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ID0114806100

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    Deutscher Bundestag — 148. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1951 5883 148. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 5884A, 5930B, 5944D, 5945D Änderung der Tagesordnung . . . 5884B, 5945C Zur Geschäftsordnung: betr. Landsberger Hinrichtungen: Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) . . 5884B betr. Genehmigung zur Verhaftung des Abg. Hedler: Hedler (DRP) 5884D Erste Beratung des von der Fraktion der BP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 2271 der Drucksachen) 5885A Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5885A Ausschußüberweisung 5885B Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen (Nr. 511 der Drucksachen) und des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für das Versicherungs- und Bausparwesen (Nr. 1152 'der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (12. Ausschuß) (Nr. 1877 [neu] der Drucksachen; Änderungsanträge Umdruck Nrn. 170, 185, 194) in Verbindung mit der Ersten, zweiten und dritten Beratung des von den Abg. Dr. Krone, Dr. Reif u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Sitz des Bundesaufsichtsamts für das private Versicherungswesen (Nr. 2199 der Drucksachen) 5886B Ruhnke (SPD), Berichterstatter . . 5886C Dr. Tillmanns (CDU), Antragsteller 5887C Dr. Brönner (CDU) 5888C Brandt (SPD) 5889D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5891C, 5894B, 5896A Dr. Reif (FDP) 5892B Walter (DP) - 5893B Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen 5893D Dr. Preusker (FDP) . . . . 5895A, 5896B Dr. Horlacher (CSU) 5895B Beschlußfassung . . ... . . . 5894A, 5896A, D Beratung des Antrags der Abg. Dr. Dr. Müller (Bonn), Kriedemann, Dannemann, Tobaben, Wartner, Dr. Glasmeyer u. Gen. betr. Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft (Nr. 2304 der Drucksachen) 5896D Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU), Antragsteller 5896D Beschlußfassung 5897B Beratung des Berichts des Untersuchungsausschusses (44. Ausschuß) gemäß Antrag der Fraktionen der BP, CDU/CSU, SPD, FDP, DP, WAV und des Zentrums (Nrn. 2274, 1397 [neu] der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Subventionen an die Industrie (Nr. 1594 der Drucksachen) und der Beratung des Antrags „der Fraktion des Zentrums betr. Zahlungen der Industrie an politische Fonds (Nr. 1595 der Drucksachen) 5897B Zur Sache: Seuffert (SPD), Berichterstatter . . . 5897C Dr. Seelos (BP) 5897D Renner (KPD) 5899C Dr. Reismann_ (Z) 5905B Mayer (Stuttgart) (FDP) . . . 5910D, 5938D Ewers (DP) 5914C Dr. Arndt (SPD) 5917D Dr. Solleder (CSU) 5924C Loritz (WAV) 5929D Donhauser (Unabhängig) 5934B Goetzendorff (DRP-Hosp.) 5934C Fisch (KPD) 5936C Schoettle (SPD) 5939A Strauß (CSU) 5939C Dr. Horlacher (CSU) 5940D Persönliche Bemerkungen: Freiherr v. Fürstenberg (Unabhängig) 5942A Loritz (WAV) 5942A, C Schmitt (Mainz) (CDU) 5942B Rahn (CSU) 5942C Abstimmung vertagt 5930B, 5942D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Arndt gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 16. April 1951 (Nr. 2261 der Drucksachen) 5942D Hoogen (CDU), Berichterstatter . . 5943A Beschlußfassung 5944A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität von Abgeordneten (Nr. 2076 [neu] der Drucksachen) 5944B Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 5944B Ewers (DP) 5944D Schoettle (SPD) 5945C Abstimmung vertagt 5944B Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 217) 5945C Beschlußfassung 5945C Nächste Sitzung 5945D Die Sitzung wird um 14 Uhr durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Ernst Mayer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ich muß ihn annehmen, Herr Präsident. Es tut mir leid, daß ich ein unparlamentarisches Verhalten nicht mit parlamentarischen Ausdrücken kennzeichnen kann.

    (Erneuter Beifall und Heiterkeit.)

    Meine Damen und Herren! Solange solche Parteiführer in Deutschland sind und solange solche innerparteilichen Praktiken möglich sind, so lange dürfen wir uns nicht wundern und so lange dürfen wir uns nicht beschweren, wenn das Ansehen dieser Parteien in der Öffentlichkeit nicht immer ganz unumstritten ist.
    Was war denn geschehen, meine Damen und Herren, schon früher, vor dem Tage X, als das draußen erzählt wurde? Es ist kein Geheimnis. Es war in Bayern, und es war anderwärts von Wirtschaftsgruppen und von Leuten, die den Sozialismus genau- so wenig wollten wie wir oder andere Parteien, Geld gesammelt worden, und das war diesen Parteien zur Bestreitung des Wahlkampfes zugeführt worden.

    (Zuruf des Abg. Renner.)

    — Ja, ja, Herr Renner. Ich bin nachher noch ehrlicher. Sie werden sich freuen. — Bei der Verteilung dieser Gelder zeigte sich, daß aus der Bayernpartei nun auf einmal zwei oder drei Bayernparteien geworden waren. Und nun kommt der Sündenfall, nicht des Herrn Bundesfinanzministers, sondern des Parteipolitikers Schäffer: Er hatte offenbar — das ist der Sündenfall, wenn Sie so wollen — die größere Sympathie für Herrn Donhauser und anscheinend eine geringere für Herrn Baumgartner. D a s kann ich verstehen.

    (Heiterkeit.)



