— Selbstverständlich kommt es darauf an, welches Einkommen Sie nehmen. — Ein Monatseinkommen von 395,25 DM ergibt bei einer Familie mit fünf Kindern eine Steuer von 25 Pfennig. Bei einem Einkommen von zweimal 170 DM — —
Ich will die einzelnen Beispiele nicht vorrechnen. Ein Schnitt der beiden Linien ergibt sich erst bei einem Einkommen von 1400 DM.
Bis dahin ist die Benachteiligung durch die Zusammenveranlagung von Mann und Frau eklatant. Der Herr Bundesfinanzminister will uns doch wohl nicht weismachen, daß die große Zahl von Familien, für die er hier kämpft, ein Einkommen von über 1400 DM im Monat hätte.
Wenn er gesagt hat, die Grundlage der Familie sei das Kind, so muß ich die Frage aufwerfen: an wem liegt es denn, daß die Zuweisungen für das dritte, vierte und fünfte Kind, die wir immer und immer gefordert haben, bisher noch nicht durchgeführt sind? Warum ist die Gleichstellung der Familie mit vielen Kindern noch nicht durchgeführt worden? Warum sind die Ausgleichszahlungen noch nicht geleistet worden, die von allen Parteien dieses Hauses wiederholt gefordert worden sind? Doch deshalb nicht, weil seitens der Bundesregierung entsprechende Finanzvorlagen noch nicht gemacht worden sind und vielleicht nicht gemacht werden konnten; ich weiß es nicht.
Jedenfalls ist eines richtig: die Ungerechtigkeit, die darin liegt, daß gerade die Familien mit vielen Kindern zu hoch besteuert werden, wird von allen Seiten anerkannt. Man kann doch nicht aus der Tatsache, daß darin eine Ungerechtigkeit liegt, nunmehr einen Schluß auf eine ebenso große, wenn nicht noch größere Ungerechtigkeit an einer anderen Stelle ziehen. Darf man denn sagen: weil hier die Steuergesetze schlecht sind, deswegen müssen wir an einer anderen Stelle auch schlechte Steuergesetze machen? Das ist aber der Gedankengang, von dem der Herr Bundesfinanzminister ausgeht.
Sodann hat der Herr Bundesfinanzminister uns etwas von dem Güterrecht erzählt. Entschuldigen Sie, wenn ich darauf hinweisen muß, daß ich Jurist bin. Ich tue das sonst nicht gern. Jedenfalls die Auffassungen des Herrn Bundesfinanzministers von dem in Deutschland maßgebenden Güterrecht stimmen mit dem BGB nicht überein. Ich will mir Einzelheiten ersparen.
— Nein, das ist nicht besser, aber es würde wohl etwas neben der Sache liegen, um die es heute geht. — Ich wollte nur nicht verfehlen, diesen unrichtigen Hinweis des Herrn Bundesfinanzministers kurz niedriger zu hängen.
Der Herr Bundesfinanzminister hat zum Ausdruck gebracht, daß der Vorteil der Hochverdienenden größer sei als der der Niedrigverdienenden. Das ist selbstverständlich. Einen Steuervorteil können natürlich die Hochverdienenden in höherem Maße
in Anspruch nehmen als die Niedrigverdienenden. Aber — und das ist doch das entscheidende Argument — hier handelt es sich darum, daß Arbeitseinkommen zusammengerechnet wird. Es handelt sich nicht um Kapitaleinkommen, von dem irgendwelche Abzüge gemacht werden können. Hier sind keine Abschreibungen möglich. All die tausend Vergünstigungen, die unser Steuerrecht dem Kapitaleinkommen bietet, sind hier nicht gegeben, sondern es handelt sich nur um eine Vergünstigung für echtes Arbeitseinkommen. Diese Vergünstigung für echtes Arbeitseinkommen müßte längst in unserem Steuerrecht stärker ausgebaut sein. Gerade aus diesem Gesichtspunkt haben wir auch diesen Antrag gestellt.
Wenn er darauf hingewiesen hat, daß eine Grenze eingeführt werden soll, offenbar aus fiskalischen Gründen, dann wäre es ja für uns außerordentlich wichtig, zu wissen, welche Grenze er einführen will. Führt er nur eine sehr hohe Grenze ein, sagen wir 1000 DM, dann ist die Sache offenbar von dem gegenwärtigen Rechtszustand nur sehr wenig verschieden; denn die Lohnsteuerpflichtigen, die mehr als 1000 DM Einkommen haben, sind in einer ganz geringen Minderzahl. Will er also einen fiskalischen Effekt erzielen, dann muß er tatsächlich die Grenze so niedrig setzen, daß er schon in die große Zahl der Lohnsteuerpflichtigen hineinkommt. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, zu wissen, welche Grenze der Bundesfinanzminister, der sich ja selber als Vorkämpfer dieser Bestimmung hinstellt, hier einführen will. Wir können uns nicht mit derartigen leeren Redensarten vertrösten lassen, daß uns erklärt wird: es wird einmal eine Grenze eingeführt werden!
Das ist nicht die richtige Art, Steuergesetze zu machen, indem man sich durch leere Versprechungen einer Regierungsstelle vertrösten läßt,
sondern es ist unsere Pflicht, — —
— Aber entschuldigen Sie, den Ausdruck „Demagogie" können Sie vielleicht hier oben sachlich begründen. Solche Zwischenrufe sind hier für mich nicht weiter wichtig.
Dann wird erzählt, in der Landwirtschaft sei es auch nicht anders, in der Landwirtschaft müsse auch bei den nicht buchführungspflichtigen Landwirten eine Hinzurechnung von Arbeitseinkommen deshalb erfolgen, weil die Vergleichsbetriebe mit fremden Kräften berechnet worden seien. Aber — und das ist ja das Entscheidende — die Landwirtschaft hat zur Zeit einen Freibetrag von 1000 DM, in dem diese Begünstigung mit drinsteckt. Sie hat früher einen Freibetrag von 3000 DM gehabt, und Sie wissen alle, daß wir, jedenfalls was unsere Fraktion anlangt, bestrebt sind, diesen Freibetrag der Landwirtschaft gerade mit Rücksicht auf die Mitarbeit von Ehefrau und Kindern wieder auf die alte Höhe von 3000 DM hinaufzusetzen, weil wir auch hier einen Fehler der Steuergesetze entdeckt zu haben glauben. Man kann nicht mit einem Feh-
ler der Steuergesetze hier einen anderen Fehler begründen.
Ich glaube deshalb, die sachlichen Richtigstellungen des Bundesfinanzministers waren in tatsächlicher Hinsicht keine Richtigstellungen, sondern sie waren nur die gefärbte Meinung einer Partei und können deshalb hier nicht als die zuverlässige Unterlage für eine Urteilsbildung gelten,