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ID0114511300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag; den 31. Mai 1951 5709 145. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . 5710A, 5744C Zur Tagesordnung 5710A, 5747C Freudenberg (FDP) 5747C Mellies (SPD) 5747C Schröter (CDU) 5747D Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes (ESt- und KSt-Änderungsgesetz 1951 (Nrn. 1982, 2212, zu 2212 der Drucksachen); Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Umdruck Nrn. 186, 191, 192, 193, 195, 196, 197, 199, 200) 5710B Zur Geschäftsordnung: Mellies (SPD) 5710B Schröter (CDU) 5710C Zur Sache: Dr. Koch (SPD) . . . 5710D, 5729D, 5733A, 5734B, 5737D, 5744C Dr. Ringelmann, Staatssekretär im Bayerischen Finanzministerium . . 5713B 5718C Müller (Frankfurt) (KPD) 5715C, 5720A, 5736C Dr. Wellhausen (FDP) 5717A Dr. Bertram (Z) . . . 5719B, 5727D, 5732B Neuburger (CDU) 5720C, 5731D, 5737B, 5742A Kurlbaum (SPD) 5720D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5721C, 5725B, 5731A, 5733C, 5739D Frau Wessel (Z) 5722D Dr. Greve (SPD) 5723C Frau Lockmann (SPD) . . . 5724A, 5737A Farke (DP) 5726B Frau Dr. Weber (Essen) ,(CDU) . . 5726D Loritz .(WAV) 5727C Pelster (CDU) 5729A Horn (CDU) 5729C Dr. Dr. Höpker-Aschoff '(FDP). . 5732D Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 5738B Lausen (SPD) 5740C Ewers (DP) 5743A Dr. Bucerius (CDU) 5746A Zur Abstimmung: Dr. Koch (SPD) 5746B Müller (Frankfurt) (KPD) 5747A Abstimmungen: . 5719A, 5722B, 5733C, 5737C, 5738A, 5740A, 5744D, 5747B Fortsetzung der zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, BP, Z eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr (Nr. 2061 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (il. Ausschuß) (Nrn. 2213, 2286 der Drucksachen) 5747C, 5748A Freudenberg (FDP) (zur Geschäftsordnung) 5747C Dr. Povel (CDU), Berichterstatter . 5748A Mertins (SPD) 5748C Abstimmung 5749D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2245 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung des Art. 108 Absätze 1, 2 und 4 des Grundgesetzes (Nr. 2268 der Drucksachen) 5747C, 5750A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5750B, 5754D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5752B Lausen (SPD) 5753A Renner (KPD) 5756B Ausschußüberweisung 5758A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das -Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan IV - Haushalt des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts - (Nr. 1904 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr.172) in Verbindung mit Einzelplan IV b - Haushalt für Angelegenheiten des Europarats und verwandter Gebiete - (Nr. 1927 der Drucksachen) 5758A, C, 5764A Strauß (CSU) (zur Geschäftsordnung) 5758B Mellies (SPD): zur Geschäftsordnung . . 5758B, 5765A zur Sache 5768C Dr. Blank (Oberhausen) (CDU), Berichterstatter 5758C, 5764A Dr. Wuermeling (CDU): zur Geschäftsordnung 5764C zur Sache 5772C Dr. von Campe (DP) 5765B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 5771D, 5778C, 5800D Dr. Luetkens (SPD) . . . . 5773D, 5801D. Fisch (KPD) 5782C Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) (zur Geschäftsordnung) . . 5785A, 5788D Dr. Bertram (Z) (zur Geschäftsordnung) 5785A, 5789A Loritz (WAV): zur Geschäftsordnung 5785A zur Sache 5785B, Dr. von Brentano (CDU) (zur Geschäftsordnung) 5789A Dr. Reismann (Z) 5789C Fürst zu Oettingen Wallerstein (BP) 5793C Dr. Vogel (CDU) 5794Ç Ollenhauer (SPD) 5797B von Thadden (DRP) 5802A Abstimmungen 5802C Nächste Sitzung 5803B, D Die Sitzung wird um 13 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Keine Anlage extrahiert.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Arthur Mertins