    (Mayer [Stuttgart])

    Meine Damen und Herren, ich sagte, die Parteien dürfen sich nicht wundern, wenn ihr Ansehen nicht unbestritten ist, wenn solche Dinge möglich sind. Das Parlament darf sich nicht wundern, wenn sein Ansehen bestritten wird, wenn ein Abgeordneter — wie er sagt, aus Dummheit — verleumderische Lügen in die Welt setzt,

    (Zustimmung in der Mitte)

    wenn ein Fraktionsvorsitzender diese Lügen weiterverbreitet, wenn drei Abgeordnete meineidig werden oder in der Gefahr sind, es zu werden, wenn einer mindestens einen Zweifel daran läßt, ob er Gelder, die ihm für politische Zwecke übergeben worden sind, nicht zu persönlichen Zwecken verwandt haben könnte. Wir bedauern, daß keine gesetzliche Möglichkeit gegeben ist, daß das Parlament sich von solchen Herren selbst reinigen kann. Wir werden alle Wege mitgehen, die dazu führen. Aber das kann uns nicht hindern, diesen Herren gegenüber festzustellen, daß wir mit ihnen nicht mehr zusammenarbeiten möchten, und dies ihrer Fraktion zu sagen.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Leider stellen weder Grundgesetz noch Wahlgesetz das für einen Abgeordneten zulässige Höchstmaß von Dummheit

    (Heiterkeit)

    und das erforderliche Mindestmaß von Charakter fest. Für unseren Geschmack ist hier in einem Fall sowohl das Höchstmaß bedenklich überschritten wie im anderen Fall das Mindestmaß ebenso bedenklich unterschritten worden.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Meine Freunde nehmen diesen traurigen Vorfall zum Anlaß, unsere alte Forderung auf Erlaß einer Ehrenordnung, Einsetzung eines Ehrenrates zu wiederholen und auf die sehr schnelle Verabschiedung und entsprechende Ausstattung der Strafrechtsnovelle zu drängen. Wir werden, wenn es notwendig sein sollte — ich kenne den Entwurf nicht —, uns vorbehalten, einen Passus hineinzubringen, der den Abgeordneten mit Zuchthausstrafe bedroht, der sich für pflichtwidrige oder auch für pflichtmäßige Handlungen Geld oder Vorteile anbieten läßt und sie annimmt.

    (Zustimmung in der Mitte und rechts.)

    Wir fühlen uns wohl — und da darf ich wohl im Namen aller reden — als Vertreter, als Sprecher von Parteien verpflichtet, alles dazu zu tun, daß in einem sauberen Staat saubere Parteien den Dienst am Volke tun.
    Etwas anderes aber sollte, glaube ich, in dieser Stunde auch wiederum im Interesse aller gesagt werden: Wir dürfen als Parteien auch erwarten, daß das Volk saubere Parteien ermöglicht und ihnen eine saubere Finanzgebarung möglich macht.

    (Zuruf: Höhere Beiträge!)

    — Wenn Beiträge und wenn die Mitgliedschaft an und in den Parteien auch nur halbwegs dem entsprechen würden, was dieses deutsche Volk den Parteien zumutet und von ihnen als selbstverständlich verlangt, dann, glaube ich, wäre gar kein Raum mehr für trübe Aktionen und trübe Akteure.

    (Sehr richtig! bei der FDP. und in der Mitte.) Sind wir doch ehrlich: es gibt keine Partei, die von den Beiträgen ihrer Mitglieder lebt.


    (Sehr richtig! bei der FDP. — Zuruf des Abg. Loritz.)

    — Ach Gott, Herr Loritz, wenn ich meine Schulden nicht bezahle, dann brauche ich auch überhaupt keine Einnahmen zu haben. — Wir sind alle auf Spenden angewiesen. Ihre Erlangung ist, glaube ich, weniger eine Frage des Geschicks als eine Frage der Ehrenhaftigkeit und politischen Charakterfestigkeit derer, die sie werben. Auch dies möchte ich wieder im Namen aller Parteien feststellen: Die Methode Aumer ist, glaube ich, -
    Gott sei Dank! — nicht die Regel, sondern eine bedauerliche Ausnahme.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Meine Partei, soweit ich sie übersehen kann, hat noch keine Spende angenommen und wird keine annehmen, die an irgendeine Bestimmung, an irgendeine Bedingung gebunden ist. Es ist von einem führenden bei uns allen sehr hochgeachteten Kollegen aus der SPD-Fraktion bei einer früheren Erörterung dieser Dinge im Ältestenrat einmal gesagt worden: es ist ganz selbstverständlich, daß Parteien von solchen Gruppen, die mit ihnen gleichlaufende Interessen haben, unterstützt werden. So etwa sagte damals der sozialdemokratische Kollege zu mir herüber: Sie von der Industrie und wir von den Konsumvereinen! Bitte, es war keine Behauptung, und es war kein Geständnis, es war eine Hypothese! Aber, meine Damen und Herren, bleiben wir doch einmal dabei und lassen wir sie auch hier gelten, daß es sich nicht darum handelt, daß da fremde Interessen gegen Geld vertreten werden; sondern es ist links wahrscheinlich so wie in der Mitte und rechts, daß einzelne Gruppen, einzelne Menschen d i e Parteien unterstützen, von denen sie glauben: deren Politik dient mir, dient meiner Meinung, dient auch meinen wirtschaftlichen Interessen am meisten.
    Mancher unserer Spender könnte wahrscheinlich schon gemerkt haben, daß wir uns durch Geschenke in der Freiheit unserer Meinung und in der Freiheit unseres Handelns nicht beschränken lassen.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Wir sind bereit, noch ein weiteres zu tun.

    (Zuruf bei der SPD: Ist das wahr?)

    Ja, das ist wahr. Sie brauchten ja nur die Verhandlungen der letzten Wochen in diesem Hause zu verfolgen, dann hätten Sie, wenn Sie Beispiele hätten haben wollen, welche finden können. — Wir sind bereit, alles mit zu tun, ein Parteiengesetz zu machen, Rechnung legen zu lassen, wie es Herr Reismann wünscht. Aber, lieber Herr Reismann, entschuldigen Sie: Wir sind nicht bereit, uns auf die Dauer gefallen zu lassen — bei allem Respekt vor Ihrem Fleiß und Ihrem Eifer —, daß Sie sich hier so gewissermaßen als das einzige legitime Gewissen der deutschen Demokratie aufspielen.

    (Beifall rechts und in der Mitte.)

