzen bleiben. Wir müssen die gesetzgeberischen Konsequenzen aus dem ziehen, was der Ausschuß festgestellt hat, und müssen einem derartigen Verhalten einen Riegel vorschieben.
    Nun, meine Damen und Herren, komme ich zu dem letzten und schwierigsten Punkt meiner Ausführungen. Der Herr Abgeordnete Mayer läßt es sich sehr angelegen sein, woher das Geld für den Barackenbau der Sozialdemokratischen Partei kommt

    (Zurufe rechts)

    — jawohl, wir nennen die Dinge beim Namen; wir
    brauchen gar nicht herumzureden —, für den


    (Dr. Arndt)

    Barackenbau der Sozialdemokratischen Partei hier
    in der Koblenzer Straße nach Godesberg hin. Er
    hat hier gesagt, an diesem Antrag, den wir zu
    stellen haben, sehe man, daß die Sozialdemokratie
    wieder einmal Vorgänge lediglich parteipolitisch
    ausschlachten wolle. Ich muß Ihnen dazu sagen:
    Es ist für mich trostlos und bedauerlich, daß es
    erst eines Anstoßes durch die Opposition bedarf,
    um hier nun zu erörtern, welche Konsequenzen sich
    aus den Vorfällen ergeben. Dieses Thema darf man
    nicht damit abbiegen, daß man spöttische und
    billige Bemerkungen über die angeblichen Arbeitergroschen macht. Sie, Herr Mayer, haben keine
    Vorstellung von dem Opfergeist der Arbeiterschaft,

    (Stürmischer Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Mayer [Stuttgart])

    die teilweise 10, 20, 30, 50 Jahre ihrer Partei zugehört und die ihre Mitgliederbeiträge zahlt, selbst wenn man erwerbslos geworden ist.

    (Zuruf von der SPD: Als Rentner!)

    Ich stamme nicht aus Arbeiterkreisen, aber ich habe mich oft geschämt und gefragt, warum es in anderen Kreisen des deutschen Volkes nicht den Mut und d i es e Opferbereitschaft für die politische Sache gibt,

    (Abg. Mayer [Stuttgart]: Das gleiche habe ich festgestellt!)

    wie ich sie in der Sozialdemokratie sehe!

    (Erneuter stürmischer Beifall bei der SPD.) Und ich muß auch Herrn Ewers sagen, ich glaube nicht, daß meine sozialdemokratischen Parteifreunde der Meinung sind, sie seien in einer Partei, die da irgendwie auf Kommando folgt; sondern sie sind Sozialdemokraten, weil sie auch Demokraten und freie Menschen in ihrer Partei und in einem deutschen Vaterland sein wollen, das nicht so aussieht wie das Ihrer sozialen Marktwirtschaft.


    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Und 800 000 Mitglieder sind schon in der Lage, einiges zu schaffen!
    Aber nun will ich das Temperament, das mich hierbei eben etwas überfallen hat, beiseite lassen. Wir kommen zu dem rein sachlichen Gesichtspunkt, zu der Frage, die hier zur Erörterung steht; nicht zu der Frage, woher die Sozialdemokratische Partei das Geld für irgendeinen Parteibau hat, sondern zu der Frage, ob das, was sich hier in dem Verhältnis zwischen dem Bundesfinanzminister Fritz Schäffer, der zugleich diesem Hohen Haus als Mitglied angehört, und den Herren Abgeordneten Donhauser und Aumer und ihrer Gruppe auf der anderen Seite abgespielt hat, ob das etwas ist, was hier ohne Konsequenz hingenommen werden kann.
    Ich erinnere Sie an die Feststellungen, die der Ausschuß getroffen, und zwar einstimmig getroffen hat. Der erste Absatz unseres Antrages wiederholt fast wörtlich — es kann auch sein, genau wörtlich — eine Feststellung des Ausschusses: daß der Herr Bundesminister der Finanzen auf Grund seiner politischen Verbindung zustimmend oder empfehlend — es muß, glaube ich, heißen: „und empfehlend" — dahin gewirkt hat, daß den Abgeordneten Aumer und Donhauser sowie anderen auch nicht zur Regierungskoalition gehörenden Abgeordneten Zahlungen aus einem Fonds 'zugeflossen sind, der aus allgemeinen Sammlungen großer Wirtschaftsverbände stammte. Das ist der Sache und größtenteils den Worten nach eine einstimmige Feststellung des Ausschusses, die sogar, glaube ich, an zwei Stellen des Berichts niedergelegt ist. Sie werden vor der Frage stehen, ob Sie das billigen oder ob Sie das mißbilligen. Dabei werden Sie zu untersuchen haben, in welcher Beziehung denn der Herr Bundesfinanzminister und Bundestagsabgeordnete Schäffer zu den Herren Abgeordneten Donhauser, Aumer und der Gruppe Donhauser hier im Hause stand und steht.
    Diese Beziehung ist festgelegt spätestens durch die Regierungsbildung. Denn mit der Regierungsbildung im September des Jahres 1949 hat sich dieses Haus hier in parlamentarisch-demokratisch durchaus üblicher Weise aufgespalten in die Regierungsparteien oder Regierungskoalition einerseits und die -Parteien der Opposition andererseits. Wem es nun um die politische Klarheit und Sauberkeit zu tun ist, der wird mir doch zugeben müssen, daß es zwischen diesen beiden Gruppen konspiratives Geld nicht geben kann und nicht geben darf,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    denn andernfalls verliert das, was wir hier tun und treiben, die Glaubwürdigkeit in dem Volk, das zu vertreten wir berufen sind.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Das Volk darf nicht argwöhnen dürfen: Na, da hat vielleicht einer durch eine Geldspritze nachgeholfen und eine Gruppe aus ihren politischen Verbindlichkeiten befreit und sie sich dadurch gewogener gemacht. — Meine Damen und Herren! Wenn in der Bevölkerung auch nur der Argwohn entsteht, daß es für die Abgeordneten außer ihrer politischen und auch parteipolitischen Überzeugung und ihrem Gewissen noch andere Gründe geben kann für die Art, hier abzustimmen und einer Regierung anzugehören oder nicht anzugehören — an dem Tage kann der Deutsche Bundestag nach Hause gehen!

