Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unter dem 20. April 1951 haben die Bayernpartei und Abgeordnete der CDU/CSU einen Antrag gestellt betreffend Übergangsregelung für die Einfuhr von Obst und Gemüse. Der Antrag lautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wird ersucht, zum Ausgleich jahreszeitlicher Marktschwankungen
1. soweit es die Handelsverträge zulassen, die vereinbarten Einfuhren von Gemüse und Obst zeitlich und mengenmäßig zu verteilen oder notfalls zu begrenzen;
2. bei dem Abschluß neuer Handelsverträge auf die Vereinbarung von Bestimmungen hinzuwirken, die eine Verteilung der Einfuhren im Sinne der Ziffer 1 ermöglichen.
Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat sich in seiner Sitzung vom 25. April 1951 mit diesem Antrage befaßt. In der Debatte wurden folgende Punkte besonders hervorgehoben.
Erstens: Eine beschleunigte innere Marktordnung auf dem Obst- und Gemüsegebiet ist dringend erforderlich. Der Ausschuß ist sich klar darüber, daß es sich hier um ein sehr schwieriges Gesetz handelt. Zweitens: Um akute Gefahren sofort beheben zu können, ist ein Wirksamwerden der geplanten Sperrfristen schon jetzt notwendig. Drittens: Zur Klarstellung der Größenordnungen erbittet der Ausschuß vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Zahlenangaben darüber, wie hoch der Gesamtverbrauch an Obst — ausgedrückt in D-Mark — ist, wie hoch der prozentuale Anteil an Südfrüchten, wie hoch der Gesamtverbrauch an Gemüse und wie hoch der Anteil der Einfuhr sind.
Bei Besprechungen im Ausschuß wurde von den verschiedensten Abgeordneten darauf hingewiesen, daß das neue Marktordnungsgesetz für Obst und Gemüse wohl das schwierigste von allen Marktordnungsgesetzen sein werde. Man war sich dabei darüber einig, daß es grundsätzlich notwendig ist, den Anbau von Obst und Gemüse auf den Bedarf einzustellen. Bei dieser Kontingentierung soll besonders der große Betrieb vom Gemüsebau zu anderen Kulturen übergehen, während man den Gemüse- und Obstbau den bodenständigen Betrieben, also den Klein- und Mittelbetrieben vorbehalten will.
Ferner war man sich klar darüber, daß es zum Schutz des Obst- und Gemüsebaues in Deutschland notwendig ist, die Einfuhrpolitik sehr vorsichtig zu gestalten. Man wird um Sperrfristen nicht herumkommen. Die Sperrfristen sind für gewisse Zeiten, in denen die inländischen Produkte auf dem Markt vorhanden sind, gedacht, um die ausländische Einfuhr entsprechend abzustellen. Diese Sperrfristen müssen mit dem Ausland ausgehandelt werden. Allerdings wurde auch betont, daß diese Sperrfristen und überhaupt das ganze Marktordnungsgesetz den Außenhandel nicht erschweren dürfen.
Der Ausschuß war sich aber auch klar darüber, daß es notwendig ist, Maßnahmen zu treffen, um die inländische Produktion absetzen zu können. Um nun für die angelieferten Produkte einen Mindestpreis garantieren zu können, sind eben Mittel notwendig. Man denkt in diesem Zusammenhang an die Organisationsformen in Holland. Hierzu sind also einmal Gelder aus Bundesmitteln erforderlich; ein gewisser Teil dieser Gelder wird aber auch durch Abschöpfung bei Verkaufseinrichtungen angesammelt werden.
Weiter war sich der Ausschuß klar darüber, daß, wenn das Marktordnungsgesetz für Obst und Gemüse funktionieren soll, der Einsatz der genossenschaftlichen Selbsthilfe notwendig ist und daß sich der Berufsstand in sehr starkem Maße einsetzen muß. Die Notwendigkeit der Errichtung großer Obstbaugenossenschaften, wo sie noch nicht bestehen, wurde einmütig anerkannt. Diese Genossenschaften haben als Träger der Kredithergabe zu gelten und müssen auch dafür Sorge tragen, daß durch vorbildliche. Sortierung von Obst und Gemüse und durch das Anbieten von erstklassiger Ware in großen Mengen die Marktbeherrschung eben in die Hand des bäuerlichen Berufsstandes gelangt. Man war sich einig darüber, daß in dieser Beziehung noch eine große Erziehungsarbeit in der Landwirtschaft geleistet werden muß und daß der Bauernstand sich hier solidarisch erklären muß.