    Wir sind schon selbst bereit, über uns zu wachen; wir brauchen Sie nicht unbedingt als Mahner. Wir glauben nur nicht, meine Damen und meine Herren, daß mit solchen gesetzlichen Bestimmungen alles in Ordnung wäre. In Ordnung wird es vielleicht kommen, wenn Parteien keine saisonalen Erscheinungen mehr sind, keine wilden Haufen mehr, die sich um irgendeinen Schreier scharen,

    (Sehr gut! rechts)

    und wenn sie sich von denen trennen, die in dem Bericht so lobend erwähnt sind; und anders wird es auf die Dauer und von Grund auf erst werden, wenn die Wähler sich wieder einmal etwas näher und intensiver die Männer ansehen, die sie wählen, und die Parteien, die sie unterstützen.

    (Sehr gut! rechts.)



    (Mayer [Stuttgart])

    Ich habe vorhin gesagt: wir sind alle auf Spenden angewiesen. Ich gehe noch viel weiter: Wir klopfen sogar alle vielfach an die gleiche Tür. Da hat Herr Renner" vorhin von der Industrie gesprochen, die uns „aushält"; und vor ein paar Wochen ging es ganz groß und dick durch die Zeitungen, daß die KPD-Presse sich Inserate von schwerindustriellen Firmen hat geben lassen.

    (Heiterkeit rechts. — Zuruf des Abg. Renner.)

    — Herr Renner, Sie haben vorhin von „chleb", entschuldigen Sie, vom Brot gesprochen: „des Brot ich esse, des Lied ich singe". Ich habe Sie nicht im Verdacht, daß Sie, seitdem Sie die Anzeigen gehabt haben, nun auf einmal Kapitalistenvertreter geworden sind. Es sind bei diesem Anklopfen, wie ich sagte, die Methoden verschieden und auch der Geschmack, der dabei zutage tritt. Und es ist noch etwas verschieden. Wir — ich spreche jetzt von meiner Partei — müssen ,uns unsere Spenden, unsere Unterstützungen von tausenden geben lassen, und da besteht natürlich die Gefahr, wenn Sie so wollen — ich sehe es gar nicht als schlimm an —, daß so ein Spender einmal sichtbar wird und andere dann moralisierende Betrachtungen daran knüpfen können. Das bewahrt uns aber auf ,der andern Seite vor der Gefahr, von einer einzelnen Interessentengruppe abhängig zu werden, ihr hörig zu sein.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Andere Gruppen haben es leichter. Sie verkehren nur mit zentralen Organisationen, mit zentralen Stellen; da wissen nur wenige von den Dingen; da kommt es nicht so schnell heraus. Ich will bei Gott jetzt meinerseits nicht auch mit Hypothesen arbeiten; ich will die Betrachtung hier abbrechen. Ich bin sehr bereit zu glauben. daß das große Haus da draußen am Weg nach Godesberg nur von den hier viel zitierten armen Arbeitergroschen gebaut wird. Ich bin sogar so ehrlich, Ihnen zu sagen, daß wir neidvoll die Opferbereitschaft Ihrer Mitglieder anerkennen und daß wir zutiefst bedauern, daß in unseren Kreisen die gleiche Opferbereitschaft nicht vorhanden ist.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Aber, Herr Renner, ich habe Ihnen ein Bonbon versprochen.

    (Lachen und Zurufe bei der KPD.)

    Sie kriegen es jetzt. Ich habe gesagt: Die Methoden der Parteifinanzierung sind verschieden. Sehen Sie, so im Oktober-November 1945 besuchte mich in Dresden, wo ich damals als geschäftsführender Vorsitzender der LDP tätig war, der russische Parteioffizier, der die LDP zu betreuen hatte, und machte mir bitterste Vorwürfe, daß wir für die Demokratie noch nicht so viel getan hätten wie die Kommunisten; die hätten schon soundso viele Ortsgruppen und wir erst soundso viele; und das hänge damit zusammen, daß wir von der von der Sowjetwissenschaft vor 15 Jahren entdeckten Statistik noch nicht den richtigen Gebrauch machten. Wissen Sie, Statistik ist: Schreibe alles mit farbigem Strich auf weißem Papier!

    (Heiterkeit.)

    Ich habe gesagt, das hänge nicht mit der Statistik zusammen, sondern mit den Autos. Die Kommunisten hätten 30, während man uns erst eines bewilligt hätte. Sagte der Herr Kapitän: „Woher habben Sie?" Habe ich gesagt: „Ich weiß es nicht!
    Die Kollegen von der KPD sagen, sie wären ihnen von der Roten Armee geschenkt worden."

    (Abg. Renner: Ach, ein schönes Märchen, was Sie da erzählen!)

    Da sagt Genosse Kapitän: „Gutt, laß dir auch schenken!"

    (Große Heiterkeit.)

    Kollege Renner, das ist eine Methode: „Laß dir auch schenken!"

    (Erneute Heiterkeit.)

    Die andere ist folgende — ich will sie Ihnen verraten; ich weiß nicht, ob Sie sie im Westen schon angewandt haben, im Osten war sie erfolgreich—: Man hat die alten NSV-Listen kassiert oder hat nach der Methode der Gedächtnisprotokolle neue konstruiert, ist mit diesen Listen zu den Spendern der NSV gegangen und hat ihnen mit der bewährten Überzeugungskraft Ihrer Ideen klargemacht, daß sie das Drei- oder Vier- oder Fünffache zahlen müßten, um sich ihre Freiheit und ihren Besitz zu erhalten.

    (Erneute Zurufe von der KPD.) Auch das ist eine Methode!


    (Abg. Renner: Da hätten Sie aber Glück, wenn Sie Ihre heutigen Minister und alten, fördernden Mitglieder der SS abklappern würden!)

    — Ja, ja, lieber Renner, wir können uns ja nachher noch unterhalten. Aber wir sind vielleicht in der Beziehung ein hoffnungsloser Fall; wir sind zu sehr verhaftet in unseren reaktionären Gesinnungen; wir vermögen es vorläufig noch nicht, uns solchen „fortschrittlichen Methoden" zuzuwenden.

    (Große Heiterkeit und Beifall.)

    Es ist heute aber auch — ich glaube, von Herrn Renner — gefragt worden, ob die Leute der bürgerlichen Parteien, die da Geld erhalten hätten, auch jemals gefragt hätten, ob dieses Geld auch versteuert worden ist. Ich bin überzeugt, daß die KPD — vielleicht auch die SPD —, wenn sie Spenden kassiert, sich zunächst von dem Geber einmal eine eidesstattliche Versicherung geben läßt, daß er das Geld a) nicht gestohlen und b) vorschriftsmäßig versteuert hat.

