Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist in diesem Hause sehr viel von dem Terror gesprochen worden, unter dem die saarländische Bevölkerung heute steht. Es sind darüber hinaus auch sehr oft die Menschenrechte zitiert worden. Zu allen diesen Äußerungen bekennen wir uns vollinhaltlich.
Warum besteht der Streit um das Saargebiet? Weil man offensichtlich ein wirtschaftlich so außerordentlich wertvolles Gebiet, anstatt es zu einer Brücke zwischen Deutschland und Frankreich zu machen, im Interesse einiger wirtschaftlich daran besonders interessierter Kreise dem französischen Wirtschaftskörper einverleiben möchte. Im Saargebiet werden allein 9 % der gesamten deutschen Kohle, 23 % Roheisen, 18% Rohstoffe und Walzwerkerzeugnisse, 12,5 % Benzol, 31 % Thomasmehl gefördert. Ich könnte weiter und weiter Zahlen zitieren, die den unerhört großen wirtschaftlichen Wert des Saargebietes dokumentieren.
Deshalb will man also dieses Gebiet dem 'deutschen Wirtschaftskörper nehmen, um damit auch die deutsche Wirtschaft zu schwächen und den Aufstieg Deutschlands zu verhindern. Daß damit letzten Endes vielleicht auch der französische Arbeiter Nachteile einstecken müßte, das hat man vielleicht in Paris noch nicht so ernst genommen, wie es bereits die französischen Arbeiter der mittelfranzösischen Kohlengruben ernst genommen haben, die genau wissen, daß, wenn das Saargebiet Frankreich restlos einverleibt wird -- worauf man in Paris offensichtlich hinstrebt —, sie arbeitslos werden, weil ihre Kohlengruben wegen Unrentabilität geschlossen würden.
Seit dem Einzug der Franzosen und vor allem seit der Regierung des Hohen Kommissars Grandval ist im Saargebiet eine Politik des Terrors und des Hungers getrieben worden, die in der Geschichte Nachkriegsdeutschlands, vielleicht überhaupt einmalig ist.
Ich glaube, daß selbst die Ostzone — wenigstens für die Zeit, in der die Hungerpolitik im Saargebiet getrieben wurde — auch keine geringeren Lebensmittelrationen verteilte, als es Herr Grand-val tat, so daß die Kinder während dieser Zeit mit Hungerkröpfen, ausgemergelt, hohläugig und hohlwangig herumgelaufen sind, ein Bild, das mir, der ich damals auch da unten gewesen bin, heute noch klar und deutlich vor Augen steht. Dieser Herr Grandval konnte sich nicht entblöden, kürzlich zu erklären: „Ich, der ich vier Jahre im Saarland weile, kann bestätigen, daß man den Deutschen mit dem Saarländer nicht verwechseln darf." Entweder hat er soviel in der Volksschule nicht mitbekommen, daß zwischen den Saarländern und den Deutschen überhaupt kein Unterschied besteht, daß die Saarländer auch Deutsche sind, oder aber er sieht seine Aufgabe darin, sich als notorischer Brunnen-
vergifter zu betätigen. Man hat genau so wenig, wie man das anfangs in der französischen Zone getan hat, die Ostvertriebenen in das Saargebiet aufgenommen; im Gegenteil, man schritt, wie das heute schon erwähnt wurde, noch dazu, unliebsame saarländische Bewohner auszuweisen und sie einer ähnlichen Not preiszugeben, wie sie die Ostvertriebenen an sich haben verspüren müssen. Die Geschichte der französischen Besatzung seit 1945 ist eine einzige Kette einseitiger und auf die Unterdrückung der deutschen Bevölkerung im Saargebiet gerichteter Maßnahmen.
Man hat dann nach dem alten Rezept Napoleons, aus den Deutschen heraus die nötigen Canaillen — wie Napoleon das bezeichnete — zu finden, eine Bewegung für den Anschluß an Frankreich aufgemacht, die sehr große Geldmittel zur Verfügung gestellt bekam und der — wie heute schon von Professor Schmid ausgeführt wurde — tunlichst jeder, der in einer öffentlichen Stellung war, angehören mußte. Aber es wäre falsch, nun nur Frankreich die Schuld für eine solche Entwicklung im Saarland zuzuschreiben. Ich weise vielmehr darauf hin, daß die französische Bevölkerung sich eine solche Politik — wenigstens in dem Ausmaß — vielleicht nicht geleistet hätte, wenn sie nicht die Unterstützung Englands gehabt hätte, von der — es ist wiedergegeben in der CDU-Zeitung HNN —
— ja, die lese ich, Herr Graf von Spreti! — die Zeitung „Die Tat" erklärt hatte, „an der Entschlossenheit der, sozialistischen Regierung Englands, Deutschland auch das Saarkohlengebiet zu nehmen, darf nicht gezweifelt werden."