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der § 1 dieses Gesetzes gibt das Ziel des ganzen Gesetzes an, und ich nehme daher Veranlassung, einige grundsätzliche Ausführungen zu machen. Das Ziel des Gesetzes soll die Förderung des Exports sein. Meine politischen Freunde erklären sich mit diesem Ziel vollständig einverstanden. Auch wir sind der Meinung, daß Deutschlands Export gesteigert werden kann und gesteigert werden muß, daß die Steigerung des Exports vielleicht sogar eine Lebensfrage für Deutschland ist. Es erhebt sich hier allerdings gleich die Frage: Müssen in diesem Augenblick angesichts der Finanzlage des Bundes noch Aufwendungen in einer Gesamthöhe von mindestens 400 Millionen DM gemacht werden, um dieses Ziel zu erreichen? Wir haben festgestellt, daß der Exportüberschuß bereits 77 Millionen DM beträgt, und wir haben weiter festgestellt, daß Lieferaufträge fremder Staaten, vielleicht im Zusammenhang mit der Koreakrise, vorliegen, die eine Ausweitung des Exports unbedingt zwangsläufig erscheinen lassen. Ja, es ist uns sogar bekannt, daß bei Exportaufträgen Vorkassa geleistet wird. Wir sind daher der Meinung, daß dieses Gesetz in der heutigen Situation nicht so dringend notwendig ist, wie es vielleicht vor einem Jahr gewesen wäre.
    Aber selbst wenn wir diese Frage im Sinne der Antragsteller und im Sinne des Herrn Bundesfinanzministers bejahen würden, müssen wir die andere Frage stellen: Wird dieses Gesetz dem gesteckten Ziel, den Export zu fördern, gerecht? Die Anlage des Gesetzes zeigt ganz deutlich, daß nicht die Steigerung des Exports, sondern auch schon die j e t z i g e Exporthöhe steuerbegünstigt wird. Dieses Gesetz stellt also in seinen Auswirkungen ein Geschenk für bereits abgewickelte Geschäfte dar, und diese abgewickelten Geschäfte haben sicher ihren lohnenden Verdienst schon gebracht. Der Erfolg des Gesetzes wird daher sein, daß wir wieder Kapitalfehlleitungen zu verzeichnen haben werden und daß die Vermögensvermehrung bestimmter Kreise einen ungeahnten Fortschritt macht.
    Dieser üble Tatbestand wird noch deutlicher durch das Fehlen jeder Lenkung des zu bildenden Kapitals. Wir haben in dem ganzen Gesetz eine Zweckbestimmung der gewonnenen Beträge vermißt. Welche Exporteure — das ist die weitere


    (Mertins)