    (Heiterkeit.)

    Ich will in unserer Partei zur Erwägung stellen, ob wir nicht künftig eine ähnliche Versicherung abverlangen werden.
    Meine Damen und Herren! Man hat zeitweise in kräftiger Entrüstung gemacht. Es ist einmal gegen einen der an der Sammlung Beteiligten — ich habe nichts von ihm bekommen — das Wort gefallen, er sei ein Zuhälter. — Sollen wir nun alle diese Annoncen-Akquisiteure, die für die Zeitungen bestimmter Parteien unter einem — wir weiden nicht gleich sagen: Druck —, unter freundlichen Worten Anzeigen werben und die etwa sagen: Wenn Ihr nicht bei uns — — , dann werden unsere Wähler nicht mehr bei Euch kaufen! —, sollen wir denn nun alle diese Leute plumperweise, groberweise Erpresser nennen? — Das tun wir doch auch nicht. Sehen Sie, da gibt es noch die vielen anderen Möglichkeiten der Spendenwerbung. Da gab es von allen Parteien in den letzten Jahren die Sammellisten, die bei den Gerechten und den Ungerechten kursierten, bei Kapitalisten und Nichtkapitalisten. Großzügig, wie manche dieser Kapitalisten sind, wurde die Linke genau so bedacht wie die Rechte.
    5914 Deutscher Bundestag — 18. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den '7. Juni 1951

    (Mayer [Stuttgart])

    Meine Damen und meine Herren! Nehmen, bitten müssen alle Parteien; und vorerst sehe ich keinen Grund für irgendeine der hier vertretenen Parteien, sich nun über die anderen zu erheben, etwa so: Wir haben es nicht nötig. Dagegen müßten wir uns verwahren. Genau so wie wir uns verwahren müssen gegen die überhebliche Kritik, die aus diesem und anderen Anlässen so von außen her, von gewissen Teilen unserer Presse an den Abgeordneten, an den Parteien und an ihren Funktionären geübt worden ist. Sprechen wir es doch hier einmal aus — und da möchte ich es auch wieder für alle sagen —: das deutsche Volk soll wissen, daß seine Parteien zunächst einmal gegründet sind auf die Entsagung, auf das Opfer weniger Menschen,

    (Sehr richtig! rechts)

    die nach 1945 oft nach innerer oder äußerer Emigration, nach KZ, nach dem Verlust all ihrer Habe darauf verzichtet haben, nun ans Verdienen für sich zu gehen, sondern die sich in die Arbeit für ihre Parteien gestürzt und diese Parteien hingestellt haben. Darauf sind die Parteien in Deutschland gegründet. Unsere Lizenz, die wir damals erworben haben, war weniger einträglich als die Lizenzen einiger unserer Kritiker. Wir haben damals von den Besatzungsmächten die Lizenz erhalten, wieder Politik machen zu dürfen, Parteien aufbauen zu dürfen. Die anderen haben die Lizenz erhalten, uns dafür zu beschimpfen.

    (Sehr gut! rechts.)

    Wir haben aus unserer Lizenz in diesen fünf Jahren des weiteren das Anrecht erworben, auf alles das zu verzichten, was dem Manne draußen das Leben angenehm macht. Die anderen haben mit ihrer Lizenz einiges mehr erworben. Da hat neulich solch ein vorlauter und überheblicher Kritiker an den Parteien und den Parteipolitikern solch eine Lizenz verkauft: für nette, runde eine Million DM!

    (Hört! Hört! in der Mitte und links.)

    Meine Damen und Herren, versuchen Sie, Ihre Lizenz zum gleichen Preise auf dem Markt unterzubringen.

    (Sehr gut! rechts und in der Mitte.)

    Diese gelästerte Parteibürokratie und diese Parteifunktionäre leben und sind im allgemeinen bescheidener als ihre Kritiker.

    (Sehr richtig! rechts und in der Mitte.)

    Ich glaube, das mußte bei dieser Gelegenheit für
    die Herren Kritiker auch einmal gesagt werden.
    Nun lassen Sie mich abschließend feststellen: Die deutschen Parteien müssen betteln. Das ist nicht ihr Vergnügen, sondern ihre Tragik. Meine Freunde werden sehr bereit sein, mit Ihnen zusammen alle möglichen Wege zu suchen, um sie dann auch mutig zu beschreiten, die diesem Dasein der Parteien ein Ende machen können. Aus dem Zwang kann uns neben solchen möglichen Gesetzen nur das Verständnis und die Bereitschaft unseres Volkes erlösen. Meine Freunde werden allen Anträgen zustimmen, die ihnen geeignet erscheinen, die Reinigung des Parlaments und des deutschen Parteiwesens zu bewirken. Sie werden allen Anträgen sehr skeptisch gegenüberstehen, die auch jetzt zum Abschluß wieder den Versuch machen, die Geschichte parteipolitisch auszuschlachten.

