Rede:
ID0114515000

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Fisch.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag; den 31. Mai 1951 5709 145. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . 5710A, 5744C Zur Tagesordnung 5710A, 5747C Freudenberg (FDP) 5747C Mellies (SPD) 5747C Schröter (CDU) 5747D Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes (ESt- und KSt-Änderungsgesetz 1951 (Nrn. 1982, 2212, zu 2212 der Drucksachen); Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Umdruck Nrn. 186, 191, 192, 193, 195, 196, 197, 199, 200) 5710B Zur Geschäftsordnung: Mellies (SPD) 5710B Schröter (CDU) 5710C Zur Sache: Dr. Koch (SPD) . . . 5710D, 5729D, 5733A, 5734B, 5737D, 5744C Dr. Ringelmann, Staatssekretär im Bayerischen Finanzministerium . . 5713B 5718C Müller (Frankfurt) (KPD) 5715C, 5720A, 5736C Dr. Wellhausen (FDP) 5717A Dr. Bertram (Z) . . . 5719B, 5727D, 5732B Neuburger (CDU) 5720C, 5731D, 5737B, 5742A Kurlbaum (SPD) 5720D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5721C, 5725B, 5731A, 5733C, 5739D Frau Wessel (Z) 5722D Dr. Greve (SPD) 5723C Frau Lockmann (SPD) . . . 5724A, 5737A Farke (DP) 5726B Frau Dr. Weber (Essen) ,(CDU) . . 5726D Loritz .(WAV) 5727C Pelster (CDU) 5729A Horn (CDU) 5729C Dr. Dr. Höpker-Aschoff '(FDP). . 5732D Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 5738B Lausen (SPD) 5740C Ewers (DP) 5743A Dr. Bucerius (CDU) 5746A Zur Abstimmung: Dr. Koch (SPD) 5746B Müller (Frankfurt) (KPD) 5747A Abstimmungen: . 5719A, 5722B, 5733C, 5737C, 5738A, 5740A, 5744D, 5747B Fortsetzung der zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, BP, Z eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr (Nr. 2061 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (il. Ausschuß) (Nrn. 2213, 2286 der Drucksachen) 5747C, 5748A Freudenberg (FDP) (zur Geschäftsordnung) 5747C Dr. Povel (CDU), Berichterstatter . 5748A Mertins (SPD) 5748C Abstimmung 5749D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2245 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung des Art. 108 Absätze 1, 2 und 4 des Grundgesetzes (Nr. 2268 der Drucksachen) 5747C, 5750A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5750B, 5754D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5752B Lausen (SPD) 5753A Renner (KPD) 5756B Ausschußüberweisung 5758A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das -Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan IV - Haushalt des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts - (Nr. 1904 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr.172) in Verbindung mit Einzelplan IV b - Haushalt für Angelegenheiten des Europarats und verwandter Gebiete - (Nr. 1927 der Drucksachen) 5758A, C, 5764A Strauß (CSU) (zur Geschäftsordnung) 5758B Mellies (SPD): zur Geschäftsordnung . . 5758B, 5765A zur Sache 5768C Dr. Blank (Oberhausen) (CDU), Berichterstatter 5758C, 5764A Dr. Wuermeling (CDU): zur Geschäftsordnung 5764C zur Sache 5772C Dr. von Campe (DP) 5765B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 5771D, 5778C, 5800D Dr. Luetkens (SPD) . . . . 5773D, 5801D. Fisch (KPD) 5782C Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) (zur Geschäftsordnung) . . 5785A, 5788D Dr. Bertram (Z) (zur Geschäftsordnung) 5785A, 5789A Loritz (WAV): zur Geschäftsordnung 5785A zur Sache 5785B, Dr. von Brentano (CDU) (zur Geschäftsordnung) 5789A Dr. Reismann (Z) 5789C Fürst zu Oettingen Wallerstein (BP) 5793C Dr. Vogel (CDU) 5794Ç Ollenhauer (SPD) 5797B von Thadden (DRP) 5802A Abstimmungen 5802C Nächste Sitzung 5803B, D Die Sitzung wird um 13 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
  • folderAnlagen
    Keine Anlage extrahiert.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Stellen Sie sich bitte vor, die Anträge der Opposition fänden eine Mehrheit; dann hätte die Bundesrepublik Deutschland weder einen Bundeskanzler noch ein Bundeskanzleramt noch ein Auswärtiges Amt.

    (Zurufe von der SPD und KPD.)

    Da finde ich ja nun doch die englische Methode sehr viel praktischer, einen gewissen Abstrich zu beantragen. Aber die Opposition will sofort das Ganze streichen. Sie (zur SPD) müssen doch immer an meinen Nachfolger denken!

    (Beifall und große Heiterkeit bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD und KPD.)

    Meine Damen und Herren, ich werde auch wieder ernster werden; aber lassen Sie mich erst einige Kleinigkeiten vorwegnehmen. Der Herr Mellies hat mich als den Mann dargestellt, der überhaupt gar nicht durchgreift und alles laufen läßt. Dann hat Herr Kollege Luetkens doch wieder die andere Seite meines Wesens so stark herausgestrichen.
    {Heiterkeit in der Mitte. — Zurufe von
    der SPD.) C
    Es scheint also, daß ich doppelseitig bin; und das ist vielleicht manchmal gut.

    (Erneute Zurufe von der SPD. — Zuruf des Abg. Renner.)

    — Ich habe noch schöne Sachen, warten Sie ab!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der Herr Staatssekretär Hallstein hält nicht nur Sonntagsreden; er hält auch an Werktagen Reden,

    (Zuruf des Abg. Renner)

    und seine Reden finden im allgemeinen außerordentlich große Anerkennung.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien. Zurufe von der SPD.)