    Frage — haben die Vorteile aus diesem Gesetz? Heute morgen hat im Ausschuß, in dem noch einmal über dieses Gesetz gesprochen wurde, der Vertreter des Wirtschaftsministeriums erklärt, daß die Exportlage im Augenblick durchaus zufriedenstellend ist, ja daß der Sog aus dem Ausland zum Exportieren so stark geworden ist, daß Lieferfristen über viele Monate, ja über Jahre hinaus vereinbart werden. Dagegen ist uns bekannt, daß in einem bestimmten Bezirk unserer Republik etwa 110 Kleinexporteure in den Kreisen des Handwerks insgesamt, eine Exportsumme von 12,5 Millionen DM erreichen, daß der einzelne also nach diesem Exportförderungsgesetz eine Vergütung von 3000 DM erhalten würde, die natürlich zur Exportsteigerung, also zur Investition für Anlagen der Exports, für Lagerhäuser, für Errichtung von Niederlassungen usw. keine besondere Rolle spielen. Auf der anderen Seite ist uns bekannt geworden, daß ein einzelnes chemisches Werk ohne Mühe von 45 Millionen Gesamtumsatz 30 Millionen Exportumsatz gehabt hat. Für dieses chemische Werk würden natürlich die Auswirkungen des vorliegenden Gesetzes ein Geschenk ersten Ranges bedeuten. Es ist heute leichter — ich möchte da ein Wort meines Kollegen Harald Koch zitieren —, eine Schiffsladung chemischer Erzeugnisse zu exportieren als ein Postpaket Schmuckwaren. Das Gesetz bringt also nur Vorteile für Großverdiener, nicht aber eine wirkliche Hilfe für die Exporteure, die vielleicht sogar aus den Kreisen der Vertriebenen stammen und sich Tag für Tag in mühseliger Handwerksarbeit mühen, ihren Export wieder zu gewinnen, den sie durch den Krieg verloren haben.
    Auch bei den Koalitionsfraktionen haben wir große Bedenken gegen dieses Gesetz in letzter Zeit feststellen können. Ich erinnere daran, daß der Herr Abgeordnete Pelster in der vergangenen Sitzung den Antrag auf Rückverweisung an den Ausschuß stellte. Ich erinnere daran, daß auf seinen Antrag hernach im Ausschuß gegen unsere Stimmen der § 4 b eingefügt worden ist, der schon eine wesentliche Minderung des Steuergeschenks mit sich bringt. Ich erinnere daran, daß der Herr Abgeordnete Dr. Wellhausen im Ausschuß den Ausdruck gebraucht hat, dieses Gesetz komme zu spät. Auch wir sind der Meinung, daß dieses Gesetz, vor einem Jahr eingebracht, sinnvoll gewesen wäre, daß es aber jetzt, nachdem der Export sich auf Grund der verschiedensten internationalen Umstände von selbst in Deutschland steigert, unverantwortlich ist. Die heutige Ausschußsitzung hat ganz deutlich gezeigt, daß es den Koalitionsfraktionen gar nicht so wohl bei der Beratung dieses Gesetzes ist und daß sogar von Rückverweisung an den Ausschuß gesprochen worden ist.
    Aber ich habe noch eine andere Frage aufzuwerfen. Kann denn der Herr Bundesfinanzminister dieses Gesetz überhaupt verantworten? Ich wäre sehr begierig, seine Antwort zu hören.

    (Abg. Mellies: Er muß wenigstens zuhören!)

    Wir haben heute bei der Beratung der Novelle zum Einkommensteuergesetz eine Haltung des Herrn Bundesfinanzministers und dieses Hauses erfahren, die ganz dahin tendiert, denjenigen Kreisen, die zu den Großverdienern gehören, immer weitere Erleichterungen zu gewähren und die Massen von diesen Erleichterungen auszuschließen. Ich denke nur an das beschämende Beispiel, das die Abstimmung über unseren ersten Antrag, die getrennte Besteuerung von Mann und Frau, hier im Hause geboten hat. Aber wir wissen darüber hinaus, daß der
    Herr Finanzminister neue Massenbelastungen durch Erhöhung der Umsatzsteuer verlangt. Wir wissen auf der andern Seite, daß er kein Geld für die dringendsten sozialen Aufgaben hat. Wir wissen, daß er sogar zur Drosselung wichtiger Produktionszweige schreiten muß, indem er durch die Mineralölsteuererhöhung Landwirtschaft und 'Fischerei in einem Maße belastet, das kaum noch erträglich ist. Wir wissen, daß zur Stunde Tausende von Fischkuttern nicht mehr auslaufen können, weil ihre Besitzer die erhöhten Preise für Mineralöle nicht mehr bezahlen können.
    Wenn wir all diese Dinge zusammenfassen, dann erinnern wir uns auch in diesem Zusammenhang an die Einkommensteuernovelle vom vorigen Jahre, von der mein Kollege Harald Koch hier heute gesagt hat, daß sie einer dünnen Schicht von Großverdienern fast ein Milliardengeschenk gemacht hat. Auch bei dem vorliegenden Gesetz scheint es uns so zu sein, daß man wieder einer dünnen Schicht ein Geschenk von insgesamt 400, vielleicht sogar 500 oder 600 Millionen DM machen will, ohne daran zu denken, daß es Not in Deutschland gibt, daß man nicht weiß, wie man die miserable Kassenlage bessern kann, daß man nicht weiß, wie man den Haushalt in Ordnung bringen soll.
    Die sozialdemokratische Fraktion wäre durchaus damit einverstanden gewesen, wenn der Herr Finanzminister etwa 100 Millionen DM zur Förderung von Exportfirmen aus Vertriebenen- oder aus Handwerkerkreisen bereitgestellt hätte. Aber diese 100 Millionen DM müßten individuell auf bestimmte Betriebe verteilt werden und nicht pauschal auf alle diejenigen, die jetzt im Export tätig sind. Eine individuelle Exportförderungshilfe statt der Pauschalhilfe, die hier durch diesen Gesetzentwurf vorgesehen ist, würde auf jeden Fall unsere Unterstützung finden.