    (Lebhafter Beifall rechts und in der Mitte.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Ewers.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Ewers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Rednerreihenfolge ist heute irgendwie auf den Kopf gestellt, und wir von den nicht so großen Parteien fragen uns: warum eigentlich? Auf Grund des sehr eingehenden, erschöpfenden und einstimmig angenommenen Ausschußberichts mit den sehr kurzen, knappen, aber eindringlichen Schlußfeststellungen braucht eigentlich keine große oder kleine Partei mit ihren Meinungen und Tendenzen zurückzuhalten. Wir kleineren Parteien — entschuldigen Sie, Herr Kollege Mayer, wenn ich auch die FDP noch nicht zu den großen rechne — brauchen aber nicht abzuwarten, was die großen Brüder oder Schwestern dazu sagen, sondern wir können unsere Meinung hier sehr unverblümt und sehr deutlich aussprechen. Gestatten Sie mir daher, daß ich zum Teil in Ergänzung der Ausführungen .meines Herrn Vorredners vom Standpunkt der Deutschen Partei aus kurz und knapp zunächst einmal folgendes feststelle.
    Bei dem Ausgangspunkt der völlig unstreitigen Sachlage, die sich schon nach wenigen Sitzungen im „Spiegel"-Ausschuß ergab, liegen mindestens vier Punkte vor, vier Tatbestände, die nach der Auffassung jedes deutschen Menschen, der Ehre im Leibe hat und der sich unter einem demokratischen Parlament etwas vorstellt, was nicht nur eine Quatschbude ist, sondern Anspruch auf Achtung und Ehrfurcht erhebt, ein reiner Skandal sind. Diese vier Umstände sind folgende.
    Es steht fest, daß in den Tagen der Abstimmung Bonn—Frankfurt hier in diesem Haus, vielleicht sogar im Sitzungssaal, zwischen Abgeordneten Bemerkungen darüber ausgetauscht worden sind, daß in diesem Zusammenhang völlig unzulässige und unmögliche Zahlungen vorgenommen worden seien. Es steht fest, daß die Gesprächspartner angesichts dieses Geschwätzes keineswegs auch nur den Schatten einer Möglichkeit gesehen haben, dies dem Hohen Hause mitzuteilen, da sie derartiges Geschwätz offenbar für völlig harmlos und mit einem Parlamentarismus, der auf sich hält, für vereinbar hielten. Sie trugen damit dazu bei, daß erst mit größter Verspätung, fast ein rundes Jahr zu spät, diese Dinge überhaupt aufgegriffen werden konnten.
    Der zweite Skandal: Es steht fest, daß um die gleiche Zeit ein Abgeordneter dieses Hauses sein Mandat nicht niedergelegt hat, obwohl er als Witz zugegebenermaßen verbreitet hat, er habe eine Liste bei sich von, ich glaube, 100 Abgeordneten, die bestochen seien;

    (Zuruf rechts: Strafantrag stellen!)

    dies wurde vielen erzählt. Und selbst wenn dies aus „Dummheit" geschehen sein sollte, so müssen wir verlangen, daß der Abgeordnete sofort aus dem Haus, eben dann allein wegen Dummheit ausscheidet.

    (Sehr gut! rechts.)

    Auf jeden Fall haben wir für solche „Witze" nicht das geringste Verständnis.

    (Zuruf rechts: Verleumdung, § 187!)

    Wenn es ein Witz gewesen wäre, dann wäre er so komisch, daß man die Unwahrhaftigkeit erkannt haben müßte. Gelacht hat zwar anscheinend keiner über diesen „Witz".
    Und endlich drittens: Es steht fest, daß einem Parteiführer nicht nur — am 28. Februar 1950 — ein Gedächtnisprotokoll — auf den Begriff komme ich noch zu sprechen — zu Händen kam, nein, daß er es selbst angefertigt hat, und zwar mit einem Inhalt, den die Sensationspresse, wenn es ihr nur


    (Ewers)

    zugeleitet wurde, als einen unglaublichen Brockenauffaßte und mit dem dann auch die erforderliche Sensation erzielt worden ist. In diesem Protokoll sind die skandalösesten Behauptungen über das Gebaren gewisser Abgeordneter — zum großen Teil Gott sei Dank wahrheitswidrig — aufgestellt.
    Ich muß erklären, daß das für einen Parteiführer ein völlig unmögliches Verhalten ist.

    (Zuruf rechts: Sehr gut!)

    Ich bedaure, daß wir nicht einmal wissen, wie es
    denn eigentlich kommt, daß etwas unklare und sehr
    bescheidene Mittelsmänner in den Besitz dieses Originals gekommen sind, um es dann der Sensationspresse zuzuspielen, die leider Gottes allzuviele Kollegen nur allzu gierig kaufen, offenbar um ihre
    eigene schmutzige Weste bewundern zu können,

    (Heiterkeit)

    womit dann der große Skandal anhob. So bekam der Bundestag selbst erst im Oktober, sieben Monate. später, Gelegenheit, sich mit diesem Schmutz und diesem Unrat, der in diesem „Gedächtnisprotokoll" angehäuft war, zu befassen. Das ist der dritte Skandal.
    Ich sage es ganz offen: Mir ist das Wort „Gedächtnisprotokoll" — ich bin immerhin ein Jurist, der mehr als vier Jahrzehnte in der praktischen Jurisprudenz tätig ist — bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal begegnet. Ich erkläre, daß schon in diesem famosen Begriff Bauernfängerei liegt;

    (Sehr gut! rechts.)

    denn ein Protokoll ist eben eine Urkunde, die bei einem bestimmten Akt in Gegenwart der übrigen Anwesenden aufgenommen wird. Aus dem Gedächtnis kann man nur eine „Niederschrift" anfertigen, aber nie ein Protokoll. Das Wort „Protokoll" aber soll dieser späteren Niederschrift aus dem Gedächtnis eine Art amtlichen Charakter geben und damit die Beweiskraft erhöhen. Damit erweist sich diese Bezeichnung als eine Roßtäuscherei.

    (Zuruf rechts: Baumgartnerei!)

    — Ich möchte keinen Namen hier genannt haben; ich möchte ganz objektiv sein.
    Endlich der vierte Skandal: Es ist hier im Restaurant angeblich vorgekommen, daß wiederum einem Fraktionsführer von einem Unbekannten gesagt wurde: „Was kostet es, wenn Ihre Fraktion für Bonn stimmt?" Und dieser Fraktionsführer hat es nicht für seine selbstverständliche Pflicht gehalten, entweder die Personalien dieses Anbieters festzustellen oder, wenn es nicht gelang, sofort dem Präsidium zu melden, daß hier Bestechungsgelder angeboten würden. Wenn das damals geschehen wäre, wie anders stünden wir heute da!

    (Zuruf rechts: Das ist Loritzerei! — Der große Unbekannte!)