    Ich freue mich darüber, daß er das tut; denn er wirbt für eine große europäische Idee,
    {Beifall bei den Regierungsparteien)
    für einen großen europäischen Gedanken. Und ich finde Ausdrücke wie Haftpsychose oder, Wendungen, man solle nicht in jedem einen Wolf im Schafspelz sehen, gar nicht so beleidigend.

    (Zurufe von der SPD.)

    Ich habe gar nicht die Angst 'vor Wölfen im Schafspelz.

    (Lachen und Zurufe bei der SPD. — Abg. Renner: Kunststück!)

    — Auch nicht einmal vor Ihnen, alter Freund Renner!

    (Heiterkeit.)

    Der Herr Kollege Luetkens hat geglaubt, das konfessionelle Moment in die Debatte werfen zu sollen. Er hat behauptet, daß im Auswärtigen Amt Richtlinien darüber aufgestellt worden seien, wie die Besetzung vorzunehmen sei, eben nach


    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    konfessionellen Gesichtspunkten. Ich erkläre Ihnen ausdrücklich, daß solche konfessionellen Richtlinien nicht aufgestellt sind.

    (Hört! Hört! bei den Regierungsparteien.)

    Es ist mir aber von ausländischen Staaten, auf deren Interesse wir Rücksicht nehmen müssen, mitgeteilt worden, wir sollten doch nicht in den alten Fehler verfallen, den man früher oft gemacht habe, indem man Vertretungen im Ausland nur mit evangelischen Beamten besetzt habe. Das ist mir ausdrücklich mitgeteilt worden.

    (Bewegung bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, ich möchte nun auf das Beispiel, das Herr Luetkens angeführt hat, kurz eingehen. Er hat von den südamerikanischen Schulen gesprochen. Ich habe die Statistik hier. Ich weiß nicht, aus welchem Grund ich in deren Besitz gekommen bin. Ich habe die Rede des Herrn Kollegen Luetkens nicht vorher gekannt. Wir haben insgesamt 12 Lehrkräfte an südamerikanische Schulen geschickt. Von diesen 12 Lehrkräften waren 9 evangelischer Konfession,

    (Hört! Hört! in der Mitte)

    2 katholischer Konfession, und eine Lehrkraft war konfessionslos.

    (Rufe in der Mitte: Hört! Hört! Na also! — Abg. Dr. Wuermeling: Wieder eine Entnebelung! — Abg. Majonica: Der SPD sind zwei schon zuviel! — Weitere lebhafte Zurufe von der Mitte. — Gegenrufe von der SPD.)

    Ehe ich zu einigen allgemeinen Darlegungen über die deutsche Außenpolitik komme, muß ich doch — ich tue das an sich nicht gern — den Herrn Kollegen Luetkens darauf aufmerksam machen, daß er sich mit seinen Darlegungen über den Schumanplan sehr stark in Gegensatz zu den Ausführungen seines Fraktionsvorsitzenden, wenigstens zu jenen, die dieser am 10. März des vergangenen Jahres gemacht hat, gestellt hat.

    (Zuruf des Abg. Dr. Luetkens. — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Ich darf in Ihr Gedächtnis zurückrufen, daß der Herr Kollege Luetkens davon gesprochen hat, man komme durch diese deutsch-französische Politik wieder auf das falsche Geleise. Der Herr Kollege Schumacher hat damals — Herr Luetkens, Sie können es von mir haben, Sie brauchen es nicht mitzuschreiben —

    (Heiterkeit)

    folgendes ausgeführt:
    Man sollte jetzt von unserer Seite den Versuch machen, unter Betonung der europäischen Kooperation und in streng europäischem Rahmen im Geiste der Gemeinsamkeit auf das Ziel einer größtmöglichen wirtschaftlichen Vereinigung Europas loszugehen.
    Ohne Zweifel ist es

    (Zuruf von der SPD)

    — halt, es kommt! —

    (Heiterkeit)

    eine gute Sache, wenn Frankreich und Deutschland gerade wegen der besonderen Spannung zwischen diesen beiden Ländern und ihren Wirtschaften auch den Anfang' bei der konkreten Behandlung dieser Themen machen;

    (Zuruf von der SPD; — Beifall in der Mitte)

    denn wenn Frankreich und Deutschland nicht g die Formel der ökonomischen Symbiose finden, dann konkurrieren sie sich in Grund und Boden.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Darum, meine Damen und Herren, steuern wir auf das Ziel eines Friedensvertrages mit Deutschland. Aber solange er nicht realisiert ist, sollten wir besonders auf wirtschaftspolitischem Gebiet, nicht auf territorialem Gebiet, das Ziel angehen, Anfänge zu schaffen in der gegenseitigen wirtschaftlichen Berücksichtigung der Interessen Deutschlands und Frankreichs durch direkte Fühlungnahme.

    (Zuruf von der SPD: Na also! — Abg. Dr. Wuermeling: Schumacher als Vater des Schumanplans!)

    Mit anderen Worten, ich rede hier einer Initiative zu Verhandlungen mit Frankreich speziell auf wirtschaftspolitischem Gebiet das Wort,

    (Zuruf von der SPD: Na und?) Verhandlungen, die größer sind und tiefer gehen als das, was Handelsvertragsabkommen hervorbringen können, die einen deutschfranzösischen Freundschaftsvertrag bringen.


    (Zurufe von SPD: Ausgezeichnet!)

    — Na, meine Damen. und Herren, wenn Sie jetzt „ausgezeichnet" sagen, dann haben Sie die Worte des Herrn Dr. Luetkens nicht verstanden.