    (Abg. Dr. Koch: Sehr richtig!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Anlage des Gesetzentwurfes gestattet es uns nicht, wie ich schon im Ausschuß gesagt habe, Abänderungsanträge einzubringen. Es ist ein Entwurf, der aus Interessentenkreisen zu kommen scheint. Wir warnen Sie davor, diesen Entwurf Gesetz werden zu lassen. Nicht Exportförderung ist das Ziel dieses Gesetzes, sondern, wie ich schon einmal im Ausschuß sagte, die Vermehrung des Vermögens für Großverdiener ist der Sinn und der Erfolg dieses Gesetzes, wenn es angenommen wird.
    Ich möchte in diesem Stadium der Verhandlungen nicht mehr den Antrag auf Rückverweisung an den Ausschuß stellen. Die Koalitionsfraktionen sind, wie ich im persönlichen Gespräch gehört habe, entschlossen, dieses Gesetz in dieser Form anzunehmen. Ich hatte nur die Aufgabe, Ihnen einmal das vor Augen zu führen, was wir von unserer Warte aus zu diesem Gesetz zu sagen haben. Das ist kurz gesagt folgendes. Hier wird wieder ein Geschenk pauschal und unverdient an Leute gegeben, die heute schon zu' denen gehören, die man als Großverdiener bezeichnen kann.
    Dagegen, daß die dritte Lesung heute stattfindet, erhebe ich jetzt schon Einspruch. Wir werden das Gesetz in dieser Form ablehnen.


Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Keine weiteren Wortmeldungen zu § 1. — § 1, — § 2, — § 3, — § 4, —§ 4 a. — Angenommen.
Bei § 4 b wären nach dem Bericht des Herrn Berichterstatters in der vierten Zeile nach dem Worte „sich" die beiden Worte „im


(Vizepräsident Dr. Schmid)