    — Es ist mir egal, wer es ist. Ich will es nur feststellen.
    Fassen wir diese vier Punkte kurz zusammen: Das allgemeine Geschwätz über Bestechungsgelder, der Witz über die Liste,

    (Zuruf: WAV!)

    das Geheimhalten eines Protokolls über sechs Monate, in dem unmögliche Beschuldigungen gegen Abgeordnete enthalten sind, und die Nicht-Meldung eines so infamen Angebotes, — das alles ist von vornherein ein Skandal, der nunmehr urbi et orbi klar vor Augen liegt und den wir hier im Bundestag mit schonungslosen, wenn auch parlamentarischen Worten geißeln müssen.
    Und nun zu einer allgemein sehr weitgespannten Untersuchungsfrage, die den Ausschuß Monate und Monate hindurch beschäftigt hat, nämlich der großen Frage, über der die Überschrift steht: Geld und Demokratie!
    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe es, solange ich Politiker bin, mit der Muttermilch eingesogen, daß nun einmal in der Demokratie das Geld eine ganz entscheidende Rolle spielt, eine gute, häufig aber eine sehr gefährliche und schlechte. Das liegt allein daran, daß bei jeder Politik nun mal Geldwerte eine ganz entscheidende Rolle spielen — wir wissen es —, je nachdem die Gesetze ausfallen. Meine Herren von der SPD, wir kennen Ihren Kampf gegen das Einkommensteuergesetz; wir sind bereit, es vor jedermann zu vertreten. Sie aber behaupten, wir hätten einer gewissen Klasse fast eine Milliarde DM „geschenkt". — Die Parteien sind nun einmal in der Demokratie die Keimzellen der Staatshoheit, und deswegen ist es ganz klar, daß, wo es um Geld geht, natürlich Interessenten da sind, die hinter den Parteien stehen.
    Nun fragt sich — und das ist eine Doktorfrage —: Wo setzt denn nun eigentlich hier etwas ein, was die Demokratie eben wegen dieser unabänderlichen Abhängigkeit ihrer Einrichtungen von Geldmächten schimpflich und korrupt macht? Dazu ein offenes Wort. Es ist mittlerweise kein Geheimnis, daß meine und die meiner Partei verwandten Parteien mit aller Entschiedenheit auf Grund ihres Weltbildes für das Privateigentum eintreten. Wir tun das nicht um der einzelnen Eigentümer willen, sondern deswegen, weil wir im Eigentum in der Tat den Ausdruck der Herrschaft des Menschen über die Dinge der Erde sehen.

    (Sehr gut! rechts.)

    Das tun wir also aus ganz allgemeinen, Sie können ruhig sagen: philosophischen Gründen.
    Es ist klar, daß diejenigen, die ihr Eigentum durch sozialistische oder von einer anderen Weltanschauung getragene Versuche der Sozialdemokratie bedroht sehen, sich an die Parteien halten, die nicht um der schönen Augen des Geldspenders willen, sondern um ihrer Weltanschauung willen für diese eintreten. Weiter ist klar: Meine und die meiner Partei verwandten Parteien kämpfen für den selbständigen kleinen Mittelständler. Wir halten es für ein Unglück, daß die Nation in Großbetriebe und Abhängige aufgespalten ist. Wir wollen den Gewerbetreibenden mit seiner Tüchtigkeit. Wir wollen den kleinen Kaufmann und nicht die Großbetriebe. Wir lehnen den Kapitalismus genau wie den Sozialismus ab.

    (Zuruf von der SPD: Romantisch! — Heiterkeit.)

    — Lachen Sie ruhig! Daß Sie, Herr Renner und Konsorten, etwas anderes wollen, ist mir bekannt. Jedenfalls treten wir hierfür ein. Ob mit Recht oder Unrecht, mag der Wähler entscheiden. Daß diejenigen Gemeinschaften und Verbände, die ebenfalls um die Existenz des einzelnen gegen die Großunternehmen kämpfen, wiederum interessiert sind, entsprechende Parteien zu unterstützen, ist klar.
    Nun komme ich zu der Frage, die mein verehrter Vorredner, Herr Mayer, ja sehr eingehend erörtert hat, warum nämlich die Unterstützung nicht durch Mitgliedsbeiträge stattfindet. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, hätten Sie auf unsereinen — auch wenn man damals noch nicht weithin, sondern nur in seinem kleinen Kreis bekannt war
    — gehört, so hätten Sie mit der Entnazifizierung


    (Ewers)

    wesentlich früher innegehalten; denn dadurch, daß Sie diese harmlosen Nichtpolitiker, die glaubten, sich national zu betätigen, wenn Sie Pg wurden, bestraften, haben Sie ja die demokratischen Parteien bei Leuten, die immer noch unpolitisch denken, geradezu unmöglich gemacht. Wer läßt sich denn heute entnazi- und morgen entsozifizieren, wenn er kein Idiot ist? — Durch diese Entnazifizierungspolitik haben wir es verhindert, daß freie Menschen, die nicht kollektiv in Gewerkschaften oder sonstwie gebunden sind, keine besondere Neigung verspüren, Parteien beizutreten. Unterstützen wollen sie -sie gern, aber beitreten, — das scheint diesen gewiß nicht sehr mutigen und deswegen nicht sehr ehrenwerten Landsleuten eine außerordentlich gefährliche Maßnahme auch heute noch zu sein. Und so kommt es — ich kann den Ausführungen von Herrn Mayer nur voll und ganz beitreten —, daß in der Tat die Parteien, die keinen Kollektivismus predigen, die also nicht Anhänger haben, die auf Kommandoworte hören, sondern von dem freien Willen einzelner abhängig sind, tatsächlich mit ihren Mitgliederzahlen weit hinter den Kollektivisten der Linken zurückstehen müssen. Deswegen ist allerdings die Spendenwirtschaft nötig und gänzlich unentbehrlich.
    Ich verstehe nun den Antrag der Herren SPD-Leute zu 1 überhaupt nicht, weshalb es ausgerechnet „Abgeordneten" verboten sein soll — von denen doch als führende Politiker im Ministerium die Parteiführer sitzen —, Gelder entgegenzunehmen, dagegen anderen Mitarbeitern der Partei soll es beliebig erlaubt sein? Das gibt doch gar keinen Sinn!

    (Abg. Dr. Arndt: Lesen Sie doch mal den Antrag!)