    (Lebhafter Beifall und große Heiterkeit in der Mitte. — Zurufe von der SPD.)

    Aber, meine Damen und Herren, ich freue mich ja, daß Sie bei den Worten des Herrn Dr. Schumacher vom März 1950 bleiben; und ich werde mir erlauben, Sie bei der Beratung des Schumanplans daran zu erinnern. 0

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Nun ein allgemeines Wort zu der Frage: „Aufgabe der Opposition". Herr Kollege Luetkens hat ausgeführt, die Opposition habe ein Recht darauf, daß mit ihr beim Aufbau der Regierung, insbesondere des Auswärtigen Amtes, Fühlung genommen werde, und die Opposition habe ein Recht darauf, beim Aufbau zugezogen zu werden. Ich stehe ganz allgemein gesagt auf dem Standpunkt, daß man versuchen muß, im Auswärtigen Amt und namentlich bei den ausländischen Vertretungen ein Bild des heutigen Deutschlands darzustellen; und nach meiner Auffassung gehört zum Bild des heutigen Deutschlands die Sozialdemokratische Partei. Dementsprechend habe ich im Herbst des Jahres 1950 — es war September oder Oktober — einen Brief an den Vorsitzenden der sozialdemokratischen Fraktion gerichtet mit der Bitte, mir doch geeignete Persönlichkeiten aus der Sozialdemokratischen Partei zwecks Verwendung im auswärtigen Dienst zu benennen.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Auf diesen Brief habe .ich niemals eine Antwort bekommen.

    (Erneute Rufe: Hört! Hört! bei den Regierungsparteien.)

    Wenn jetzt Herr Kollege Luetkens sagt: „Wir erwarten konkrete Vorschläge",

    (Zurufe von der SPD)

    und „Wenn uns eine derartige Mitteilung gemacht wird, nachdem schon alles besetzt ist", so kann ich Herrn Kollegen Luetkens nur folgendes darauf erwidern: Als dieser Brief geschrieben wurde, war sozusagen noch gar nichts besetzt. Ich bin jederzeit


    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    I bereit, den statistischen und den Namensnachweis darüber zu erbringen.
    Aber nun, meine Damen und Herren, wenn die Opposition dieses Recht geltend macht — und ich erkenne das Recht an —, dann muß sie sich auch von mir sagen lassen, daß jedem Recht eine Pflicht gegenübersteht,

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien)

    daß ich niemals ein Recht für mich beanspruchen kann, wenn ich nicht gleichzeitig bereit bin, die Pflicht, die auch eine Opposition nach meiner Meinung hat, zu erfüllen.

    (Erneute Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Was nun die Pflicht der Opposition in Sachen der auswärtigen Politik angeht, so bin ich mir völlig darüber klar, daß bei der Kritik, der sich jede Regierung auch auf diesem Gebiete unterwerfen muß, doch eins immer auch von der Opposition bei der Kritik gewahrt werden muß, und das ist das deutsche Interesse!

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts. — Zuruf des Abg. Renner.)

    Es geht nicht an, meine Damen und Herren, daß an
    der auswärtigen Politik einer Regierung von einer
    großen Partei aus parteipolitischen Gründen nur
    Kritik und nur Kritik und nur Kritik geübt wird.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich glaube, es wird mir doch gelingen, im Laufe meiner Ausführungen der Öffentlichkeit klarzumachen, daß diese bisher von der Sozialdemokratischen Partei an der Politik der Bundesregierung hinsichtlich ihrer auswärtigen Beziehungen geübte Kritik negativ bis zum äußerten gewesen ist.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Ich berufe mich nicht gern auf Zeugen aus dem Ausland; aber Sie wissen selbst ganz genau, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei, daß Sie, als Sie unlängst in Brüssel mit Ihren Parteifreunden aus den verschiedenen europäischen Ländern zusammengewesen sind, bittere Wahrheiten wegen Ihrer auswärtigen Politik zu hören bekommen haben.

    (Abg. Renner: Woher wissen Sie das eigentlich? Hat Herr Spaak Ihnen das erzählt?)

    --Von den Teilnehmern weiß ich das! (Große Heiterkeit. — Zuruf von der SPD: Ist das ein Telegramm aus Düsseldorf?)

    Ich komme zu einigen Fragen, die Herr Kollege Luetkens eingangs seiner Ausführungen angeschnitten hat. Das sogenannte Geheimabkommen bezüglich der französischen Polizei an der Saar ist kein Geheimabkommen. Das ist schon x-mal in deutschen Zeitungen sogar veröffentlicht worden.

    (Abg. Strauß: Es steht in Büchern drin!)

    Es steht zufällig, glaube ich, in der „Zeit" von gestern, und anscheinend hat Herr Luetkens es da
    zum erstenmal gesehen. Es ist also kein Geheimnis.

    (Heiterkeit in der Mitte und rechts. - Zurufe von der SPD.)

    Zweitens: Man erlebt ja vieles, wenn man so in der Bundesregierung tätig ist, so wie wir darin tätig sind.

    (Zuruf von der SPD: Das Geständnis ist interessant!)

    — Das ist kein Geständnis. Das tun Sie doch auch.
    Aber sehen Sie, wenn Sie sich jetzt auch noch zu einem Superföderalismus bekennen — wo kommen wir dann schließlich hin?

    (Große Heiterkeit. — Lebhafter Beifall in .der Mitte.)

    Wenn Herr Dr. Luetkens sagt, daß durch den Schumanplan nur die Interessen von Nordrhein-Westfalen berührt würden, ja, meine Damen und Herren, braucht denn Nordrhein-Westfalen allein die Kohle?

    (Zuruf von der SPD: Das hat er gar nicht gesagt!)