Wirtschaftsjahr" einzufügen. — Das Haus ist einverstanden.
Dann § 5, — § 6 mit der vom Berichterstatter beantragten redaktionellen Änderung, — § 6 a —, § 7, — § 7 a, — § 8 ! Dort ist zwischen den bisherigen Absätzen 1 und 2 ein neuer Abs. 2 einzufügen, den der Herr Berichterstatter verlesen hat. Ist das Haus einverstanden? — Kein Widerspruch.
Einleitung und Überschrift! — Wer in der zweiten Beratung für die Annahme dieser einzelnen Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Die zweite Beratung ist damit erledigt.
Dann rufe ich von der gestrigen Tagesordnung Punkt 3 auf:
a) Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2245 der Drucksachen);
b) Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung des Artikels 108 Absätze 1, 2 und 4 des Grundgesetzes (Nr. 2268 der Drucksachen).
Ich nehme an, daß die beiden Gesetze zusammen begründet werden und daß auch die allgemeine Aussprache über beide zusammen und nicht getrennt erfolgt. — Das Haus ist einverstanden.
Ich habe noch mitzuteilen, daß der Vorsitzende des Vermittlungsausschusses, Kollege Kiesinger, bekanntzugeben bittet, daß die Sitzung des Vermittlungsausschusses um 18 Uhr auf Zimmer 12 begonnen hat.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Fritz Schäffer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf, der Ihnen vorgelegt wird, ist äußerlich unscheinbar. Er besteht nur aus drei kurzen Paragraphen. In seiner Bedeutung dagegen ist dieses Gesetz vielleicht eines der entscheidendsten Gesetze, die Ihnen vorgelegt wurden. Dieses Gesetz regelt auf einer neuen Grundlage das finanzpolitische Verhältnis zwischen Bund und Ländern. Wir haben bisher das System der Interessenquoten gehabt. Es wäre mir an sich eine innere Befriedigung gewesen, wenn das System der Interessenquoten hätte beibehalten werden können. Das System der Interessenquoten hätte vielleicht ein Problem lösen können, das unser Grundgesetz aufwirft, nämlich das große Problem, daß der Bund derjenige ist, der insbesondere für soziale Zwecke Milliarden von D-Mark zur Verfügung stellt und diese Milliarden D-Mark von den Ländern verwaltet sieht. Durch das System der Interessenquoten, das seinerzeit im Einverständnis mit den Ministerpräsidenten der Länder erdacht worden ist, ist versucht worden, die Gefahr zu vermeiden, daß die Verwaltung dieser Gelder dadurch, daß sie ein Fremder hat, nicht zweckmäßig und sparsam genug erfolgt. Es hat sich jedoch herausgestellt, daß der Unterschied in der finanziellen Auswirkung unter den Ländern relativ groß ist und daß die steuerschwachen Länder, die mit besonders hohen sozialen Lasten überbürdet sind — und meistens trifft die soziale Überbürdung mit der Steuerschwäche der Länder zusammen —, dadurch, daß die Interessenquoten notwendigerweise auf der Höhe des Anfalls der Ausgaben in den einzelnen Ländern aufbauen mußten und von der Steuerkraft der Länder getrennt waren, finanziell in Nachteil geraten sind. Nachdem sich nunmehr mit dem Steigen der sozialen Ausgaben die Anforderungen, die der Bund auf diesem Gebiet erheben I muß, auch wieder steigern, verstärken sich die Unterschiede unter den Ländern.
    Infolgedessen war es nicht mehr möglich, das alte System der Interessenquoten beizubehalten. Es mußte nunmehr der Weg beschritten werden, den das Grundgesetz in Art. 106 Abs. 3 vorschreibt. Es mußte also eine unmittelbare Beteiligung des Bundes an dem Steueraufkommen der Länder geschaffen werden. Das ist der Grundgedanke dieses Gesetzes. Dabei ergibt sich, daß der Anteil des Bundes entsprechend Art. 108 des Grundgesetzes — auch darüber liegt Ihnen ein entsprechender Gesetzentwurf vor — eine Beteiligung des Bundes an der Steuerverwaltung der Länder zur notwendigen Folge hat. Es war selbstverständlich klar, daß einmal die Beteiligung des Bundes am Aufkommen von Landessteuern — Einkommensteuer und Körperschaftsteuer — und zweitens die Beteiligung des Bundes an der Verwaltung dieser Steuern große staatspolitische Fragen aufwerfen und damit auch die Gefahr eines Konfliktes zwischen Bund und Ländern herbeiführen kann. Ich glaube, daß es ein günstiges Vorzeichen .für das Zusammenarbeiten zwischen Bund und Ländern ist, daß diese beiden Gesetzentwürfe in ihren Grundgedanken die Zustimmung des Bundesrates gefunden haben und daß gerade der schwerwiegende Gesetzentwurf nach Art. 108 des Grundgesetzes bisher sogar die einstimmige Zustimmung des Bundesrates gefunden hat. Ich hoffe, daß auf diesem Wege all das, was in der Öffentlichkeit bisher über das Verhältnis zwischen Bund und Ländern gesprochen ist, einer ruhigeren Betrachtung unterzogen wird und daß die Gefahr, um gewisser Theorien willen in einen Konflikt zwischen Bund und Ländern zu kommen, vermieden werden kann. In meiner Eigenschaft als Bundesfinanzminister kann ich sagen, neben dem Einfluß, den der Bund notwendigerweise auf eine gleichmäßige Gebarung der Steuerverwaltung in allen elf Ländern und darauf haben muß, daß der Kampf gegen die Steuerunehrlichkeit in allen elf Ländern gleichmäßig geführt wird, erhält der Bund nunmehr, da er schon vom Standpunkt der Bundessteuern aus an diesem Kampf beteiligt ist, auch dadurch eine Einflußnahme, daß seine Überwachung in der Form der Betriebsprüfung sich auch auf die Landessteuern erstreckt. Dadurch wird vieles, was heute in der Öffentlichkeit debattiert wird und mit mehr oder weniger Recht oder Unrecht dem Konto der Länder zugeschrieben wird, behoben werden, und diese beiden Gesetzentwürfe werden, wenn sie die gesetzgebenden Körperschaften passiert haben und Gesetz geworden sind, eine gewisse Basis für die gesamte finanzpolitische Entwicklung zwischen Bund und Ländern bilden können.

