Rede von
Dr.
Hans
Wellhausen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Bei der letzten Änderung des Einkommensteuergesetzes vor unserer heutigen Beratung haben sich meine Freunde besonders eindringlich für die Erhöhung des Prozentsatzes von 5 auf 10 vom Gesamteinkommen eingesetzt, und zwar sowohl bei dem Punkt, über den eben der Kollege Koch gesprochen hat, als auch zugunsten der mildtätigen Zwecke. Als der Bundesfinanzminister uns die Vorlage machte, nach deren Begründung es nicht mehr möglich und auch nicht nötig sei, die 10 °/o zuzulassen, hat uns das zunächst eingeleuchtet. Denn wir wissen — es zieht sich durch das ganze Gesetz; Ihre Dreisäulentheorie, Herr Neuburger, will ich hier nicht nochmals wieder ausführen —, daß in bezug auf Abschreibungen und Sonderausgaben eine ganze Reihe von Möglichkeiten heute eben einfach nicht mehr durchzuhalten sind. Ich bin auch — das kann ich nur für meine Person erklären — der Meinung, nachdem ich den Wohlfahrtsverbänden sehr nahe stehe: man kann sich hinsichtlich der mildtätigen Zwecke mit 5 v. H. zufrieden geben. Denn wenn ein größerer Kreis von Unternehmern und Unternehmen von diesem Satz von 5 0/o Gebrauch macht, dann kommt eine Summe zusammen, mit der die Wohlfahrtsverbände außerordentlich zufrieden sein könnten. Angesichts der prekären finanziellen Situation, in der wir uns gegenwärtig befinden, sind die 5 v. H. für die mildtätigen Zwecke in der Tat das Höchstmögliche.
Anders ist es — und da stimme ich dem Kollegen Koch zu — bei den wissenschaftlichen Zwecken. Es gibt eine Reihe von wissenschaftlichen Zwecken — ich darf vielleicht die Chemie erwähnen —, bei denen naturgemäß nur ein beschränkter Kreis von Personen oder Firmen dafür in Frage kommt, durch Spenden, wenn ich es mal so nennen darf, in Höhe eines gewissen Prozentsatzes ihres Einkommens oder Gewinns etwas zu tun, und zwar eine Aufgabe zu übernehmen, die man an sich schon mit gutem Grund dem Staat als die seinige auferlegen könnte; nicht in jedem Fall — es gibt auch eigensüchtige Zwecke! Daher ist es dann, wenn es sich um wissenschaftliche Zwecke handelt, in der Tat gut, den Unternehmen, die hierfür in Frage kommen, einen wirklichen Anreiz zu geben. Man kann ja einen strengen Maßstab anlegen. Das wird man auch tun, denn der Finanzminister hat keinerlei Anlaß, die Bestimmungen extensiv auszulegen. Und dieser Anreiz, meine Damen und Herren — das ist kein Widerspruch zur Finanzlage des Bundes! — ist heute nötiger als vor einem Jahr oder zu der Zeit, als wir die letzte Novelle beschlossen haben.
Ich glaube daher — ich spreche für mich persönlich, nachdem es nicht möglich war, sich mit der Fraktion abzustimmen —, daß wir im großen etwas Gutes tun würden, wenn wir dem Antrag der SPD hinsichtlich der wissenschaftlichen Zwecke zustimmten. Es wird — bedenken Sie die Ertrags-
lage, die ja nicht gerade besser wird — nur ein sehr beschränkter Kreis sein, meine Damen und Herren! Nennen Sie mir jemanden, der das kann, der für solche wissenschaftlichen Zwecke, die ja nicht dem Spezialerzeugungsprogramm der Firma X, sondern, um bei meinem Beispiel zu bleiben, der chemischen Forschung allgemein zugute kommen, diese 10% von seinem Einkommen auszunützen in der Lage ist. Es wird nur sehr wenige Firmen geben, die dazu in der Lage sind; die aber sollten wir in der Tat des großen und guten Zieles halber begünstigen!