Rede von
Dr.
Franz-Josef
Wuermeling
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Ich habe weder die Absicht, eine längere Rede zu halten, noch die Absicht, auf die „überaus bedeutsamen" Ausführungen meines letzten Herrn Vorredners zu antworten. Ich möchte zur Wiederversachlichung der Debatte lediglich unter einem andern Gesichtspunkt kurz Stellung nehmen,
nachdem die Dinge von der Seite. der Familie her eben von unserer sehr verehrten Kollegin Frau Dr. Weber in ausgezeichneter Weise beleuchtet worden sind.
Meine Damen und Herren, wenn wir Steuergesetze machen, pflegen wir übereinstimmend die Meinung zu bekunden, daß diese Steuergesetze sozial gerecht sein sollen.
Eine Steuer pflegt dann sozial gerecht zu sein, wenn sie denjenigen stärker trifft, der besser in der Lage ist, Steuern zu zahlen. Wenn wir das Doppelverdienen,
an dem wir heute sozial- und arbeitsmarktpolitisch gar kein Interesse haben, dadurch prämieren, daß wir doppelverdienenden Eheleuten noch besondere steuerliche Vergünstigungen gewähren, machen wir keine soziale Steuergesetzgebung.
Eines ist doch klar: wenn in einem Haushalt zwei Menschen verdienen, sind sie leichter in der Lage, Steuern aufzubringen, als wenn es sich um zwei einzelstehende Personen handelt. Auch unter dem arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkt, daß wir gar kein Interesse daran haben, das Dopperlverdienen auch noch steuerlich zu fördern, bitte ich dieses Problem zu betrachten und für die Haushaltsbesteuerung einzutreten.
Meine Damen und Herren, es ist in diesem Zusammenhang immer wieder der Versuch gemacht worden, den Art. 3 des Grundgesetzes in übertriebener Weise zu strapazieren. Demgegenüber möchte ich nur wiederholen, was hier schon mehrfach gesagt worden ist, daß Sie mit allen diesen Begünstigungen die Unterschiede zwischen Männern und Frauen niemals werden beseitigen können, weder in der natürlichen noch in der soziologischen Stellung der Geschlechter.
Wir müssen unsere Gesetze auf die Individualität, auf die Einzelpersönlichkeit abstellen. Wir kommen nicht darum herum, daß Männer und Frauen auch ihrer Individualität nach verschiedenartige Einzelpersönlichkeiten sind, wenn sie auch staatsbürgerlich die gleichen Rechte haben und haben müssen.
Wenn es richtig wäre, was Sie sagen, daß die Haushaltsbesteuerung staatsbürgerlich ungerecht wäre und eine Benachteiligung der Frau bedeutete, dann müßte man auch sagen, es wäre staatsbürgerlich ungerecht, wenn Sie Kinderermäßigung geben; dann müßten Sie den kinderreichen Vater genau so behandeln wie den kinderarmen 'oder die kinderreiche Mutter genau so wie die kinderarme usw. Sie können die Dinge doch nicht in dieser mechanischen Weise überspitzen und schematisch alles über einen Kamm scheren wollen.
Wir sind also der Meinung, daß aus sozialen Gründen, die auch Frau Kollegin Weber am Schluß ihrer Ausführungen angedeutet hat, die Haushaltsbesteuerung durchaus gerechtfertigt ist. Es ist ja keine Ausnahmegesetzgebung gegen die Frau. Es wird ja nicht nur die Frau, sondern in gleicher Weise der Mann getroffen. Die doppelverdienenden Ehegatten werden zusammen veranlagt und besteuert, weil sie eher als Alleinverdienende in der Lage sind, höhere Steuersätze zu bezahlen.