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Es gibt ein altes Gesetz von der Anziehungskraft des größten Lasten- und Steuerträgers. Der Bund ist nunmehr im Verhältnis zu den Ländern in ihrer Gesamtheit der größere Bruder geworden. Der größere Teil der Steuereinnahmen und der größere Teil der Lasten gehen auf den Namen des Bundes. Es wäre eine natürliche Entwicklung, die von den Ländern wohl vorausgesehen und von den Ländern in diesem Sinne wohl auch gefürchtet wird, daß diese Anziehungskraft des größeren Lastenträgers dazu führt, den Ländern das, was sie als ihr natürliches Recht beanspruchen, auch wegzunehmen. Es gilt aber letzten Endes in all diesen Fragen der Satz: Im Notwendigen die Einheit, im Zweifel die Freiheit und in allem — um ein stolzes


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    Wort zu nehmen — die Liebe und — ich will hier sagen — in allem ein brüderliches Zusammenarbeiten. Von diesem Grundsatz gehen die beiden Gesetzentwürfe aus. Eine einheitliche Steuerverwaltung, ein einheitliches Handhaben der Steuergesetze ist eine Notwendigkeit für das gesamte deutsche Volk. Die Frage z. B. der Einrichtung der Behörden, um es nun einmal im kleinen zu sagen, die Frage, ob ein Finanzamt in Sonthofen oder in Immenstadt errichtet wird, ist keine Frage, die das gesamte deutsche Volk berührt. Das ist eine Frage, die ruhig den regionalen Wünschen und den regionalen Verhältnissen überlassen werden kann. Der Kampf gegen die Steuerunehrlichkeit ist eine gemeinsame Frage aller Beteiligten. Wenn es gelungen ist, die Länder zur Zustimmung zu bewegen, daß die Betriebsprüfung, auf die wir künftig entscheidenden Wert legen müssen, in einem 'gemeinsamen Zusammenarbeiten erfolgt, daß der Bund, der seine eigene Betriebsprüfung braucht, diese Betriebsprüfung gleichzeitig in allen diesen Fällen, allerdings möglichst im Zusammenwirken mit den Ländern, auf die Landessteuern und deren Nachprüfung erstrecken kann, so ist dem Notwendigen Rechnung getragen. Wenn wir keine Vereinheitlichung im Personal in den Behörden angestrebt haben, so haben wir hier der regionalen Freiheit ihre Bahn gelassen, weil wir sagen, das ist ein Zweifelsfall. Wenn der Geist, in dem die Gesetze im Bundesrat behandelt worden sind, auch das Vorzeichen für den Geist ist, mit dem diese Gesetze gehandhabt werden, dann wird die Garantie für das brüderliche Zusammenarbeiten, das in allen Fragen, in den notwendigen und in den zweifelhaften, erfolgen muß, gegeben sein. Von diesem Gesichtspunkt aus begrüße ich die Entwicklung, die diese beiden Gesetzentwürfe bisher gefunden haben und die die Abstimmung des Deutschen Bundesrates gekennzeichnet hat.
    Ein schwerer Punkt bleibt noch offen, das ist ein Punkt, der nicht im Prinzipiellen, nicht im Verhältnis zwischen Bund und Ländern, sondern in den rauhen Tatsachen, in der finanziellen Enge liegt, in der sich sowohl der Bund wie die Länder befinden. Ich möchte fast sagen, ich glaube, daß die finanzielle Enge des Haushalts im Bund heute und in absehbarer Zeit vielleicht stärker fühlbar ist als wenigstens in einem Teil der Länder.
    Wir haben uns wohl über den Grundsatz geeinigt, daß der Bund nach Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes einen Teil der Einkommen- und Körperschaftsteuer in Anspruch nimmt. Wir haben uns wohl über das Prinzip, nach welchem die Inanspruchnahme erfolgt, geeinigt. Über die Höhe des Prozentsatzes konnten wir uns bisher noch nicht einigen.