Im Saarland hat man nun, weil man die Unterstützung Englands offensichtlich hatte, ein regelrechtes Kolonialstatut eingerichtet, das dem von Marokko und Indochina ähnelt. Der Hohe Kommissar hat überall Weisungsbefugnisse. Ob es sich um Verordnungen, Anordnungen der Regierung oder Gesetze handelt, — sie bedürfen der Gegenzeichnung durch den hohen Kommissar. Ob es sich um Ernennungen hoher saarländischer Beamter, ob es sich um die Aufrechterhaltung der sogenannten öffentlichen Ruhe und Ordnung handelt, alles das ist letzten Endes in die Weisungsbefugnisse des Hohen Kommissars gegeben. Darüber hinaus konnte eine schweizerische Zeitung kürzlich berichten, daß die saarländische Polizei engsten mit der französischen Sûreté zusammenarbeitet, von der wohl jeder weiß, was er von dieser Einrichtung zu halten hat. Danach hat sich die Saarregierung verpflichtet, höhere Polizeibeamte nur im Einvernehmen mit dem französischen Vertreter zu ernennen und außerdem für eine nicht spezifizierte Übergangszeit die saarländische Staatsangehörigkeit nur an solche Ausländer — das sind natürlich Deutsche
zu erteilen, die den Franzosen genehm sind, ja darüber hinaus bei Gewährung oder Entzug der Aufenthaltsgenehmigung im Saarland den Wünschen der zuständigen französischen Dienststellen entsprechende Beachtung zu schenken.
Das bedeutet nichts anderes, als daß der Hohe Kommissar in Wirklichkeit der Regent ist und nicht jener Mann, der sich so großartig als Regierender in Saarbrücken aufspielt. Der Bischof Bornewasser von Trier hat einmal gesagt: Wer dem Vaterland die Treue bricht, ist ein Verräter. Als ein solcher ist ein Mann zu bezeichnen, der ursprünglich nach seinem Abzug aus Saarbrücken, beim Deutschen Telegrafenbüro tätig war, bis zum Jahre 1930 gegen die Franzosen schimpfte und jeden Deutschen, der sich im Saargebiet nicht als guter Deutscher betätigte, als einen Feind des Vaterlandes bezeichnete, um dann nach seinem Ausscheiden aus demselben Telegrafenbüro plötzlich zur anderen Seite überzulaufen und das so konsequent zu tun, daß er sogar, wie er selber gesagt hat, im letzten Kriege auf der Seite Frankreichs gegen Deutschland gekämpft hat. Das ist der Sarrois Johannes Hoffmann. Er ist ein genau so erbärmliches Subjekt, das mit Lügen übelster Art — auf die ja heute dankenswerterweise schon der Kollege Strauß hingewiesen hat — arbeitet wie jener Mann, mit dem zusammen er seinerzeit die wohl übelste Zeitung, die jemals in sogenannter deutscher Sprache erschienen ist, herausgegeben hat, nämlich die „Saarbrücker Zeitung". Das ist das Mitglied der Sozialdemokratischen Partei des Saargebietes, Peter Zimmer. Was diese Männer im Jahre 1945 in der „Saarbrücker Zeitung" an Lügen, an Verdrehungen, an Gemeinheiten, die sogar ans Pornographische heranreichen, veröffentlicht haben, das dürfte, glaube ich, sogar manchen Giftkoch in Redaktionen in Deutschland, vielleicht bei der „Neuen Zeitung" oder bei der „Welt", zum Erblassen bringen, wenn sie diese „Leistungen" einmal zu Gesicht bekommen würden.
Professor Schmid hat heute Herrn Spaak erwähnt und gesagt, politische Argumente sind nicht mit Polizeigewalt zu unterdrücken. Das Wort ist richtig. Nur durfte man nicht gerade Herrn Spaak erwähnen, der nämlich in seinem eigenen Land politische Dokumente und politische Argumente, die über seine Vergangenheit berichten, ebenfalls mit Polizeigewalt unterdrückt. Und dann wundere ich mich über die Klagen, die hier von Parteien angestimmt werden, die immer so großen Wert auf ihre internationalen Beziehungen legen und es nicht einmal vermocht haben, entweder mit diesem kleinen Klüngel in Saarbrücken fertig zu werden oder diesen Klüngel von der Gefolgschaft zu trennen.
Die Regierung hätte die Möglichkeit, auch auf die unfreundliche Politik Frankreichs Druck auszuüben, wenn sie einfach sagen würde: Wir spielen beim Schumanplan nicht mit, solange die Saarfrage nicht im Sinne des Rechts und damit im deutschen Sinne gelöst ist. Wir möchten hier der Regierung den Rat geben, doch in diesem Sinne tätig zu sein.
Zum Schluß möchte ich noch folgendes sagen. Die vielen guten Worte, die heute hier gefallen sind, veranlassen mich, dem Herrn Bundesinnenminister den herzlichst gemeinten Rat zu geben, das Protokoll von heute sehr genau durchzustudieren und sich auch danach richten zu wollen, damit nicht dieselbe Debatte, Herr Bundesinnenminister, vielleicht im saarländischen Landtag als Anklage gegen die Bundesrepublik noch einmal durchgeführt werden kann.