    Braucht denn Nordrhein-Westfalen allein das Eisen? Sind nicht alle Länder daran in gleicher Weise
    interessiert? Sollen wir schließlich noch so weit
    kommen, daß wir die Außenpolitik nicht nur hier,
    sondern noch mit 11 Bundesländern zusammen
    machen? Nein, meine Damen und Herren, dann
    müssen Sie einen anderen Außenminister suchen.

    (Heiterkeit in der Mitte. — Zuruf von der SPD: Das werden wir tun!)

    Ich lege Wert darauf, eine Erklärung des Herrn Kollegen Luetkens hier ausdrücklich und sehr nachdrücklich richtigzustellen. Ich bitte Herrn Kollegen Luetkens, von dieser meiner Richtigstellung Notiz zu nehmen.

    (Abg. Strauß: Und Gebrauch zu machen!)

    Herr Dr. Luetkens hat behauptet, ich hätte den Westalliierten einen deutschen Beitrag zur Remilitarisierung angetragen, und das sei nicht angenommen worden. Meine Damen und Herren, ich erkläre hiermit, und zwar sehr nachdrücklich, daß diese Behauptung falsch ist.

    (Zuruf von der SPD: Vorsichtig! — Abg. Renner: Ganz falsch oder halb falsch? Es sind nämlich zwei Behauptungen!)

    - Ja, Herr Renner, bei Ihnen!

    (Abg. Renner: Angeboten und zurückgewiesen!)

    Meine Damen und Herren, ich will Ihnen sagen, was ich beantragt habe. Ich habe vor der New Yorker Außenministerkonferenz den Antrag gestellt, man solle der Bundesrepublik eine Bereitschaftspolizei in dem Umfange und mit der Bewaffnung gestatten wie die Volkspolizei in der Ostzone.

    (Abg. Renner: Ach, wie billig!)

    Das habe ich beantragt. Leider hat die New Yorker Außenministerkonferenz dem Antrag nicht stattgegeben. Hätte man dem Antrag damals stattgegeben, wären viel Arger und viele Rederei erspart worden.
    Meine Damen und Herren, der Passus in einer Note, die ich selbst dem Herrn Dr. Luetkens gegeben habe, und zwar in einer Note über die Remilitarisierung Deutschlands, ist nicht zu verstehen, wenn man nicht weiß, daß diese Note die Zusammenfassung eines mündlichen Gesprächs gewesen ist, das ich auf dem Petersberg gehabt habe.

    (Abg. Renner: Hört! Hört! Jetzt kommt es heraus!)

    Auf dem Petersberg ist mir im Herbst damals entgegengehalten worden, daß wir eine nationale deutsche Armee haben wollten. Darauf habe ich erklärt: Wir wollen am liebsten überhaupt keine, aber wenn wir einen Beitrag leisten müssen, dann wollen wir keine nationale deutsche Armee, son-


    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    dern dann wollen wir einen Beitrag zu einer europäischen Armee leisten.

    (Zuruf von der KPD: Und Eisenhower das Oberkommando!)

    Das ist es, was ich gesagt habe.
    Was ich jetzt sage, meine Damen und Herren, ist mir sehr ernst, und ich bitte die Herren von, der sozialdemokratischen Fraktion, das, was ich jetzt sage, wirklich aufzunehmen — und sich vielleicht auch einmal damit zu beschäftigen — als eine ganz ernste Bitte eines deutschen Mannes, der an einer verantwortlichen Stelle steht. Sehen Sie, meine Herren, so läßt sich keine Außenpolitik treiben.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Sie sind eine starke Partei und haben hier eine starke Fraktion. Nun will ich Ihnen einmal kurz, so kurz wie möglich, vorhalten, wie Sie sich im Laufe der Zeit, seitdem wir eine Bundesrepublik haben, zu außenpolitischen Vorgängen gestellt haben.
    Ich beginne mit dem ersten, mit dem Petersberger Abkommen im November 1949. Was haben wir dadurch erreicht? Die Rettung wesentlicher Industriezweige vor der Demontage. Wir bekamen die Genehmigung von konsularischen Beziehungen zum Ausland. Wir bekamen die deutsche Berechtigung zur Teilnahme an internationalen Organisationen. Es wurde uns mitgeteilt, daß die vorbereitenden Arbeiten zur Beendigung des Kriegszustandes nunmehr begännen. Man verlangte von uns als Gegenleistung den Beitritt der Bundesrepublik zum Ruhrstatut. Nun hören Sie die Kritik:

    (Zuruf von der SPD: Haben Sie das nicht erlebt?)

    Warten Sie mal ab. Zu Pressevertretern hat damals Ihr Fraktionsvorsitzender gesagt:
    Am kommenden Dienstag wird der Herr Bundeskanzler vor das Plenum des Bundestages treten, armselig und mit leeren Händen, nicht als Vertreter der Interessen des Volkes und vieler seiner eigenen Wähler, sondern als Anwalt seiner kapitalistischen Freunde in der CDU, FDP und DP. Er hat keine deutsche Politik vertreten,

    (Pfui-Rufe bei den Regierungsparteien)

    er hat keine europäische Politik getrieben,

    (erneute Pfui-Rufe)

    er hat lediglich den unzulänglichen ersten Gehversuch einer unmöglichen Art von Außenpolitik gemacht.

    (Abg. Hilbert: Ungeheuer!)