    (Abg. Mayer [Stuttgart]: Also doch Verhältnis!)

    — Es wäre ein Wunder gewesen, Herr Kollege, wenn wir uns in der ersten Stunde auch über die Höhe des Prozentsatzes schon hätten einigen können.

    (Abg. Dr. von Brentano: Da haben Sie recht!)

    Aber ich muß sagen, es ist ein Fortschritt, daß wir eine Einigung wenigstens auf 80% unserer Forderung erreicht haben; denn der Vorschlag des Bundesrates erfüllt zu 80% die Wünsche, die die Bundesregierung wohl auch in Ihrem Namen an die Länder gestellt hat.
    Wenn die Bundesregierung diese Forderung gestellt hat, so ist sie dabei von einer Überlegung ausgegangen, die auch, sagen wir einmal, auf die Lebensnotwendigkeiten der Länder Rücksicht nimmt. Wir dürfen nicht in einen Streit zwischen Bund
    und Ländern geraten, ich habe das oft betont. Wir müssen hinter beiden das deutsche Volk sehen und müssen daran denken, daß die Länder ihre besonderen Aufgabengebiete gegenüber dem deutschen Volk haben. Ich sage nur, daß das gesamte kulturpolitische Gebiet, die gesamte Erziehung der deutschen Jugend eine Aufgabe ist, die vom Grundgesetz den Ländern übertragen ist und für die den Ländern die Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen.
    Wir haben auch an die Bestimmung des Art. 109 des Grundgesetzes gedacht, nach der der Bund sowohl wie die einzelnen Länder in die Lage versetzt sein müssen, selbständig, unbeeinflußt von dem anderen ihre Haushalte aufzustellen und durchzuführen. Die Berechnung, die die Bundesregierung angestellt hat, war folgende: Wir hoffen, daß durch die neuen Steuergesetze, von denen das wichtigste eben in diesem Hause in dritter Lesung verabschiedet worden ist, den Ländern so viel mehr Aufkommen zufließt, daß sie sich ohne Gefährdung ihrer bisherigen Aufgaben und mit den Mitteln, die schon bisher diesen Aufgaben zugewendet worden sind, auch weiter diesen Aufgaben widmen können. Die Grenze, die die Bundesregierung bei der Inanspruchnahme der Länder gezogen hat, ist die Grenze gewesen, wo das Mehraufkommen sich auf Grund der Bundesgesetzgebung errechnet, so daß also die bisherige Haushaltsgebarung von den Ländern trotz Inanspruchnahme des Teils der Einkommen- und Körperschaftsteuer weiter ausgeübt werden kann. Deshalb hat Art. 109 des Grundgesetzes in seinem ganzen Sinn und Geist eine besondere Bedeutung.
    Wir müssen die Verhältnisse zwischen Bund und Ländern immer für ein Haushaltsjahr voraus und endgültig regeln.

    (Abg. Dr. Krone: Sehr richtig!)

    Während des Jahres, weil der eine Teil vielleicht mehr ausgibt und sich nunmehr eine Deckung sucht, auf den anderen Teil zurückzugreifen und damit die laufende Haushaltsgebarung des anderen Teiles grundlegend zu stören, würde meiner Überzeugung nach dem Sinn und Zweck des Art. 109 des Grundgesetzes widersprechen.