    — Ich habe den Antrag drei-, vier-, fünfmal gelesen. Es gibt keinen Sinn, sage ich noch einmal.
    Diesen Antrag werden wir so ablehnen. Was man
    statt dessen tun soll, um jeder Korruption vorzubeugen, das mag ernstlich erwogen werden. Die
    Grenze ist unbedingt dort gegeben, wo durch eine
    Spende die persönliche freie Entscheidung der
    Partei, ,des Parteiführers und des Abgeordneten
    irgendwie angetastet wird oder, wie man es bemerken kann, wenigstens angetastet werden soll. Das
    ist die Grenze, bis wohin man gehen darf und muß.
    Auf das, was der unbekannte Spender letzten Endes
    dann beabsichtigt, braucht man nicht einzugehen.
    Und nun ein Wort zu dem „Michael", den Herr Renner zitierte; ein Blatt, das ich noch nie gelesen,

    (Zuruf: Das ist doch schade!)

    vielleicht schon einmal gesehen habe. Es tut mir leid, es erscheint wohl in Nordrhein-Westfalen; in unsere Gegend kommt es offenbar selten. — In diesem Blatt soll nach dem, was Herr Renner zitiert hat — und zwar mit einer gewissen schmunzelnden Zufriedenheit —, stehen: „Abgeordnete können bestochen werden; das ist keine strafbare Handlung, denn sie sind keine Beamten". Ich muß ehrlich gestehen: wenn es wirklich so in dem Blatt steht, muß ich die Tendenz dieser Ausführungen entschieden zurückweisen; denn das heißt ja auf deutsch: Abgeordnete sind in keiner Weise so gewissenhaft, so anständig und sind nicht denselben Ehrbegriffen unterworfen wie Beamte. Das heißt es zunächst. Es vermindert also den Rang eines Abgeordneten. Gewiß, wir 'sind keine Beamten; aber in Wahrnehmung unseres Mandats, das wir nach dem Grundgesetz für das gesamte Volk auszuüben haben, haben wir mindestens so unbestechlich zu sein wie Beamte.
    Meines Erachtens müssen wir uns aber darüber hinaus von jeder Möglichkeit, uns in unserer freien Entscheidung durch irgendwelche offenen oder verdeckten Zuwendungen beeinflussen zu lassen, mit aller Entschiedenheit abwenden. Dieser Artikel im „Michael" wäre richtig, wenn er schließen sollte — ich kenne ihn nicht —: „Deswegen, weil dem so ist, muß der Gesetzgeber sofort dahin wirken, daß dies ebenso ein Zuchthausvergehen wie bei den Beamten wird." Wenn das die Schlußfolgerung sein sollte, dann wäre gegen die Ausführungen des „Michael" nichts einzuwenden. .
    Wir können in dem Sinne auch dem zweiten Antrag so, wie er dasteht, nicht beitreten. Das Parteiengesetz unter Beachtung der Richtlinien des Grundgesetzes ist ein außerordentlich schwieriges Kapitel. Denn es stehen hier in der Tat gewisse Aufsichts- und Ordnungsvorschriften mit der in einer Demokratie nun einmal nötigen Freiheit in einer sehr sonderbaren, undurchsichtigen Wechselbeziehung. Ich halte es für außerordentlich schwierig, in dem Punkte eine für alle befriedigende und in der Praxis des Lebens mögliche Lösung zu finden.
    Was den dritten Antrag der SPD anlangt, nämlich dahin zu beschließen, daß das Verfahren des verehrten Herrn Bundesfinanzministers mißbilligt wird, so möchte ich dazu dieses sagen: Ich möchte keinem der verehrten Freunde aus dem wunderschönen Lande Bayern das meine studentische Heimat war, zu nahetreten, aber ich möchte doch sagen: es fällt selbstverständlich auf, daß als irgendwie in den Kreis von merkwürdigen Beziehungen gerückte Abgeordnete namentlich überhaupt nur solche aus Bayern aufgeführt sind. So stammt denn auch unser verehrter Herr Bundesfinanzminister aus Bayern. Ob das alles ausschließlich mit der Bayernpartei zusammenhängt, — ich maße mir kein Urteil darüber an. Aber wir haben ja hier gesehen, daß bei der Bayernpartei offenbar ähnliche Zustände herrschten wie bei der WAV, was wir just gestern in dem Wahlprüfungsausschuß zur Kenntnis genommen haben. Es wird bei gewissen Parteien gerade in Bayern der Parteidiebstahl versucht: man sucht durch Absetzung einer Führungsschicht und Hineinmogeln einer neuen Führung eine ganze Partei zu erobern. Das hat sich in Bayern offenbar 1949 — bei der WAV und auch sonst vielleicht — vollzogen.

    (Abg. Loritz: So wie in Niedersachsen!)

    Nun möchte ich mich in diese bayerischen Geheimniskrämereien nicht weiter einmischen. Ich will nur soviel sagen: Wenn Herr Minister Schäffer erklärt hat und vermutlich auch heute erklären würde, daß er dem Abgeordneten Donhauser wesentlich sympathischer gegenüber stände als dem Abgeordneten Dr. Baumgartner, so muß ich ihm ehrlich gestehen: dafür habe ich vollste Sympathie, ohne mich über die Herren sonst im übrigen aussprechen zu wollen. Wenn ich aber höre, daß er mit Herrn Donhauser, ich glaube, seit 1945, politisch zusammenarbeitet, so sehe ich keineswegs, wie Herr Dr. Reismann, in einer Zuwendung, die der Gruppe Donhauser gemacht wird, etwa ein Herüberziehen zur Regierungskoalition, sondern nur eine politische Bereinigung, die auf Bayern beschränkt bleibt.

    (Zurufe von der KPD.)