    Hören Sie weiter, meine Damen und Herren! Deutschlands Beitritt zum Europarat als assoziiertes Mitglied im April des Jahres 1950, Ergebnis: vollberechtigte Mitgliedschaft in der Beratenden Versammlung, als Beobachter im Ministerrat vertreten. Deutschland kann zum ersten Male wieder im internationalen Gremium seine Stimme zu allen Problemen erheben. Unerläßlicher Beitrag zum Aufbau Europas.
    Hören Sie die Kritik zu diesem Beitritt in den Europarat:
    Da Deutschland im Ministerrat nur als Beobachter vertreten sei, sei seine Mitgliedschaft
    nicht gleichberechtigt. Dieser Status der Minderwertigkeit Deutschlands im Europarat wird mehrere Jahre andauern.
    Meine Damen und Herren, er hat kein einziges Jahr angedauert.

    (Hört! Hört! bei den Regierungsparteien.)

    Der Beitritt zum Europarat würde dazu führen, daß über die Köpfe des deutschen Volkes hinweg über die Frage einer deutschen Wiederbewaffnung entschieden würde. Selbst wenn der Bundestag den Eintritt formell beschließen sollte, würde das Volk nicht mit eintreten. Die guten Europäer würden sich nicht für den Beitritt erklären, wohl aber die Leute vom Stahlkartell.
    Am 9. Juni 1950 hat Herr Dr. Schumacher auf einer Kundgebung in Paderborn mit Bezug auf den Europarat gesagt:
    Was jetzt in der Luft liegt, ist ein Bündnis der Kriegsschuldigen aller Länder gegen ihre eigenen Völker.

    (Hört! Hört! bei den Regierungsparteien.)

    Auf einer Kundgebung in Troisdorf am 8. Juni 1950:
    Wenn wir zu Straßburg „Nein" sagen, dann' tun wir es, um eure Haut und euer Leben zu retten. Wenn Deutschland dem Europarat unter den gegenwärtigen Bedingungen beitritt, dann bestimmen die anderen, ob, wie und wann Deutschland auf fremden Befehl aufgerüstet wird.

    (Zuruf von der CDU: Eine Schande ist das!)

    Dabei weiß jeder, daß der Europarat keinem Menschen etwas zu befehlen hat.

    (Unruhe bei der SPD.)

    Hören Sie weiter! Bei der Einladung Deutschlands zur Teilnahme an den Schumanplan-Verhandlungen in Paris als gleichberechtigter Partner — Ergebnis: Eine wesentliche Entspannung des deutsch-französischen Verhältnisses, dadurch Verstärkung der deutschen Position in der Welt und insbesondere in den Vereinigten Staaten, völlig gleichberechtigte Stellung Deutschlands bei den Verhandlungen, als Endergebnis - ich komme darauf noch zurück — die Abschaffung einseitiger Kontrollen der deutschen Wirtschaft.
    Kritik Dr. Schumachers:
    Die Idee des Schumanplans sei grundsätzlich zu bejahen. Man wisse aber noch nicht, wie es sich gestalten werde, und könne deshalb noch nicht dazu Stellung nehmen. Voraussetzung für eine positive Einstellung gegenüber dem Schumanplan sei, daß er die einseitigen Kontrollen über die deutsche Wirtschaft, insbesondere die Ruhrbehörde, zum Fortfall bringe.
    - Ich werde Sie daran erinnern, meine Damen und Herren.
    Am 1. Mai 1951 sagt Herr Dr. Schumacher:
    Alle Pläne wie der Schumanplan, der Pleven-plan usw. verewigen Unrecht, denn sie geben den Siegern eine Verfügungsgewalt über den Besiegten, ihre Arbeitskraft, ihren politischen Einsatz und die Nationalschätze ihrer Volkswirtschaft.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    - Ach, meine Damen und Herren, wenn Sie dazu „Sehr richtig" sagen, dann haben Sie den ganzen Schumanplan überhaupt nicht gelesen.

    (Zuruf von der SPD: Spät genug haben wir ihn gekriegt!)



    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    Bitte, hören Sie weiter! Dann wurde am 6. März 1951 die kleine Revision des Besatzungsstatuts vorgenommen. Ergebnis: Deutschland erhält das Recht diplomatischer Vertretungen im Auslande, erhebliche Erleichterung der Kontrolle der Gesetzgebung, wesentliche wirtschaftliche Erleichterungen, Aufhebung aller Beschränkungen auf dem Gebiete des Schiffbaus und der Schiffahrt, Zulassung der Produktion von künstlichem Gummi und künstlichem Benzin, Erleichterungen auf allen Gebieten der chemischen Produktion, Erleichterungen auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung.

    (Zurufe von der SPD.)

    Stellungnahme Dr. Schumacher:
    Es geht nicht um eine Revision der einen oder anderen Bestimmung des Besatzungsstatuts, sondern um die Annullierung des Besatzungsregimes.
    Unterzeichnung des Schumanplans — Ergebnisse, wenn er ratifiziert wird: Fortfall des Ruhrstatuts, Fortfall der Ruhrbehörde, Fortfall der alliierten Kohlenkontrollgruppe,

    (Zurufe: Wann?)