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Glauben Sie mir, der Deutsche Bundestag hat noch kein großes Ansehen in der Bevölkerung. Das trifft uns von der Opposition nicht viel weniger als Sie von der Regierungskoalition; unter Bonn versteht manch einer draußen beide. Darüber sind wir uns völlig klar. Wenn dann noch ein Mißtrauen hinzutritt, daß es hier nicht mit rechten Dingen zugehe, daß man. zwar nicht der Regierungskoalition, auch nicht einer der Regierungsparteien anzugehören brauche, daß es aber den großen Onkel gibt, der nun auch noch gerade Finanzminister ist, an dessen Herz man sich ausweinen kann über die Schulden der Partei, die einen drücken, und dann wird nachgeholfen, und dann wird das ganze politische Leben sehr viel leichter, — wenn die Bevölkerung draußen diesen Verdacht faßt, dann, so wiederhole ich noch einmal und ohne Pathos, seien Sie überzeugt, dann brauchen wir hier gar nicht weiter zu arbeiten, dann können wir nach Hause gehen. Es hat keinen Sinn, diese Beziehungen, diese Vorgänge zwischen einem führenden Mitgliede der Regierungspartei CSU und der Bundesregierung einerseits und Mitgliedern diner — ich will mich wegen des streitigen Ausdrucks ,,Opposition" sehr vorsichtig ausdrücken — mindestens nicht zur Regierungskoalition gehörenden Partei zu verniedlichen und zu verharmlosen. Das hat doch wirklich keinen Sinn!
    Dabei muß ich bedauerlicherweise auch darauf hinweisen, daß Herr Bundesfinanzminister Schäffer als Zeuge sich über diese Konsequenzen -anscheinend nicht ganz im unklaren gewesen ist, denn er hat mit seiner Aussage mehrfach gezögert.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)



    (Dr. Arndt)

    Er hat mehrfach gefragt, ob er hierauf überhaupt Antwort geben müsse.

    (Erneute Rufe von der SPD: Hört! Hört!) Und er hat sogar in einem schillernden Lichte gelassen, welche Art Fonds das nun gewesen ist. Bei seiner ersten Vernehmung war es klar, daß es sich um einen Fonds handelte, der kein Fonds der Bayernpartei war. Das war absolut gesagt: überhaupt kein Fonds der Bayernpartei. Sie können das im Protokoll nachlesen. Der Ausschußvorsitzende, Herr Dr. Semler, hat es in der 10. Sitzung des Ausschusses vom 25. Oktober dem Herrn Zeugen Schäffer noch einmal vorgehalten. Herr Dr. Semler hat damals gesagt — ich zitiere das wörtlich —: „Herr Zeuge, Sie haben uns gesagt, es sei kein Wahlfonds der Bayernpartei gewesen". Das stand zunächst einmal fest. Aber bei der zweiten Vernehmung hat dann Herr Schäffer als Zeuge dazu folgendes erklärt:

    Ich habe klipp und klar unter Eid erklärt,
    — sagte er wörtlich —
    daß ich zwar weiß, daß aus einem Wahlfonds der vielleicht nicht speziell für die Bayernpartei, aber für eine größere Gruppe von Parteien bestanden hat, zur Bezahlung der Wahlschulden Gelder, und zwar ohne jede Bindung, gegeben worden sind.
    Also aus dem Wahlfonds, der bei der ersten Vernehmung überhaupt kein Fonds der Bayernpartei war, ist bei der zweiten Vernehmung einer geworden, der „vielleicht nicht speziell für die Bayernpartei" bestimmt war! Auf den präzisen Vorhalt von Herrn Dr. Semler etwas später kam dann die etwas vage Antwort:
    Es war ein Fonds für eine Gruppe von Parteien. Und auf eine weitere Frage heißt es dann:
    Ich habe es
    — nämlich diese Empfehlung —
    lediglich einem Mittelsmann weitergegeben. Ich wußte damals von dem Wahlfonds selbst nichts Genaueres. Ich habe nur gedacht, der andere, der Mittelsmann, weiß davon.

    (Lachen bei der SPD.)