    Jedenfalls sind hier keine Zahlungen an Donhauser geleistet, damit dieser oder andere sich in einem bestimmten Sinne bei einer Abstimmung im Bundestag verhielten, sondern die Zahlungen sind zur


    (Ewers)

    Deckung von Schulden geleistet, um ihn von der bisherigen Parteiführung unabhängiger zu machen. Diese Zahlungen werden, glaube ich, in Zukunft besser von anderen Parteistellen als ausgerechnet von dem Herrn Minister vorgenommen, aber sie belasten, wie die Dinge nun einmal in Bayern lagen, den bayerischen führenden Politiker keineswegs, von dessen politischer Begabung wir doch wohl alle hier im Hause tief durchdrungen sind und von dessen Unanständigkeit hier noch niemals die Rede gewesen ist.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Es ist auch noch nie in Zweifel gezogen worden, daß er ein kerniger, gerader Ehrenmann vom Scheitel bis zur Sohle ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Diese Dinge können ihn nach unserer Überzeugung nicht belasten.
    Ich komme dann zum Schlußantrag der SPD, nämlich zu dem Antrag, den nach Pressemeldungen die SPD der CDU aus den Händen gewunden hat, weil diese ihn dann doch nicht stellen wollte, also zur Empfehlung, daß gewisse Abgeordnete — vier der Bayernpartei, einer der WAV oder der früheren WAV, ich weiß es im Moment nicht, jedenfalls alle aus Bayern — ihre Mandate niederlegen möchten. Dazu ein Wort! In -dem Bericht des 44. Ausschusses ist mit Recht eine Ehrenordnung gefordert. Darf ich dazu bemerken, daß ich seit etwa 8 bis 10 Wochen von dem Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität den Auftrag habe, in Anlehnung an die demnächst hoffentlich endgültig zu verabschiedende Geschäftsordnung eine Ehrenordnung zu entwerfen und dafür eine Begründung zu geben. Meine Arbeit ist fertig, sie ist in der Reinschrift begriffen, und morgen werde ich die entsprechende Vorlage — diesen Vorschlag, mehr ist es zunächst nicht — Herrn Ritzel als dem Vorsitzenden des Ausschusses übergeben. Ich stimme mit meinem Vorredner in der Ansicht überein, daß solche Ehrengesetzgebung — sie mag in eine Form gefaßt sein, wie sie will — nach den 'Erfahrungen dieses „Spiegel"-Ausschusses unbedingteste Notwendigkeit ist, wenn wir Wert darauf legen, daß dieses Parlament die Achtung mindestens hält, wenn nicht verbessert, die es bisher zu erringen die Möglichkeit hatte.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.) Diese ,Ehrenordnung erst wird uns zu einer gewissen Brüderschaft zusammenfassen, auf daß wir über alle Parteigrenzen hinweg wechselseitig den Menschen achten.


    (Zurufe von der KPD.)

    — Die Kommunisten nehme ich ausdrücklich aus. — Diese Brüderschaft in der Politik wird mit den Mitteln der Toleranz und der persönlichen Anständigkeit um die Probleme ringen, um die wir hier seit zwei Jahren gerungen haben und weiter ringen wollen. Diese Ehrenordnung wird hoffentlich, wie gesagt, mit der Geschäftsordnung, also noch vor den Ferien, verabschiedet werden.
    In meinem Entwurf habe ich vorgesehen, daß vor den Ehrenausschuß — man könnte es auch Ehrenrat nennen — kein Mensch gezogen werden darf, dessen ehrenrühriges Verhalten vor Erlaß der Ehrenordnung vollendet war. Ich glaube nicht, daß es in einem Rechtsstaat möglich ist, rückwirkende Gesetze zu erlassen und nunmehr die hier in dem Ausschußbericht angefochtenen Abgeordneten nachträglich vor eine Einrichtung zu ziehen, die es zur Zeit ihrer Handlungsweise gar nicht gab. So weit jedenfalls mein Vorschlag.
    Wenn die Ehrenordnung so aussieht, dann gewinnt dieser SPD-Antrag, den die CDU, wie man aus der Presse weiß, zeitweilig erwogen hat, besondere Bedeutung. Denn dann erblicke ich in ihm die Niederlegung der Auffassung, daß es angezeigt sei, wenn wir eine Ehrenrechtsprechung hätten und- über die Unwürdigkeit oder Würdigkeit eines Abgeordneten Beschlüsse mit rückwirkender Kraft fassen könnten, auf Grund des in einem mit richterlichen Funktionen ausgestatteten Untersuchungsausschuß einstimmig ermittelten Ergebnisses die Unwürdigkeit festzustellen. Wer das tut, der begeht meines Erachtens kein Sakrileg gegen demokratische Freiheiten, wenn er in der nach der gegenwärtigen Rechtslage einzig möglichen Form diesem Antrag zustimmt, also zwar keinen irgendwie empfindlichen Druck ausübt, aber erklärt: nach dem, was wir in dem Bericht leider, leider lesen müssen, bedauern wir, aussprechen zu sollen, daß es besser wäre, gewisse Persönlichkeiten gehörten dem Bundestag nicht mehr an. Ich kann daher für meine Person nur erklären, daß ich dem Antrag der SPD insoweit zustimmen werde. Für meine Fraktion kann ich insoweit nicht sprechen.
    Und nun ein kurzes Schlußwort. Meine sehr Verehrten Damen und Herren! Auch der „Spiegel"-Ausschuß und seine Ergebnisse werden durch neue Sensationen abgelöst werden. Sie werden der Geschichte angehören. Ich hoffe und wünsche, daß die zum Teil betrüblichen Ergebnisse dieses Ausschusses und die Gesamtmaterie, die man in ihm erörtert hat, zu einer Klärung der Geister beitragen werden und daß der Bundestag für das nächste Jahrzehnt von einem so ausufernden und kaum Grenzen kennenden Untersuchungsverfahren verschont sein wird. Wir alle — ich möchte da keine einzige Partei und Fraktion ausnehmen — können lernen und haben hoffentlich gelernt, und nur derjenige ist meines Erachtens völlig unbelehrbar, der auf seinem eigenen Roß so hoch sitzt, daß er glaubt, nur Kritik üben zu können. Wir sollen uns die Lehren dieses Ausschusses und seiner sehr fleißigen Arbeit zu eigen machen und sollen sehen, daß' wir bei unseren weiteren Arbeiten für den Rest dieses Bundestages ebenso wie die Nachfolger im Parlament danach trachten, daß wir durch Sauberkeit, Redlichkeit und Fleiß die Achtung für das deutsche Parlament erwerben, ohne die es nicht leben kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)