    Fortfall der alliierten Stahlkontrollgruppe. Die Rechte der Ruhrbehörde zur Festsetzung des deutschen Kohlenexports fallen damit fort. Die Rechte der Ruhrbehörde zur Beseitigung angeblicher Diskriminierung von seiten Deutschlands fallen fort. Die Beschränkungen der deutschen Stahlerzeugung fallen fort. Die Beschränkung der Kapazität der deutschen Stahlwerke fällt fort. Die alliierten Rechte zur Festsetzung der deutschen Kohlenexportpreise fallen fort. Die alliierten Investitionskontrolle für Kohle und Stahl fällt fort. Die alliierte Dekartellisierungs- und Dekonzentrierungspolitik auf dem Gebiet von Kohle und Stahl wird damit erledigt. Die alliierte Beschlagnahme der deutschen Kohlenbergwerke, der deutschen Eisen-und Stahlindustrie hört damit auf. Und was sagt Herr Dr. Schumacher dazu?
    Der Schumanplan sei kapitalistisch, kartellistisch, konservativ und klerikal.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ja, meine Damen und Herren, wir sprechen heute über die Frage der Außenpolitik. Ich habe mir erlaubt, Ihnen einen solchen Abriß über die bisherige Entwicklung und Ihre Stellungnahme dazu zu geben, um damit darzutun, daß ich wohl gern bereit bin, Ihnen Rechte beim Aufbau einzuräumen; aber dafür auch Sie, meine Damen und Herren, unbeschadet der Kritik — dort, wo Kritik nötig ist — nicht mehr wie bisher darin fortfahren, alles und jedes, was auf auswärtigem Gebiete geschieht, nicht nur dem deutschen Volke madig zu machen, sondern dadurch im Auslande, in dem noch genug Animosität gegen uns vorhanden ist,

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien)

    den Eindruck hervorzurufen, als wenn wir Deutsche niemals genug bekommen könnten, als seien wir Deutsche nur darauf aus, so zu werden, wie einstmals manche Kreise in Deutschland gewesen sind.

    (Langanhaltender stürmischer Beifall bei den Regierungsparteien. Zurufe von der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Fisch.

(Abg. Stücklen: Ist das schon übersetzt worden vom Russischen ins Deutsche?)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Walter Fisch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Vor kurzem ließ der Bundeskanzler von Straßburg aus eine Rundfunkrede verbreiten, in der er Feststellungen traf, die nach seiner Auffassung wohl von besonderer Bedeutung sein sollten. Seine heutigen Erklärungen über die Grundzüge seiner Außenpolitik stellen eine Unterstreichung dessen dar, was in dieser Rede vorweggenommen war. In dieser Rede erklärte er, Deutschland sei als gleichberechtigtes Mitglied in den Europarat aufgenommen worden. Er 'behauptete, von nun an könne keine europäische Entscheidung mehr ohne Deutschland getroffen werden. Ich denke, es wäre richtiger gewesen, zu sagen: es gibt heute in Bonn keine Entscheidung mehr ohne Amerika!

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Was Herr Adenauer heute und damals als „Gleichberechtigung" bezeichnet, ist in Wirklichkeit die Gleichschaltung mit den Direktiven von Washington. Paris und Straßburg, so sagte der Herr Bundeskanzler, das seien die beiden entscheidenden Etappen auf Deutschlands Weg zur europäischen Gemeinschaft. Und doch sind beide, der SchumanPlan ebenso wie der Europarat, nichts anderes als Gebilde der amerikanischen imperialistischen Kriegspolitik auf europäischem Boden.

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Es ist amerikanisches Streben, die entscheidenden Wirtschaftsschätze Westeuropas, Kohle, Stahl und Eisen, unter eine gemeinsame, nämlich die amerikanische Regie zu stellen. Es sind amerikanische Pläne, die eine einheitliche Ausrichtung der westeuropäischen Regierungen im Sinne einer aggressiven antisowjetischen Politik anstreben. Es soll doch niemand so tun, als ob die Erfinder der sogenannten europäischen Gemeinschaft jemals an Europa gedacht haben! Sie haben an eine amerikanisch-westeuropäische Allianz gedacht, an eine Allianz unter amerikanischem Kommando.
    Ich möchte etwas weiter in die Geschichte dieser europäischen Allianz zurückgreifen, um zu beweisen, was es mit ihr auf sich hat. Am 17. Januar 1947 hat ein heute maßgeblicher Mann der amerikanischen Außenpolitik, Mr. John Foster Dulles, in New York eine Rede gehalten, in der er erklärte:
    Das Ruhrgebiet mit seinen Kohlen-, Industrie-
    und Menschenreserven ist das natürliche wirtschaftliche Herz Westeuropas. Aus diesem Gebiet müssen nicht nur die Existenzmittel für
    die Deutschen fließen, sondern auch für die
    westlichen Nachbarn Deutschlands.
    Es wäre sehr zweckmäßig gewesen, wenn der Herr Bundeskanzler bei seinem heutigen Rückblick auf die Siegesserie seiner europäischen Politik dieses Motto zitiert hätte, das an der Spitze seiner verschiedenen Handlungen im Sinne einer „europäischen Ordnung" gestanden hat. Diese Äußerung des Mr. Dulles geschah einen Tag nachdem Churchill von der Gründung eines britischen Komitees für ein vereintes Europa Mitteilung gemacht hatte.
    Was ist das für éin Europa? Für Herrn John Foster Dulles, für die Morgan-Bank, für die Rockefeller-Leute und die amerikanischen Generalstäbler, für sie ist Europa das Gebiet, in dem sich die Ruhr befindet. Für sie ist Europa ein Begriff, bei dem es um soundsoviel Millionen Tonnen Produktionskapazität an Kohle, an Stahl und Eisen geht. Europa ist für sie eine genau berechenbare Hilfsquelle an Material und an Menschen, besonders an Material — denn die Menschen rangieren bei ihnen immer an zweiter Stelle — für die Kriegsaufrüstung, für Profite, für die Festigung ihrer wirt-


    (Fisch)

    schaftlichen Monopolstellung in der kapitalistischen Welt. Diese Leute brauchen an der Ruhr eine Regierung, wie die des Herrn Bundeskanzlers Adenauer, eine Regierung, die wohl stark genug ist, das Volk niederzuhalten und in Europa den Gendarm zu spielen, die aber andererseits genügend schwach ist, um ein gefügiges Werkzeug in ihren Händen zu bleiben.

