Meine Damen und Herren! Ich kann Herrn Kalbitzer nur bestätigen, daß sowohl im Zollunterausschuß als auch im Außenhandelsausschuß eine ganz klare Mehrheit auf dem Standpunkt steht, daß das Zollinstrument nicht fiskalisch mißbraucht werden soll. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß es sich beim Zolltarifgesetz rein und ausschließlich um ein wirtschaftliches Instrument handelt. Ich bin fest davon überzeugt, daß auch seitens des Finanzministeriums von dieser Linie nicht abgewichen werden wird.
Wie sehr wir das Zolltarifgesetz als ein wirtschaftliches Gesetz betrachten, hat ja gerade gezeigt, daß wir den § 4, um den jetzt die Diskussion geht, in dieser ausgedehnten Fassung aufgenommen haben. Keiner von uns hat sich imstande gesehen, auf Jahre hinaus vorauszusagen oder festzulegen, daß nun die oder jene Ausnahmeermächtigung am Platz sei oder nicht. Um in diesen Zeiten beweglich zu sein, haben wir diese weitgehende Fassung des § 4 gewählt. Sie wissen ganz
genau, Herr Kollege Kalbitzer, wie sehr wir uns gemeinsam alle miteinander darum bemüht haben, daß auch die volle Mitwirkung des Bundestags bei der Beschlußfassung über diese Ermächtigungen gewährleistet ist.
Nun sagen Sie, es wäre zweckmäßig und richtig, zwischen der zweiten und dritten Beratung eine Rückverweisung an den Ausschuß zu veranlassen, damit der Herr Finanzminister dort klare Erklärungen abgeben kann. Herr Kalbitzer, ich glaube, daß die Verwirklichung der Absicht, die Sie verfolgen, genau so gesichert und gewährleistet ist, wenn wir uns heute wirklich entschließen, in der zweiten und am Freitag in der dritten Lesung dem Zolltarifgesetz zuzustimmen; denn dahinter steht ja die Beratung des Ratifizierungsgesetzes der Absprachen von Torquay.
— Doch, Herr Kollege Lange!
Deswegen stellen die Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, Bayernpartei und Zentrum den Antrag, daß der Bundestag beschließen wolle, die Bundesregierung zu ersuchen, bis zum 5. Juli 1951 dem Bundestag die Rechtsverordnungen gemäß § 4 Abs. 1 Ziffer 1 des Zolltarifgesetzes vorzulegen, mit denen sie die von ihr beabsichtigten Zollbegünstigungen mit dem Inkrafttreten des neuen Zolltarifgesetzes festzusetzen gedenkt. — Ich darf Ihnen den Antrag übergeben, Herr Präsident.
Wir glauben, daß mit diesem Antrag etwaigen Bedenken, die noch bestehen sollten, in vollem Umfang begegnet ist, ja das ihnen besser als mit Ihrem Antrag begegnet ist. Wir glauben, darüber hinaus zu erreichen, daß nun endlich das autonome Zolltarifgesetz, mit dessen Abschluß wir ja schon lange im Verzug sind, verabschiedet werden kann. Ich glaube, daß wir, wenn wir an die ganzen Termine denken, nicht mehr länger mit der Inkraftsetzung dieses autonomen Zolltarifgesetzes warten können, da wir ja die Ratifizierung des Torquay-Abkommens noch vor den Parlamentsferien durchführen müssen.
Darüber hinaus muß ja auch die Regierung jetzt schon die Möglichkeit haben, die Verhandlungen mit den Ländern, die nicht zu den Torquay-Vertragsländern gehören, einzuleiten. Das kann aber nur dann geschehen, wenn das autonome Zollgesetz im Bundestag angenommen worden ist.
Nun noch zum Schluß ein Wort wegen der Übereile und der mangelnden Publizität, Herr Kollege Kalbitzer. Ich glaube, wir haben uns manchmal in den Beratungen des Außenhandelsausschusses darüber beklagt — auch ehe die eigentlichen Beratungen im Zollunterausschuß angefangen haben
—, daß die Publizität in der Vorbereitung dieses Zolltarifs für andere viel weitergehend war, als sie gerade für die Mitglieder des Bundestags gewesen ist. Gerade Sie haben ja mit zu denen gehört, die sich meines Erachtens mit vollem Recht darüber beklagt haben. Nun sind die Ergebnisse von Torquay seit dem 10. Mai bekannt, und die Vorlage, über die wir jetzt zu befinden haben, ist dem Hohen Hause auch schon seit drei Wochen bekannt. Ich bin überzeugt, daß jeder, der sich wirklich ernsthaft für die Materie interessiert, in diesen Wochen vollauf Gelegenheit hatte, Einwendungen grundsätzlicher Art zu erheben, und ich glaube, daß sich diese Einwendungen hätten auswirken müssen.
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie im Namen der Mehrheit des Außenhandelsausschusses
und seines Zollunterausschusses dringend bitten, daß wir nun wirklich das schon lange fällige Gesetz verabschieden. Denn ich muß schon sagen: es war ein Verwaltungskunststück, daß wir die ganzen Torquay-Verhandlungen haben führen können, ohne daß ein autonomes Zollgesetz in Deutschland vorgelegen hat.