Ein Abgeordneter vertrat die Meinung, daß die Regierung Maßnahmen ergreifen solle, um ausländische Getränke wie z. B. Coca Cola zu verbieten, damit man den Apfelsaft besser absetzen könne. Die Durchführung einer solchen Maßnahme wurde von seiten der Regierung als unmöglich erklärt. Es wurde auch betont, daß die Süßmostereien eben Gleichwertiges anbieten und nicht immer Kompetenzstreitigkeiten unter sich selbst austragen sollten.
Dann trat der Ausschuß an das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten heran, um eine Darstellung der Anbaufläche, der Einfuhren usw. zu erhalten. In der Zwischenzeit hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten dem Ausschuß verschiedene Zahlen zugänglich gemacht. Diese Zahlen betreffen zunächst einmal die Einfuhr. Die Einfuhr von Gemüse betrug im Jahre 1948 172 393 Tonnen, im Jahre 1949 216 000 Tonnen und im Jahre 1950 278 967 Tonnen. Die Einfuhr an Obst betrug im Jahre 1948 58 962 Tonnen, im Jahre 1949 304 688 Tonnen und im Jahre 1950 215 825 Tonnen. Die Werte dieser Einfuhren betrugen bei Gemüse im Jahre 1948 37,2 Millionen DM, 1949 61,1 Millionen DM und im Jahre 1950 101,8 Millionen DM, bei Obst im Jahre 1948 13,1 Millionen DM, 1949 92,7 Millionen DM und im Jahre 1950 94,1 Millionen DM.
Die ausländische Einfuhr hat dazu geführt, daß die Anbaufläche bei Gemüse sehr stark zurückging. Sie betrug in den Jahren 1948 bis 1950 im Bundesgebiet etwa 128 000 ha und ist Auf 66 700 ha, also unter den Vorkriegsstand, zurückgegangen. Die Gemüseanbaufläche des Erwerbsanbaues hat abgenommen. Umgerechnet auf den Kopf der Bevölkerung betrug sie im Jahr 1939 20,3 qm, 1948 25,6 qm, 1949 17,4 qm und 1950 nur noch 13,3 qm.
Bezüglich der Erzeugung von Obst und Gemüse sind folgende Zahlen vielleicht interessant. Der Verbrauch in der Bundesrepublik im Jahr 1950 setzt sich zusammen aus 2 033 000 t Eigenproduktion im Werte von etwa 550 Millionen DM und den Obsteinfuhren, die im gleichen Jahre 216 000 t im Werte von 94 Millionen DM betrugen. Dann interessiert auch der prozentuale Anteil der Südfrüchte am Obstverbrauch. Der Bedarf an Südfrüchten kann nur aus Einfuhren gedeckt werden. Im Jahr 1950 wurden 378 000 t Südfrüchte im Wert von etwa 244 Millionen DM eingeführt. Bei einem Gesamtverbrauch von Obst in der Größenordnung, wie ich sie vorhin schon betonte, beträgt der Anteil der Südfrüchte 14,4 °/o oder wertmäßig 26,5 °/o. Die Produktion des Erwerbsanbaues an Gemüse betrug im Jahr 1950 1 356 000 t im Werte von etwa 225 Millionen DM. Die Produktion aus Haus- und Kleingärten wird im gleichen Berichtsjahre auf 1,3 Millionen t geschätzt. Die Einfuhr an Gemüse betrug im Berichtsjahre 279 000 t im Werte von etwa 102 Millionen DM. Der Anteil der Gemüseeinfuhren im Verhältnis zur eigenen Produktion im Erwerbsanbau errechnet sich im Jahre 1950 auf 17,1 °/o, der Anteil der Gemüseeinfuhren an der gesamten Gemüseproduktion im Jahre 1950 auf 9,5 °/o.
Das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten stimmt dem Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten durchaus zu und ist der Meinung, daß die Schaffung
eines Marktgesetzes für Obst und Gemüse ein dringendes Erfordernis ist. Es ist ferner der Meinung, daß man die Sperrfristen schon vor Erlaß dieses Gesetzes wirksam werden lassen sollte.
Der Ausschuß selbst hat dann einstimmig beschlossen, den Antrag in der Drucksache Nr. 2203 anzunehmen. Ich habe die Ehre, den einstimmig angenommenen Antrag des Ausschusses dem Hohen Hause zur Abstimmung vorzulegen.