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Ein Blatt, das der Politik des Herrn Dr. Adenauer sehr gut gesinnt ist, die Stuttgarter „Deutsche Zeitung", schrieb am 24. Januar zur bevorstehenden „europäischen Tat", nämlich zu dem Termin der Unterzeichnung des Schumanplans:
    Die Wahrheit ist, daß weder Paris noch Bonn
    diesen Termin bestimmen können. Die Entscheidung fällt auf dem Petersberg oder genauer gesagt in Washington.
    Herr Dr. Adenauer sprach heute von der errungenen „Gleichberechtigung" in der europäischen Gemeinschaft. Der Herr Bundeskanzler soll uns erklären, worin die Gleichberechtigung besteht, jene „Gleichberechtigung", die auf 50 Jahre hinaus eine von amerikanischen Konzernherren und Großbankiers gelenkte sogenannte Hohe Behörde zuläßt, in der es keinerlei Mitbestimmungsrecht des deutschen Volkes gibt, die autoritär über die Produktion und die Verwendung der entscheidenden Rohstoffe Westdeutschlands bestimmen soll. Der Herr Bundeskanzler soil uns doch erklären, worin die „Gleichberechtigung" besteht, wenn auf unbeschränkte Zeit hinaus Agenten amerikanischer Konzerne als Kommissare in unserer Wirtschaft tätig sein sollen. Der Herr Bundeskanzler soll uns erklären, worin die „Gleichberechtigung" besteht, wenn die deutsche Landschaft als Aufmarschgelände für den Krieg hergerichtet und die deutsche Jugend zum Dienst in Fremdenlegionen gezwungen wird. Und dies alles, ohne daß das Volk auch nur seine Meinung darüber äußern soll.
    Der Herr Bundeskanzler hat in feierlichen Worten verkündet, daß demnächst die letzten noch bestehenden Beschränkungen der Souveränität, das Besatzungsstatut, das Ruhrstatut und die Produktionseinschränkungen für unsere Wirtschaft, fallen würden. Warum verschweigt der Herr Bundeskanzler, daß an die Stelle gewisser geltender Beschränkungen, die durch Statut und Paragraphen gekennzeichnet sind, nunmehr andere treten sollen, die zwar nicht in Paragraphen gekleidet sind, aber um so drückendere Fesseln bedeuten? Warum verschweigt er, daß es auch morgen und weiterhin keine freie deutsche Wirtschaft, keinen freien deutschen Handel, keinen freien deutschen Außenhandel und keine freie deutsche Verfügung über unsere Rohstoffe und Arbeitskräfte in Westdeutschland geben wird? Warum verschweigt er, daß er geheime Angebote zur Lieferung deutschen Menschenmaterials für eine sogenannte Westarmee gemacht hat, ohne auch nur den Bundestag zu fragen? Denn die Erklärung von heute, er habe keine solchen Angebote an die westlichen Alliierten gemacht, wurde doch von niemand anderem als von seinem eigenen damaligen Ministerkollegen Dr. Heinemann der Unrichtigkeit überführt. Oder kann sich Herr Adenauer heute nicht mehr an sein berühmtes Sicherheitsmemorandum vom 29. August des vergangenen Jahres erinnern, das er seinen eigenen Kabinettskollegen vorenthalten hat und dessen Absendung Anlaß zum Ausscheiden des Dr. Heinemann aus der Bundesregierung gewesen ist?

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Warum verschweigt der Bundeskanzler das alles? Darum, weil ihm entsprechende amerikanische Empfehlungen vorgelegt wurden, weil die wahren Herren, die hier regieren, nicht wollen, das darüber gesprochen wird.
    Man muß hier einmal feststellen, wie sich die amerikanischen Herren Schritt für Schritt z. B. in alle entscheidenden Schlüsselpositionen der westdeutschen Wirtschaft gesetzt haben, wie sie das auch ohne Statuten, auch ohne Gesetze taten. Gestatten Sie, daß ich zwei Beispiele hierfür anführe. Von wenigen Jahren noch unterstand die Ruhrkohle der britischen Besatzungsmacht. Der britische Außenminister Bevin gab noch 1947 mehrmals die Versicherung ab, daß die britische Regierung die Überführung der Ruhrindustrie in öffentliches Eigentum unterstützen werde. Ja, meine Damen und Herren, das war die Zeit, in der Herr Nölting vom Sozialismus als Tagesaufgabe und in der selbst Herr Arnold von der Überwindung des Kapitalismus sprachen.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Wie 'lange ist das her! Man weiß, wie der amerikanische kalte Krieg zur Eroberung der Ruhr seither verlaufen ist. Die vorläufig Netzte Etappe dieses unblutigen Feldzuges ist die Schaffung der westeuropäischen Montanunion, genannt Schumanplan.
    Und wie ist es mit dem Außenhandel? Vor einiger Zeit gab es noch die JEIA. Sie bestimmte über den deutschen Außenhandel. 70% ihres Kapitals war amerikanischer Herkunft. Heute ist die JEIA zwar formell liquidiert, aber ihre Funktionen sind auf den Außenhandelsausschuß der Hohen Kommission übergegangen. Die Beschränkungen des Außenhandels, insbesondere das Handelsverbot mit den Ländern des Ostens und die Niederhaltung des innerdeutschen Handels, sind geblieben. Die OEEC, die amerikanisch dirigierte Befehlsstelle für den europäischen Handel, übt ein ausgesprochenes Weisungsrecht über den deutschen Außenhandel aus. Die Bundesregierung hat diesem Organ nicht nur ihre Ein- und Ausfuhrpläne zur Genehmigung zu unterbreiten, ja sie ist jetzt sogar zur vierzehntägigen Berichterstattung verpflichtet.
    Auf amerikanische Empfehlung erläßt die Bundesregierung eine Verordnung nach der anderen zur sogenannten Rohstofflenkung, durch die erreicht werden soll, daß alle lebenswichtigen Rohstoffe in erster Linie zur Verwendung für Zwecke des Kriegsatlantikpaktes zur Verfügung stehen. Auch das gehört zur sogenannten „Gleichberechtigung".
    Ein besonders beschämendes Beispiel für das dienstfertige und unterwürfige Verhalten gewisser Leute bei der Opferung der Interessen des deutschen Außenhandels haben wir im Falle des Hamburger Schiffes „May Rickmers" erlebt. Irgendein Piratenhäuptling hat in chinesischen Gewässern ein deutsches Handelsschiff, das mit offiziell genehmigter Ladung an Bord fuhr, gekapert. Unter vielen Schwierigkeiten haben sich die deutschen Reeder um die Wiederherstellung wenigstens eines Teils ihrer alten Beziehungen bemüht. Sie befahren die gleichen Schiffahrtslinien, sie liefern die gleichen Waren wie britische Schiffe oder Schiffe anderer Nationen. Und wie schützt sie die Bundesregierung? Diese wagt nicht einmal, gegen einen Piratenstreich zu protestieren. Ja sie kündigt an, daß die Firma, deren Schiff geraubt wurde, mit dem Entzug jeglicher Kredite bestraft wird.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)