    (Abg. Dr. Krone: Richtig!)

    Der Bund bestimmt in gemeinsamer Gesetzgebung mit dem Bundesrat, was er für das laufende Jahr von den Ländern in Anspruch nimmt. Aber an diese Grenze, die er in diesem Gesetz sich selbst setzt, ist er für dieses laufende Jahr auch gebunden, weil jede andere Handhabung dem Grundsatz des Art. 109 des Grundgesetzes widersprechen würde. Ich glaube, daß wir das schwere Problem der finanzpolitischen Zusammenarbeit und gleichzeitig Bereinigung zwischen Bund und Ländern lösen werden, wenn die Länder das Vertrauen in die Loyalität des Bundes, aber auch der Bund das Vertrauen in die Loyalität der Länder haben wird. Ich hätte aus diesem Gesichtspunkt gewünscht, daß eine Vereinbarung mit den Ländern hätte erzielt werden können, die auch für die ersten Monate des Jahres, wo das Gesetz nach Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes und Art. 108 des Grundgesetzes noch nicht in Kraft getreten ist, im Vorgriff auf das, was der Gesetzentwurf bereits vorsieht, wenigstens den Teil, für den die Billigung des Bundesrates bereits ausgesprochen worden ist, dem Bund zur Verfügung stellt. Ich gestehe Ihnen offen, daß es hier noch Schwierigkeiten gibt, die aber in der Auswirkung zu Lasten der Länder gehen werden. Denn wenn das Gesetz in Kraft tritt und die Bun-


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    desregierung dann auf Grund dieses Gesetzes und des berechneten Anteils an Einkommen- und Körperschaftsteuer, den der Bund gegenüber den Ländern hat, die Beiträge auch einfordert und Monate vergangen sind, in denen die Beiträge nicht in der bisherigen Höhe geleistet worden sind,

    (Abg. Renner: Warum nicht?)

    — weil bisher noch kein gesetzlicher Zwang bestand —, dann sind es die Länder, die in kassenmäßige Schwierigkeiten geraten würden.
    Ich hoffe, daß das, was ich Ihnen sage und was, ja weniger an die Adresse des Deutschen Bundestages als an die Adresse der Länder gerichtet ist, von den Ländern auch gehört wird, daß es mir hilft, gewisse Schwierigkeiten, die augenblicklich vielleicht für den Monat Juni aufgetaucht sind, überwinden zu können, und daß ich Ihnen, wenn die Ausschußberatungen beginnen, sagen kann, daß trotz der finanziellen Enge, die vielleicht die großen Gesichtspunkte allzu sehr untergehen und nur an die kleineren Gesichtspunkte des Augenblicks denken läßt, wie über den ganzen Gesetzentwurf so auch über diese Übergangsschwierigkeit eine gute Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Länderregierungen, zwischen Bundesfinanzminister und Länderfinanzministern gefunden worden ist.
    Zusammenfassend möchte ich sagen: Wenn Bund und Länder vor der deutschen Öffentlichkeit den Beweis erbringen, daß sie die finanzpolitischen Schwierigkeiten im Geist der Zusammenarbeit zu lösen verstehen, so werden das Grundgesetz und der Aufbau der deutschen Bundesrepublik sich bewähren. Ich möchte an die Länder und deren Parlamente wie auch an den Bund und sein Parlament den Appell richten, im Geist dieser Zusammenarbeit dazu beizutragen, daß unser notleidendes und durch viele Probleme zerrissenes deutsches Volk nicht durch neue Probleme, durch Prinzipienstreite in einen Konflikt gestürzt wird. Dadurch würden die Schwierigkeiten für das deutsche Volk nur vergrößert werden.

    (Abg. Dr. Krone: Sehr richtig!)

    Dem Sinn dieses Zusammenarbeitens gelten die beiden Gesetzentwürfe, um deren beschleunigte Behandlung ich Sie bitten muß, damit die Übergangsschwierigkeiten auf gesetzlicher Grundlage baldigst behoben werden können.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)