Rede von
Dr.
Bernhard
Reismann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe soeben die Ausführungen der verehrten Frau Kollegin Weber sachlich absolut nicht verstehen können. Wenn sie z. B. glaubt, die Ehe dadurch besonders betonen und ehren zu können, daß sie die Ansicht vertritt, sie müsse besonders besteuert werden, dann geht das über meinen Horizont_ hinaus.
Vom Kollegen Bertram ist doch ganz einfach dargelegt worden: wenn schon die Zusammenarbeit von irgendwelchen zwei Menschen nicht dadurch besonders bestraft wird, daß man sie zusammen in eine höhere Steuergruppe bringt, dann darf man doch die Ehe nicht dadurch bestrafen, daß man die Ehegatten bei der Besteuerung zusammen veranlagt. Ich verstehe absolut nicht, daß es die Frau Kollegin Weber für eine soziale Tat hält, wenn sie verlangt, daß die Ehe besteuert wird, und ich verstehe nicht, daß sie das im Interesse der Familie und Ehe für geboten erachtet. Wenn ich nicht der Überzeugung wäre, die Frau Kollegin Weber redete hier, ohne die Ausführungen des Kollegen Bertram verstanden zu haben, dann würde ich sagen: das ist eine böse Rabulistik, die sie hier betreibt. Vor allen Dingen würde ich auch empfehlen, die Ausführungen, die Kollege Bertram gemacht hat, ernst zu nehmen.
— Ja, wenn Sie glauben, daß nur der über eine Sache reden darf, der selber drinsteht, möchte ich Ihnen empfehlen, sich bei der Strafgesetzgebung jeder Mitwirkung zu enthalten oder vorher kriminell zu werden.
Wenn die Ansicht von Frau Kollegin Weber durchgeht, können wir den Eheleuten nächstens sagen: Dafür, daß ihr nicht in wilder Ehe zusammenlebt, sondern geheiratet habt, werdet ihr bestraft; aber das beruht auf der „sozialen und christlichen" Einstellung der Freunde von Frau Weber.
Wenn Sie, Frau Kollegin Weber, der Ansicht sind, man sollte helfen, würde ich Ihnen empfehlen, Anträge zu stellen, die es den verheirateten Frauen überflüssig erscheinen lassen, noch zu arbeiten.
Wir müssen uns doch vor Augen halten, daß durch
diese Besteuerung gerade diejenigen am meisten
getroffen werden, die es am wenigsten vertragen
können, die am wenigsten Geld verdienen.
Ich möchte doch bitten — es sei mir trotz des großen Altersunterschiedes, Frau Kollegin Weber, gestattet, dies zu sagen —, daß man mit größerem Ernst an diese Dinge herangeht.