    (Fisch)

    Ich frage Sie: Was würde wohl mit einem britischen Ministerpräsidenten geschehen, der sich eine solche Würdelosigkeit zuschulden kommen ließe?

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Und warum dies alles? Nur weil man befürchtet, ein deutsches Schiff, das wie Schiffe anderer Völker auf der östlichen Erdhälfte fährt, könne das Mißfallen der Amerikaner erregen. Das ist wohl ein ausgezeichnetes Beispiel für die sogenannte Gleichberechtigung, die der Herr Bundeskanzler durch seine Politik erobert hat.
    Die Renten sind unerträglich niedrig, der Wohnungsbau stockt, der Lastenausgleich wird auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Wen kümmert das auf dem Petersberg? Wozu denn eine Auskunft, wofür die Milliarden für Besatzungskosten gebraucht werden? Hauptsache, es finden sich genügend Leute in Bonn, die die Milliarden eintreiben und bezahlen. Auch dies geschieht sicherlich im Zeichen der „Gleichberechtigung", die die Außenpolitik des Herrn Adenauer für Westdeutschland erworben hat.
    Und nun erleben wir seit einigen Wochen, wie ganz still und leise auf einer ganzen Anzahl wichtiger Kommandostellen in der Bonner Bundesverwaltung ausgesprochene Vertrauensleute, jawohl man muß sagen: Kommissare mit besonderen Vollmachten ihren Einzug halten, damit Sie es deutlich wissen: Kommissare der Amerikaner. Ich möchte dazu noch etwas deutlicher werden. Ich möchte gern, daß der Herr Bundeskanzler uns Auskunft gibt, welche Rolle innerhalb der Bundesregierung etwa die folgenden Herren spielen: Herr Dr. Sogemeier auf dem Gebiete der Kohlebewirtschaftung, Herr Friedrich, der Berater für Rohstofffragen, der von sich selbst behauptete, er werde wohl demnächst der unpopulärste Mann in West-Deutschland sein, oder Herr Dr. Ernst, der Koordinierungskommissar für alle Wirtschaftsfragen, oder Herr Dr. Kaufmann, der neue Bundesdevisenkommissar. Herr Dr. Sogemeier war schon einmal Kommissar für die Umstellung der Kohlewirtschaft auf den Krieg. Das war 1937. Da arbeitete er allerdings für die Vorbereitung des Hitler-Krieges. Zweifellos ein geeigneter Spezialist für die sogenannte Friedensnolitik der amerikanischen Generalstäbler. Herr Friedrich war zut Weimarer Zeit in leitender Position bei einer der größten amerikanischen Gummifabriken. Unter Hitler war er Wehrwirtschaftsführer. Herr Dr. Ernst war unter Hitler Reichskommissar für die Verwaltung des Feindvermögens. und man weiß, daß er das amerikanische Feindvermögen besonders fachmännisch und sorgfältig behandelt hat.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Ich frage: Wem unterstehen diese Herren, wieweit gehen ihre Vollmachten, was haben ihnen gegenüber die Herren Minister selber noch zu sagen? Und kann der Herr Bundeskanzler uns sagen, in welchem besonderen Verhältnis diese Herren zu den ihnen beigeordneten amerikanischen Beratern stehen?

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Ich möchte noch etwas weiter zurückgreifen. Während des Krieges war Chef des amerikanischen militärpolitischen Geheimdienstes — OSS — Mr. Allen Dulles, ein Bruder des Ihnen allen bekannten Mr. Foster Dulles. Seinen Sitz hatte er in der Schweiz. Diese beiden Herren Dulles sind typische Vertreter der Verbindung der amerikanischen Hochfinanz mit der Außenpolitik und mit den Spionagediensten. Diese beiden Brüder unterhielten in New York ein sogenanntes Advokatenbüro, ein Büro, in dem die Fäden einer Anzahl der wichtigsten Industrie- und Finanzkonzerne zusammenliefen. Eine der hierzu gehörenden Großbanken war die Schröder-Bank, zu deren deutschem Partner, dem Baron Kurt von Schröder, der 1933 Hitler in den Sattel hob, gewisse Herren auf der Regierungsbank und auch hier unten im Saal bekanntlich ausgezeichnete Beziehungen haben.